Sehr individualistische Rentenbetrachtung für ein Politikpodcast

Eine Runde geht noch im Schneeballsystem.

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Meinst Du mit der Realität, der man sich nun endlich stellt, die Tatsache dass knapp 1/5 der Menschen den Eintritt ins Rentenalter dann gar nicht mehr erlebt? Die Rentenkassen entlastet das sicher…

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Ehrlich gesagt, sehe ich auch kein Menschenrecht auf Jahrzehnte bezahlten Urlaubs zum Lebensende. Die Rente dient doch eigentlich dazu, Menschen zu unterhalten, die altersbedingt nicht mehr für sich sorgen können. (Und ich persönlich bin nicht so scharf auf diesen Zustand.)

Das kann man es natürlich auch anders sehen, ist dann aber zunehmend schwerer finanzierbar. Und dieser Realität muss man sich halten stellen, anstatt das Thema unter den Teppich zu kehren.

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Puh, harter Tobak.Ihnen ist aber schon klar dass wir überhaupt nicht genug Stellen haben um die Leute über 67 (oder auch welches Alter auch immer) zu beschäftigen? Geschweige denn mit deren Kenntnissen, die üblicherweise nicht super aktuell sind (man schaue sich nur mal die Weiterbildungsangebote der Arbeitgeber an).
Nein, die Wirtschaft will immer billige, belastbare und junge Arbeitskräfte, die Alten sind zu oft krank, zu unflexibel, zu teuer.

Bist Du sicher, dass Dein Nachname nicht Lindner ist? Der hätte das nicht besser formulieren können.
Soweit ich weiß, ist in Artikel 1 des Grundgesetzes die Rede von der Menschenwürde. Und die gilt unabhängig von Alter, Leistungsfähigkeit oder Unterstützungsbedarf eines Menschen. Was Du forderst, heißt ja letztendlich: Wer nicht mehr arbeiten kann, hat auch kein Recht darauf, anständig zu leben - jedenfalls nicht, wenn andere der Meinung sind, das sei zu teuer. Da hat sogar Bismarck fortschrittlicher gedacht…
Zudem heißt „Realität“ ja nicht, dass gegenwärtige gesetzliche Regelungen und gesellschaftliche Zustände alternativlos sind. Zum einen hat der Kreis der Beitragszahler:innen ja durchaus einen Einfluss auf die Finanzierbarkeit eines Rentensystems. Zum anderen spielen da auch Faktoren wie eine kinderfreundliche Gesellschaft, Chancengleichheit unabhängig vom Elternhaus oder Immigration eine Rolle…

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Moin ChristianF!

Ich halte diesen Zynismus für völlig unangemessen.
Rente ist kein bezahlter Urlaub, sondern der verdiente Ruhestand. Sicherlich solte man über Modelle nachdenken, Menschen, die körperlich fit sind, und das noch wollen, Arbeit zu geben. Insbesondere mit Fachkräften werden ja solche flexiblen Modelle ja durchgeführt.
Sicherlich muss man den demografischen Wandel im Auge behalten. Zynische Vergleiche sind dabei allerdings eher kontraproduktiv.

mit herzlichen Grüßen,
Markus

Nein, das hast Du vollkommen falsch verstanden. Für Menschen, die nicht arbeiten können (ob wegen ihres Alters oder aus anderen Gründen), muss angemessen gesorgt werden.

Fakt ist aber halt auch, dass viele Rentner:Innen sehr wohl noch arbeiten können (und BTW oft auch wollen). Und es kann ja kein natürliches Recht geben, jahrzehntelang auf Kosten anderer zu leben, wenn man es eigentlich nicht muss.

Und wenn man stirbt, bevor man die Rente erreicht, ist das ggf. tragisch, aber erstmal kein Grund für ein niedrigeres Rentenalter (sonst würde man die Rente idealerweise direkt an die Schule anschließen lassen). Wenn bestimmte soziale Gruppen häufiger das Rentenalter nicht erreichen als andere (wie es wohl ist), ist das nicht in erster Linie ein Thema der Rentenpolitik (damit - überspitzt gesagt - Besserverdiener noch länger ihre Rente genießen können), sondern der Sozialpolitik oder der Gesundheitsförderung!

