Zunächst noch ein Hinweis zur Argumentation, der Herren Banse und Buermeyer, dass nur 0,6 % der Wölfe Nutztiere reißen würden. Da Wölfe revierbezogen leben, sind in der Regel die Reviere, wo sich Nutztiere leicht reißen lassen, bereits durch Rudel besetzt, da solche natürlich besonders attraktiv sind. D.h. eine Zunahme der Wolfspopulation würde nicht unbedingt auch die Zahl der Nutztierrisse erhöhen. Allerdings würde sich bei Verringerung der Wolfspopulation durch Bejagung der Anteil der Nutztiere nach dieser Logik mathematisch erhöhen! In die eine oder andere Richtung kann diese Argumentation daher bewusst genutzt werden, um bewusst die Faktenlage zu verzehren: Mehr Wölfe = relativ weniger Risse → " na bitte die Zunahme der Wolfspopulation hängt offenbar nicht mit dem Anstieg der Nutztierrisse zusammen". Weniger Wölfe = relativ mehr Risse → „na bitte die Jagd muss verschärft werden“. Ich vermute keine der beiden Schlussfolgerungen wäre im Sinne Autoren gewesen.
Und nun non ein paar allgemeine Punkte zum Thema:
In den dicht besiedelten, weitestgehend kultivierten Landschaften Deutschlands mit zum Großteil umzäunten Flächen muss der Wildtierbestand allein schon deshalb „gemanaged“ werden, weil das Wild auf jeweils relativ kleinen u.a. durch Autobahnen, Zäune, Städte usw. voneinander getrennten Flächen leben muss, wo per se keine natürliche Populationsdynamik stattfinden kann. Die Aufrechterhaltung einer gewissen biologischen Vielfalt und gesunden Wildtierpopulation der unkontrollierten Verbreitung eines (ausschließlich in Deutschland nicht regulierten) Großraubtiers zu überlassen, ist IMHO unverantwortlich. Der „wahllose“ Zugriff des Wolfes auf das Wildangebot führte z.B. dazu, dass das Muffelwild in Brandenburg inzwischen fast ausgestorben ist.
Darüber hinaus gehen der Ernährungswirtschaft durch den Wolf bei mind. 2.000 Exemplaren um die 3.000 Tonnen bilogischen Wildtierfleischs, das übrigens keine künstlich zugeführten Medikamente und Chemikalien enthält und das idR vom Jäger tierschutzgerecht und damit weigestgehend schmerz- und stressfrei erlegt wird, p.a. verloren.
Das gefährliche an dieser oft stark polarisiert geführten Diskussion ist, dass hier das oft vorherrschende Unverständnis bei den Problemen von Menschen, die im städtischen und im ländlichen Bereich leben, nicht mit einbezogen wird. In der Stadt stört der Wolf (noch) niemanden und man kann sich über den vermeintlichen Beitrag des Wolfes zu einem natürlicheren Ökosystems freuen. Auf dem Land wird er jedoch eher als eine ökonomische und ökologische Bedrohung wahrgenommen, wenn er nicht reguliert werden darf, wie jedes andere Raubtier (Marder, Fuchs, etc.) und zudem die Menschen dort direkt mit dem Leid der gerissenen Tiere konfrontiert werden. Auch die abnehmende Scheue des Wolfes ggü. dem Menschen könnte bedenklich werden. Als intelligentes Tier nimmt er sehr wohl war, dass er sich vor dem Menschen nicht zu fürchten braucht und läuft bereits ganz ungeniert tagsüber durch Brandenburgs Dörfer (ja, das habe ich selbst schon gesehen). Gewiss ist das (noch) nicht bedrohlich. Allerdings liegen kleinere Kinder durchaus im Beuteschema des Wolfes. Viele Eltern, die in kleineren Dörfern wohnen, haben inzwischen auch Sorge, ihre Kinder auf der Strasse spielen zu lassen. Dass es bisher auch in historischen Aufzeichnungen praktisch nie zu Unfällen zwischen Wölfen und Menschen gekommen ist, mag daran liegen, dass der Wolf bisher immer streng bejagt wurde und lernte, den Menschen zu fürchten.
Mein Petitum wäre daher, sich mehr in den gegenseitigen Austausch zu begeben und mehr Verständnis füreinander zu gewinnen. Diese Diskussion ist m.E. nicht zielführend zu führen, wenn man sich nicht konkret mit der jeweilige Situation auf dem Land auseinandersetzt.