Wärmepumpen als wichtige Lösung für Klimaschutz im Gebäudesektor

Es wird von vielen Praktikern und selbsternannten Experten [auch hier im Forum] behauptet, in den meisten Bestandsgebäuden könnten Wärmepumpen die notwendige Heiz- und Warmwasserbereitung-Wärme nicht ohne sehr teure thermische Sanierung oder nur zu sehr hohe Energiekosten bereitstellen. Lange genug habe ich das auch selbst geglaubt.

Diese Einschätzung ist auch Basis für eine Generalkritik an der Gesetzesinitiative der Bundesregierung, ab 2024 nur noch Heizungen zuzulassen, die zu 65% aus erneuerbaren Energien betrieben werden. Fälschlicher Weise wird dann auch noch behauptet, das damit nur noch Wärmepumpen zulässig seien [was schlicht falsch ist].

Da ich mir nicht vorstellen konnte, dass die Bundesregierung samt ihrer Ministerien, die Fachleute in den Bundesämtern und in den parlamentarischen Ausschüssen u.s.w. dieses vermeintliche Praktikerwissen schlicht ignorierten und eine völlig unpraktikable und für sehr viele Immobilienbesitzer extreme Maßnahme ergreifen …

… habe ich selbst recherchiert und muss feststellen: Wieder was gelernt. Denn offenbar stimmt das überhaupt nicht! … und die vielen Praktiker aus der Branche, die solche Einschätzungen leider auch vielfach unter Berufung auf ihr Praktiker-Expertentum äußern, liegen falsch. Ob das daran liegt, dass sie sich schlicht irren, weil sie an althergebrachtem Wissen festhalten oder sich selbst nicht ändern wollen oder weil sie eine politische Agenda gegen vermeintliche Ideologen fahren …. darüber will ich nicht spektulieren.

Ich empfehle dazu die Blog-Reihe des „Wärmepumpen-Papst“ Dr. Marek Miara vom Fraunhofer Institut in Freiburg, also einem Wissenschaftlicher:

(Tipp: Von unten nach oben lesen“)

Die Aussagen der Blogs basieren auf sehr praxisorientierten wissenschaftlichen Studien des Fraunhofer Instituts. Ich habe keine wissenschaftlich basierten Widerspruch dazu gefunden (was nicht heißt, dass es den nicht gibt).

Wesentliche Aussage: Für Einfamilien und Reihenhäuser, die einen Wärmebedarf von bis zu 150 kWh/qm haben [Aussage aus dem o.g. SWR-Beitrag], kann eine Wärmepumpe sehr wohl ohne Gebäudesanierung betrieben werden, und zwar ohne dass die Energiekosten steigen. Auch für Mehrfamilienhäuser gibt es Lösungen auf Basis von Wärmepumpen (leider habe ich dazu zu wenig konkrete Informationen gefunden).

Fakten dazu: Siehe Folgebeitrag.

Ich möchte dies zur Diskussion stellen und vor allem zwei Fragen mit in die Runde werfen:

  1. Kennt Ihr wissenschaftlich aussagekräftige Aussagen, ob Wärmepumpen in Mehrfamilienhäuser ohne teure thermische Sanierung und zu vertretbaren Energiepreisen eingesetzt werden können?
  2. Gibt es wissenschaftlich fundierte Aussage, wie hoch der Anteil des gesamten Gebäudebestands ist, für den Wärmepumpen dann doch nicht eingesetzt werden können?
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Folgebeitrag:

Fakten dazu:

„Pauschal kann man sagen, dass Standard-Wärmepumpen ohne Probleme eine Vorlauftemperatur von 55° bis 60°C erreichen können. Das ist ein eher konservativer Richtwert. So genannte “Hochtemperaturwärmepumpen” für den Einsatz in Wohngebäuden können ca. 65° bis 70°C erzielen (in Industrie und Gewerbe ist dieser Begriff dagegen für Wärmepumpen reserviert, die über 100°C erreichen). Auf dem Markt sind auch Geräte verfügbar, die 75°C erreichen können – zum Beispiel Wärmepumpen mit dem natürlichen Kältemittel Propan.“ (Quelle)

