Also grundsätzlich finde ich es erst einmal sympathisch, dass die Bereitschaft da ist, über andere Wirtschaftsweisen überhaupt nachzudenken. Allein darauf haben ja viele gar keine Lust.
Die Ziele der Doughnut Ökonomie sind ja recht allgemein, aber in meinen Augen durchweg sinnvoll, da sind sich vermutlich alle einig.
Es dürfte auch stimmen, dass dazu nicht zwingend die Wirtschaftsform gewechselt werden muss. Will man diese Planetaren Grenzen aber ernst nehmen, so dürfte das höchstens über eine Fantastillion an staatlichen Zwängen zu realisieren sein, mit denen man die unternehmerische Freiheit beschneidet - denn wir sehen ja, ansonsten passiert da nix.
Und da bin ich noch etwas stutzig wie das denn funktionieren soll: Sagen wir, wir geraten als Deutschland unter diesem Wirtschaftsmodell zu nahe an die Belastungsgrenze für das laufende Jahr. Also muss dann als Konsequenz wahrscheinlich die Produktion der betroffenen Branchen erst mal stillstehen, right? Oder zuerst mal die besonders ressourcenintensiven.
Und wie wählt die dafür zuständige Wettbewerbsbehörde(?) die Glücklichen aus? Und überhaupt: wenn ich als Unternehmer die Ressourcengrenze nahen sehe, dann drossele ich die Produktion doch nicht, im Gegenteil! Ich kurbel ich sie doch erst recht an, in der Hoffnung, dass ich noch bestmöglich das verfügbare Quantum Ressourcen für meine Zwecke vernutzen kann.
Denn damit ist ein sehr relevantes, urkapitalistisches Problem angekratzt: Die Betriebe unterliegen quasi keiner demokratischen Kontrolle. Da wird in lauter kleinen Mini-Diktaturen top-down entschieden wie die Produktion auszusehen hat, und aktuell wird dabei nicht besonders viel Rücksicht auf die Umwelt genommen (und auf die Belange der Arbeitenden oft ebenfalls nicht). Wenn es gut läuft halten sie sich an die geltenden Gesetze, aber auch das ist ja nicht immer der Fall. Sagt Fr. Raworth dazu zufällig etwas? Denn mir ist nicht bekannt, ob/wie man das auflösen möchte.
Da sich das alles wohl negativ auf die Bilanz niederschlagen würde, stehen dann natürlich auch Entschädigungsforderungen im Raum, usw usf. Ich frage mich echt wer da dann noch Unternehmer sein möchte. Das wirkt einfach wie Suppe mit 'ner Gabel essen: Geht irgendwie wenn’s sein muss, aber braucht enormen Aufwand, weil das Werkzeug dafür einfach nicht gemacht ist. Den Eindruck vermitteln mir auch die meisten Antworten im Forum hier: Man müsste und könnte vielleicht dieses und jenes, hier Anreize setzen, dort Rahmen schaffen, besteuern & subventionieren, und und und. Wir nötigen uns zu einem gewaltigen Eiertanz, damit es noch irgendwie mit dem Markt klappt.
Wenn man schon - vorerst nur hypothetisch - bereit ist, die Axt an das liebgewonnene Wirtschaftssystem zu legen… Wieso dann nicht etwas mehr Fantasie? Sehr ernst gemeinte Frage: Weshalb überhaupt der trial-and-error- Umweg über die Konkurrenzveranstaltung Markt? Wenn die Schiffbrüchigen auf der einsamen Insel mit ihren knappen Ressourcen umzugehen lernen, dann lässt man doch auch nicht jedem seinen Kram in der Hoffnung, dass da dann am Ende irgendwie das Beste für alle herauskommt. Natürlich nicht! Im Gegenteil (Achtung jetzt kommen die bösen Worte), man legt alles zentral auf einen Haufen, und plant dann gemeinschaftlich wie man damit am besten umgeht.
Wenn wir doch erkannt haben, dass es eines beherzten Eingriffs von staatlicher Seite bedarf. Und wir erkannt haben, dass eine Koordination von zentraler Stelle erfolgen muss (ohne hier den Grad an Koordinationsintensität zu konkretisieren). Und wir erkannt haben, dass gerade nicht mehr Gewinn das alleinige Kriterium von wirtschaften sein darf… Wieso möchte man unbedingt an dieser Produktionsweise festhalten, die doch als ultimatives Ziel den Gewinn vorsieht? Vielleicht bin ich ja auch nur mal wieder zu pessimistisch und übersehe da die Lösung. In jedem Fall liegt @TilRq goldrichtig was die politische Machbarkeit angeht. Da mache ich mir keine Illusionen, ein Abschied vom Kapitalismus ist nie und nimmer mehrheitsfähig.