Genau das fordern ja einige FDP-Politiker immer wieder mal. Steht auch in deren Wahlprogramm:
Wir Freie Demokraten wollen den EU-Emissionshandel … schnellstmöglich auf alle Sektoren und geographisch ausweiten. … So schaffen wir Anreize für Investitionen in klimafreundliche Technologien. Wir bekennen uns ausdrücklich zu dem Ziel aus dem Pariser Abkommen, die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. … Dieses Ziel können wir durch ein striktes und jährlich sinkendes CO2-Limit in einem umfassenden Emissionshandelssystem zuverlässig erreichen. Es sollte jedoch regelmäßig auf Grundlage neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse in den Sachstandsberichten des Weltklimarates (Intergovernmental Panel on Climate Change) evaluiert werden. Sollte Klimaneutralität in der EU in dem Zuge bereits frühzeitiger angestrebt werden, kann der Emissionshandel die Zielerreichung durch Anpassung des Senkungspfads weiterhin garantieren. … Weg dorthin überlassen wir dem Erfindergeist von Ingenieurinnen und Ingenieuren, Technikerinnen und Technikern sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. So können wir Klimaschutz marktwirtschaftlich und wissenschaftlich sicher erreichen. Der Weg … ist aber erst beendet, wenn alle Emissionen weltweit einen einheitlichen marktwirtschaftlichen CO2-Preis haben.
ist dieses Argument völlig unglaubwürdig: Ich kann nirgend erkennen, dass sich die FDP irgendwie irgendwo dafür einsetzt. Ein Lippenbekenntnis.
tut Europa und auch Deutschland ja diesbezüglich schon so einiges. Mehr, als es in der öffentlichen Diskussion reflektiert zu sein scheint (so zumindest mein Eindruck). Aber: Leider, leider … viel zu spät!! Daher:
Angesichts des noch verbleibenden CO2-Budgets / des uns noch verbleibenden Zeithorizonts, bis unsere Wirtschaft und Gesellschaft weitestgehend dekarbonisiert sein muss (andernfalls sind die Auswirkung der Klimakrise sehr gravierend und unumkehrbar) reicht ein CO2-Preissystem allein nicht aus.
Aktuelles Beispiel: Heizungen. Jede Gas-Heizung, die heute eingebaut wird, emittiert auch 2053 noch CO2. Der heutige CO2-Preis ist aber noch zu niedrig, als dass ihn Menschen in ihrem Investitionsentscheidungen berücksichtigen. Daher geht es nicht ohne zusätzliche regulierende Eingriffe, die auf anderem Wege verhindert, dass jetzt noch massenhaft Gasheizungen eingebaut werden (letztes Jahr allein in Deutschland hunderttausende!!)
trägt die FDP (leider auch die anderen Regierungsparteien) dazu bei, dass die Einnahmen aus den CO2-Preisen nicht etwa als Klimadividende/-geld (Pro-Kopf-Pauschale) an die Menschen zurückbezahlt werden und so die sozialen Auswirkungen des CO2-Preises vollständig ausgeglichen werden. Vielmehr werden die Einnahmen bereits anderweitig verplant.
Habe ich von der FDP noch kein Wort darüber gehört, wie die Wettbewerbsfähgkeit der europäischen Wirtschaft geschützt werden soll vor Importeuren, die klimaschädliche Produkte ohne CO2-Preis herstellen und einführen dürfen. Das geht nämlich nur mit einem (aus Sicht der FDP) „Bürokratiemonster“ namens CO2-Grenzausgleich („Klimazoll“). Da wir etwas Vergleichbares ja auch ganz erfolgreich für die Umsatzsteuer aufgebaut haben, wäre es machbar. Aber auch Sicht der FDP leider „viel zu viel Staat“. Da lässt man dann lieber die CO2-intensiven Produktionen (Stahl, Zement, Chemie, …) ins Ausland abwandern: Das ist wissentlicher Export von Klimaverschmutzung statt Klimaschutz.
Ja, aber ein aus der Politik mit sich selbst beschäftigendes Szenario. Ihr habt nicht die Nachrichten zusammengekehrt sondern selbst Nachrichten geschaffen. Ihr habt einen Sachverhalt nicht eingeordnet, sondern ein hypothetisches Szenario ins Extrem getrieben.
Aus meiner bescheidenen Sicht. Gekommen ist davon ja nix.
