Man erwartet, dass die AFD mal „so richtig aufräumt mit dem Laden“ und die etablierten Parteien „in Schranken weist“. Außerdem, dass sie sich „einsetzten für den kleinen Mann“, der „ungerecht behandelt“ wird.
Ich kann leider die Artikel (SZ, Spiegel) wegen der Bezahlschranke nicht lesen. Trotzdem ein Gedanke zu dem Thema: Die meisten Leute werden es den Reichen vermutlich nicht neiden oder sich aufregen, wenn die ihre Villa und ihren Ferrari haben, solange man es selber auch schön hat. Heißt, eine angemessen große und bezahlbare Wohnung und man nicht jeden Cent für den Wocheneinkauf umdrehen muss usw.
Zum Problem wird das erst, wenn sich die Leute die Basics wie wohnen und essen nicht mehr leisten können und es eine Katastrophe ist, wenn der Kühlschrank kaputt geht, weil man sich keine extra Anschaffungen leisten kann, weil man schlicht keine Rücklagen bilden konnte. Dann wird es bitter, weil man selber kaum was hat, der Reiche aber immer noch seine Villa und vielleicht den zweiten Ferrari. Ich habe oft den Eindruck, dass die aktuellen Politiker (egal von welcher Partei) den sozialen Sprengstoff nicht sehen (wollen) oder wird das „nur“ verdrängt?
In dem Artikel wird sehr schön hergeleitet, wie es zu dieser Ungleichheit kam:
Wie konnte es so weit kommen? In den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg versprachen die wirtschaftlichen Eliten den Menschen: Gebt uns Unternehmern niedrige Steuern, gebt uns Freiheit und akzeptiert die Globalisierung, es wird allen nützen. Tatsächlich wuchs vor allem der Wohlstand der Reichen. Aber das galt insoweit als akzeptabel, weil sich gleichzeitig der Großteil der Gesellschaft mehr Wohlstand erarbeiten konnte. Auch Menschen aus weniger privilegierten Verhältnisse hatten berechtigte Hoffnung, dass es ihnen wirtschaftlich besser gehen würde als ihren Eltern. Staaten der Dritten Welt schafften den Aufstieg in die Liga entwickelter Schwellenländer, vor allem asiatische. Die globale Kindersterblichkeit und Armut gingen merklich zurück.
Doch durch die Liberalisierung der globalen Finanzmärkte von den 1980er-Jahren an setzte die Politik das Schwungrad der Ungleichheit in Gang. Das meiste Geld gab es fortan an den Börsen zu verdienen, nicht mehr in der realen Wirtschaft. Die globale Finanzkrise 2008 unterstrich die Entrückung der Finanzeliten. Der Staat und damit die Steuerzahler mussten die Finanzindustrie und die kollabierende Wirtschaft retten. Bankenchefs verloren ihren Job, aber sie kassierten fette Abfindungen. Die Kosten für die Katastrophe übernahm die Allgemeinheit. Dieses Ereignis markiert den Bruch vieler Bürger mit dem Liberalismus, zumal die Privilegierten in den Jahren nach 2008 sogar noch mehr Vermögen anhäuften. Sie besitzen Aktien und Immobilien und profitieren vom Preisanstieg. Die wenig Begüterten können sich solche Investments nicht leisten, sie brauchen ihr Einkommen fürs tägliche Überleben.
Auch hierauf verweist der Artikel:
Zur Einkommensverteilung in Deutschland vielleicht noch ein paar Informationen (Quelle: ChatGPT 4.0, ich habe das nicht überprüft!):
- Einkommensungleichheit: Der Gini-Koeffizient, der ein Maß für die Einkommensungleichheit ist, lag im Jahr 2020 bei etwa 0,30. Ein Wert von 0 würde eine vollständige Gleichverteilung anzeigen, während ein Wert von 1 auf eine maximale Ungleichheit hinweisen würde.
