LdN322 Verkehrswende „Anne Will“ & warum das Dienstwagenprivileg verteidigt wird

Sie könnten das Auto auch einfach gar nicht privat nutzen, dann muss es auch nicht versteuert werden - ist nicht so „einfach“, aber grundsätzlich möglich (z.B., individuelle Ergänzung im Arbeitsvertrag, dass der Dienstwagen nicht privat genutzt werden darf).

Beim Dienstwagen sind auch Wartungskosten, Reparaturen und der Sprit in den 1% drin. Spätestens da stellt sich nicht mehr die Frage, ob ein Privatfahrzeug preiswerter ist.

Auch wenn es die gibt, die vorbildlich sparend fahren - keine Sprit- und Wartungskosten zahlen zu müssen sorgt eher dafür, verniedlichend dargestellt, dass man zügiger fährt. Mit 250 km/h mit einem SUV-Schiff über die Autobahn zu brettern - kein Problem mit einem Dienstwagen.

OffTopic: das ist dann mit der eMobilität auch weg: Tempolimit und sparsames bekämen wir Huckepack, jedenfalls solange man deutsche eAutos kauft. :wink:

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Siehe zum Beispiel Statista: „… Der vorwiegend gewählte Firmenwagen ist dabei der VW Golf, gefolgt vom VW Tiguan und VW Passat….“.

Und ja, bestimmt kann man sagen, dass je größer der SUV, desto wahrscheinlicher ist er ein geleaster Firmenwagen. Aber die Unterstellung, dass Firmenwagen per se übergroße Spritschleudern sind, stimmt halt nicht.

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Wenn ich nicht ganz falsch liege, dann ist die Möglichkeit, privat auf die Tankkarte des Arbeitgebers zu tanken, steuerlich ein geldwerter Vorteil und diese müssen ab einer geringen Bagatellgrenze (ich meine 50€, oder zumindest etwa um den Betrag herum) als solche vom Arbeitgeber in der Lohnabrechnung versteuert werden.

Da würde mich von einer mit der tatsächlichen Praxis vertrauten Person interessieren, ob das tatsächlich so stattfindet? Ich stelle es mir nahezu unmöglich vor, unterhalb dieser Grenze zu bleiben, wenn der Firmenwagen uneingeschränkt zur privaten Nutzung freigegeben ist, insbesondere bei heutigen Spritpreisen.

Freigrenze für Sachbezüge ist seit 2022 bei 50€, war zuvor 44€.

Die Tankkarten sind mit der 1%-Regelung zzgl. 0,03% pro Km zu 1. Arbeitsstätte pauschal abgegolten, da Du den Sprit ja nicht separat zum Auto nutzen kannst und die Privatnutzung damit abgegolten sind. Untersagt ist aber jede Nutzung die nicht Betankung des Firmenwagen ist. Üblich ist, dass man bei Flottenkarten beim Tanken den Km-Stand eingeben muss, damit dies verifiziert werden kann. Flottenkarten gelten aber meist nur in D, Ausland ist eher unüblich.

Unterm Strich einfache Formel: je mehr private Km Du üblicherweise den Wagen nutzt, desto vorteilhafter.

Gibt aber auch andere Logiken, ich z.B. muss beim aktuellen AG private KM selber den Sprit zahlen (zahle dennoch 1% + 0,03%), was aber eher unüblich ist.

Was ich mich ganz ehrlich frage ist, warum so viele Menschen einen Dienstwagen statt mehr Gehalt nehmen, wenn es doch angeblich kein Vorteil ist? Diese Logik erschließt sich mir nicht. Da frage ich mich doch ob es da bewusst schlechter geredet wird, damit man diese wie ich finde unnötige Subvention nicht abschafft.