Also, da muss ich Dir doch widersprechen: Wenn ein über Hintergrundgespräche informierter Journalist ein ausdrücklich hypothetisches Szenario - ausdrücklich „für den Fall, dass die SPD sich gegen den Koalitionsvertrag entscheidet“ – aufzeigt, dann ist das für die Hörer sehr interessant. Wenn eine solche Information ausdrücklich als Spekulation gelabelt wird: warum man das kritisiert?
Die populistische Art zu regieren hat sich schon stark unter Merkel bemerkbar gemacht. Der Atomausstieg (der dem Land und insbesondere der Energiewende mehr schadet und geschadet hat als mehrere Wissings gleichzeitig) sowie die machttaktisch geniale Einstufung der sog. Ehe für alle als Gewissensentscheid waren ausschließlich populistisch motiviert.
Hingegen war ihr vorbildliches Handeln in der Flüchtlingskrise gegen den Widerstand ihrer Partei und eines Großteils oder zumindest eines großen Teils der Bevölkerung nicht von Populismus bestimmt.
Schröder hingegen hat seinen Gestaltungsanspruch mit dem Machtverlust bezahlt.
Andererseits ist die Lage heute eine andere als zu Brandts Zeiten. Damals gab es die Bildzeitung und (ich glaube mich zu erinern) 2-3 Fernsehprogramme.
Das ist eine ganz andere Situation als heute mit TikTok, Twitter, Youtube, Insta, Podcasts und den ganzen Influencerinnen.
Zudem die Politiker damals mit ihrer Weltkriegserfahrung ganz anders gebürstet waren als die heutigen.
Ob sich ein Brandt (stellvertretend für die Politikergeneration) heute in der Politik behaupten könnte, in der sie auf ein gänzliche anders sozialisiertes, viel diverseres Volk träfen, ist zumindest für mich nicht automatisch gesetzt.
Vielleicht geht Regieren als Minipartei in einer Mediengesellschaft genau so. Was den Missstand natürlich nicht besser macht.
In meinen Augen ist die FDP zu sehr Klientelpartei, um dauerhaft Gestaltungswillen zu zeigen, denn die Gestaltungsoptionen der FDP mögen für große Teile der Bevölkerung nicht attraktiv sein.
Das ist zwar richtig, aber Aussicht auf Erfolg hatte das Misstrauensvotum auch nur, weil zuvor einzelne Abgeordnete aus SPD und FDP zur Union übergelaufen war, die sich nicht mit den politischen (und auch moralischen) Realitäten abfinden wollten, dass die ehemals deutschen Gebiete östlich der Oder-Neiße verloren sind. Stattdessen wurden vielen Wählern von der Union Ende der 60er noch erzählt, dass man diese Gebiete schon wieder zurückerlangen werde (ähnlich wie heute den Wählern erzählt wird, dass die Auswirkungen des Klimawandels eventuell doch ohne Einschränkungen zu bewältigen wären).
Das stimmt. Die Entscheidung folgt auf die Willensbildung. Die Willensbildung der Wählenden und der Gewählten erfolgt idealerweise nach ausreichender Information und Diskussion. Entscheiden müssen aber die Regierenden, dem Amtseid entsprechend. Unser System ist nämlich nicht plebiszitär. Unpopuläre Entscheidungen müssen möglich sein. Was du dir wünschst ist eben ein rein plebiszitäres System, in dem es praktisch keine unpopulären Entscheidungen gäbe. Wenn du annimmst, dass die Mehrheit der Abstimmenden über eine sehr gute politische Bildung (Weitsicht, Sachkenntnis, analytischen Verstand, ausgeprägtes Rechtsempfinden usw) verfügt, wären wir in einer besseren Lage als jetzt. Wenn mich meine Menschenkenntnis nicht täuscht und deine Annahme falsch ist, wären wir in einer eher viel schlechteren Lage als jetzt.
Die Folge war toll, es gab schon bessere FDP Politiker im Sinne von Willy Brandt bzw. dafür für das Richtige einzustehen und dafür zu streiten. Zitat Walter Scheel anbei:
Walter Scheel:
Es kann nicht die Aufgabe eines Politikers sein, die öffentliche Meinung abzuklopfen und dann das Populäre zu tun. Aufgabe des Politikers ist es, das Richtige zu tun und dann populär zu machen. (Bei der Ernennung zum Vizekanzler am 22. 10. 1969).