Innerhalb Europas variiert der Gini-Koeffizient stark, mit niedrigeren Werten in den skandinavischen Ländern (zum Beispiel Schweden etwa 0.25) und höheren Werten in Ländern wie Italien (etwa 0.34) und Spanien (etwa 0.35). Im außereuropäischen Vergleich: USA: 0.41, Kanada: 0.31, Australien: etwa 0.33, Neuseeland: etwa 0.33
Die Aussage, dass Deutschland schlechter sei als viele andere Industrienationen ist daher mit Vorsicht zu genießen.
-
Einkommensentwicklung: In den letzten Jahren hat sich die Einkommensverteilung in Deutschland tendenziell verschärft. Insbesondere die oberen Einkommensgruppen haben ein überproportionales Wachstum verzeichnet, während die Einkommen der unteren Einkommensgruppen langsamer gestiegen sind.
-
Armutsrisiko: Trotz eines vergleichsweise hohen Durchschnittseinkommens besteht in Deutschland ein erhebliches Armutsrisiko. Im Jahr 2020 lag die Armutsgefährdungsquote bei etwa 15,9 Prozent. Besonders betroffen sind Alleinerziehende, Langzeitarbeitslose und Menschen mit geringer Bildung.
-
Vermögensverteilung: Neben der Einkommensverteilung ist auch die Vermögensverteilung in Deutschland ungleich. Die reichsten 10 Prozent der Haushalte besitzen einen Großteil des Gesamtvermögens, während die unteren Einkommensgruppen nur über einen kleinen Anteil verfügen.
Vielen Dank für den Auszug aus dem Artikel!
Kannst Du diese Aussage belegen? Ich habe sehr lange nach Belegen und auch nur überzeugenden Argumenten pro „grünes Wachstum“ oder pro „Degrowth“ gesucht und bislang nichts überzeugendes gefunden. Natürlich können wir nicht mehr weiter endliche Ressourcen ausbeuten, sondern müssen zu einer Kreislaufwirtschaft wechseln und zu einer Gesellschaft, die weniger „ver-konsumiert“. Allerdings ergeben sich daraus auch zahlreiche neue Chancen für Gewinnaussichten, Wachstum und neue Arbeitsplätze.
Ich bin bislang sehr enttäuscht, dass die Volkswirtschaft diese Fragestellung nicht proaktiv angeht, sondern das Feld v.a. Fachfremden überlässt.
Die Konsequenz von dem, was du schreibst @Mike wäre ja, dass wir Einkommen noch mehr besteuern sollten.
Vielleicht verschafft mir mein gutes Einkommen einen Bias, aber statt einen guten Verdienst unattraktiver zu machen, wäre es nicht besser, endlich wieder wirksam Vermögen zu besteuern? Denn nach dem, was @TilRq hier
zitiert, ist nicht Einkommen das Problem, sondern akkumuliertes Vermögen. Ein hohes Einkommen sollte doch eigentlich wünschenswert sein, schließlich ermöglicht es den sozialen Aufstieg.
Daher frage ich mich auch, warum hier keine Partei ernsthaft tätig wird. Warum schlägt niemand eine wirksame Steuerreform vor. Die Einkommenssteuer sollte deutlich gesenkt werden, dafür sollte aber Vermögen (auch Erbschaften) wesentlich höher besteuert werden. Ausnahmen (Stundung, Verrechnung mit Verlusten) kann es meinetwegen für Familienunternehmen unter Druck geben. Für eigengenutzte Immobilienbesitzer könnte das Gleiche gelten, da ihr Vermögen gebunden ist. Nach Verkauf des Hauses sollte der Staat an den erzielten Gewinnen aber gern partizipieren dürfen. Gewinne durch Dividendenzahlungen und Aktienhandel könnten wiederum mindestens so hoch besteuert werden wie das Einkommen aus normaler Arbeit.
Daher meine Frage an die Schwarmintelligenz des Forums: Warum traut man sich an die Vermögen nicht heran. Was wäre der Nachteil einer Absenkung der Einkommenssteuern, gegenfinanziert durch eine deutliche Erhöhung der Vermögens- und Erbschaftssteuern?
Und meine Frage an die Moderation (bspw. @TilRq): Wäre das ganze Einkommens/Vermögens-Thema nicht besser in einem eigenen Thread aufgehoben?
