Welche Staatsreform ist nötig, damit Politik endlich wieder gut regiert?

[Vorbemerkung: Mein erster Beitrag zu diesem Thema wurde aufgrund falsch gewählten Titel und Einleitung schnell zur Debatte über AfD-Wähler. Darum geht es hier nicht. Bitte dazu hier Diskutieren: AfD-Wähler ]

Von den Parteien, in den Medien und auch hier im Forum (auch von mir) wird immer wieder beschworen, das beste Mittel gegen die AfD wäre „endlich wieder gut regieren“.

Aber auch unabhängig vom AfD-Problem: Wäre es nicht auch dann super, wenn wir endlich eine Politik / Politker bekämen, die unsere drängenden Probleme tatsächlich und effektiv angingen, selbst wenn wir dann feststellen, dass dies AfD-Wähler doch nicht davon abbringt, weiter AfD zu wählen.

Frei nach dem Känguru-Motto (Marc-Uwe Kling):

„Ja, wir könnten jetzt was gegen den Klimawandel tun, aber wenn wir dann in 50 Jahren feststellen würden, dass sich alle Wissenschaftler doch vertan haben und es gar keine Klimaerwärmung gibt, dann hätten wir völlig ohne Grund dafür gesorgt, dass man selbst in den Städten die Luft wieder atmen kann, dass die Flüsse nicht mehr giftig sind, dass Autos weder Krach machen noch stinken und dass wir nicht mehr abhängig sind von Diktatoren und deren Ölvorkommen. Da würden wir uns schön ärgern.“

Warum große Staatsreform?

  • Radikale und populistische Parteien entstehen, wenn der Staat und die Politik bei der Lösung der Probleme, die die Menschen - zum großen Teil seit Jahrzehnten - spürbar betreffen (nur zum Beispiel: Wohnen, Klima, Pflege, Gesundheitssystem, Rente/Altersvorsorge, Vermögensverteilung, Infrastruktur, neu: Arbeitskräftemangel, Migration/Integration, Digitalisierung/Bürokratie, Lobyismus, ….), versagt. Dieses Staats- oder Politikversagen gibt extremen und populistischen Strömungen erst die Plattform für Parolen mit „einfachen Lösungen“ und der Verächtlichmachung des politischen Systems und der „etablierten Parteien“ und derer Politiker.
  • Tatsächlich gibt es eine Lösung, die man auf einen einfachen Nenner bringen kann: Macht einfach endlich wieder gute Politik! Leider ist die Umsetzung offenbar nicht so einfach. Ich vermute, viele Ursachen sind systemisch und daher lösbar. Nur: Wie? Dazu müssen wir uns auf den Weg der Ursachenforschung machen. Dazu soll dieser Thread dienen.
  • Die Ursache muss in jedem Fall irgendwo in unserem politischen System stecken. Ich bin kein Politikwissenschaftler, um diese Ursachen klar zu identifizieren und habe daher auch keinen konkreten Maßnahmenkatalog dagegen an der Hand. Aber:
  • Ganz offensichtlich funktionieren die Systeme, Abläufe und Strukturen unseres parlamentarischen und förderalen Systems nicht mehr: Politiker haben zu wenige Anreize, „das Richtige“ zu tun und zu wenig Konsequenzen, wenn sie das Falsche oder gar nichts tun. * Im Gegenteil: Wenn sie „das Richtige“ - das ja meist mit einem wenigstens vorübergehenden Nutzenverzicht oder Verlust einer geschätzten Sache (dem aber ein Gewinn einer anderen schätzenswerten Sache gegenübersteht!) eingeht geht - tun wollen, werden sie abgestraft: Von den Medien, von der Öffentlichkeit, vom Wähler.
  • Was können wir an unserem politischen System ändern, damit Politiker nicht das Populäre, sondern das Richtige tun, nachdem sie es populär gemacht haben? Was können wir an unserem politischen System ändern, damit endlich wieder Menschen Politiker werden wollen, die Lust haben und die Kompetenz mitbringen, zu Verbessern, zu Gestalten, zu Führen (auch wenn dieses Wort in Deutschland immer noch schwierig ist).
  • Bei allem Verständnis für die Notwendigkeit von Check & Balances: Ich wünschte mir, eine Partei könnte ihre Lösungsansätze mal konsequent und zügig umsetzen („durchregieren“) und müsste sich nach 4 (besser 5-6) Jahre vor dem Hintergrund des Erfolgs ihrer Maßnahmen zur Wahl stellen. Wenn die Lösung die Situation für die Gesellschaft verbessert hat, hätten sie gute Chancen wiedergewählt zu werden. Wenn nicht, darf eine andere Partei ran. Dazu benötigen wir aber wieder eine Parteienstruktur, in der absolute Mehrheiten (oder eine kleine Koalition aus einer großen und einer kleinen Partei) möglich sind. Welche Ansätze gibt es in der Politikwissenschaften, um das wieder zu ermöglichen?
  • Gleichzeitig sind unsere politischen Strukturen so verkrustet und dysfunktional, dass es für Politiker fast unmöglich ist, das Richtige zu tun.
  • Beispiel ist die GGK („ganz große Koalition“), erzwungen durch die fragwürdige Zustimmungspflicht bestimmter Bundesgesetzen, die Ulf @vieuxrenard immer mal wieder thematisiert. Die GGK führt zur Verwässerung von Lösungen durch Kompromisse, die solche Gesetze letztlich wirkungslos machen.
  • Ein weiteres Beispiel ist der Lobby-Einfluss auf Gesetzesvorhaben, der dazu führt, dass ursprünglich sinnvolle Gesetze durch allzuviel „Kompromisse on the way“ verkrüppelt werden.
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  • Außerdem habe ich - ohne Belege - den Eindruck, dass sinnvolle Politik an einer völlig verkrusteten Ministerial- und Verwaltungsbürokratie scheitert. Wenn ich immer wieder höre, wie viele Jahre bestimmte Politik- und Gesetzesvorhaben letztlich dauern (während in Konzerne vergleichbare Vorhaben in Monaten und in Klein- und mittelständischen Unternehmen in Wochen umgesetzt werden können) …