@vieuxrenard
Großartige Folge, insbesondere in der Beleuchtung, wie zaghaft und schlussendlich verlogen die FDP in der Klimapolitik ist.
Einen Punkt würde ich ergänzen: ständig heißt es von Blockierern, z.B. von der FDP, dass es „keine öffentliche Mehrheit für drastische Maßnahmen gibt“. Mag sein. Aber ganz, ganz sicher gibt es keine Mehrheit für die Alternative, nämlich für ein dauerhaft, nie wieder rettbar kaputtes Klima. Somit müsste man auf jede Wiederholung dieses müden Arguments antworten „und wo ist die Mehrheit für die Klimakatastrophe?“.
Überhaupt finde ich, dass Ihr zu den standhaftesten Stimmen im breiten öffentlichen Raum für eine konsequente Klimapolitik gehört. Da Klima ein Thema ist, das mir besonders am Herzen liegt, habe ich gleich ein Lage-Plus-Karma-Abo abgeschlossen.
Macht bitte weiter, es ist eine sehr wichtige Arbeit, die Ihr leistet.
Ein Politiker will natürlich immer „Mehrheiten“ zufriedenstellen, besonders in Hinblick auf Wählerstimmen die ihn dann vielleicht wieder wählen. Auf der anderen Seite sollten wir aber mal die diese abstrakten Mehrheiten ein wenig genauer anschauen. Aufgrund der Altersverteilung in Deutschland haben wir rein rechnerisch eine Mehrheit bei den alten Menschen, die dann gar nicht mehr das ausbaden müssen, was sie als Mehrheit heute beschließen. Das ganze noch gewürzt mit ein wenig Populismus ala „Wir werden keine Heizungen verbieten“ und schon ist die Mehrheit beruhigt. Nur die paar jungen Leute sehen eine heiße Zukunft vor sich und sind natürlich alles andere als zufrieden.
Und genau deshalb hat das Bundesverfassungsgericht ja vor knapp zwei Jahren entschieden, dass die Politik auch die Interessen der nächsten Generationen berücksichtigen muss und eben nicht „weiter so, bringt ja Wählerstimmen“ machen kann. Oder um es überspitzt auszudrücken: Wenn die Mehrheit heute beschließen würde, dass es vollkommen in Ordnung wäre, Menschen die sich an die Straße kleben zu verprügeln, so steht dem doch das Recht auf körperliche Unversehrtheit gemäß Artikel 2 GG, und dieses Recht kann auch ein „demokratisch gefasster Mehrheitsbeschluss“ nicht aufheben.
Es wäre also dringendste Aufgabe der Politik, sich tatsächlich um Lösungen für unsere aktuellen Probleme zu bemühen, auch wenn die dafür notwendigen Maßnahmen durchaus schmerzhaft sein werden. Wer das nicht tut, hat vielleicht den kurzfristigen „Gewinn“, verliert aber langfristig. Wir scheitern gerade als Gesellschaft grandios am sogenannten „Marshmallow Test“. Und befeuert wird dieser Irrsinn dann ja auch noch durch Kampagnen der Springer-Presse, die hier ihre Medienmacht missbrauchen. Keine guten Aussichten für die Zukunft.
Die Idee „Politiker werden letzendlich doch Klimaschutz durchsetzen, wenn sie aus Eitelkeit auf der richtigen Seite der Geschichte stehen wollen“, die ihr in LdN333 als eine Art letzte Hoffnung gegen den aktuell grassierenden Fossilpopulismus geäußert habt - hört sich tröstlich an, ist aber m.E. etwas naiv und weltfremd, denn: Geschichte wird immer von den Siegern geschrieben. In der heutigen Zeit (und bis weit in die absehbare Zukunft hinaus) sind das die Fossilwirtschaft, die Milliardäre und deren Erfüllungsgehilfen von Axel Springer, Rupert Murdoch etc. Nicht die Justiz oder die Wissenschaft wird über das Verhalten von Politikern richten - sondern die „Sun“, die Bildzeitung und Fox News.
Die werden peinlich genau darauf achten, dass ihre Stakeholder nicht zur Verantwortung gezogen werden. So wie vor gut 10 Jahren, als Italien nach einem Erdbeben einen Sündenbock suchte und Erdbebenwissenschaftler zu langen Haftstrafen verurteilt wurden. Im UK, das unter den Brexit-Folgen leidet, ist es komplett verpönt, über den Brexit zu reden - das traut sich nicht mal der Oppositionsführer von der Labour-Partei.