Das war nicht mein Gedanke. Könnte eine Konsequenz sein. Eine ausgeglichenere Entlohnung wäre eine andere Antwort, widerspricht ggf etwas dem Leistingsprinzip?
Der Witz ist, dass die Reichen und Superreichen die sich für Klimaschutz engagieren als Vertreter einer drohenden Ökodiktatur geschasst werden.
Wie sie es machen es ist einfach falsch.
Im Prinzip muss man die notwendigen THG-Emissionsreduktionen gegen die EEG Ausbaugeschwindigkeit (kombiniert mit Effizienzsteigerungen) rechnen.
Wenn wir zu dem Zeitpunkt, wenn das CO2-Budget aufgebraucht ist, nicht genug EE für den Konsum einschließlich Wachstum haben, ist das Wachstum nicht grün.
Und wenn man bedenkt, dass die (globale) aktuelle Ausbaugeschwindigkeit der EE immernoch mit steigenden THG-Emissionen einhergeht, ist der Pfad nur über Substitution durch EE auf 0 Emissionen zu kommen, zumindest nicht sehr naheliegend. Vielleicht gibt folgender Artikel Aufschluss:
Nature Artikel: 1.5 °C degrowth scenarios suggest the need for new mitigation pathways
10% der Leute hat 50% von allem Vermögen nur kriegt man keine Mehrheit organisiert um dieses Geld wegzuversteuern.
Das muss diese Demokratie sein wo alle von schwärmen.
Nichts, rein gar nichts wächst unendlich.
Schaut euch die Natur an, die begrenzten Ressourcen, den verfügbaren Platz, die Erde.
Wie kann man allen Ernstes von grünem Wachstum ausgehen. Reine Utopie.
Wir müssen uns endlich mit der Idee, dass es anders gehen muss, arrangieren.
Mir fällt keine Staatsform ein, in der ich lieber leben würde. Gegen sie zu wettern ist wenig konstruktiv.
An ihr arbeiten, sie verbessern, sich gesellschaftlich und politisch beteiligen, wäre gut.
Genau! Wenn wir tatsächlich ernsthaft die Verteilungsungerechtigkeit angehen müssen, dürfen wir auf gar keinen Fall eine Neiddebatte starten. Das Ziel kann und darf nicht sein, den Leistungsträger etwas wegzunehmen (auch wenn wir das im Ergebnis tun müssen), sondern durch Anpassungen im System der „unteren Hälfte“ der Bevölkerung - möglichst aus eigener Kraft - zu einem materieller Existenz zu verhelfen, die für eine Nation mit unserem Pro-Kopf-Vermögen und -Einkommen angemessen ist. Das wird nicht gehen, ohne dass die „starken Schultern“ ihren Beitrag leisten - aber das ist nicht das Ziel, sondern das Mittel“.
Ob wir da allein bei Vermögen und Erbschaft ansetzen müssen, weiß ich nicht. Letztlich ist die ungleiche Vermögensverteilung durch eine ungleiche Einkommensverteilung entstanden und wenn wir nicht an diese Ursache rangehen, werden wir auch nach Vermögenssteuer und/oder -abgabe mit Umverteilung irgendwann wieder dort ankommen, wo wir heute sind.
Es würde schon reichen, wenn wir
- viele Absatzmöglichkeiten im Steuerrecht streichen (Kandidat sind alle Regelungen, die ein Normalverdiener nicht in Anspruch nehmen kann)
- einen Superreichen-Steuersatz einführen für die obersten, sagen wir, 5% der Einkommensbezieher
- Steuerhinterziehungen und Schwarzgeld viel konsequenter verfolgten
Dann muss man sich dringend den Finanzmarkt anschauen, dessen Volumen ja das Zigfache des Produktivkapitals ist - also hochspekulativ und für die Gesellschaft und Wirtschaft nicht nützlich.
Und angesichts der immensen staatlichen Ausgaben, die notwendig sind, um das Klima zu schützen und die öffentliche Infrastruktur, das Bildungssystem, das Gesundheits- und Pflegesystem, die Landesverteidigung, und und und … also alles, was die konservativen KanzlerInnen der letzten 30 Jahre haben verfallen lassen, wieder in Ordnung zu bringen … also angesichts dessen halte ich eine einmalige Vermögensabgabe analog zum Lastenausgleich der 50er Jahre für sinnvoll und notwendig.
