LdN 333 - Lindner, Söder und der Populismus - Mangel an Führungs- und Gestaltungsanspruch

Du hast Brandt und Barzel erwähnt. Nehmen wir doch auch noch Scheel dazu:

„Es kann nicht die Aufgabe eines Politikers sein, die öffentliche Meinung abzuklopfen und dann das Populäre zu tun. Aufgabe des Politikers ist es, das Richtige zu tun und es populär zu machen.“

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Diskussion lostreten ist eine Sache, aber Brandt hat z.B. zuerst Tatsachen geschaffen, die nicht umkehrbar waren. Und genau das fordern die beiden in der Lage ja leider auch durch die Blume. So funktioniert mMn Demokratie aber nicht.

In meinen Augen ist gerade das nicht die Aufgabe der Politik. Die Regierung ist ein exekutives Organ, ihre Aufgabe ist es den Wählerwillen umzusetzen, nicht eine eigene Agenda zu entwickeln und durchzusetzen.

Lindners Äußerung zum "Dienst"wagenprivileg ist vollkommen an der Realität vorbei und purer Populismus. Ich fahre keine S Klasse sondern einen Ford KA, trotzdem ist der private Vorteil, den ich dadurch erhalte (für wenig Geld) eigentlich schon abartig und steht in keiner Relation. Die Kritik an diesem Privileg ist berechtigt.
Ich würde sofort wieder mit dem Fahrrad und Öffis fahren, würde das abgeschafft - ohne mich zu beschweren. Nur werde ich nicht freiwillig auf solche Sonderleistungen verzichten, wenn sie angeboten werden.
Jedoch bekommt er so meine Stimme auch nicht.

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Das stört mich auch sehr. Hab schon häufig darüber nachgedacht und komme immer zu dem Punkt:

Es geht um Mehrheiten, nicht um Wahrheiten.

Die Opposition hat nur ein Interesse daran, bestmöglich zu stören und gute Arbeit zu blockieren, damit die Regierung so wenig wie möglich umsetzen kann. So kann die Opposition am Ende schlechte Bilanzen vorwerfen.

Jeder Schüler lernt nach einem Referat, konstruktives Feedback zu geben. Konstruktives Zusammenarbeiten fehlt aber total im Plenum. Stattdessen findet man nur kindisches trotziges Verhalten von erwachsenen Menschen, die es zwingend besser wissen müssten.

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Das Zitat war mir tatsächlich nicht bekannt, Danke dass du mich darauf aufmerksam gemacht hast. Scheel ist sicher einer der großen deutschen Demokraten, ich bin an dieser Stelle zumindest teilweise anderer Meinung, das sei mir gestattet.
Es hat schon was von Hybris für sich in Anspruch zu nehmen, dass man immer entscheiden kann was „das Richtige“ ist.

Nochmals dezidiert: Eine politische Entscheidung zu treffen ist nicht Willensbildung. Wieder Beispiel der neuen Ostpolitik: Da wurden politische Tatsachen geschaffen, die nicht umkehrbar sind. Das ist in meinen Augen fast schon Antidemokratisch, da wurden Dinge umgesetzt für die es sicher keinen Wählerauftrag gab. Die Regierung ist ein exekutives Organ. Sie ist gewählt um den Wählerwillen umzusetzen, nicht ihre eigene Agenda zu pushen.

Es hat auch keiner die Union und die SPD um ihre schlecht gealterte Ostpolitik, insbesondere die Gas-Abhängigkeit zu Russland, gebeten, außer ein paar Wirtschaftszweige, die sehr davon profitierten.
Es hat auch keiner gebeten, Deutschland zu vierteln, um vier Quasi-Strommonopole zu schaffen usw.
Es ist immer wieder Aufgabe der Politik Entscheidungen zu treffen, auch wenn sich die öffentliche Meinung dazu noch nicht gebildet hat. Ob sie richtig war, weiß man oft erst hinterher.
Dass wir beim Klima handeln müssen, streitet kein ernsthafter Diskutant ab

Ja, könnte man. Man könnte aber auch ganz realistisch zugeben, dass solange 50 Millionen Autos auf der Straße sind, du einen doppelten Spritpreis nicht durchsetzen wirst können ohne dass es soziale Unruhen geben wird, da es zum einen bei Einigen um die Existenz geht und zum anderen Antidemokratische Kräfte das entsprechend nutzen werden.

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Ja, das ist der FDP-Plan. Wer genug Vermögen hat, kann sich weiterhin das Recht kaufen den Planeten einzusauen, und wer das nicht hat, der dreht eben die Heizung auf 14°C runter und zieht sich drei Pullover an.