Schließlich ist die Coronapandemie noch ein großartiges Beispiel, wie im Nachhinein niemand mehr über die Verharmloser redet, die unzählige Menschenleben auf dem Gewissen haben - stattdessen wird geraunt, ob es nicht zuviele Freiheitseinschränkungen gegeben hat. Ich finde, genau so wird es mit der Klimakatastrophe werden - eher wird es Schauprozesse gegen Klimaforscher geben, als dass die Fossilwirtschaft und ihre Schergen aus den konservativen Parteien zur Rechenschaft gezogen werden.
Hallo zusammen,
ich habe mich noch nicht sehr im Forum beteiligt, aber ich habe eine Frage, die mir als Umweltingenieur, tätig bei Viessmann, mächtig unter den Nägeln brennt:
Warum lassen die allermeisten Formate im TV die Leute von der FDP/CDU/CSU so ausreden bzw. konfrontieren so wenig bis gar nicht mit Fakten?
Paar Beispiele:
Wenn es um die letzte Generation geht, unabhängig wie ihr die Protestform findet, wird bei Maischberger, in der FAZ etc. nie gesagt, dass der BGH die Klimapolitik unter Merkel kassiert hat und vor kurzem auch der eigene Sachverständigenrat von Wissing bestätigt hat, dass dessen Maßnahmen, auch Sektorübergreifend, nicht ausreichen. Wenn es um die Argumente der LG geht, sind es „nur Gefühle“, die Konservativen reden von Rechtsbruch etc, was ebf. nicht stimmt. Hatten wir ja in der Lage genug erklärt.
Atomausstieg: Die Betreiber selbst sagen, die Dinger sind fertig. Nur Isar 2 hatte gesagt, dass man sich wieder mit großen Anstrenungen ans Netz bringen könnte. Brennstäbe kommen aus Russland, Endlager seit 20 Jahren nicht in Sicht.
Söder und seine CSU redet permanent davon, dass sie die führend in EE sind, was faktisch nicht stimmt.
FDP faselt von Fusionsreaktoren und eFuels, eine „Hoffnung“ die ja erfüllt werden muss (Dürr bei Lanz). Das sind Technologien, der 60er Jahre, wenn überhaupt.
H2 ready heißt nicht, dass man puren Wasserstoff in Gasthermen etc. verheizten kann. Seit Wochen wird das immer wieder behauptet. (max. 20%Vol. im Erdgas als Beimischung)
Im FAZ-Podcast von Freitag wird ein Jurist zum Thema Wärmepumpentechnologie geladen, der 50% nur Quatsch erzählt…
So, reicht… Bin ich jetzt übersensibel, weil ich vom Fach bin und deshalb mehr Fehler sehe, als bei anderen Themen? Ich habe auch Philosophie auf Master studiert und war 15 Jahre ein sehr aktiver Musiker. Bei diesen Themen kommt mir deutlich weniger Bullshit entgegeben. Da sind hier und da kleine Fehler mal in irgendwelchen Artikeln, aber passt schon.
Sich bei Lanz zu setzen und zu behaupten es gäbe eine Technologie, jetzt, die mit PV im Keller Wasserstoff produziert, diesen Einlagert, der dann im Sommer genutzt wird, Brennstoffzelle, ist totaler Unsinn und das ist eine Professorin im Bereich Gebäudetechnik. Lamia Becker Dingsbums… Name vergessen.
How could this happend?
Moin @DepriChef , ich habe Deinen Beitrag mal in eine Diskussion geschoben, deren Teilnehmer, glaube ich, ebenfalls Antworten auf Deine Fragen suchen und z.T. gefunden haben.
Wenn das nicht zu Deiner Frage passt: Bitte um Rückmeldung.
Magst Du das nochmal ausführen, also was da alles Quatsch war?
Hab den Podcast auch gehört und mich dann gewundert, warum jemand alle möglichen technischen Fragen gestellt bekommt, nur weil er eine Wärmepumpe zu Hause hat. Aber die Antwort lautet wohl einfach: Der Mann ist CDU-Politker und es ist der FAZ-Podcast
Fällt CL eigentlich auch noch etwas anderes ein, als zu allem einfach nein zu sagen und dann auf Innovation zu verweisen?
