Da ein Verbot der AfD weiterhin aussteht, die Gefahr einer Regierungsbeteiligung aber immer realistischer wird, würde mich interessieren, ob/wie man eine Partei von innen auflöst.
Wäre es theoretisch möglich, dass sehr viele Menschen einer Partei beitreten, mit dem Ziel eine Selbstauflösung voran zu bringen? Oder erreicht man evtl. wenigstens eine Handlungsunfähigkeit der Partei?
Konkret: Also könnten Demokrat:innen in großer Zahl (vgl. Demonstrationen gegen Rechts) problemlos in die AfD eintreten und entgegen der „eigentlichen Mitglieder“ und entgegen des Vorstands eine Selbstauflösung durchsetzen?
Wenn man einmal in einer Partei ist, sind die Hürden, einseitig aus der Partei wieder herausgeworfen zu werden, sehr sehr hoch – man könnte also einen gewissen Schaden anrichten.
Das Problem an der Idee ist, dass die Parteien nicht verpflichtet sind, jeden Interessenten aufzunehmen – gerade die AfD ist sicherlich ohnehin schon auf der Hut vor „Saboteuren“. Realistischerweise ist deine Idee nur umsetzbar, wenn es aber einen größeren Aufruf, etwa über die sozialen Netzwerke gibt, denn eine derartig riesige Menge von Menschen lässt sich nicht ohne einen erheblichen Aufwand koordinieren und mobilisieren. In dem Moment aber würde die AfD entsprechend vorsichtig sein und die potenziellen Neumitglieder genauer unter die Lupe nehmen, letztlich also dem Plan einen Strich durch die Rechnung machen.
Wenn man als Mitglied einer Partei deren Auflösung fordert, liefert man einen 1A-Grund für einen Parteiausschluss. Und wie willst du - selbst vorausgesetzt man würde mit dieser Taktik eine Mehrheit in lokalen Parteigremien erreichen - eine „Handlungsunfähigkeit“ der Partei herbeiführen?
So sympathisch ich die Idee finde, ich fürchte das ist kein erfolgversprechender Weg.
Ich war mal an einem Unistreik beteilgt, wo es die Idee gab, die Berliner FDP zu unterwandern (die damals sehr weniger Mitglieder hatte) und dann dort „Politik für Studis“ zu machen. Das Ergebnis war: 80-90% sind frustriert wieder ausgetreten ohne etwas bewirkt zu haben und ca. 10-20% sind in der FDP geblieben und haben sich angepasst, also halt normale FDP-Politik gemacht.
Gefühlt wäre meine Welt mit einem AfD Verbot auch besser. Allerdings muss ich auch zugeben, dass ein deutliches Störgefühl bleibt, wenn man eine Partei, die jetzt zur Europawahl in den 5 neuen Bundesländern jeweils stärkste Kraft geworden ist, verbieten will. Das wirkt doch ein wenig danach, dass auf dem Weg des kleinsten Wiederstandes politische Konkurrenz entsorgt werden soll. Daher muss man doch die politische Auseinandersetzungen suchen. Letztendlich gibt es ja Gründe, warum Menschen so gewählt haben, wie sie gewählt haben.
Die Partei ist mittlerweile zu groß. Was glaubst du passiert, wenn man auf einen Schlag 20-30% der Wähler politisch ausgrenzt? Die gehen dann doch nicht wieder brav zurück zu CDU, SPD und Grünen. Die formieren sich neu und kommen mit noch mehr Wumms zurück.
Solange sie die staatlichen Institutionen nicht umgebaut haben wie Orban in Ungarn, ist es nicht zu spät. Es gibt genug demokratische Parteien, die die AfD-Wähler sich aussuchen können.
Vor allem in Anbetracht dessen, wie rechte Gruppen eine rechtspopulistische Professorenpartei übernommen haben, ein rechter Flügel Stück für Stück Führungsmitglieder, die ihm nicht passten, gezielt aus der Partei komplimentierte und nun in Bayern einen Skandal hat, weil Halemba Freunde dazu gebracht hat, für die Listenaufstellung einzutreten, um ihn auf die Liste zu wählen.