In die Richtung geht das ja jetzt schon. Aber weil die Leute das so nicht akzeptieren würden, wird dieses „Preissignal“ eben nur in homöopathischer Dosis eingesetzt und wo immer es geht aufgeschoben oder durch Subventionen konterkariert, und deswegen ist es für Wohlhabende auch weiterhin spottbillig ihren verschwenderischen Lebensstil aufrechtzuerhalten. So stellt die Masse derjenigen, die weitere „Preissignale“ nicht ohne große Einschränkungen stemmen könnten die politischen Fußtruppen der Privatjetelite.

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Wenn es wirklich um den Wählerwillen ginge, würden wir zumindest teilweise Direktdemokratie wie die Volksentscheide in der Schweiz einführen.

Aber es geht noch nicht einmal um den Wählerwillen. Es geht erschreckend wenig um die Sache. FDP, CDU und natürlich AFD (ich finde, auch SPD) geht es (überspitzt ausgedrückt) nur um Stimmenfang und dafür lügen sie notfalls.

Wenn es wirklich um den Wählerwillen ginge: Warum gibt es dann noch kein Tempolimit??

Ehrlich gesagt bin ich auch nicht ganz sicher, ob Volksentscheide gut sind. Dabei riskiert man, dass die Mehrheit, die so beeinflussbar ist, die falsche Abzweigung nimmt. Notwendig wäre dafür eine faktenbasierte Information der Öffentlichkeit.

Ich wundere mich immer über die unreflektierte Veröffentlichung von Meinungsumfragen. Wer von den befragten Personen war denn zum Thema gut informiert? Natürlich kann man für den Erhalt von AKWs sein, wenn man nicht weiß, dass wir neue Brennstäbe bräuchten. Natürlich bin ich gegen das Verbot neuer Heizungen, wenn ich in den Medien immer wieder lese, höre, sehe, dass noch gut laufende Heizungen "herausgerissen " werden sollen. Usw.

Mir wäre es lieber, visionäre, entscheidungsfreudige, ehrliche, kommunikativ begabte PolitikerInnen zu haben. (Dann hätte man immer noch die Abwahlmöglichkeit). Ich frage mich aber, wer sich solche Eigenschaften im Politbetrieb und unter Lobbyeinfluss so lange erhält, bis er/sie in einem entscheidenden Amt ankommt…

Eine hervorragende Lösung wäre der Bürgerrat als Mittler zwischen Bürger und Politik. Als Informations- und Diskussionsmöglichkeit. Als Quelle von Selbstwirksamkeit. Am besten mit tatsächlicher Einflussmòglichkeit auf Politik, nicht bindend, aber auch nicht ohne Konsequenzen ignorierbar wie aktuell Expertenrat und Umweltbundesamt. Handeln gegen Entschluss eines Bürgerrats müsste dann gut begründet sein, ggf. mit Klagemöglichkeit.

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Finde ich auch. :slight_smile:

Zu dem Thema „auf der richtigen Seite der Geschichte“ will ich hier noch einen Podcast-Tip geben, nämlich Alternativlos Folge 20. Der Podcast von Felix von Leitner (Fefe) und Frank Rieger hat vor 12 Jahren den inzwischen leider verstorbenen Frank Schirrmacher (u.A. FAZ-Herausgeber) genau zu diesem Thema interviewt:

Alternativlos, Folge 20 - In der Sendung geht es um den politischen Diskurs im Wandel der Zeit. - 20.10.2011 - alternativlos.org

Ist sie nicht! Entscheidungen treffen keine Experten, sondern durch Referenten vorbereitete PolitikerInnen. Und die handeln Kompromisse aus.

Es geht darum, zu Meinungen zu stehen und die nicht nach Umfragen zu verändern oder dem Mainstream hinterherzulaufen. Und dafür gegebenenfalls auch in Kauf zu nehmen die ein oder anderen Prozente bei der nächsten Wahl nicht zu gewinnen. Du machst einen Gegensatz auf, der meiner Meinung nach nicht existiert. Wir leben nicht in einer direkten Demokratie. Und selbst dort wäre es so, dass Politik Mehrheiten generiert. Schließlich wird vor einer Entscheidung wahlkampf gemacht, und wer dort die am besten wirksamsten Auftritte hinlegt, holt sich die Stimmen. Da wir aber in einer repräsentativen Demokratie leben, sollten Politiker zumindest für vier Jahre ihre Sätze aus dem Wahlkampf nicht vergessen :wink:

Ich würde es jetzt nicht unrühmlich nennen, aber es war das erste Mal, dass in der Lage lang und breit Spekulationen und Gerüchte ausgebreitet wurden. Und dies wird dem Anspruch der Lage meiner Meinung nach nicht gerecht.