  • Meine Hypothese: Das liegt oft weniger an „der Bürokratie“, sondern hat mehr mit der Mentalität der Menschen in der öffentlichen Verwaltung zu tun; diese Mentalität haben wir uns aber über die jahrzehnte durch eine völlig verfehlte Fehlerkultur in der öffentlichen Verwaltung „herangezüchtet“. Das Ergebnis ist ein völliger Mangel an Risikobereitschaft und Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen.

  • Natürlich sind veraltete Bürokratie und mangelnde oder mangelhafte Digitalisierung ebenfalls zu nennen.

  • Kürzung der Verfahrensdauer von Gerichtsverfahren durch mehr Richterstellen und Reform der Zivil- und Strafprozessordnung mit Unterstützung einer guten Digitalisierung von Gerichtsprozessen

  • Verlängerung der Legislaturperioden, Bündelung von Wahlterminen, Gesetze mit Verfallsdatum sind ebenfalls No-brainer.

Fazit

Wir benötigen eine große Staatsreform, die weit über die Maßnahmen hinausgehen, die weit über die Ergebnisse der Initiative für einen handlungsfähigen Staat hinausgehen.

Nachbemerkung

Das oft beschworene Lösung von Komplexitäts-Bremsen (Überregulierung, Bürokratie) für Bürger, Wirtschaft und auch den Verwaltung / Staat selbst dagegen ist leider unterkomplex: Kaum geht man nämlich an solche Themen daran, erinnert man sich wieder daran, dass die meisten der als Bürokratie geschmähten Regeln seinerzeit aus guten Gründen eingeführt wurde - in der Regel zum Schutz wichtiger Rechte des Bürgers (Arbeitnehmerschutz, Mieterschutz, Verbraucherschutz, Datenschutz, Umweltschutz, …).