Genau. Und was ist wenn das Verfahren nicht zum Verbot führt? Dann haben wir eine rechtlich „freigesprochene“ Partei und niemand muss mehr Manschetten haben sie zu wählen.
Und selbst wenn sie verboten wird. Damit verschwinden nicht die Wähler der AFD. Die demokratischen Parteien müssen wieder mehrheitsfähige Politik machen. Diese Art der Politik wird hier vielen nicht gefallen. Aber auch das muss man in einer Demokratie aushalten.
Ich denke, bereits die Auseinandersetzung mit der Partei würde etwas Positives bringen. Entweder würde sich die Partei wieder etwas mäßigen oder deutlich ihr völkisches Gedankengut zeigen, dass dann vielleicht doch nicht jeder wählt. Wie übrigens jetzt, denn es waren „nur“ 16 %. Vor den Demonstrationen wären es mehr gewesen.
Aber ich rechne damit, dass sie verboten würde. Der Präsident des Verfassungsgerichts hat letztens ein Interview gegeben, in dem er sehr deutlich war. Es klang fast wie eine Aufforderung.
Für gute Politik wäre ich aber auch. Nicht immer nur gegen Schwächere hetzen, sondern sich mit den echten Problemen der Menschen beschäftigen, z.B. Wohnen (sozialer Wohnungsbau)
Wie gesagt, es ist relativ normal, dass es immer Zyklen von eher progressiven und eher konservativen Stimmungen in der Bevölkerung gibt. Das Problem ist, dass die letzte Phase der progressiven Bevölkerung unter Merkel waren und Merkel es sehr gut verstanden hat, sich entsprechend anzupassen. Jetzt weht der Wind wieder in eine konservative Richtung und es regiert eine progressive Regierung. Es gibt einfach eine massive Entkoppelung von gesellschaftlicher Stimmung und politischer Führung.
Das liegt wie gesagt zum einen daran, dass die CDU unter Merkel sehr gemäßigt war, es liegt aber auch daran, dass die Stimmung im Volk sich sehr schnell verändern kann. Die Corona-Pandemie und der Krieg in der Ukraine haben zu viel Unsicherheiten geführt, was eher zu konservativ-nationalen Stimmungen in der Bevölkerung führt. Einzelne Großereignisse in der Größenordnung von Fukushima oder 9/11 können die Stimmung in der Bevölkerung aber über Nacht ändern, insofern bin ich hier nicht zu besorgt.
Kurzum:
Ja, es geht aktuell leider in Richtung Rechts, aber es wird auch wieder zurück in Richtung Links pendeln - da bin ich relativ zuversichtlich.
Die Änderung der Stimmung im Volk hängt nicht zwangsläufig mit dem Handeln der Politik zusammen. Dass die Stimmung gerade so Anti-Ampel ist dürfte tatsächlich damit zu tun haben, dass die Ampel einfach zerstritten ist und ein bescheidenes Bild für „linke Politik“ abgibt. Die Lösung ist kaum, deshalb nun rechte Politik zu machen.
Die Politik muss sich nicht stumpf nach Mehrheiten richten, sie muss daran mitwirken, dass im Volk die richtigen Mehrheiten vertreten werden. Dazu sind gute Kommunikation und grundsätzlich ein reibungsloses Funktionieren der Politik notwendig - und da hapert es aktuell bei der Ampel, vor allem wegen der FDP. Es ist jedenfalls nicht die Aufgabe der Politik, stets nur zu tun, was die Mehrheit will, die Diskussion hatten wir schon öfters.
Aber wirklich, wenn der Generalsekretär der SPD erst einmal evaluieren möchte woran das schlechte abschneiden der Sozialdemokraten gelegen hat…. Wie entkoppelt kann man als Politiker von der Bevölkerung eigentlich sein? Hier geht es ja nicht um ein einzelnes Projekt das keine Zustimmung findet, sondern um die politische Arbeit einer Regierung, die seit der letzten Wahl ihren Auftrag so versteht das zu tun, was sie für das Beste halten. Das kann man so machen. Aber dann kann man auch zum Ergebnis kommen, dass nicht zwingend die Abwanderung zu einer undemokratischen Partei demokratiegefährdend ist, sondern die Ignoranz gegenüber dem Wählerwillen (Innerhalb des durch die Verfassung gegebenen Rahmens).
