LdN322 Verkehrswende: "Anne Will" & warum das Dienstwagenprivileg eine Subvention ist

Hallo ihr Zwo,
danke für die vernünftige Einordnung der Show sowie des Themas der Subventionierung!

Zum Podcast selbst möchte ich eine Sache korrigieren:
Als das Fahrtenbuch als Beitrag Deutschlands zum Kampf gegen die Klimakrise aufgeführt wurde, habt ihr erzählt, dass es keinen Gegenwind gegeben hat. Das stimmt nicht. Frau Diehl hat darauf hingewiesen, dass sich das technisch lösen ließe. Naja, sei’s drum. Der „Skandal“ ist das „Argument“ an sich.

Eine Anmerkung zu Eurer These, dass es zumutbar sei, vermeintlich billiger auf dem Land zu leben als in der Stadt und deswegen die weiten Wege selbst stemmen zu können:
Dem stimme ich zu. Allerdings wird das allein dadurch erschwert, weil die vermeintlich günstigeren Lebensverhältnisse sich in höheren Ausgaben vor allem auch im Wohnbereich auswirken, sodass größer gebaut/ gekauft/ bewohnt wird, als es angemessen wäre. Aber auch hier lässt sich politisch entgegenwirken. Und natürlich gibt es auch Fälle, in denen eben nicht auf’s Land gezogen wird, weil es dort billiger ist, sondern vor allem, weil es in der Stadt nicht finanzierbar ist.

Eine Anmerkung:
Inwiefern die Streichung der Pendlerpauschale nun gesellschaftliche Probleme verursachen würde, weiß ich nicht. Allerdings kam mir da eine Idee und mit ihr eine Frage dazu auf:
Idee:
Jedes Jahr werden in den Steuerklärungen die Pendelkilometer erfasst. Es muss doch möglich sein, diese automatisiert auszuwerten.
So könnte zum Beispiel der Ausstieg aus dieser Subventionierung des Pendelns verträglicher gestaltet werden, wenn zunächst nur noch bis zum X. km eine Pauschale abzusetzen ist. X ist hierbei der Durchschnitt der geleisteten Pendelkilometer pro Person meinetwegen des Vorjahres.
Frage:
Gibt es in anderen Bereichen des Steuerrechts solche „Durchschnittsverfahren“?

Angekündigt hattet ihr im Podcast die Aufklärung über die Subventionierung des Autos allgemein. Gekommen ist der Bezug zur Anne Will Sendung und dem Dienstwagen-Privileg. Und das ist wirklich gelungen, danke!

Ich würde das jedoch gern zum Anlass nehmen, um daraus vielleicht ein Spezial zu machen, oder einfach weitere Auto-Subventionen in dieser Tiefe zu analysieren:

Dienstwagenprivileg: Ergänzung1: um die zuletzt erwähnten und vermuteten versteckten Subventionen durch die Ertragsminderungen der Unternehmen aufgrund des zur Verfügung gestellten PkW
Ergänzung2: Durch die typische Leasingdauer von 36 Monaten, wird der Gebrauchtwagenmarkt geflutet, oder überhaupt erst bedient. Welche Dimensionen hat das angenommen? Wie viel hat das tatsächlich mit einem freien Markt zu tun?
Dieselsubvention
Elektroauto: Anschaffung, THG-Quote, KfZ-Steuer Befreiung
Straßenbau, insbesondere vielleicht Mehrkosten wegen höherem Verschleiß, weil kein Tempolimit gilt.
Forschungsgelder: Wie viel öffentliches Geld fließt in die Erforschung von Automobilität und wie viel in alternative Mobilitätskonzepte?
Mehr fällt mir nicht ein, aber es gibt garantiert noch mehr.

Bis dahin, vielen Dank!

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Hallo

Leider ist alles noch komplizierter und im Podcast sind meines erachtens auch noch Fehler bei der Rechnung passiert: Die Versteuerung des geldwerten Vorteils ist nicht nur pauschal 1%, sondern 1% plus 0,03% pro Kilometer Arbeitsweg, so dass bei einem 33km Arbeitsweg durchaus doppelt soviel Steuern gezahlt werden müssen. Außerdem fällt bei einem Dienstwagen die Pendlerpauschale weg.

Die Rechnung mit einem direkten Kauf des Autos ist imho auch nicht realistisch, die Dienstwagen werden geleast und erzeugen damit sehr berechenbare laufende Kosten für den Arbeitgeber.
Leasing ist zu deutlich unter 1% Listenpreis möglich.

