Die globale Landwirtschaft hat in den nächsten ~30 Jahren eine Mammutaufgabe zu bewältigen. Der Klimawandel fordert massive Reduktionen der Treibhausgase. Die Weltbevölkerung und damit der Nahrungsbedarf wird an der 10 Mrd Grenze kratzen. Aufstrebende Nationen haben einne erhöhten Bedarf an Fleisch und Milchprodukten (mit entsprechendem Flächenbedarf). Gleichzeitig werden Extremwetterphänomene Ernten nicht nur weniger ertragreich, sondern auch weniger planbar machen. Und schließlich haben wir eine akute Verschärfung der Situation durch die Nahrungsmittelknappheit aufgrund des Ukraine Kriegs.
Zu letzterem hat Matin Quaim in der LdN293 bereits gesprochen. Auch wenn es es uns für die kurzfristige Problematik sicher nur bedingt weiterhilft, sprach er auch die Themen „Reduzierung des Fleischkonsums“ und „Gentechnik“ als unverzichtbare Werkzeuge für die Bewältigung dieser Krise an.
Ersteres dürfte ein ziemlicher No-Brainer sein, bei dem der breite Wiederstand nach und nach zu bröckeln beginnt. Ich kann mir auch kaum vorstellen, dass unser grüner Landwirtschaftsminister das Thema nicht auf dem Zettel hat.
Etwas anders sieht es bei der Gentechnik aus. Ein Werkzeug, das dringend gebraucht wird, nicht zuletzt um gegen Klimafolgen anpassungsfähige Nutzpflanzen zu züchten. Trotz inzwischen eindeutiger Statements aus der Wissenschaft [1] und entsprechend breiten, eindeutigen Studien [2] die die Eignung von Gentechnik für diese Zwecke klar belegen, verbleiben hartnäckige Widerstände innerhalb der grünen Partei und auch innerhalb von Umweltverbänden (z.B. Greenpeace).
Grob zusammengefasst zeigen wissenschaftliche Erkenntnisse, dass neue Züchtungen natürlich grundsätzlich eine Gefahr darstellen. Es gibt aber nach Auswertung aller verfügbaren Studien keine Anzeichen, dass der Einsatz von Gentechnik ein zusätzliches Risiko bedeutet. Sicher kann hier der ein oder andere, der mehr vom Fach ist als ich, auch noch etwas ergänzendes oder korrigierendes beisteuern.
Nicht von der Hand zu weisen ist, dass die schiere Masse an neuen Pflanzenarten, die durch Gentechnik ermöglicht werden könnte die Wahrscheinlichkeit potentiell gefährlicher Arten erhöht. Andererseits ist es ja genau diese Masse / Beschleunigung der Züchtung, die für die Bewältigung der o.g. Krise unverzichtbar ist. Es erscheint also sinnvoll, sich dieser Gefahr zu stellen und sie ggf. durch intelligente Vorschriften für neue Züchtungen so weit es geht zu mindern.
Entscheidend wird aber tatsächlich sein, dass der Druck auf unseren Kollegen Cem im Landwirtschaftsministerium hoch genug ist, um dieses Thema (auch innerhalb der eigenen Partei) innerhalb seiner Amtszeit (das wird zeitlich notwendig sein) anzugehen. Ich denke eine Partei, die sich „follow the science“ auf die Fahnen schreibt kann bei diesem Thema nicht im Homöopathie-Universum verharren.
Ein Thema, mit ausreichend gesellschaftlicher und politischer Dimension und aktuellem Bezug also, damit die Lage sich einmal damit befassen könnte. Und natürlich könnt ihr gerne kommentieren.
[1] Laureates Letter Supporting Precision Agriculture (GMOs) | Support Precision Agriculture