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Mir fällt gerade noch ein Riesenvorteil der Dienstwagennutzer ein. Wir haben notgedrungen 2 Autos, da wir zwar möglichst nah an unseren Arbeitsstätten wohnen, aber andere Zeiten und Fahrtrichtungen haben. Unsere Autos sind nicht größer als nötig (Twingo und Kombi wegen Kind). Wir haben die Autos auf Raten holen müssen, da wir mdl nicht eben 30.000 für 2 Autos rumliegen haben. Wir werden die Autos auch fahren bis die auseinander fallen. Nun wollten wir vor 1 Jahr Eigentum erwerben. um aus der Armutsfalle Miete zu entkommen. Wir haben kein Deut mehr Wohnraum erworben als nötig. Die beiden Autos wurden uns als negativ für die Kreditvergabe ausgelegt. Wir haben über einen Vermittler dann einen Kredit bekommen. Dienstwagenfahrer haben diesen Malus nicht.

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Das war aber nicht das Thema, sondern falsch in meinen Augen ist, dass 105% Arbeitgeberanteil am Gehalt bedeutet, dass für ein privat gekauftes Auto für 40k€ bereits 42k€ an Steuern und Sozialabgaben geflossen sind.

Was Du aufzeigst ist völlig richtig und macht den Dienstwagen natürlich attraktiv (sonst würde man es ja nicht machen), aber es ging halt nicht um die Unterhaltskosten.

Naja, ohne hier persönlich nahe treten zu wollen, sollte man sich fragen, ob man dann wirklich 30 tausend Euro für Autos ausgeben sollte? Und vor allem, ob man so viel Geld finanzieren sollte?
Ich würde niemals so viel Geld ausgeben für ein Fortbewegungsmittel für einen Weg zur Arbeit.

Da sind wir ja bei dem Thema aus LdN. Wäre es möglich gewesen direkt bei einer der beiden Arbeitsstätten zu ziehen? Warum nicht einen deutlich günstigeren Golf 4 mit wenig Kilometern kaufen (reicht alle Male zum pendeln und ggf. auch als Variant Version für Kinderwagen)? Muss man wirklich zwei Autos haben?

Bei uns beschweren sich viele über fehlende Stellplätze. Die gleichen Personen haben dann auch gerne zwei Autos und schaffen es nicht, 5 km zur Arbeit mit dem Rad zu fahren…

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Bitte richtig lesen, es sind 2!

Nein, bei den Preisen nicht. Wir liegen sehr gut zwischen beiden Arbeitsstätten mit jeweils 25km. In welcher Utopie kann ein Normalverdiener wirklich absolut frei wählen. Außerdem ist mein Kind jetzt hier verwurzelt, das lass ich nicht dafür leiden. Die Autos sind beide gebraucht, aber eben keine 10 Jahre alt, weil man sich dann oft in der Werkstatt tot bezahlt.

Ja müssen wir, akzeptier es bitte.

Edit: ich finde es traurig dass auf meine Kernaussagen nicht eingegangen wurde. Stattdessen wurde ohne richtig zu lesen direkt wieder quasi Auto weg gerufen.

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Da ich viele Jahre in der Kreditwirtschaft gearbeitet habe, würde ich annehmen, dass nicht die Tatsache von 2 Autos Euer Malus war, sondern die dafür regelmäßig fälligen Raten. Diese reduzieren natürlich Euer verfügbares Einkommen für die Abzahlung des Hauskredites. Aber auch der gwV der Firmenwagenversteuerung reduziert das verfügbare Einkommen. Hinsichtlich Kreditwürdigkeit sehe ich da keine Schlechterstellung. Ob ihr für Eure privaten PKW mehr zahlt als für eine Firmenwagen oder dieser günstigere wäre, wäre individuell zu rechnen.

Gerne kann ich probieren, nochmal auf die Kernaussagen einzugehen.

„Wir haben die Autos auf Raten holen müssen“ → verstehe ich so, dass dies unfair ist, da jemand mit Dienstwagen diesen Nachteil nicht hat. Ist an sich ja erstmal richtig, jedoch wird ja niemand gezwungen etwas zu finanzieren, es ist eine selbstständig gewählte Entscheidung. Ich kenne Ihre kompletten Umstände nicht, aber ich hätte mir Alternativen überlegt: umziehen (keine Option gewesen, ok), andere Arbeitgeber oder sogar generell andere berufliche Laufbahn einschlagen (will ich wirklich so viel pendeln für einen Job), Home Office, ÖPNV möglich, Mischung aus Fahrrad - Reichweite und ÖPNV, Fahrgemeinschaft mit Arbeitskollegen, usw.