„Entscheidend für den Einsatz von Wärmepumpen sind aber die erforderlichen Heizkreistemperaturen. In vielen alten Häusern sind die Wärmeübergabesysteme überdimensioniert. Dadurch ist es beim Tausch der Heizungsanlage meist möglich, die im System eingestellte Vorlauftemperatur abzusenken und die Wärmepumpe effizienter zu betreiben. … Mit Hilfe zusätzlicher, relativ kostengünstiger und kurzfristig umsetzbarer Maßnahmen lässt sich die Effizienz positiv beeinflussen. … Dass Wärmepumpen auch bei sehr niedrigen Außentemperaturen erfolgreich eingesetzt werden können, zeigt sich auch daran, dass sie in Ländern mit deutlich strengeren Wintern, wie z.B. in Skandinavien, bereits weit verbreitet sind. Auf dem Markt gibt es Produkte, die sogar bei -25°C ohne Heizstab arbeiten können. … nachträgliche Sanierung wird … vor allem eine Steigerung der Effizienz der Wärmepumpe mit sich bringen. … Daher ist auch eine Überdimensionierung (außer in Extremfällen) kein großes technisches Problem. … Dabei ist es zwar grundsätzlich immer besser, zuerst zu sanieren, aber es ist nicht zwingend notwendig. In den allermeisten Fällen ist eine gute Wärmepumpenlösung auch unsaniert (bzw. geringfügig saniert) realisierbar. “ (Quelle)

„Unter Berücksichtigung der aktuellen Preise in Deutschland, muss eine Wärmepumpe mindestens eine Effizienz von 3,5 erreichen, um in etwa die gleichen Betriebskosten wie ein Gaskessel aufzuweisen.“ Das war 04/2021 - seit dem sind die Gaspreise kräftig gestiegen und werden aufgrund der CO2-Emissionszertifikate noch weiter steigen. Daher werden Wärmepumpen zukünftig bei deutlich niedrigerer Effizienz wirtschaftlich betrieben werden können

An dieser Stelle möchte ich den aktuellen Podcast von Jens Brodersen und Patrick Breitenbach 2045 by design or by desaster empfehlen, die den Umweltwissenschaftler Dr.Stefan Holzheu von der Uni Bayreuth zu Gast haben.
https://open.spotify.com/episode/63FvFHNyMc0eAvYsAUclVn?si=AgJCvhghQaeATKEb5C40Pg

https://www.youtube.com/live/7rG1ZQVPv-Q?feature=share

Gemeinsam nehmen sie ganz hervorragend und praxisnah u.a. Fake News um Windkraft und Wärmepumpen auseinander.

Insbesondere im Rahmen der Zuschauerfragen ab ca. Minute 56 und besonders 1:57 werden viele Fragen auch zu Wärmepumpen/Heizsystemen praxisnah beantwortet und es wird klar herausgearbeitet, dass Heizen mit Wärmepumpen sehr wohl möglich als auch anzuraten ist.

Was die Frage betrifft, ob in Deutschland ausreichend Windkraft erzeugt werden kann:
Windkraftvideo Quaschning

Für weitere Infos: https://www.klimafakten.de/

https://www.youtube.com/@stefanholzheu368

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Hallo liebe „Lage“, wie immer habe ich eure neueste Folge aufmerksam gehört. Dabei fand ich den Hinweis bzgl. der Menschen, die jetzt noch eine Gasheizung einbauen lassen als wenig differenziert. Letztes Jahr haben wir es uns als Besitzer eines alten Hauses, was zwar renoviert aber nicht vollständig neu gedämmt ist und auch nicht über eine Fußbodenheizung verfügt, sehr schwer mit der Entscheidung bei der Wahl einer neue Heizung getan. Unter anderem haben wir auch euren damaligen Beitrag berücksichtigt, ob eine Wärmepumpe alte Häuser kosteneffizient warm bekommt. Schweren Herzens haben wir uns wieder für die Gasvariante entschieden und damit immerhin ca. 35-40% eingespart. Nach wie vor habe ich den Eindruck , dass es erstmal die richtige Entscheidung war und hoffe, dass in 14 Jahren die Technik noch weiter ist.

Ich kenne sowohl Holzheu, als auch Miara ziemlich gut, allerdings muss man sich wirklich selbst sehr tief einarbeiten und jedes Gebäude ist eigentlich eine Einzelfallentscheidung und sollte von einem „guten Energieberater“ der nicht „eigene Hintergedanken“ hat, begutachtet und berechnet werden.
Eigene Hintergedanken? → wenn er z.b. Kaminkehrer ist… dann wird er wohl kaum eine WP empfehlen, und manchmal gibt es auch wirklich andere günstigere Formen des Heizens…

Es gibt dazu hervorragende Videos bei YT wo man sich erstmal selbst Wissen aneignen kann.

https://www.youtube.com/@Energiesparkommissar

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Hello,

ich hatte einen ähnlichen Fall.
Ich wohne allerdings in Frankreich, wo seit 2022 bereits keine Gasheizungen in Neubauten eingebaut werden dürfen (das Gesetz und die Diskussionen drumherum schienen ein bisschen weniger problematisch zu sein als in Deutschland).

