Antisemitismus ist auch, wenn in einer Diskussion über Antisemitismus Deutsche als größtes Problem ausmachen, dass ihnen aus ihrer Sicht zu Unrecht Antisemitismus vorgeworfen wird.
Du schreibst selbst:
Es ist nicht ausgeschlossen, dass der Gazastreifen demnächst einfach nicht mehr existiert. Die Israelis wissen, dass sie kein Flächenbombardement im Sinne der Irak Invasion über Gaza ergehen lassen können, aber dass sie nun Strom und Wasser abschalten zeigt, dass die Nöte der zivilen Bevölkerung in ihren Kalkulationen hinten anstehen.
Lösungsvorschlag zum Nahost Konflikt - #3 von WayneS
Wäre das so, wäre das Genozid.
Üben wir doch einmal was wir gelernt haben. Antisemitismus erkennt man also an den drei D.
- Dämonisierung Israels: trifft hier offensichtlich nicht zu
- "Delegitimation Israels: Kann ich im Beitrag von @Olaf.K auch nicht erkennen
- Doppelstandards: ja um Doppelstandards ging es bei Olaf tatsächlich. Tatsächlich anders als bei der Definition verlangt, denn es geht eher um eine bevorzugte Behandlung Israels gegenüber anderen Staaten, an denen problemlos Kritik geäußert werden kann.
An welcher Stelle machst du nun Antisemitismus aus? Oder ist das eher so ein Gefühlsthema, in dem jeder brandmarken kann was ihm nicht gefällt.
Mein Themenvorschlag war: wie erkennt man Antisemitismus? Was ist kein Antisemitismus, aber wo beginnt er?
Diskutiert wird leidenschaftlich, dass Israel einen Genozid betreibt….
Und ich will eigentlich gar nicht darüber diskutieren ob Israel das will oder nicht will.
Ich will darauf hinweisen, dass jegliche Debatte darüber was Israel will mit Hinweis auf Antisemitismus abgewürgt wird.
Im Grunde kann man jegliche Debatte um Israel und Völkerrecht damit beenden, dass es kein Völkerrechtsbruch sein darf, sobald es um Israel geht.
Geh doch mal einen Schritt zurück aus deiner Blase und betrachte die Gegenrede zu jedweder Äußerung die nicht aus Blanco Scheck für Israel besteht.
Sei es Guterres, Thunberg, FFF oder was gerade sonst so durch die Medien geistert.
Alle dürfen sie sich erstmal anhören sie seien Antisemiten, die Argumente die sie vor bringen werden gar nicht zur Kenntnis genommen, sondern nur danach abgeleuchtet ob man "Antisemitismus " rufen kann.
Und hier gibt es dann auch gleich den Beweis:
Wenn man sich also gegen Antisemitismusvorwürfe verteidigt und darstellt, warum das nicht antisemitisch ist, ist man genau deswegen Antisemit…
Danke Olaf, dein Punkt ist jetzt denke ich mehrfach gemacht, bitte lass es damit auch mal gut sein.
Eigentlich sollte es in diesem Thread ja darum gehen, welche Definition von Antisemitismus hilfreich sein könnte. Ich fände eine Diskussion der 3-D spannend. Insbesondere der letzte Punkt (Doppelstandards) ist sehr problematisch, weil er zum Whataboutism einlädt.
Außerdem wäre mir ein Anliegen, dass es eine Antisemitismus-Definition schafft, politische Kritik an Israel zuzulassen. Hier hat Olaf nämlich durchaus einen Punkt. Ein zentraler Faktor bei der Beurteilung einer Definition von Antisemitismus ist daher aus meiner Sicht, dass sie es möglichst schwer macht, unberechtigte Antisemitismus -Vorwürfe zu erheben.
Ich denke, die Zusammenstellung der Codes und Metaphern soll nicht dazu dienen, jemanden Antisemitismus nachzuweisen. Nach dem Motto: hier habe ich einen Punkt in der Liste gefunden, deswegen bist du Antisemit.
Und der Vorwurf, antisemitische Stereotype zu verbreiten, heißt nicht automatisch, dass man Antisemitismus vorwirft.
Bewusster Antisemitismus funktioniert aber eben auch über Codes, die gesetzt werden. Deswegen sollte man sie kennen.
@vieuxrenard Ich habe noch nicht ganz verstanden, warum du den Punkt Doppelstandards für problematisch hältst.