„Nun wollten wir vor 1 Jahr Eigentum erwerben. um aus der Armutsfalle Miete zu entkommen“ → möchte ich ehrlich gesagt nicht drauf eingehen.

„Die beiden Autos wurden uns als negativ für die Kreditvergabe ausgelegt.“ → wenn jemand schon 30 Tausend Euro Schulden hat, würden sie ihm auch nicht gerne Geld leihen?

„Dienstwagenfahrer haben diesen Malus nicht.“ → dafür kommt beim Dienstwagenfahrer ja auch weniger netto auf dem Konto an. Also haben Sie weniger Geld zu freien Verfügung um es zB für den Hauskauf zu nutzen. Rechnen sie gerne mal die Versteuerung bei den genannten 25 km und sie werden feststellen, so günstig ist es garnicht, die beiden Fahrzeuge stattdessen als Dienstwagen zu fahren.

Zu es müssen zwei Autos sein: dies spiegelt ja leider perfekt die Problematik wieder. Warum gibt es bei Ihnen keinen besseren ÖPNV/keine Alternativen? Da muss etwas geändert werden.

Hallo Philip und Ulf,

Ihr hattet um Rückmeldung zu dem Thema gebeten und ich möchte gerne etwas aus meiner Sicht ergänzen, da man aus meiner Sicht noch einen weiteren Schritt zurückgehen kann. Zunächst einmal zu mir: Mein Arbeitgeber ist von mir 60-90 km weit entfernt und Öffis sind keine Alternative, da die Fahrtzeit dann von 1 h auf mind. 2,5 h steigt. Im Gegensatz zu dem ein oder anderen Post weiter oben finde ich das ziemlich doof und hätte gerne, dass dies geändert wird.

Der Hauptpunkt zum Dienstwagenprivileg ist aus meiner Sicht der folgende: Ich bin Steuerzahler. Ich zahle Steuern und von diesen Steuern fließt Geld in Dienstwägen. Ich möchte nicht für Dienstwägen anderer bezahlen. Ich möchte auch nicht dafür bezahlen, dass jemand irgendwohin mit dem Auto fährt. Sorry @Buchfink, aber die Entfernungspauschale ist nicht in meinem Interesse und in Deinem Interesse ist sie vermutlich auch nicht, da Du zwar Steuern sparst, aber andere deutlich mehr sparen als Du und Du vor allem über andere Wege mehr zahlst, als Du sparst. Als ich meinen Job angenommen habe, war ich mir über den weiten Weg im klaren und habe ihn eingepreist.

Zur Info: Es gibt hier in einem Nachbardorf Eltern, die deren Schulkinder (1. Klasse) den Weg zur Schule selbständig mit dem Bus zurücklegen. Als die anderen Eltern das mitgekriegt haben, sind deren Kinder auch Bus gefahren. Das sollte doch das Ziel sein. Es scheint völlig normal zu sein, dass Eltern als Nebenberuf Chauffeur sein müssen. Finde ich auch doof.

Das ist richtig. Das heißt aber auch, dass alle ohne Auto von Arbeit und sozialer Teilhabe ausgeschlossen sind. Ich weiß nicht, wie es Dir geht, aber auch das ist ein Punkt den ich ziemlich doof finde. Konkret z. B.:

  • Wie kommt ein 16 jähriges Mädchen mitten in der Nach von der Party nach Hause? Indem sie zu einem Angetrunkenen ins Auto steigt?
  • Alte Leute werden gezwungen Auto zu fahren, obwohl sie das nicht mehr sollten.

Es gibt ca. 30. Millionen Menschen in Deutschland, die kein Auto haben. Was haben diese Menschen von einem Dienstwagenprivileg? Von den ganzen Auto-Privilegien? Diese 30 Millionen zahlen für die Autofahrer. Ich glaube nicht, dass das denen gefällt.

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Weil es oft kein entweder oder ist. Ich hatte bisher immer die Wahl zwischen Dienstwagen und nichts (also bei Verzicht, nicht mehr Gehalt) oder Dienstwagen und ein unattraktives Mobilitätsbudget.