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Ich glaube auch, dass wir das alles brauchen. Aber wer sagts dem Wähler so, dass eine Mehrheit das auch glaubt? Und wenn man ein Mandat hätte, müsste man überlegen, in welcher Reihenfolge die Projekte angegangen werden können, denn gleichzeitig dürften diese Schritte kaum zu schaffen sein, oder? Ausgehend von deiner Analyse würde ich sagen, der erste Schritt müsste dann die Reform des politischen Systems sein, für mich am naheliegendsten wäre die Entflechtung von Bundesrat und Bundestag, damit auf den jeweiligen Ebenen eher “durchregiert” werden kann und Verantwortlichkeiten klarer deutlich werden. Das hätte allerdings auch Nebenfolgen, weil dann - ähnlich, wie heute schon gegenüber Kommunen - die höhere Bundesebene stärker in Versuchung käme, Entscheidungen auf Kosten der Länder zu treffen. Das gut auszubalancieren ist ziemlich schwierig. Außerdem würde so eine Reform im bestehenden System einen Moment dauern, mutmaßlich auch bis vors Verfassungsgericht bekämpft werden und bis dahin weitere Reformen eher erschweren. Und dann sind wieder Wahlen und die Wähler fragen “Was soll das heißen, Reform des politischen Systems? Ich merke davon noch nichts, lese nur von erbittertem Streit etc.”

Hier finden sich allerdings einige lösungsorientierte Ansätze.

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Man kann an Beispielen wie Ungarn gut erkennen, wozu es führt, wenn eine Partei für ein paar Jahre “durchregieren” kann. Dann gibt es im Zweifelsfall danach keine freien Wahlen mehr.

Können teilweise sinnvolle Vorscläge sein, aber ich würde bitten, ein Unwort wie “No-brainer” (von dem die Podcasthosts leider auch große Fans sind) nicht zu verwenden. Denn natürlich muss man darüber nachdenken:

  • Verlängerung der Legislaturperioden: Welcher? Der bundesweiten um ein Jahr, da kann ich mitgehen. Aber es ist auch wichtig, dass ein demokratisches System die aktuelle Bevölkerung repräsentiert, und je länger die Legiatur wird, desto stärker verzerrt sich das. Sorgt außerdem dafür, dass Abgeordnete sich noch länger im Bundestags-Mikrokosmos bewegen und den Bezug zum Leben der Durchschnittsbevölkerung verlieren.
  • Bündelung von Wahlterminen: Was passiert dann, wenn ein Landtag aufgelöst wird? Müssen alle neu wählen? Oder wird der neue Landtag nur bis zum nächsten Bündel-Termin gewählt - was also im Endeffekt Legislaturperioden verkürzt, das Gegenteil vom oben gewünschten Effekt
  • Gesetze mit Verfallsdatum sind sicher eine interessante Idee, aber dann müsste klar sein, welche Regelung greift, wenn das Gesetz ausläuft. Schon jetzt verabschiedete Gesetze werden wohl kaum im Nachgang mit einer Ablauffrist versehen werden können, im Zweifelsfall führt es also dazu, dass wenn nicht rechtzeitig eine Einigung auf ein neues Gesetz stattfindet, wir automatisch wieder auf die Prä-Staatsreform-Gesetze zurückfallen. Das ist die ultimative Waffe in den Händen Konservativer.

Lieber Max @faust: Ich glaube nicht, dass Du tatsächlich meinst, das hätte ich mit „durchregieren“ gemeint. Es geht vielmehr darum, dass Kompromisse zwischen grundlegend unterschiedlichen Ansätzen in aller Regel einfach gar nicht funktionieren.

Ich habe die No-Brainer No-Brainer genannt, weil sie schon so oft genannt wurden.

Aus Deinem Beitrag lese ich vor allem eine Ablehnung von Änderungsvorschläge, ohne selbst irgend einen Beitrag im Hinblick auf Ursachen und Lösungen zu leisten. Dabei ist der Status-Quo vermutlich eines der schlechtesten Alternativen, zwischen den wir entscheiden könnten.

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Ich bin kein Freund des Status Quo, keine Sorge. Aber meine Änderungsvorschläge gehen eher in eine andere Richtung:

  • Einführung von (ausgelosten) Bürger\*innenräten als festem Teil des Legislative mit Beschlusskompetenz
  • Begrenzung von Abgeordnetendiäten auf das Mediangehalt in Deutschland
  • Ermöglichung von Volksentscheiden auf Bundesebene
  • Demokratisierung in der Wirtschaft und Vergesellschaftung
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Kann man machen (auch wenn ich kein Freund von Volksentscheiden bin), aber wie stellst du sicher, dass die Ergebnisse auch umgesetzt werden (s. Berliner Entscheid zum Wohnungskonzernen)?