Wir haben 2021 ein Haus gekauft (Baujahr 1987) wo noch eine alte Gasheizung drin war. Im Dezember geht dann die Heizung kaputt und die da standen wir vor der Wahl (wir sind gerade erst eingezogen, waren dabei das Haus einzurichten, schon schön Kredit aufgenommen usw).

1: Es war fast unmöglich relativ schnell eine neue Heizung einzubauen (sehr lange Lieferzeiten zu dem Zeitpunkt)
2: Wir haben nach einer Wärmepumpe gefragt aber das wäre das 3 bis 4x Budget zu dem Zeitpunkt gewesen und das konnten wir nicht stämmen.
3: Wir haben keinen Anspruch auf staatliche Hilfen hier, da wir bereits „zu viel“ verdienen.

Wir haben uns also schweren Herzens für eine relativ effiziente Gasheizung (im Vergleich zu der Vorherigen entschieden) - da wir auch relativ schnell handeln mussten. Aber es ist natürlich nicht die Ideallösung für uns.

Wir wussten nicht dass eine Vorübergangslösung mit einer gebrauchten Heizung eine Möglichkeit gewesen wäre (der Heizungsmensch hat uns da sicher nicht genug beraten).

Mittlerweile war ich auch bei einer staatlichen Stelle für die Beratung von Gebäudesanierung für Hauseigentümer (das gibt es hier in Frankreich)…die haben mir übrigens auch gesagt und geraten zuerst die Wärmedämmung anzugehen (Dachboden, Innen oder Au(sz)enwände), und danach die Heizung und nicht andersrum … obwohl ich im Forum mittlerweile Widersprüchliches lese. Im Endeffekt ist es momentan eben noch sehr kompliziert als Hauseigentümer die richtigen Entscheidungen zu treffen!

Vielen Dank jedenfalls für die prima Arbeit, ich höre Euch sehr gerne!

Peter

Grundsätzlich unterscheidet sich das Mehrfamilienhaus oder sonstige Gebäude nicht vom Einfamilienhaus. Es ist eher so, dass das Einfamilienhaus die schlechteste aller Varianten ist, da die Gebäudehülle in Verhältnis zum beheizten Volumen sehr groß ist.

Um mal ein Gefühl für den deutschen Gebäudebestand zu bekommen, ist diese Kurzstudie hochinteressant:
Gebäude mit der schlechtesten Leistung (Worst performing Buildings) - Klimaschutzpotenzial der unsanierten (gruene-bundestag.de)

Wenn man das nüchtern betrachtet, wird einem klar, dass es ohne die Sanierung der absoluten Energieschleudern nicht gehen wird.

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In der Zeitschrift BWK war vor wenigen Monaten ein Bericht über genau diese Frage. Bzw es wurde in einer Studie berechnet, welche Gebäude mit Baujahr älter als oder um 1940 (sorry für mein Gedächtnis) nicht für WP geeignet sind. Es waren so gut wie gar keine.

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Wieder einmal hatte ein FDP Politiker - hier Herr Dürr - bei Herrn Lanz die Möglichkeit, zweimal (!) unwidersprochen zu erwähnen, dass eine Wärmepumpe nicht möglich sei, wenn man keine Fußbodenheizung hat. Was nicht den Fakten entspricht.

Ich finde es fatal, dass solche Aussagen diese große Bühne erhalten.

https://www.zdf.de/gesellschaft/markus-lanz

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Was sind „vertretbare“ Energiepreise? Vertretbar oder nicht - das ist ja keine Frage der Wissenschaft.

Bis vor kurzem konnten unsere Mieter für knapp über 4 ct/kWh Erdgas beziehen (bis Mitte 2021). Demgegenüber lag der Strompreis bei um die 30 ct/kWh. Die Wärmepumpe hätte also eine Jahresarbeitszahl von über 7 erreichen müssen, um preislich mit dem Verbrennen von Erdgas gleichzuziehen. Unmöglich!

Inzwischen steht der Erdgaspreis bei ca. 10 ct/kWh für Haushalte und der Strompreis für Wärmepumpen wird auf 28 ct/kWh gedeckelt. Plötzlich würde eine JAZ von 3 reichen. Zudem wurden bürokratische Anforderungen für PV-Anlagen auf Wohngebäuden beseitigt. Ich könnte nun eine PV aufs Dach setzen, damit die WP versorgen und von meinen Mietern dafür z. B. 25 ct/kWh kassieren. Win-Win.