Klassisches Beispiel dazu wäre wohl die missglückte Aussage Prechts in der Talkrunde mit Lanz… manche antisemitische Stereotype sind leider so fest in der Gesellschaft verankert, dass sie genutzt werden, ohne dass einem überhaupt bewusst ist, dass sie antisemitisch sind.
Dabei gilt, dass man dann natürlich gegen diese Stereotype vorgehen muss (mit Aufklärung usw.) und nicht gegen diejenigen, die sie - aus Unwissen - verwenden. Die müssen lediglich darauf hingewiesen werden (und an der Reaktion darauf sieht man dann auch oft, ob Antisemitismus vorliegt…).
Das Problem am Argument mit Doppelstandards ist, dass es eine enorme Nähe zum Whataboutism hat, letztlich ist es ein Whataboutism. Nach dem Motto: „Warum wirfst du diese Menschenrechtsverletzung Israel vor, aber nicht dem Iran“. Man muss etwas negatives in Israel auch kritisieren können, ohne jedes Mal eine Liste aller Fälle anzuhängen, in denen dieses Problem anderswo auf der Welt ebenso vorliegt.
Zumal der Grund, warum Dinge an Israel, Deutschland oder den USA kritisiert werden, die man jetzt im Iran oder China nicht kritisiert, oft ist: Weil wir tatsächlich an das Handeln von Demokratien höhere Erwartungshaltungen haben - und das ist auch okay. Ich meine, wir wissen alle, dass es im Iran oder in Nordkorea mit den Menschenrechten nicht weit her ist, hier also einen spezifischen Verstoß anzuprangern ist quasi eine Binse - wir wissen es alle, wir erwarten (leider) auch nichts anderes.
Dazu kommt, dass man in aller Regel auch nicht den gleichen Maßstab anlegen kann, weil die Bedingungen unterschiedlich sind. Mit anderen Maßstäben zu messen ist auch aus diesem Grund oft sinnvoll. Zum Beispiel lege ich an Israel und Südkorea bewusst (für die Länder positive) andere Standards an als an Deutschland oder Frankreich, wenn es um die Frage der Überwachung der Bevölkerung geht, weil ich respektiere, dass Länder wie Israel oder Südkorea, die an verfeindete Staaten grenzen, andere Sicherheitsbedürfnisse haben als Deutschland oder Frankreich.
Das Argument der Doppelstandards ist daher aus vielen Gründen oft problematisch, vor allem, weil es ein Whataboutism ist, aber auch, weil unterschiedliche Standards nicht immer Doppelstandards sind, sondern es oft gute Gründe dafür gibt.
Ich möchte gerne noch eine alternative Antisemitismus Definition mit auf den Weg geben. Sie wurde von 800 Wissenschaftler*innen aus unterschiedlichen Diszipinen und Überzeugungen entwickelt wurde. Die sogenannte JDA Jerusalem Declaration of Antisemitism ist sehr klar und nicht so vage wie die HRA Definition.
Antisemitism is discrimination, prejudice, hostility or violence against Jews as Jews (or Jewish institutions as Jewish).**
Die Kritik an einer israelischen Regierung ist NICHT perse antisemitisch.
Nicht fas ich diesen Punkt unterstützte aber wieso ist eine Delegitimation des jetzigen Staates Israel Antisimitisch? Ich kann doch dem Staat Israel, in der jetzigen Form, und der Art der Gründung seine Daseinsberechtigung absprechen und gleichzeitig das Judentum voll okay finden. Das wäre so als wenn ich mit der Abschaffung des Vatikan direkt den katholischen Glauben abschaffen möchte, was jawohl auch Niemand so sehen würde. Ich finde die Verknüpfung zwischen einem Staat und einem Glauben extrem schwierig. Gerade wenn es darum geht das diese in den Grundzügen in Ihrer Auslegung so stark variieren. Wer den Film Unorthodox gesehen hat weiß das es auch im jüdischen glauben Varianten gibt die man durchaus kritisch sehen kann. Und auch die Siedlungspolitik von Israel ist etwas das man durchaus kritisieren kann. Wieviele der 3-D müssen den gegeben sein um eine Aussage als Antisemitisch gelten zu lassen.