Für mich als Dienstwagenfahrer kommt es in der Gesamtrechnung auf ein Nullsummenspiel heraus, ich würde sogar leicht sparen, würde ich meinen Dienstwagen selber leasen.

Die meisten Arbeitgeber werten außerdem den Dienstwagen als eine Art „Gehaltserhöhung“, ich hätte stattdessen eine normale Gehaltserhöhung nehmen können. Damit ist der Dienstwagen nicht nur gesellschaftlich (für den Staat) sondern auch privat eine Verlustrechnung.

Kleiner Punkt am Rande: Klimatechnisch ist der Schaden noch größer, denn bei Kundenkontakt oder Führungspersonen schreiben Arbeitgeber oft auch noch viel größere Autos und unnütze Ausstattung vor, die man privat nicht nehmen würde.

Ich unterstütze meinen Vorredner: bitte das Thema weiter beleuchten und vielleicht auch konkrete Möglichkeiten der Alternativen erörtern. Ich habe leider das Gefühl, dass sich die besagten (alten) Männer da nicht ran trauen weil die Regelungen alle so verflochten sind.
Es sind durchaus Subventionen von Dienstwagenflotten von Firmen und des Gebrauchtwagenmarktes (Neuwagen aus Deutschland sind zu teuer) und damit auch unserer Automobilbranche.

jm2c

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Im Podcast wurde die Versteuerung des Dienstwagens unvollständig erklärt. Zusätzlich zur 1%-Regelung gibt es noch die „0,02 %-Regelung“. Hierüber werden die Fahrten zwischen Wohnung und Tätigkeitsstätte besteuert und zwar wie folgt:
(0,02 %-Regelung) = (PKW-Listenpreis) x (0,02 %) x (Entfernung zwischen Wohnung und der Tätigkeitsstätte) x (jährliche Anzahl der Tage bei Anwesenheit an der Tätigkeitsstätte)

Bspl:
50.000 € *0,002% * 25 km * 250 T = 6250 €

Oft lohnt es sich dann, auf ein Fahrtenbuch umzusteigen.
Die Art der monatlichen Versteuerung legt meistens der Arbeitgeber fest, aber man darf bei seiner Steuerklärung nachträglich die Fahrtenbuch-Methode anwenden.
Und hier geht die Bürokratie los:
Das Fahrtenbuch ist noch das Geringste.
Ein Fahrtenbuch muss bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Es gibt das klassische Buch in Papierform oder seit ein paar Jahren auch digitale Möglichkeiten. Per App oder einem OBD-Stecker im Auto. Ich hatte einen ODB-Stecker und konnte „Idiotensicher“ alle Fahrten pflegen. Das Fahrtenbuch lässt sich dann als PDF der Steuerklärung anhängen.
Das nächste Hindernis ist, dass man sämtliche Fahrzeugkosten ebenfalls angeben muss. Hier muss man darauf hoffen, dass der Arbeitgeber diese überhaupt zu Verfügung stellt.
Das größte Problem bei der Fahrtenbuch-Methode sitzt aber im Finanzamt. Sowohl in meinem Fall als auch im Bekanntenkreis sind die Mitarbeiter beim Finanzamt überfordert gewesen, die Fahrtenbuch-Methode zu bearbeiten. Ich warte immer noch auf die Erstattung von 2019 und 2020. Und 2021 sowieso.

Zu erwähnen sei auch, dass seitens des Arbeitgebers der Dienstwagen eine günstige „Gehaltserhöhung“ sein kann. Für den Arbeitgeber fallen dann die Arbeitgeber-Anteile weg, wie z.B. die Kranken- und Pflegeversicherung.
Der Arbeitgeber spart dadurch Lohnkosten. Er zahlt auch keine Mehrwertsteuer darauf. Und hier ist die Subvention versteckt.
Für den Arbeitnehmer lohnt sich der Dienstwagen nicht immer. Erst recht nicht, wenn man privat eher einen Gebrauchtwagen fahren würde oder sogar auf ein Auto verzichten könnte. Es ist allerdings viel reizvoller einen Neuwagen vor der Tür zu haben.

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Haben wir ja gesagt, es ist alles im Detail noch komplizierter, und an der Botschaft ändert das ja alles nichts.