Welche Podcasts würdest du empfehlen, um außerhalb der „Blase der Lage“ sich zu informieren?

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Die Regierung(smehrheit) ist mit einem Vorhabenprogramm in den Wahlkampf gegangen, den das Wahlvolk durch Zustimmung unterstützt und ansonsten den handelnden Politikys sein Vertrauen ausgesprochen hat, denn nichts anderes ist die Wahlhandlung: Ein Auftrag und ein Vertrauensvorschuss. Innerhalb dieser Grenzen hat die Regierung einen Handlungsspielraum - insbesondere auch für zum Wahlzeitpunkt unvorhergesehene Ereignisse, bei denen es gar keinen konkret manifestierten Wählerwillen gibt -, kontrolliert durch das Parlament als Volksvertretung.

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Eigentlich werden ja nicht bestimmte Entscheidungen gewählt, sondern Personengruppen, denen man am ehesten zutraut, Entscheidungen im Sinne des/der jeweiligen Wählers/Wählerin zu treffen.
Sonst müsste man ja auch alle anliegenden Entscheidungen vorher kennen oder immer Volksentscheide durchführen.
Daher entspricht dein Bild eines imperativen Mandats weder der Rechtslage noch der Realität.

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Aus sehr gutem Grund haben wir keine direkte Demokratie.

Nein, in unserem parlamentarischen System ist - ebenfalls aus gutem Grund - die Entscheidungsfindung an gewählte Vertreter gewählt, die alle paar Jahre gewählt werden und dann explizit ausschließlich ihrem eigenem Gewissen verpflichtet sind. Diese Vertreter wurden gewählt, weil sie versprochen haben, für bestimmte Werte, Haltungen und Überzeugungen zu stehen und diese in konkrete Politik umzusetzen.

Ein solche parlamentarische Demokratie setzt allerdings voraus, dass sich Menschen ins Parlament wählen lassen, die sich leiten lassen von Werten, einer Haltung und einer Überzeugung, was gut und was nicht gut ist für die gesamte Gesellschaft.

Fortsetzung …

… .Fortsetzung:

Statt dessen haben wir weitestgehend nur Politiker, die sich fast nur noch an mehr oder weniger schlecht gemachte Umfragen orientieren, um nach der nächsten Wahl noch dabei sein zu können. Und genau so sieht dann unsere Politik aus: Im Ziele in Gesetze gießen sind sie alle sehr groß. Wenn dann um die - für Teilgruppen der Bevölkerung schmerzhafte - konkrete Umsetzung der Ziele geht, verdrücken sich die meisten Politiker, anstatt die Notwendigkeit zu erklären und zu vertreten.

Blöder Weise sind aber viele Umfragen schlecht gemacht oder sogar gezielt manipuliert. Und die meisten Menschen antworten auf Umfragen ja nicht als vollumfänglich informierte, sondern spontan aus dem Bauch heraus. Wer also Politik nach Umfragen macht, macht Stammtisch-Politik.

Viele Menschen ändern ihre spontane Einschätzung und Meinung, wenn sie die Fakten und die Abwägungen kennen.

Beispiel: Vor der Zeitenwende-Rede von Scholz gab es in Deutschland ganz sicher keine Mehrheit, 100 Mrd. Euro in die Bundeswehr zu investieren und das jährliche Verteidigungsbudget aufzustocken. Seit seiner (ausnahmsweise mal auch rhetorisch sehr guten) Rede haben wir eine klare Mehrheit dafür. So etwas ist - leider sehr rat - politische Führung.

Beispiel Bürgerrat Klima: Ein Bürgerforum aus zufällig ausgelosten 160 Bürgerinnen und Bürgern, die 2021 unter der Schirmherrschaft von Bundespräsident und unter Beratung und Begleitung durch Wissenschaftlern und Fachleuten Empfehlungen für die Klimapolitik erarbeiteten hatte. Da stehen viele Forderungen sind, die am Stammtisch sicherlich unpopulär sind.

Leider lassen sich viele Menschen aber auch sehr leicht durch Geschwätz, Geschwurbel, Insinuierungen und Lügen beeinflussen. Willst du wirklich eine Politik, die sich am Stammtisch orientiert, der wiederum durch Propaganda und Lügen manipuliert ist?

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Nein, das war ein ganz konkretes Szenario, was in der Berliner SPD passieren würde, wenn sie den Koalitionsvertrag mit der Union ablehnt. Und auch überhaupt nicht spekulativ, sondern basierend auf einer ganzen Reihe von Hintergrundgesprächen.