Ja, Audrey Tang ist zum Thema “Wie erfolgreiche Digitalisierung und Demokratie zusammenhängen” echt zu empfehlen. Und illustriert für mich auch, dass es in manchen Resorts Sinn macht, dort Menschen mit eigener Expertise hinzusetzen, anstelle von Berufspolitikern, die ausschließlich auf - zumeist dem Status Quo verbundene - Berater angewiesen sind.

In vielen Resorts mag das gut funktionieren - in solchen, in denen sich schnell viel verändern muss, funktioniert es nachweislich nicht (“Neuland”).

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Der Korruptionsindex wird schlichtweg explodieren. Abgeordnete dürfen gerne gut verdienen. Dafür sollen sie dann aber bitte auch unabhängig und informiert entscheiden.

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Glaube nicht, das die von der Höhe der Diäten abhängt. Wir haben auch so schon sehr hohe Parteispenden, extremen Lobbyismus Tür an Tür in Berlin und den Drehtüreffekt.

Dass es nicht noch schlimmer ist, liegt vor allem an Gesetzen und seit einigen Jahren an mehr Transparenz.

Ich finde deinen Ansatz stark, aber ich sehe einige Punkte etwas anders.
Du schreibst in deiner Nachbemerkung, viele Regeln seien „aus guten Gründen“ entstanden.
Das stimmt meistens für die einzelne Regel, aber in der Summe lähmt uns diese Regelwut.

In der Baubranche (in der ich selbst arbeite) etwa lässt sich die Konsequenz konkret messen:
Allein das Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans dauert in Deutschland im Schnitt 5 bis 10 Jahre. Dazu kommen weitere 3 bis 5 Jahre für Planung der Gebäude, Genehmigung und Bau. Also insgesamt 8 bis 15 Jahre bis Menschen tatsächlich einziehen können.
Und das beim Bau von Mehrfamilienhäusern → das sollte keine Raketenwissenschaft sein.
In Deutschland machen wir es aber zu einer.

Jede der Vorschriften war irgendwann sinnvoll, aber als Ganzes sind sie eine Bremse und erzeugen im schlimmsten Fall kompletten Stillstand. Man kann nicht ständig neue Vorschriften und Normen erlassen und sich dann wundern, dass zu wenig sozialer Wohnraum entsteht!

Aktuelles Beispiel bei uns in Köln:
Eine neue Pflicht für Fettabscheider in KiTa-Küchen.
Für die städtischen Entwässerungsbetriebe sicherlich sinnvoll. Aber das macht dann eine KiTa auch schnell mal 25.000 - 50.000 € teuerer durch den industriellen Fettabscheider (+ Wartungs- und Entleerungskosten). In einem Restaurant sinnvoll, aber in ner Aufwärmküche?

Wir brauchen deshalb keinen symbolischen Bürokratieabbau, sondern einen strukturierten Normen-Reset: Alles einmal auf Null und dann nur das wieder aufnehmen, was wirklich nötig ist.
Es muss nicht alles per Normen und Vorschriften bis ins kleinste Detail geregelt werden (das ist generell ein Problem in Deutschland, nicht nur in der Baubranche).

Auch mit dem Satz „Politiker sollen nicht das Populäre, sondern das Richtige tun“ tue ich mich schwer. In einer Demokratie ist das Richtige das, was die Mehrheit will (solange unverrückbare Grundrechte eingehalten bleiben). Politik soll überzeugen, ja, aber sie darf nicht glauben, sie wisse es besser als die Gesellschaft, der sie dient. Wir leben nicht in einer technokratischen Räterepublik.

Eine verlängerte Legislaturperiode halte ich ebenfalls für kontraproduktiv.
Unser Problem ist nicht zu wenig Zeit, sondern zu wenig Entscheidungsfreude und vor allem Geschwindigkeit. Hierfür könnte man die Sommerpause des Bundestages straffen.
Wofür genau brauchen die Abgeordneten sechs bis acht Wochen Sitzungspause jeden Sommer? Auch die Gesetzgebung muss schneller gehen können:
Unter einem Jahr schafft es derzeit kaum ein Gesetz vom Referentenentwurf bis zum Inkrafttreten.