Was ich damit sagen will: ob eine WP aus Sicht der Nutzer eines Gebäudes sinnvoll ist - und damit ist in der Regel ökonomisch sinnvoll gemeint, das hängt hauptsächlich von den relativen Preisen für Energieträger sowie der Möglichkeit der Nutzung von PV ab.

Rein technisch lässt sich mit einer WP jedes Gebäude versorgen, das Wassertemperaturen nicht wesentlich höher als 60° benötigt. Ist eben eine Frage der Kosten.

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Ich habe mit missverständlich ausgedrückt. Ich meinte „vertretbare Energiekosten“. Gemeint damit: Energiekosten, die gegenüber den heutigen (Strom) Kosten in einem vertretbaren Verhältnis stehen. Was „vertretbar“ heißt, ist natürlich nicht objektiv.

Wenn eine Heizung nicht defekt ist, wird sie nur ausgetauscht werden, wenn sich die Investition wenigstens über bis zum Ende der Lebenszeit der Gas- oder Ölheizung amortisiert.

Dabei muss man bedenken:

  1. Die Stromkosten werden sinken, je höher der Anteil der Erneuerbaren bei der Stromgewinnung ist (siehe hier).
  2. Die Gas- und Ölkosten werden infolgedessen CO2-Emissionshandels steigen.
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Ja, die Äußerungen von Herr Dürr in“Lanz“ sind - mal wieder - total ärgerlich. Er insinuiert:

  • Wärmepumpen ohne Fußboden ginge nicht - FALSCH (s.o.)
  • H2-ready Heizungen seien klimaneutral - FALSCH: H2-ready-Heizungen können max 30% H2 verarbeiten, der Rest bleibt Verbrennung fossilen Gases
  • Erst die Intervention der FDP habe verhindert, dass Immobilieneigentümer ihre Heizung vorzeitig rausreißen müssen und die Technologieoffenheit gewahrt wird - FALSCH (bis auf H2-ready, s.u.)
  • Der FDP sei Klimaschutz sehr wichtig. Davon ist im Handeln der Partei nichts zu merken. Ich finde zwar richtig, dass die FDP sich für eine Ausweitung und Vorziehen des EU-Zertifikatehandels ausspricht. Aber: Als alleinige Maßnahme kommt das jetzt zu spät! Und ich kann auch nirgends erkennen, dass sich die FDP auch tatsächlich dafür einsetzt. Vielmehr ist diese Forderung ein Feigenblatt fürs Bremsen

Das ist nicht seriös, sondern manipulative Propaganda

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Kennt jemand einen Vergleich der gelenkten Fassung des Entwurfs des Gebäudeenergiegesetzes und der im Kabinett beschlossenen Fassung?

Totale Desinformation seitens FDP

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Hier in meinem Beitrag findest du die Links. Ähnliches stand im Koalitionsvertrag und wird seit dem in den Immobilienbranche diskutiert. Den geleakten Entwurf kenne ich nicht. Im endgültigen Gesetzesentwurf steht das Gleiche drin, wie schon angedacht.

Die FDP und einige Teile der CDU (z.B. Spahn) sind endgültig im Trumpismus angekommen. Es wird einfach gelogen und die Lüge solange wiederholt, bis sie zur Wahrheit wird. Orwell pur.

Mir ging es gerade um die Änderung vom geleakten Entwurf zum Kabinetsentwurf. Ich habe den Verdacht, dass sich da gar nicht so viel geändert hat (bis auf vielleicht „H2-ready“), die FDP sich aber dennoch als die „Retter des von den Gründen Geschundenen“ geriert

Dann musst du ins Archiv der Bildzeitung gucken. Von mir bekommen die aber keine Klicks.

Das was ich als geleakt vernommen habe, war genau das, was vorher auch klar war Der Fachmann wundert sich…

Einzig interessant an der Geschichte war, dass man daraus eine Kampagne stricken kann, an der sich eine beängstige Menge an Journalisten beteiligen oder nicht zur Aufklärung beitragen.

Ist das hier vielleicht der geleakte Referentenentwurf (Stand: 15.2.)?

Dieser Hinweis aus einem anderen Thread scheint das zu bestätigen:

Das müsste er sein. Wenn man das mit der Version vom 3.4. vergleicht fällt z.B. der Paragraph 71k auf. Der geht nun ausschließlich im Wasserstoff: https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Downloads/P-R/20230331-referentenentwurf-2-geg-novelle.pdf?__blob=publicationFile&v=4