Ja, eine Reform der Erbschaftssteuer ist notwendig! Warum nicht progressiv? „Omas Häuschen“ bleibt steuerfrei, aber wer große Vermögen erbst, soll 50% Steuern zahlen. Wenn es um Produktivvermögen geht (Familienunternehmen), kann man diese Erbschaftssteuerschulden stunden und langfristig tilgen. Und wenn Erben innerhalb von 10 Jahren Arbeitsplätze aufbauen und/oder hohe Gewinnsteuern und Sozialabgaben zahlen, kann auf den Rest verzichtet werden.
Ob dem dann noch eine Vermögenssteuer oben drauf gesetzt werden soll? Die 1997 ausgesetzte Vermögenssteuer wurde oft als ineffizient kritisiert wurde, weil die Bewertung und Verwaltung von Vermögen komplex ist und erhebliche Verwaltungskosten verursacht.
Es gibt sehr viel, was unendlich wächst. Zum Beispiel der technische Fortschritt.
„Grünes Wachstum“ heißt ja gerade grün, weil es durch Kreislaufwirtschaft den Verbrauch endlicher Ressource vermeidet. Wenn wir das, was wir aus der Erde geholt haben, nicht verbrennen, sondern immer wieder verwenden, und damit Lebensqualität mindestens aufrecht erhalten, sehe ich nicht, was dagegen spricht. Dass das eine Utopie ist, hat mir noch niemand überzeugend belegen oder wenigstens argumentieren können. Die hinkende Analogie zur Natur jedenfalls überzeugt mich nicht.
Dass es anders gehen muss, glaube ich auch. Aber solange wir die Demokratie nicht aufgeben wollen, wird eine Vision „Degrowth“ , „in den 70ern war’s doch auch schön“ und „Verzicht“ niemals eine Mehrheit finden. So vernünftig sind Wähler nicht
Echtes Cradle to Cradle ist mir sehr recht.
Aber das ist eigentlich kein Wachstum. Es ist die Definition von Cradle to Cradle, dass eben nicht mehr entsteht, sondern alles weiter genutzt oder abbaubar in die Natur zurückgeführt wird.
Ich glaube, die Frage ist, wie du grünes Wachstum definierst.
Wenn erneuerbare Energien und Lebensqualität wachsen, ok. Aber wenn in der Öffentlichkeit von Wachstum gesprochen wird, ist doch ökonomisches Wachstum oder Wachstum der Besitztümer gemeint. Und das führt nur in den Kollaps. Wir machen uns etwas vor, wenn wir glauben, weiter so konsumieren und mobil sein zu können wie bisher.
Die Frage, die sich nach Lesen dieser Aussage stellt: „Ist das ein Problem der Demokratie oder des derzeit real existierenden Kapitalismus?“ Sprich der Lobbyismus, der ungleich verteilte Einfluss zwischen Arm und Reich auf die Politik, etc.
Sollte keine Analogie sein. Die Natur, die Erde setzt uns Grenzen.
Es ist Hybris zu glauben, wir Menschen könnten unsere Lebensweise unendlich weitertreiben.
Was noch zu beweisen wäre. Daran glaube ich nicht. Der technische Fortschritt ist einer der Gründe, warum wir unser eigenes Zuhause zerstören.
Nicht der technische Fortschritt zerstört unser Zuhause, sondern verantwortungslose Menschen, die diesen für falsche Zwecke nutzen.
Mehr aber vor allem sog. externe Effekte, also Kosten, die durch meine Aktivitäten entstehen, für die aber nicht ich, sondern andere aufkommen müssen. Hätten wir ein Wirtschaftssystem, in dem der Staat dafür sorgt, dass jeder die von ihm verursachten Kosten selbst trägt, gäbe es keine Übernutzung von Ressourcen, einschließlich Umwelt, Atmosphäre (Klima) etc.
Aber dann gäbe es auch weniger Wachstum und weniger Wohlstand.