Lieber Markus,
Ich meine das nicht zynisch. Nach meiner Wahrnehmung ist das einerseits genau das, was viele fitte Rentner mir einem großen Teil ihrer Zeit tun (meine Eltern kann ich jedenfalls dazu zählen). Das man man auch keinem vorwerfen.
Ob man sich das auch durch jahrzehntelange Arbeit verdient hat, bezweifle ich auf der anderen Seite. Es ist ja eine eher sehr junge und nur in einem sehr kleinen Teil der Welt existierende Institution.
Klar nehmen wir das jetzt als selbstverständlich an, das ist es aber ebensowenig wie die Möglichkeit, in den Urlaub zu fliegen oder jeden Tag Fleisch zu essen.
Und es muss möglich sein, diese Dinge zu hinterfragen, da die Voraussetzungen, von denen sie abhängen, sich gerade dramatisch ändern.

Herzliche Grüße zurück!

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Da bin ich völlig bei Dir. Allerdings muss man über diese Dinge dann eben auch konstruktiv reden und sie nicht ignorieren, wie das die Politik gerne tut.

Das würde ich in dieser Allgemeinheit erstmal bestreiten. Wir haben quasi Vollbeschäftigung

und seit Jahren auch in bestimmten Bereichen einen Fachkräftemangel. Da muss sich die Wirtschaft im Zweifel überlegen, ob sie eine Stelle lieber nicht besetzt oder halt mal jemand älteres nimmt. Und ältere Menschen sind ja durchaus weiterhin lernfähig, Use it or lose it!

Zudem gibt es ja nicht eine fixe Menge Arbeit, um die die Alten mit den Jungen konkurrieren, sondern Arbeit und Konsum schaffen mehr Arbeit!
Dieser Denkfehler ist extrem verbreitet. Bekannt u.a. als Lump of Labour-fallacy:

In jedem Fall ist es aber doch Aufgabe der Politik, hier zu gestalten und die sicherlich existierende Benachteiligung älterer Menschen im Arbeitsmarkt zu bekämpfen, statt diese einfach hinzunehmen und auf Kosten der jungen Generationen deren vorzeitige Verrentung zu akzeptieren.

Edit: Antwort auf @WilliWuff

Die Arbeitsmarktzahlen sind, um es noch nett gesagt zu haben, „geschönt“. Und das weiss auch jeder, der mal tiefer reinschaut. Es werden sehr viele Menschen, die definitiv keine Arbeit haben, aus der Statistik raus gerechnet. Die Linke listet die wirklichen Zahlen monatlich auf, hier die für:

Offizielle Arbeitslosigkeit im März 2021: 2.827.449

Nicht gezählte Arbeitslose verbergen sich u.a. hinter:

Älter als 58, beziehen Arbeitslosengeld II: 169.042
Ein-Euro-Jobs (Arbeitsgelegenheiten): 48.818
Förderung von Arbeitsverhältnissen: 35
Fremdförderung: 116.444
Teilhabe am Arbeitsmarkt (§ 16i SGB II): 42.348
berufliche Weiterbildung: 162.248
Aktivierung und berufliche Eingliederung (z. B. Vermittlung durch Dritte): 177.052
Beschäftigungszuschuss (für schwer vermittelbare Arbeitslose): 1.319
Kranke Arbeitslose (§146 SGB III): 60.967
Nicht gezählte Arbeitslose gesamt: 778.273

Tatsächliche Arbeitslosigkeit im März 2021: 3.605.722

Weiterhin bei 2,8 Millionen Arbeitslosen (wenn man von der offizielen Zahl ausgeht) von "Vollbeschäftigung zu reden finde ich ebenfalls dreist.

Ah da ist er wieder, der beschworene Fachkräftemangel. Der wurde erfunden um billige Arbeitskräfte aus dem Ausland auf Stellen zu besetzen, die deutschen Arbeitnehmer nicht zum überleben reichen. Wenn es so arg bestellt wäre mit dem Fachkräftemangel, wieso tut die Industrie nichts dagegen? Wir haben ein duales Ausbildungssystem, um nicht-studierte Kräfte auszubilden. Hier trägt die Industrie 50% der Aufgaben.

Sollten sich die Herren Arbeitgeber zu Herzen nehmen, denn mehr Geld in der Tasche der Arbeitnehmer heisst auch mehr Konsum.

Edit: Das heisst übrigens auch eine bessere FInanzierung der Renten, denn höherer Lohn = mehr Einzahlung in die Rentenkassen,

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Das wird witzigerweise seit mindestens 10 oder 15 Jahren behauptet. In der Zeit ist es nach meiner Wahrnehmung für Unternehmen aber nicht einfacher geworden, qualifiziertes Personal zu finden, vom Sozialversicherungsfachangestellten über ITler bis hin zu Unternehmensberatern. Und das sind alles keine Stellen, die nicht zum Leben reichen.

