Ich glaube, hier geht einiges durcheinander.
Das eigentliche Thema war die Entscheidung des BFHs, dass die Versteuerung der Renten nach 2040 angeschaut werden muss.
MMT, Greenspan usw. sind sicher spannende Themen und auch über ETFs und die Notwendigkeit zur Vorsorge lässt sich lange sprechen - aber der Ausgangspunkt war diese eine Entscheidung.
Ich war witzigerweise genau zum Zeitpunkt der Entstehung des AltEinkG im Bundestag und durfte hautnah den Schaffensprozess dieser gut gemeinten Idee mitverfolgen.
Im Kern war sie richtig, aber sie gleicht der Quadratur des Kreises. Im Kern ging es um die Idee, die Steuerlast der Rente auch auf den Zeitpunkt der Rente zu verschieben, was einige Vorteile mit sich bringt.
- Ist die Steuerlast im Alter für Ottonormalmenschen deutlich geringer, als im Arbeitsleben. Euer zitiertes Beispiel von 3.500€ Brutto im Arbeitsleben und 1.200€ in der Rente ist ein gutes Beispiel. Im Arbeitsleben hat die Person mit 3.500€ ca. 30% Grenzsteuersatz und im Alter mit 1.200€ und nach 2040 0%.
- War gleichzeitig die Einführung einer kapitalgedeckten Altersversorgung in Form von Riester, Rürup und aufgehübschter betrieblicher Altersversorgung verbunden. An sich auch total lukrativ, aber leider in der praktischen Umsetzung … naja.
Ihr weist in eurem Podcast treffend darauf hin, dass das Thema sehr komplex ist und das stimmt. Alle Versuche, einen gerechten Systemwandel von umlagefinanziert zu kapitalgedeckt herbeizuführen müssen scheitern.
Die Streckung auf 25/15 Jahre von progressiver Steuerpflicht und progressiver An/Absetzbarkeit der Beiträge erscheint mir auch heute noch als fair. Natürlich wird es immer Einzelfälle geben, bei denen es zu einer Doppelbesteuerung kommen könnte … allerdings könnte hier schlicht eine Günstigerprüfung vorgenommen werden.
Die Abweichungen sind aber marginal und betreffen die Behandlung des „normalen“ Steuerfreibetrags von ca. 9.100€, den „jeder“ hat. Und die Frage, die sich der BFH jetzt stellt (eigentlich clever):" Verhindert der Steuerfreibetrag eine Doppelbesteuerung"? Also mit anderen Worten: Wenn ich Rentenbeiträge aus versteuertem Einkommen gezahlt habe, dann sollte ja die Rente steuerfrei sein, da sonst eine Doppelbesteuerung vorliegt. Wenn die Rente aber „nur“ deswegen steuerfrei ist, weil der steuerliche Freibetrag hier wirkt, liegt, nach Auffassung BFH, eine Doppelbesteuerung vor.
Im Extrem würde das bedeuten: Zahlt jemand Rentenbeiträge aus voll versteuertem Einkommen und hat in der Rente einen Grenzsteuersatz von 42%, dann würde die Nichtanrechnung des Freibetrags eine Ersparnis von 9.000€ x 42% bringen. Das dürfte dann aber nur die Rente betreffen, die genau aus diesen Beiträgen finanziert wurde. Steigende Rentenfaktoren, Inflation, Diskontsätze, Lebenserwartung … wechselnde Steuerklassen, Einkunftsarten usw. Hui.
Ich will jetzt gar nicht in die letzten Details gehen (mit welchen Freibeträgen wurde denn im Arbeitsleben hantiert, wo kommt die Gesamtsteuerlast her, welche sonstigen Bezüge existieren noch, welche Lebenserwartung hat die Person, welchen Rechnungszins unterstellen wir, welche Rentensteigerung unterstellen wir, wie hätte das versteuerte Kapital verzinst werden können, usw.
Fakt ist, dass der BFH sich hier entscheiden müsste. Entweder lehnt er Doppelbesteuerung dem Grunde nach ab oder er schreibt eine konkrete Errechnung der Höhe nach vor. Im Moment macht er es sich einfach und lehnt die Doppelbesteuerung dem Grunde nach ab. Das wird zu Situationen führen, die Gewinner und Verlierer mit sich bringt.
Man hat es 2005 leider versäumt einen eigenen Steuerparagraphen für die gesetzliche Rente zu schaffen und bei der Rentenversicherung eine doppelte Buchführung einzurichten, aus der hervorgeht, mit welchem relativen Durchschnittsteuersatz die Beiträge versteuert wurden, was dann der Sollsteuersatz in der Rente wäre und diesen dann mit dem Iststeuersatz abgleichen. Theoretisch denkbar, aber typisch für die Legistlative.
Man hat sich bei der Gestaltung des Gesetzes für das Kohortenprinzip entschieden, d.h. gehe ich 2039 in Rente, versteuer ich 99% der Rente für immer und gehe ich 2040 in Rente versteuere ich 100% für immer.
Das wird 15 Jahre lang im Grenzbereich ungerecht, danach läuft es aber sauber durch.
Warum das solch ein großes Pressecho hervorruft, kann ich nur mit der Tatsache begründen, dass die schreibende Zunft den Inhalt nicht durchblickt.
Was mich ein wenig gestört hat, liebes Lage der Nation Team, ist der Umstand dass der Beitrag ein wenig zerfaserte und damit gebe ich in Teilen meinen VorsprecherInnen Recht.
Ihr habt Themen angerissen (Unterschied Pension/Rente, Biometrie, Versicherungsmathematik, Steuern, ETFs, Gerechtigkeit usw.), die für sich so umfassend sind, dass jetzt natürlich alle gebannt warten, was ihr dazu zu sagen habt.
Vielleicht und das habt ihr ja angekündigt, in einer weiteren Folge (ein wenig schaudert es mich schon …).
Thema Rente ist deswegen so wichtig, weil niemand darüber spricht. Es wird entweder bei Referenten im Bundestag verortet, die zwar fachlich und juristisch durchaus sehr gut sind, aber vom wahren Leben so weit entfernt … wie … ja fehlt mir ein Vergleich oder es wird bei windigen Versicherungs- und Vermögensberatern gesehen, von denen kaum einer über eine fundierte Ausbildung verfügt. Zu schade auch, dass es so wenige hochqualifizierte Rentenberater gibt.
Was die Themen Greenspan und MMT hier zu suchen haben … pay as you go wurde seit Greenspan schon mehrfach abgelöst.
Grüßle
M