Und Lobbyismus?
Der gehört dazu → vom Industrieverband bis zur NGO. Entscheidend ist Transparenz. Interessenvertretung ist kein Makel, sondern Teil funktionierender Demokratie.
Also es sei denn, es kippt in Korruption, das ist natürlich was anderes.

Fazit:
Wir reden in Deutschland ständig über Bürokratieabbau, aber man traut sich nicht an die Wurzel:
An die schiere Masse an Vorschriften, Zuständigkeiten und Absicherungslogiken,
die sich gegenseitig blockieren.
Wenn wir z.B. den sozialen Wohnungsbau wirklich beschleunigen wollen, brauchen wir eines:
Mut zur Vereinfachung → weniger Angst vor Fehlern, mehr Vertrauen in Verantwortung.

Oder kurz gesagt: Wir brauchen dringend Deregulierung.

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Also wenn du das politische System meinst - meiner Meinung nach keine. Lief gut und läuft gut. Das politisch es nicht funktioniert ist kein Systemfehler sondern liegt an den handelnden Personen. Schließlich hat rot-grün die bisher größte Sozialreform gestemmt und das im bestehenden System. Woran es mangelt, ist Ernsthaftigkeit und Weitblick.

Das bekommt man auch in anderen Systemen nicht.

Wenn es darum geht, den Staat besser zu gestalten, da haben wir alle viele Ideen und diese auch zurecht. Einfacher und weniger ist aber nicht immer gleich gut und gerecht. Und das macht es schwierig. Schon wäre mal der Mut, an Regelungen nicht mit dem Blick auf reduzieren sondern mal mit dem Blick, was wäre, wenn es diese Regel nicht gäbe, müsste ich dann etwas regeln? Dann ist es radikal.

Sind alles aber keine no-brainer, keine Zustimmung. Gesetze ziehen Konsequenzen nach sich und diese haben sie ein Verfallsdatum. Bitte nicht.

Die hat sich die Regeln großteils auch noch in vorauseilendem Gehorsam selbst auferlegt. Was ein anderes Problem aufzeigt: die Angst vor Gericht zu unterliegen führt schon im Vorfeld dazu keine Risiken einzugehen. Um sich davor zu schützen, wird vom Staat verlangt, jede Ausnahme im Vorfeld zu regeln oder wird mit Normen vorgebaut.
Unsere Gerichte funktionieren nicht so, wie sie sollten. Allerdings ist mir klar, dass eine Lösung nicht trivial ist, denn jede Entscheidung hat einen Sieger und einen Verlierer. Und letzterer hat das oft nicht absichtlich herbeigeführt.

Ansonsten werfe ich in den Ring

  • Begrenzung der Amtszeiten (Söder wollte den bayerischen Ministerpräsidenten auf zwei Amtszeiten begrenzen, bis es ihn selbst betraf)
  • weniger Abgeordnete, damit eine Einzelmeinung auch eine Rolle spielt und nicht nur Partei entscheidet

Letzteres, wird auch oft gemacht, um sich bei Kommunalwahlen wieder einzusortieren.

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Einführung von (ausgelosten) Bürger\*innenräten als festem Teil des Legislative mit Beschlusskompetenz

Dass das möglich ist, zeigt Ostbelgien https://www.buergerdialog.be/

Dort wird inzwischen seit 6 Jahren auf diese Weise erfolgreich Politik gemacht.

Zu dem Thema “Citizens`Assemblies” kann ich das Buch “Gegen Wahlen” von David Van Reybrouck sehr empfehlen. Kurz zusammengefasst in diesem Video von ihm: https://www.youtube.com/watch?v=KS9EMvbBq_U

Normen sind ja vor allem ein Produkt von Lobbyismus.

Ansonsten stimme ich dir aber zu deinen Punkten zum Lobbyismus zu.

Um sich zu erholen? Dann eher an die Nebentätigkeiten rangehen oder im Verhältnis die Diäten kürzen. Wer 200k nebenher verdient, kann mir nicht erklären, dass er seinen Hauptjob als Abgeordneter 100% erfüllt.