Zugeben ist mein Eindruck aus der Praxis hier subjektiv und unsystematisch und nicht primär quantitativ. Dass das alles nur ausgedacht sei, um Löhne zu drücken, scheint mir allerdings auch eher eine (gewerkschafts-)politische Äußerung.

Und BTW: Unternehmer tun ja durchaus einiges für die Qualifikation ihrer Arbeitskräfte. Dass die versuchen, möglichst viel davon auf den Staat abzuwälzen, ist natürlich auch klar.

Ergänzung: Deine Anmerkung zu den Arbeitslosenzahlen sind im Detail natürlich fair, auch, wenn mein Punkt eigentlich nur war, dass sich aus den Zahlen nicht ableiten lässt, dass wir ein so großes Arbeitslosigkeits-Problem hätten, dass wir deshalb die Beschäftigung von Arbeitnehmern älter 65 als strukturell unmöglich ansehen müssten, wie Du ja argumentiert hast.

Rentenpolitik ist ja Teil der Sozialpolitik. Diese Trennung ist also eine komplett willkürliche. Zudem ist bekannt, dass arme Menschen eher sterben. Und zwar erheblich eher. Deshalb ist die Festlegung eines festen Rentenalters, dass vor allem ärmere Menschen häufig gar nicht mehr erreichen, einfach nur zynisch. Und zu sagen, dass hätte nichts mit Rentenpolitik zu tun, ist doppelt zynisch.

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Du kannst natürlich gerne über die Definition diskutieren, aber es ist doch relativ klar, was ich gemeint habe: dass andere Instrumente der Sozialpolitik hier zielgenauer sind als ein allgemeines niedriges Renteneintrittsalter. Es ist auch besser, Gesundheitsprobleme zu vermeiden als sie hinzunehmen und die Leute dann früher zu verrenten.

Anstatt mir Zynismus vorzuwerfen, könntest du ja mal versuchen, wahrzunehmen und nachvollziehen, dass ich das Problem der sozialen Ungleichheit hier sehr wohl anspreche. Ich denke halt nur, dass wir es zielgenauer angehen müssen. Nochmal: von einem niedrigen Rentenalter profitieren überproportional die gesünderen und finanziell besser gestellten.
Wir haben eine nicht abzuleugnende demographische Entwicklung und das allgemeine Rentenalter nicht zu erhöhen, weil Teile der Bevölkerung schon in anderer Hinsicht benachteiligt sind, ist einfach eine nicht konstruktive Blockadehaltung.
Stattdessen muss man sich denn Problemen dieser Gruppen spezifisch widmen und ggf. auch soziale abgefederte Ausnahmen schaffen.

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Offensichtlich tun sie nicht genug. Ich sehe keinen Grund, wieso es nicht möglich sein soll genügend Menschen in Deutschland so auszubilden, dass sie „Sozialversicherungsfachangestellten über ITler bis hin zu Unternehmensberatern“ sein können. Man tut es nur nicht in genügendem Ausmass. Und man will Gehälter zahlen wie in Indien (nur als Beispiel, gilt auch für den ehemaligen Ostblock etc.), was aber bei den Lebenshaltungskosten in D nicht machbar ist. Das merken auch viele Arbeitskräfte aus diese Ländern, die hier her gekommen sind, und verlassen D relativ schnell wieder.

Es ist nicht unmöglich Menschen über 65 zu beschäftigen. Es besteht nur wenig Interesse von Seiten aller daran (Arbeitnehmer wollen in Rente gehen, Arbeitgeber wollen junges belastbares billigeres Personal). Solange sich da nicht auf beiden Seiten etwas stark ändert wird immer eine Seite "verlieren, und das sind die Arbeitnehmer die aus welchem Grund auch immer vorzeitig in Rente gehen müssen.

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Sorry, aber weiter weg von der Realität könnte diese Behauptung nicht sein. Es gibt in D einen massiven Mangel an FACHkräften. Jeder Unternehmer, der verzweifelt Elektriker, Metallbearbeiter, Maurer, u.v.v.a. sucht, kotzt bei Deinem Spruch im Strahl!