Die Amadeu Antonio Stiftung schreibt dazu:
Dem kann man natürlich entgegen halten, dass anderen religiösen oder ethnischen Gruppen (z.B. jeder Religion oder den Kurden) auch das Recht, in Sicherheit in einem eigenen Staat leben zu können, regelmäßig abgesprochen wird. Andererseits muss man die Einzigartigkeit der Schoah und jahrhundertelangen Diskriminierung der Juden im Exodus berücksichtigen, die wohl nach herrschender Ansicht ein besonderes Schutzbedürfnis gerade für diese Gruppe konstituiert. Dem würde ich mich tendenziell auch anschließen.
Absolut, ich würde sogar sagen, dass man das stets und ausdauernd kritisieren muss, weil es eben ein massiver Bruch des Völkerrechts ist, der den Nahost-Konflikt immer weiter anheizen wird und Fakten dahingehend schafft, dass eine Zwei-Staaten-Lösung immer weniger denkbar wird, es daher aktiv die Chancen der Palästinenser auf ihren eigenen Staat reduziert. Aber man sollte es eben nicht zum Anlass nehmen, dem Staat Israel das Existenzrecht als Ganzes zu entziehen.
Es ist möglich, Israel zu kritisieren, ohne das Existenzrecht Israels abzuerkennen.
Dabei musst du dir die Frage stellen, was die Konsequenz dieser Position ist.
Ja, du kannst die aktuelle Form des Staates Israel (z.B. die Justizreform, die Siedlungspolitik) und die Art der Gründung (die mit der Vertreibung vieler Palästinenser einher ging) kritisieren, aber wenn du Israel deshalb die Existenzberechtigung absprichst, bedeutet das letztlich, dass du 9 Millionen Menschen, die dort leben (davon 6-7 Millionen Juden) heimatlos machen würdest. Denn dass es für die 6-7 Millionen Juden nicht zumutbar ist, in einem palästinensischen Staat zu leben, liegt auf der Hand. Was also wäre die Konsequenz, wenn Israel kein Existenzrecht hat? Ein zweiter Exodus, eine zweite Verstreuung in die ganze Welt? Ich denke tatsächlich, das sollte man nicht fordern, weshalb ich das Existenzrecht Israel tatsächlich als unabdingbar ansehe und verstehen kann, warum man die Ablehnung dieses Existenzrechts im Hinblick auf die Konsequenzen, die damit verbunden wäre, als antisemitisch betrachtet.
Das checke ich ehrlich gesagt nicht. Die Vermeidung von Doppelstandards ist m.E. zum einen ganz zentral für die Glaubwürdigkeit. Zum anderen sind Doppelstandards, wenn sie systematisch angewandt werden - und nur darum geht es m.E. - ja durchaus ein Erkennungszeichen für z.B. Rassismus, racial Profiling etc.
Beispiel Racial Profiling: wenn ein Polizist immer nur Türken kontrolliert und alle anderen Nationalitäten (systematisch) nicht, dann ist es ja kein Whataboutism, wenn ein Türke das anprangert, auch wenn das Gesetz diese Kontrollen grundsätzlich zulässt.
Der Nahostkonflikt ist sehr komplex.
Jeder Vergleich kann nur scheitern. Es gibt keine vergleichbare Situation.
Was ist denn das für eine Umfrage? Wie will man denn sowas überhaupt herausfinden mit einer Umfrage? Leider ist in dem Link auch nicht wirklich beschrieben, wo die Umfrage herkommt. Aber ich würde die doch erst mal sehr in Frage stellen, da diese Werte mir absurd erscheinen.
Außerdem, keiner der drei oben genannten Punkte geht auf meine Argumentation wirklich ein oder belegt, dass das Behaupten von FFF International das der Staat Israel einen Genozid begeht, antisemitisch ist.
Das ist übrigens keine Studie.
Israel Genozid vorzuwerfen, ist aber so offensichtlich falsch, dass mir ehrlich gesagt dabei auch der Verdacht von Antisemitismus kommt…
Zu sagen, dass man den Verdacht hat, ist ja auch total in Ordnung. Dann sollte man halt im nächsten Schritt vielleicht nochmal in der Vergagenheit der Gruppe schauen, ob es dort noch eindeutigere Anzeichen gibt, oder die Gruppe nach einem Statement fragen. Was man halt mMn nicht tun sollte ist direkt mit dem Label Antisemitsmus um sich zu schmeißen.
Ich befürchte nur auch, dass der Begriff „Antisemitismus“ viel zu inflationär verwendet wird und es Leute trifft, die es nicht treffen sollte und wir dadurch riesen Risse in die Gesellschaft bekommen.
