Ist Atomstrom eine realistische Alternative?

Anmerkung: Dieser Post kommt aus dem Tempolimit-Thread, wo wir kurz in Richtung Atomstrom als Alternative zur CO2-Vermeidung abgedriftet sind. Das Argument war, man solle lieber über Innovationen als über Verbote nachdenken und führte als Beispiel neue kleine Atomkraftwerke in Estland auf.

Diese ständigen Ablenkungen vom eigentlichen Problem sind genau der Grund, wieso wir das eigentliche Problem noch nicht angegangen sind. Wir schieben es ständig nur vor uns her.

Nichts gegen Innovationen, aber wir sollten damit die Ursache angehen und nicht die Symptome.

Vom Regen in die Traufe? CO2 vermeiden und stattdessen radioaktiven Abfall erzeugen?

Atomstrom kann allenfalls ein temporärer Ansatz sein. Eine Brückenlösung, wenn man so will. Aber nur mit bestehenden AKWs. Neue AKWs bauen ist völlig unvernünftig.

Richtig. Und es ist noch schlimmer: Atomstrom ist der bei weitem teuerste Strom. Er ist nur deswegen noch halbwegs erschwinglich, weil er über die Maßen subventioniert wird. Die Technologie ist zudem dermaßen risikobehaftet, dass kein Versicherer AKWs versichern möchte. Ergo: Der Staat tritt als mittelbarer Versicherer ein, ohne dafür den Energiekonzernen Gebühren in Rechnung zu stellen. Die Akzeptanz von hoch-risiko Technologien staatlicherseits ist eine weitere Form der Subvention.

Jeder Atomstrombefürworter sollte sich ehrlich die Frage stellen, ob er denn das Endlager in seiner Gemeinde gerne hätte. Und ob er bereit wäre, die AKWs mit zu versichern.

Die Wahrscheinlichkeit einer unkontrollierten Kernschmelze wurde seinerzeit laut Studie auf einmal in 10.000 Betriebsjahren pro Reaktor angegeben. Wir haben heute 440 in Betrieb befindliche Kernreaktoren auf der Welt. Das bedeutet, dass wir im Schnitt alle 22,7 Jahre mit einer unkontrollierten Kernschmelze rechnen müssten. (10.000 a / 440 ≈ 22,7 a)

Das erste kommerzielle AKW ging Ende 1951 in Betrieb. Seit dem sind also 70 Jahre vergangen und wir haben bereits drei unkontrollierte Kernschmelzen gehabt: Fukushima, Tschernobyl und Harrisburg (Pennsylvania). Die Studie hatte völlig Recht: In 70 Jahren drei Unfälle. Passt wie die Faust auf’s Auge. (22,7 a * 3 = 68,1 a).

P.S.: Harrisburg ist deswegen nicht allgemein bekannt, weil der Super-Gau um Haaresbreite vermieden werden konnte.

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Wer konstruktiv über ein Tempolimit diskutieren möchte, bitte hier entlang

https://talk.lagedernation.org/t/ldn-285-warum-es-in-deutschland-kein-tempolimit-geben-wird/13410/236

und hier

@ExMod: Das ist jetzt aber nicht ganz fair. Dann solltest du schon auch die anderen Posts, hier her verschieben. Sonst sieht es so aus, als ob ich in nicht konstruktiver Weise über Tempolimit diskutiert hätte.

Das Gegenteil ist der Fall. Deine detaillierte Argumentation zum Thema erlaubt es doch erst, das Thema Atomstrom aus dem Tempolimit Thread zu extrahieren. @lib und AKW-Lobbyisten haben damit einen eigenen Thread zu diesem Dauerbrenner, der immer wieder in Themen wie Erneuerbare Energien etc. eingebracht wird und dort die Debatte stört.

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Nur ist Kernschmelze nicht der einzigste möglich Super-GAU und die INES Kriterien Recht schwammig.

Finde ich gut… Aber Atomkraft ist jetzt nicht das was ich mir unter „Innovation“ vorstelle…
Wir haben das Corona-Problem dadurch gelöst, dass wir das mit Geld beworfen haben. Der Spaß hat uns allein in Deutschland zwei Billionen Euro gekostet.

Jetzt beim Krieg in der Ukraine sehen wir, dass da auf einmal auch Gelder möglich sind, die vorher nicht möglich.

Worauf ich hinaus will:
Warum schmeißen wir nicht international einfach richtig fett Kohle auf die Erforschung der Kernfusion? Also nicht mal eben nur ein paar Milliarden, sondern Billionen!
So lösen wir langfristig alle Energieprobleme anstatt die derzeitigen Probleme (Klimawandel) dadurch zu lösen, dass wir sie durch neue ersetzen (radioaktiver Abfall)…

Und für die Kollegen von Union und FDP: Kernfusion ist ja auch irgendwie „Atomenergie“ :rofl:

Finde das mit der Kernfusion auch ein bisschen tragisch. Dauert nunmal lange, kostet nunmal Unsummen.
Ich sehe hier die Gefahr, dass das sooooo lange dauern wird, dass es sich in ein paar Jahren da nicht mehr rechnen wird da weiterzuforschen, weil Wind und Strom da einfach schon zum Standard und viel zu billig geworden sind.