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Die SPD Mehrheit für den Koalitionsvertrag war denkbar knapp. Sogar ohne Hintergrundgespräche ein wahrscheinliches Szenario.

Ja, völlig richtig!

Genau das fordern ja einige FDP-Politiker immer wieder mal. Steht auch in deren Wahlprogramm:

Wir Freie Demokraten wollen den EU-Emissionshandel … schnellstmöglich auf alle Sektoren und geographisch ausweiten. … So schaffen wir Anreize für Investitionen in klimafreundliche Technologien. Wir bekennen uns ausdrücklich zu dem Ziel aus dem Pariser Abkommen, die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. … Dieses Ziel können wir durch ein striktes und jährlich sinkendes CO2-Limit in einem umfassenden Emissionshandelssystem zuverlässig erreichen. Es sollte jedoch regelmäßig auf Grundlage neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse in den Sachstandsberichten des Weltklimarates (Intergovernmental Panel on Climate Change) evaluiert werden. Sollte Klimaneutralität in der EU in dem Zuge bereits frühzeitiger angestrebt werden, kann der Emissionshandel die Zielerreichung durch Anpassung des Senkungspfads weiterhin garantieren. … Weg dorthin überlassen wir dem Erfindergeist von Ingenieurinnen und Ingenieuren, Technikerinnen und Technikern sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. So können wir Klimaschutz marktwirtschaftlich und wissenschaftlich sicher erreichen. Der Weg … ist aber erst beendet, wenn alle Emissionen weltweit einen einheitlichen marktwirtschaftlichen CO2-Preis haben.

Quelle: Klima | FDP

Nur leider:

  1. ist dieses Argument völlig unglaubwürdig: Ich kann nirgend erkennen, dass sich die FDP irgendwie irgendwo dafür einsetzt. Ein Lippenbekenntnis.
  2. tut Europa und auch Deutschland ja diesbezüglich schon so einiges. Mehr, als es in der öffentlichen Diskussion reflektiert zu sein scheint (so zumindest mein Eindruck). Aber: Leider, leider … viel zu spät!! Daher:
  3. Angesichts des noch verbleibenden CO2-Budgets / des uns noch verbleibenden Zeithorizonts, bis unsere Wirtschaft und Gesellschaft weitestgehend dekarbonisiert sein muss (andernfalls sind die Auswirkung der Klimakrise sehr gravierend und unumkehrbar) reicht ein CO2-Preissystem allein nicht aus.
    Aktuelles Beispiel: Heizungen. Jede Gas-Heizung, die heute eingebaut wird, emittiert auch 2053 noch CO2. Der heutige CO2-Preis ist aber noch zu niedrig, als dass ihn Menschen in ihrem Investitionsentscheidungen berücksichtigen. Daher geht es nicht ohne zusätzliche regulierende Eingriffe, die auf anderem Wege verhindert, dass jetzt noch massenhaft Gasheizungen eingebaut werden (letztes Jahr allein in Deutschland hunderttausende!!)

Fortsetzung …

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… Fortsetzung:

  1. trägt die FDP (leider auch die anderen Regierungsparteien) dazu bei, dass die Einnahmen aus den CO2-Preisen nicht etwa als Klimadividende/-geld (Pro-Kopf-Pauschale) an die Menschen zurückbezahlt werden und so die sozialen Auswirkungen des CO2-Preises vollständig ausgeglichen werden. Vielmehr werden die Einnahmen bereits anderweitig verplant.
  2. Habe ich von der FDP noch kein Wort darüber gehört, wie die Wettbewerbsfähgkeit der europäischen Wirtschaft geschützt werden soll vor Importeuren, die klimaschädliche Produkte ohne CO2-Preis herstellen und einführen dürfen. Das geht nämlich nur mit einem (aus Sicht der FDP) „Bürokratiemonster“ namens CO2-Grenzausgleich („Klimazoll“). Da wir etwas Vergleichbares ja auch ganz erfolgreich für die Umsatzsteuer aufgebaut haben, wäre es machbar. Aber auch Sicht der FDP leider „viel zu viel Staat“. Da lässt man dann lieber die CO2-intensiven Produktionen (Stahl, Zement, Chemie, …) ins Ausland abwandern: Das ist wissentlicher Export von Klimaverschmutzung statt Klimaschutz.
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Ja, aber ein aus der Politik mit sich selbst beschäftigendes Szenario. Ihr habt nicht die Nachrichten zusammengekehrt sondern selbst Nachrichten geschaffen. Ihr habt einen Sachverhalt nicht eingeordnet, sondern ein hypothetisches Szenario ins Extrem getrieben.
Aus meiner bescheidenen Sicht. Gekommen ist davon ja nix.