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Das ist mein erster Kommentar, darum sorry wenn ich hier was falsch mache, ich wollte für meine 2cent allerdings keinen eigenen Thread aufmachen und dieser hier passt am besten.
Mir ist aufgefallen, dass an mindestens zwei Stellen der Satz „1% Pauschalbesteuerung, bei Elektroautos ein bischen weniger“ gefallen ist.
Da musste ich schon ein bischen schlucken, grade nochmal gegoogelt, den 1% bei normalen Verbrennern stehen 0,25% bei Elektroautos entgegen (jaja, Maximalpreis…), das ist schon ein biss
chen mehr als „ein bisschen weniger“.
(…)

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Hi,

ich glaube Alex_W und ich wollten mit unseren Beiträgen sagen, dass sich sehr wohl etwas an der Botschaft ändert:

Für den Arbeitnehmer ist der Dienstwagen ein Gewinn an Bequemlichkeit und kein finanzieller Gewinn.
Es gibt sicherlich auch private Gewinner, aber ihr solltet am besten da gar nicht so viel hin und her rechnen.

Das Dienstwagenprivileg ist eine massive Subventionierung der Arbeitgeber, des Gebrauchtwagenmarktes und der Automobilhersteller, hier liegt die eigentliche Botschaft.

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Richtigstellung am Rande:

Die Geschwindigkeit hat praktisch keinen signifikanten Anteil am Verschleiß von Straßen. Die Masse pro Aufstandsfläche ist hier der beherschende Faktor, neben der Frequenz der entsprechenden „schweren Überfahrten“. Damit ist der Verschleiß der Autobahnen durch PKW gegenüber LKW zu vernachlässigen.
Geschwindigkeit spielt beim Flächenverbrauch eine Rolle. Da die Autobahnen in Deutschland aber für 130 bzw. 80 km/h ausgelegt sind (Kurvenradien, Schutzeinrichtungen etc.), führt ein dementsprechendes Tempolimit auch nicht zu einer Änderung der technischen Richtlinien.
Eine signifikante Verringerung des Verschleißes von Autobahnen ließe sich damit nur durch eine Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene erreichen. Hierzu fehlen aber Kapazitäten, aber das ist ein Thema, das an anderer Stelle diskutiert werden sollte.

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Korrektur: 0,03 %

Siege auch 0,03 %-Regelung für Fahrten zwischen Wohnung und Tätigkeitsstätte | Steuern | Haufe

58 Beiträge wurden in ein existierendes Thema verschoben: LdN322 Verkehrswende „Anne Will“ & warum das Dienstwagenprivileg verteidigt wird

Danke für den tollen Beitrag. Es fehlt noch der Punkt, dass auch Sprit, Versicherung und sonstige Nebenkosten mit der 1% Regel abgegolten sind. Die Vorteile für AN und AG sind so vielfältig, dass es wirklich sehr dreist ist hier nur von einer Entbürokratisierung zu sprechen. Warum Dienstwagen für die Automobilindustrie so wichtig sind erklärt hier Herbert Diess:

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Okay, klingt plausibel, vielen Dank!

Dazu zwei Fragen:
Inklusive allem? Versicherung, Werkstattaufenthalte, Sprit, Steuern, TÜV?
Über welchen Zeitraum ging diese Rechnung?

Und das ist ok. Aber warum muss der Staat die ineffizienteste Methode der Mobilität fördern?

Und das ist ein Problem. Warum sollte der Staat weiterhin dafür sorgen, dass vermehrt überdimensionierte PkW unterwegs sind, wenn man sich ohne diese Regelung anderweitig entscheiden würde?

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Die 1% Besteuerung ist nicht immer attraktiver.
Da bei der Besteuerung auf Listenpreise und natürlich auch überhaupt auf Einkommensteuerpflichtige Personen abgehoben wird, sollten die Hebel klar sein.
Ohnehin geben nur 31 Mio deutsche eine Einkommensteuererklärung ab- also weniger, als Autos in Deutschland angemeldet sind.

Auszugehen von einkommensteuerpflichtigen Personen, die ein Auto als mögliches Transportmittel zur Arbeit verwenden, entspricht einer Minderheit der Deutschen.

Entsprechend sind auch nur 10,7% der Autos überhaupt als Dienstwagen angemeldet. Nicht immer findet man einen Fall, in dem die Abrechnung als Dienstwagen steuerlich Sinn ergibt. Und die wenigen Fälle sind auch schon Edge-Cases, wo es um wenige Penunsen geht.

Insgesamt wird das Thema zu hoch behandelt.