Und wenn man eh ein Auto braucht, dann ist es in dem All-inclusive Paket so gut wie immer deutlich günstiger.

Nur, wenn man nachweist, dass die gesparten Tickets die Kosten der BahnCard übersteigen, sonst wird ein geldwerter Vorteil und Steuer, entweder durch den Arbeitgeber oder den Arbeitnehmer, fällig. Es ist also betriebliche Ausgabe, das ist Lohn (nichts anderes ist das dann) immer.

Sehr schwierig. Welcher Arbeitnehmer lässt sich darauf ein?
Das Auto muss ja schließlich auch irgendwo parken und hingestellt werden. Wenn ich einen Parkplatz zu Hause habe (Miete oder besitze) dann kann ich den nutzen aber das Auto privat nicht? Dann muss es ein Firmenwagen sein, der auf dem Firmengelände steht, und dann ist das ein Pool Fahrzeug und hat nichts mehr mit der hier diskutierten Regelungen zu tun.

Erstens können auch Poolfahrzeuge unter die 1%-Regelung fallen, nämlich, wenn sie auch privat genutzt werden dürfen.
Und zweitens muss ein nur beruflich genutzter Firmenwagen nicht zwangsläufig ein Poolfahrzeug sein. Ich kann morgens mit dem Fahrrad in die Firma fahren und dann in meinen Firmenwagen umsteigen.
Ich kann als Vertreter zu Hause parken und trotzdem nur beruflich damit fahren (weil ich z. B. als Stadtbewohner gar nicht darauf angewiesen bin). Der Parkplatz wird selbstverständlich dem Arbeitgeber dann in Rechnung gestellt.

Zeit, dass das geändert wird.
Abschaffung des Dienstwagenprivilegs (und der Pendlerpauschale) + massive Förderung der gemeinschaftlichen Verkehrsmittel und finanzielle Unterstützung für die Menschen, die diese nutzen.
Vermutlich wird es dann etwas höhere Löhne geben. Vielleicht nicht in derselben Höhe wie der Dienstwagenvorteil. Aber es ist der richtige Weg.

Lieber Ulf und Philip, liebe LdN-Community,
manche Vor-Kommentatoren erwähnen bereits meine Meinung zu diesem Thema. Insgesamt ist mir die Diskussion jedoch zu kleinteilig.

Es kann doch nicht euer Ernst sein, dass hier Kilometerkosten und Steuererleichterungen aufgelistet werden.

Denkt größer!! Angesichts der Klimaerhitzung brauchen wir eine große Transformation weg vom Auto.

Subventionen dürfen zukünftig ausschließlich in eine andere Art von Mobilität gehen.
Damit man auch auf dem Land ohne Auto auskommen kann.
Damit auch arme, kranke, eingeschränkte, alte und führerscheinlose Menschen Teilhabe erlangen.
Damit die Zahl der Unfalltoten, Verletzten und durch Unfälle traumatisierten Personen abnimmt.
Damit Fußgänger, Radfahrer und ÖPNV-Nutzer priorisiert werden, denn sie schützen das Klima, sie verhindern die weitere Erhitzung in der Stadt, sie sorgen dafür, dass wieder Kinder und die Schwächeren der Gesellschaft im öffentlichen Raum sind.

Vergesst nicht: Der Umbau von Verkehrsstrukturen, eine neue Art von Mobilität, die Rücksicht auf Schwächere und Auto- und Führerscheinlose wird uns allen zugutekommen.

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Im übrigen fand ich den Podcastbeitrag sehr gut.
Auch mich hat es sehr genervt, dass die drei Männer bei Anne Will von irgendwelchen Fahrtenbüchern und Sekretärinnen (nicht gegendert!) gequasselt haben. Völlig antiquiert. Neben der Spur. Ohne Bewusstsein, dass es hier nicht um Fahrtenbücher geht.
Danke, Ulf und Philip, für die genaue Erklärung. Damit bekommt man für Diskussionen das erforderliche Wissen mit auf den Weg.