„Ein subventionierter Strompreis für die Industrie widerspreche den Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft, mahnt Christian Lindner. Stattdessen brauche es Anreize für Innovation.“
Ebenfalls ein Thema, welches mich wirklich maßlos aufregt. Ich bin Entwicklungsingenieur im Bereich Elektromobilität und kann diesen faktenfreien Schwachsinn den insbesondere FDP und Union uneingeordnet vor sich her brabbeln dürfen nicht mehr ertragen.
Keine, aber auch wirklich keine Talkshow (insbesondere aus dem ÖRR) schafft es, diesen Schwachsinn korrekt einzuordnen. Warum hebe ich insbesondere den ÖRR hervor? Weil neutrales Einordnen deren Job ist, dem sie mangels Fachkenntnis und redaktioneller Vorarbeit nicht nachkommen. Die können da einfach alles behaupten, solange nicht ein Experte zu dem Gebiet zufälligerweise in der Runde sitzt und dann auch den Mut hat sie in die Schranken zu weisen.
Immer wenn ich solche Talkshows ansehe fühle ich mich in eine Zeit zurückversetzt, in der ich noch nicht mal gelebt habe. Eine Zeit, in der man nicht einfach schnell das Smartphone oder den Laptop rausholen konnte und das ganze mit 2 Klicks Fact-Checken konnte. Politiker haben meines Erachtens immer noch das Gefühl, dass die in den Shows einfach alles behaupten können, weil die Leute es sowieso kaufen. All das was @DepriChef hier beschreibt folgt nur noch dem Schema „so lange mantrahaft wiederholen und vortragen bis die Leute es als Wahrheit akzeptieren“. Insbesondere FDP und Union haben das perfektioniert. Dazu noch die ganzen Talkshow-Tricks die viele nicht kennen und schon kann man in jeder Debatte derailing betreiben.
Wir sind z.B. schon so weit, dass es gängiger Konsens ist, dass wir E-Fuels benötigen würden, um die Bestandsflotte zu decarbonisieren. Das ist mittlerweile die anerkannte Diskussionsbasis in Deutschland, obwohl es hanebüchener Schwachsinn ist. Die FDP nutzt dies dann aus um bei geringer verdienenden Personen Stimmung gegen E-Mobilität zu machen, obwohl sich diese Leute E-Fuels noch weniger werden leisten können als E-Autos in ein paar Jahren. Und schon hat Lindner eine Diskussionsplattform für Steuersenkungen bei E-Fuels. (Das nur als Beispiel, will hier an dieser Stelle nicht tiefer da rein gehen)
Technische, naturwissenschaftliche oder wirtschaftliche Themen sind Themen, bei denen nicht jeder aus dem Stand mitreden kann, weil sich nicht viele fachspezifisch auskennen oder dazu einzulesen. Das ist auch in Ordnung, aber gerade deshalb müssen Medien Bullshit auch als solchen markieren. Dass das nicht passiert machen sich die Politiker zu nutze. Sie spielen mit den Ängsten der Leute um ihnen dann etwas als Lösung zu verkaufen, was so nicht existiert, funktioniert oder teurer ist als behauptet. Durch oft vorherrschende False Balance wirkt es dann so, als wäre der Schwachsinn eine valide Mehrheitsmeinung.
Es geht in Talkshows nicht darum, den Bürger aufzuklären, sondern den Bürgern vor Augen zu führen, für welche Themen welche Partei steht. Es sind ja auch keine Diskussionen, sondern jeder Politiker wartet nur darauf, dieses eine Statement loszuwerden, das er sich vor der Sendung vorgenommen hat. Wer versucht, tatsächlich ernsthaft zu diskutieren, kommt da unter die Räder. Ist ja auch klar: ein FDP-Politiker kann ja nicht plötzlich sich bei Maischberger vom Gegenteil überzeugen lassen und gegen Parteilinie argumentieren. Ich finde das schade, weil eben erstens so ein populistisches Argument seriös verbreitet werden kann und zweitens Talkshows für politisch interessierte Zeitverschwendung sind (sofern sie nicht sogar körperliche Schmerzen verursachen). Wenn in einem Diskussionspodcast Politiker in der Runde sind, schalte ich meist nach kurzer Zeit ab, weil ich das nicht ertrage.
Der Rundfunk verweist auf seine wissenschaftlichen Formate, um auf die sachliche Ebene zu kommen. Aber auch die haben ihre Probleme, da sie ungefiltert und uneingeordnet die Sichtweise des Redakteurs und seiner befragten Experten wiedergeben.