Hallo,
Ich habe seit über 30 Jahren Firmenwagen. Seit ca. 20 Jahren nutze ich diese jedoch nicht mehr privat, außer für Fahrten zum Arbeitsplatz. Die Steuern die man dafür zahlt entsprechen ja nicht dem mittleren Steuersatz, sondern den geldwerten Vorteil zahlt man mit dem Spitzensteuersatz. Stattdessen habe ich immer einen privaten Wagen, der für mich deutlich günstiger ist, als den geldwerten Vorteil für den Firmenwagen zu bezahlen. Natürlich kaufe ich keine Autos, sondern lease diese. Das kostet mich weniger als 1% des Listenpreises des geleasten Fahrzeuges (meist sogar incl. Wartung und Verschleiß) In meinem Firmenwagen habe ich ein elektronisches Fahrtenbuch eingebaut, das alle Fahrten aufzeichnet, so dass ich gegenüber dem Finanzamt nachweisen kann, dass ich es nicht privat nutze.
Zu eurem Dienstwagen-bashing möchte ich jedoch auch noch etwas ergänzen. Ja, es handelt sich bei Dienstwagen um Autos, die große Umweltprobleme verursachen. Aber einen großen Vorteil gegenüber einem privaten PKW sehe ich für den Nutzer nicht. Man könnte aber auch auf dem Standpunkt stehen, dass durch den Verkauf von Dienstwagen (dieses betrifft etwa 66% aller Neuwagen und über 80% der Premiumfahrzeuge) überhaupt erst moderne Technologien entwickelt werden können. Seit es Autos gibt werden neue technische Errungenschaften zuerst in die teuren Autos eingebaut und meandern dann sukzessive in die breitere Produktion ein. Dieses gilt natürlich auch für Entwicklungen im Bereich Abgasreinigung und Verbrauchsreduzierung.
Und ja, Dienstwagen unterstützen den Verkauf von Neufahrzeugen enorm und dies kann selbstverständlich als Subventionierung der Automobilbranche angesehen werden. Aber hierbei darf man nicht vergessen, dass durch die Produktion von Autos jährlich mehr als 400 Milliarden € an Steuern an die öffentliche Hand gelangt. Dies ist selbst für ein Land wie Deutschland nicht unerheblich und dürfte so schnell nicht durch den Bau von Produkten zur Energiewende zu ersetzen sein.

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Selbstverständlich ist die pauschale Versteuerung von Dienstwagen ein Steuerprivileg und ich bin auch der Meinung, dass dieses abgeschafft gehört.

Zusätzlich möchte ich auch die Zahl 3,1 Milliarden Euro des Umweltbundesamts in Frage stellen. 3 Milliarden Euro im Jahr sind Peanuts. Das sind pro Bundesbürger 3 Euro pro Monat. Wenn es sich hier wirklich nur um 3 Milliarden handeln würde, dann kann man es auch bleiben lassen.

In der Lage wurde ja schon ausgeführt, dass ein Dienstwagen Netto bezahlt wird, es fallen also keinerlei Mehrwertsteuern an. Zudem handelt es sich um eine Betriebsausgabe, also werden auch die Steuern des Unternehmens gemindert. Die einzige Steuer ist der geldwerte Vorteil des Arbeitnehmers.

Wenn man sich als Privatmann ein Auto kauft, dann musste man, wie in der Lage berichtet, vorher das Einkommen versteuern. Wir haben vor kurzem ein Touran für 40k gekauft. Laut diesem Arbeitgeberbrutto-Rechner beträgt der Arbeitgeberanteil für mein Gehalt 105 %.

Das heißt, zu dem Zeitpunkt, als ich den Neuwagen abgeholt habe sind bereits 42.000 € Steuern und Sozialabgaben an das Finanzamt geflossen. Dazu kommen noch ca. 6.000 € Mehrwertsteuer.

Das Fahrzeug hat also zum Zeitpunkt des Verkaufs bereits 48k zum Allgemeinwohl beigetragen und im Verlauf des Fahrzeuglebens wird noch einiges an Mehrwertsteuern dazukommen.

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Das stimmt schon, es ist ein fantastisch lukratives Business. Aber warum sollte die Allgemeinheit die Mitarbeiterincentivierung großer DAX Konzerne finanzieren?

Oder polemisch formuliert, warum sollte die „Krankenschwester“, die Sonntagnacht in ihrem „Pups-Kleinwagen“ auf Nachtschicht fährt, die Entwicklungsabteilungen deutscher OEMs finanzieren?

Das Dienstwagenprivileg ist ein Beispiel für eine krasse Schieflage im deutschen Steuersystem. Fast so schlimm wie die pauschale Versteuerung von Kapitalerträgen mit 25%.

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Klar, jeder Arbeitnehmer kann sich 1.000 € Werbungskosten pauschal und ohne Quittungen absetzen.

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