So wurde neulich der CEO einer Tech Konferenz dazu gedrängt zurückzutreten, nachdem er auf Twitter gesagt hat, dass Israel als Reaktion auf die Angriffe keine Kriegsverbrechen begehen sollte. (CEO of Europe’s largest tech conference resigns over Israel-Hamas comments – POLITICO)
Entweder Antisemitismus oder eine eigene Betroffenheit, die den Blick auf die Tatsachen verklärt. Manchmal auch beides.
Je stärker wir durch einen Konflikt selbst betroffen sind, desto eher sind wir geneigt, „übertriebene“ Positionen einzunehmen. Aus Sicht eines Palästinensers in Deutschland ist es daher ein Stück weit verständlich, wenn er direkt „Genozid“ schreit, wenn er davon hört, dass in Gaza bereits tausende Menschen gestorben sind. Sachlich ist das natürlich falsch, aber sowas kommt in solchen Fällen eben aus der emotionalen Ebene. Derartige übertriebene Darstellungen haben wir eigentlich bei allen relevanten Themen, wenn z.B. Demonstranten in Lützerath sich über „den Polizeistaat“ beschwerten oder - auf der anderen Seite des Spektrums - Corona-Leugner bei jedem kleinen Verbot im Rahmen der Pandemie direkt von einer Corona-Diktatur sprachen.
Mit der Unterstellung des Antisemitismus bin ich daher grundsätzlich eher vorsichtig, ich unterstelle Antisemitismus daher nur, wenn ich mir absolut sicher bin, dass es keine andere nachvollziehbare Erklärung gibt, einfach weil dieser Vorwurf so schwer wiegt (und auch schwer wiegen sollte!). Eine inflationäre Verwendung von Antisemitismus ist mMn auch kontraproduktiv.
Wer daher Israel Genozid vorwirft, dem würde ich erstmal erklären, was Genozid ist und warum das bei Israel nicht der Fall ist. Dann gibt es zwei Möglichkeiten: Er schreit weiter (das spricht dann stark für Antisemitismus) oder er sieht den Fehler ein und mäßigt sich ein Stück weit, zumindest von „Genozid“ runter auf „Kriegsverbrechen“ (über den Begriff kann man diskutieren, wenn man der Meinung ist, dass die Zahl der in Kauf genommenen zivilen Opfer unverhältnismäßig hoch gemessen am militärischen Ziel ist; da wird schon deutlich, wie relativ dieser Vorwurf im Vergleich zum Völkermord ist, da letzterer eben eine Intention zur Auslöschung voraussetzt, die einfach nicht begründet werden kann…)
Es gibt in den diversen Threads dazu schon hinreichend Links und Erläuterungen zu verschiedenen Definitionen, was Antisemitismus bedeutet wo er anfängt und wann auch Kritik am Staat Israel als Antisemitismus gewertet werden KANN.
Du schreibst „Was wenn Israel irgendwann tatsächlich mal einen Genozid begehen sollte?“. Wenn Israel dies tatsächlich tun sollte, dann wäre dies genauso verachtenswert und von der Völkergemeinschaft zu sanktionieren, wie bei jedem anderen Staat. Punkt. Ich kenne keine seriösen Quellen, die dies heute behaupten und mit ZDF belegen können. Hinsichtlich der zivilen Opfer im Gaza-Streifen, schau mal in diesen Beitrag, der auch in dem anderen großen Thread zu Israel und Nahost-Konflikt verlinkt ist.
Wenn ich diese Argumentation gelten lasse, dürfte ich auch jedem der Fake News über Migration und Asylanten behauptet dann nicht mehr kritisieren, da dieser ansonsten ja weiter in rechten Sumpf abrutschen könnte.
Sachliche Kritik an Israel ist und muss auch erlaubt sein, z.B. an der Siedlungspolitik im West-Jordanland. Aber um auf den Ursprung zurückzukommen … FFF International hat Israel einen Genozid an den Palästinensern unterstellt (neben anderem Schwachsinn gegen über westlichen Medien) und das ist falsch und eine pure Umkehrung dessen was die Hamas lautstark propagiert. Für mich ist das so, als würdest Du einem Vergewaltigungsopfer unterstellen, dass es den Täter verführen wollte.
Ist das offensichtlich falsch? Da bringe ich gerne die Meinung eines israelischen Experten, Holocaust Forscher Raz Segal, mit rein: https://youtu.be/ZWGGjLZNuyg?si=58kEHYOybWqt7tAT