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Erstens. Wenn man Deine Aussagen auch ganz anders interpretieren kann, ist es offensichlich nicht klar, was Du gemeint hast. Und ich habe Dich so verstanden, dass Du Renten- und Sozialpolitik voneinander abgrenzt, was m. E. unsinnig ist. Um es konkret zu machen: Wenn ich einen relativ schlecht bezahlten, aber körperlich sehr anstrengenden Job mache, hat es schon sehr starke Auswirkungen, ob ich mit Ende 50 oder mit Ende 60 in Rente gehen kann - ganz unabhängig von allen anderen sozialpolitischen Maßnahmen.
Zweitens: Mein Vorwurf des Zynismus ist ja kein Selbstzweck. Du hast in den von mir kommentierten Aussagen das Problem sozialer Ungleichheit gerade nicht angesprochen und genau deshalb fand ich sie zynisch. Mit diesem Ton lädst Du Leute ehrlich gesagt nicht gerade ein, Deine Position nachvollziehen zu wollen. Dasselbe gilt für den pauschalen Vorwurf, eine Kritik an der Erhöhung des Renteneintrittsalters wie sie gegenwärtig diskutiert wäre, sei eine gedankliche „Blockade“. Das erinnert mich schon sehr an die Schröder’schen Reformdiskurse der späten 90er - denen wir heute einige der verschärften sozialen Schieflagen zu verdanken haben.

Zum Leben reichts. Wofür es häufig nicht reicht, ist ein Immobilienkauf am Arbeitsort (das sind nämlich häufig die Großstädte) oder eine gesetzliche Rente, mit der man sich die Miete vor Ort noch leisten kann. Familiengründung, bei der ein Partner zeitweise nicht arbeitet, ist auch eng.

Mal ein paar Punkte, die ich beobachten konnte:

  • promovierte Akademiker (in einer begehrten Disziplin), denen man weniger anbietet als das Gehalt der Uni während der Promotion
  • Unternehmensberatungen (nicht die großen Player), die gerade so etwas mehr zahlen als Universitätsstellen - bei der üblichen hohen Belastung in der Branche
  • Personalabteilungen, die das im Bewerbungsgespräch ausgehandelte Gehalt für eine „dringend zu besetzende Stelle“ im schriftlichen Angebot um 10% zu drücken versuchen - der Abteilungsleiter hat in die Tischkante gebissen und es gleichzeitig vollkommen verstanden, als der Bewerber absagte
  • generell sehr ähnliche Gehälter - hier ist also scheinbar das Gleichgewicht im Markt erreicht
  • Stellenausschreibungen in der freien Wirtschaft enthalten meistens keine Angaben zu Gehältern, sondern nur vage Formulierungen wie ein „überdurchschnittliches Gehalt“, für jemanden mit einem „hervorragend abgeschlossenen Studium“ in einer begehrten Disziplin (und natürlich den üblichen weiteren Qualifikationen). Wenn man so dringend Leute bräuchte, könnte man da ja mal Größenordnungen nennen. Aber klar, dann zahlt man am Ende etwas mehr, als wenn der/die BewerberIn ohne Information frei verhandelt.

Generell scheinen mir sehr viele Unternehmen mit Fachkräftemangel in ihrer bisherigen Gehaltsstruktur gefangen. Klar, man möchte natürlich den vorhandenen Angestellten ungern das Gehalt erhöhen müssen, weil sie erfahren, was Neueinsteiger bekommen.

Ich denke, man muss unterscheiden zwischen Berufseinsteigern (auch mit Promotion), die keine relevante Verhandlungsmacht haben, und Kandidat: innen mit Erfahrung.

Und klar, das gibt es alles, aber wie erfolgreich sind die Unternehmen damit? Meine Erfahrung ist eher, dass gute Bewerber sich die Stelle aussuchen können und wenn jemand Gutes eine Gehaltserhöhung will, dann bekommt er/sie die, damit die Person bleibt.

Aber, wie gesagt, auch alles eher anekdotisch.

Das ist selbst mit einem guten sechsstelligen Einkommen teilweise (z.B. Berlin) ohne Eigenkapital kaum zu machen. Das kann man aber nicht den Unternehmen vorwerfen, wenn der Immobilienmarkt total überdreht…

Wir haben ja schon mehrfach festgestellt, dass wir die deutsche Sprache unterschiedlich verstehen und verwenden. Ich unterstelle Dir trotzdem erstmal gute Absichten und bitte, dass Du das auch tust. Und lass uns bitte nicht lange über Definitionen streiten.

Das ist natürlich so. Was ich aber nicht produktiv finde, ist, das dieses Beispiel (typischerweise der Dachdecker) immer als Torschlagargument benutzt wird, um die Diskussion zum Einstiegsalter abzuwürgen, obwohl

  1. dies wohl nur einen kleinen (jedenfalls aber in der Debatte niemals quantifizierten) Teil der Beschäftigen betrifft
  2. es ja durchaus möglich wäre, für die Betroffenen soziale Regelungen zu finden, wenn man das Thema mal lösungsorientiert betrachten würde.
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Ergänzung aus Berliner Erfahrung: Hausmeister und Fahrradmechaniker.