Weil wir das Geld jetzt für den Umbau auf Erneuerbare brauchen, und dadurch ergibt sich die von dir benannte Gefahr :man_shrugging:

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Dafür brauchen wir keine Billionen. Erneuerbare sind jetzt schon deutlich rentabler als alle anderen Energieformen - auch (und besonders) Atomstrom, wenn man alle Kosten ehrlich berücksichtigt

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Wir brauchen in Deutschland (war ne Schätzung vor der BTW, daher ohne Gewähr) glaube ich schon so 50 Mrd im Jahr, das sind über 20 Jahre ne Billion.
Und klar sind sie langfristig günstiger, aber die Investitionskosten fallen halt jetzt alle auf einmal an, so wie bei deinem Vorschlag auch.

Weil MMT nicht funktioniert. Japan tanzt das gerade vor.

Dass Kernfusion weniger rentabel als erneuerbare sind ist doch eine steile These und mittelfristig nicht haltbar.
Grundsätzlich wäre ich aber für das Konzept zu haben: Kernfusionsforschung voll finanzieren. Gerne auch mittels des Atomfonds und durch Rentenkürzungen.

Gänzlich sauber ist die Kernfusion auch nicht. Auch dabei fallen radioaktive Abfälle an. Allerdings um ein vielfaches weniger von der Menge her, als bei der Kernspaltung (pro Energieäquivalent). Und dann ist die Halbwertszeit der radioaktiven Isotope auch viel geringer.

Bei der Kernfusion bin ich gespalten. Auf der einen Seite ist sie die definitiv und überdeutlich vorteilhaftere Form der Kernenergie; sofern wir sie jemals in den Griff bekommen. Auf der anderen Seite müssen wir uns ins Gedächtnis rufen, dass wir bereits einen funktionierenden Kernfusionsreaktor haben: Die Sonne!

Unsere Sonne funktioniert schon seit gut vier Milliarden Jahren zuverlässig und wird noch gut weitere vier Milliarden Jahre zuverlässig funktionieren. Und sie steht uns allen kostenfrei und abfallfrei zur Verfügung. Tag für Tag.

Einer sehr vereinfachenden Hochrechnung nach müssten wir bei den Wirkungsgraden von Solarthermiekraftwerken nach aktuellem Stand der Technik ca. 400 km² der Sahara damit zupflastern, um den gesamten Energiebedarf der Menschheit abzudecken (nicht nur Strom, sondern alles). Klar hat eine so stark vereinfachende Hochrechnung ohne Berücksichtigung der Herausforderungen nicht viel Aussagekraft. Aber eines sagt sie dennoch aus: Es ist machbar!

Dass wir als Menschheit die letzten 40 Jahre verpennt haben und nun in Probleme planetarer Größenordnung reinlaufen, denen man nur mit immensen Anstrengungen begegnen kann, steht dabei auf einem anderen Blatt geschrieben.

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Wieso nicht mit deinem Vermögen und dem anderer Atombefürworter?

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Über Aktien? Der Zeithorizont ist für Aktien fast schon zu lang. Bis das wirklich kommerziell auf dem Markt ist, vergehen schon noch 15+ Jahre.

Bei 40 Millionen Haushalten sind 50 Milliarden auf 5 Jahre gerechnet 20€ pro Monat und da sind gerade mal die Privathaushalte berücksichtigt. Die Unternehmen bieten da noch zusätzliches Potential.
Wenn man wollte wäre das natürlich finanzierbar.

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Nein, mit deinem Privatvermögen. Sollte ja kein Problem sein wenn man es unbedingt gegen den Mehrheitswillen möchte. Oder soll die Allgemein wieder diesen Humbug (Titulierung aus dem Interview) zahlen?

Um aufs Thema zurück zukommen:
Ist Atomstrom eine realistische Alternative?

Alternative wozu?
Meine Argumentation beruht auf der Annahme, dass die Alternative zum Ausbau erneuerbarer Energien sein soll.

Für Deutschland hat Kernkraft auch zu Hochzeiten nur 6% Anteil am Primärenergiebedarf gehabt. Ein Ausbau der als Alternative bezeichnet werden könnte ist aus technischer Sicht unrealistisch.

Auch hinsichtlich der Zeitlinien, bis 2050 klimaneutral. Ca. 100 AKW in Deutschland?

Zur Kernfusion - kommt in 20 Jahren, sicher. Also auch zu spät.

Kernfusion kommt bereits seit 60 Jahren immer in 20 Jahren. Schön, falls es soweit ist, aber planbar ist das eben nicht. Ganz davon ab, dass nach der reinen Machbarkeit auch noch die Kraftwerke dafür gebaut werden müssten.

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Vor 60 Jahren ist aber auch deutlich mehr für die Forschung ausgegeben worden. Auf Datenbasis von vor 60 Jahren waren die 20 Jahre auch realistisch. 60 Jahre später sind es noch 15-20 Jahre.
Vielleicht sollte man ähnlich dem NATO-Militärziel von 2% des BIP für Militär festschreiben, dass nicht weniger als 2% für Bildung ausgegeben werden darf.
Wobei ich diese zwei Dinge (Bildung und Sicherheit) für Kernaufgaben eines jeden Staats ansehe- und es ernüchternd finde, dass selbst die insgesamt 4% für als zu hoch erachtet werden.