Habe ich noch keine abschließende Meinung zu. Wer geht da hin? Die, die es sich zeitlich und finanziell leisten können. Ist das dann ein guter Querschnitt der Bevölkerung? Oder man müsste sie entsprechend entschädigen. Und die Schweiz hat z.B. auch für ein Kopftuchverbot gestimmt. Das ist keine Allzweckwaffe

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Als Beispiel kann der Bürgerrat Demokratie gelten.

Bürgerrat Demokratie – Wikipedia

Der Aufwand wurde entschädigt. Die Treffen waren am Wochenende. Dennoch war die Bildungsschicht überrepräsentiert. Ein Bekannter hat bei einem Bürgerrat teilgenommen (der, den Steinmeier iniziiert hat). Dort gab es Onlinetreffen am Abend und zwei Präsenztreffen. Auch dort war die Bildungsschicht überrepräsentiert. Und natürlich sind die Wortführer alte weiße Männer.

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Dennoch war die Bildungsschicht überrepräsentiert

Und natürlich sind die Wortführer alte weiße Männer.

Kann ich beides nicht bestätigen.

  • Zu 1.: Ich war auf der Abschlussveranstaltung von “Hallo Bundestag”. Eingeladen waren dort u.a. viele der gelosten Bürger. Von Menschen mit Beeinträchtigung über Bildungsferne, Handwerker bis zu Akademikern war alles “vertreten”. Tatsächlich berichteten ausnahmslos alle -die gelosten Bürger, wie auch die Beteiligten aus aus der Politik-, wie bereichernd diese Form des “Politik-Machens” für sie war.
  • https://hallobundestag.de/
  • https://hallobundestag.de/_Resources/Persistent/4/4/a/9/44a9a2005d9fc055fbc64a8da6f0ef273ef2ff4c/Hallo%20Bundestag%20Pressemappe%202023-02-2.pdf
  • Eine 100%ige Representativität ist nicht zu erreichen; aber mit einem Losverfahren schon nahe dran.
  • Zu 2.: Bürgerräte werden in kleinen Gruppen moderiert, um das von Ihnen dargestellte zu verhindern. Sie beraten sich untereinander und treffen konsensuale Entscheidungen auf Basis zuvor erhaltener Informationen von Experten.

Der gesamte Prozess und die Ergebnisse von “Hallo Bundestag” wurden wissenschaftlich begleitet und evaluiert.

Übrigens: Wenn Bürgerräte nicht ein (in vielerlei Hinsicht) wirkungsvolles und hilfreiches Instrument wäre, würde Aachen es nicht als ständiges politisches Partizipationsverfahren nutzen.

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Vlt wäre eine Folge der Lage mit Fokus auf Bürgerräte, direkte Beteiligungsmöglichkeiten, Aufarbeitung der Auswertungen zu den bestehenden Projekten mal interessant.

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Ja, eine sehr gute Idee, angesichts zunehmender “Politikverdrossenheit” und dem beängstigenden Erstarken rechter Tendenzen.

Ich denke, dass geloste Gremien / Bürgerräte diesen Tendenzen entgegenwirken könnten. Dazu müssten aber deren erarbeitete Ergebnisse über das bisher praktizierte Prinzip der “Empfehlung” hinausgehen. Das erfordert Vertrauen der Politik in die Bürger, was paradoxerweise (Erkenntnis der Politik: “Die Bürger haben kein Vertrauen mehr in die Politik”) wenig vorhanden zu sein scheint.

Das sehe ich anders. Geloste Gremien sind weder durch Kompetenz noch demokratisch legitimiert, da wären Volksentscheide noch besser, weil sie wenigstens demokratisch legitimiert sind. Aber das Prinzip der repräsentativen Demokratie ist ja, das ausgewählte Vertreter vermutlich kompetenter zu den einzelnen Themen als der Durchschnittsbürger sind. Dazu kommt noch, dass sich geloste Vertreter keiner Wiederwahl stellen müssen, im Gegensatz zu gewählten Politikern, was verantwortliches Handeln nicht unterstützt.

Deshalb können geloste Gremien aus meiner Sicht vielleicht kreative Ideengeber sein, sie sollten aber keine Entscheidungsbefugnis bekommen.

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