Ganz so einfach ist es nicht. Neben von der Leyen dürfte Barley die bekannteste und auch beliebteste deutsche Europapolitikerin sein. Leider haben die Personen fast keine Rolle gespielt. Die AFD hat ihr Ergebnis sogar eingefahren mit zwei Spitzenkandidatin, die sie im Endspurt aus der Schusslinie nehmen musste.
Maximilian Krah wurde nun sogar von seinen Kollegen rausgeschmissen. Soviel zur Aussage von Chrupalla und Weidel, dass die „Kampagne“ sich nach der Wahl in Wohlgefallen auflösen werde.
So wie ich das sehe, haben die Parteien, die nicht die AfD sind, immer noch über 80 Prozent der Wählenden hinter sich. Das bei allgemein steigender Wahlbeteiligung die letzten Jahre. Ist also die Politik einer 16-Prozent-Partei mehrheitsfähiger als die aller anderen?
Bitte, können wir mit dieser Überhöhung der AfD aufhören? Ja, ich finde sie auch zum Kotzen und besorgniserregend. Nein, es dreht sich nicht alles um sie.
PS: Bei der Bundestagswahl 2021, also vor ca. zweieinhalb Jahren, hat die AfD übrigens im Vergleich zu 2017 2,3% verloren. Die AfD hat 83 von 735 Sitzen im Bundestag. Alles schon wieder vergessen, weil jetzt ja die pöse Ampel regiert und Fritze es nicht schafft, die AfD wie angekündigt zu halbieren?
Es haben ja erschreckend viele junge Wählerinnen und Wähler die AFD gewählt und ich glaube, dass vielen nicht bewusst ist, was die Ideen des Nationalsozialismus waren, sind und welche schrecklichen Auswirkungen sie hatten. Über die meisten Themen des Parteiprogrammes kann man sich ja gerne demokratisch streiten. Viele Themen werden der AFD mit ihren einfachen Antworten überlassen mit der Folge, dass sich viele von den etablierten Parteien nicht vertreten fühlen. Dies führt letzendlich zum Erfolg der AFD.
In dLdN wurde ja schon mehrfach vorgeschlagen, ein Verbotsverfahren zu beginnen, um die rechstextremen Inhalte und Ideen aufzudecken und öffentlich zu machen und ich könnte mir vorstellen, dass dann vielen die Gefahr einer schleichenden Tendenz zu rechtsextremen Themen bewusst werden würde. Das Verbostverfahren selber würde sich dann hoffentlich erübrigen. Das Ziel muss klar sein: Nie wieder Rechtextremismus (auch kein Links- oder religiöser Extremismus) in Deutschland und solange die AFD einen rechtextremen Flügel hat ist sie eine Gefahr.
Die Deutschen lieben es ja irgendwie sich gegenseitig als „Nazis“ zu bezeichnen, erinnert mich an die USA, wo Bidens Demokraten als „Sozialisten“ oder „Kommunisten“ bezeichnet werden. Dieses Denken in möglichst Extremen und die zunehmende Spaltung sehe ich auch als größtes Problem. Ich denke durchaus, dass man Leute mit sinnvoller Politik überzeugen kann, aber man muss sich halt mal an die eigene Nase fassen, warum die Unzufriedenheit mit der eigenen Politik bei einem Großteil der Bevölkerung so hoch ist. Die AfD ist doch nicht so erfolgreich, weil sie ein so so schlaues, gut durchdachtes Programm hat oder weil wir zig Millionen Neonazis im Land haben, das ist in erster Linie Verdienst einer zunehmend von den Bedürfnissen eines Teils der Bevölkerung entkoppelten, moralisch überhöhten Politik, die wenig Antworten auf die drängenden Fragen der heutigen Zeit hat.