„Was Männer kosten“ - Gesellschaftliche Kosten des Patriarchats

Hallo zusammen,
zunächst einmal fasst der Titel ganz gut zusammen, worum es im gleichnamigen Buch von Boris von Heesen geht. Es ist kein Angriff auf die Männer, eher auf das Patriachat und seine Strukturen. Insgesamt fände ich zu dieser Arbeit euer Feedback interessant.

Kurze Zusammenfassung:
In sehr nachvollziehbarer Weise stellt der Autor dar, in welchen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens welche gesellschaftlichen Kosten entstehen, welchen Anteil daran Frauen und X-Geschlechter haben, und welchen Anteil Männer davon verursachen. Diese Kosten werden voneinander abgezogen, sodass stets nur die Mehrkosten auf „Männerseite“ Berücksichtigung finden. So wird insbesondere in Teil I des Buches Bereich für Bereich erläutert (Gefängnisaufenthalte, häusliche Gewalt, Essverhalten, Klimaschädliches Verhalten, Straßenverkehrsdelikte etc.), um am Ende auf eine schier unglaubliche (vor allem im Hinblick darauf, dass der Autor stets betont, eher ein Minimum berücksichtigt zu haben) Zahl zu kommen: Das Patriachat und seine Strukturen verursachen jährliche Mehrkosten in Höhe von mindestens 63 Mrd.€ (63.000.000.000 €).

In Teil II werden dann nicht messbare weitere Schäden aufgezählt und erläutert. Teil III unternimmt den Versuch, mögliche Lösungen zu präsentieren. Und hier sind wir nun bei dem Themenvorschlag:

Bundesgleichstellungsgesetz §1: https://www.gesetze-im-internet.de/bgleig_2015/__1.html

1) Ziel des Gesetzes ist es,

1. die Gleichstellung von Frauen und Männern zu verwirklichen,
2. bestehende Benachteiligungen auf Grund des Geschlechts, insbesondere Benachteiligungen von Frauen, zu beseitigen und künftige Benachteiligungen zu verhindern sowie
3. die Familienfreundlichkeit sowie die Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Berufstätigkeit für die Beschäftigten zu verbessern.

Eine vorgeschlagene Lösung des Autors Boris von Heesen ist ein Gleichstellungsmonitor, der ähnlich wie die Schulden-Uhr oder die Info-Seiten des RKI zu den Corona-Statistiken jederzeit öffentlich einsehbar ist.

Der Clou ist nämlich: Der Autor hat nur öffentlich zugängliche Daten genutzt. Sie werden jedoch meist gar nicht öffentlichkeitswirksam präsentiert. Und wenn doch, fehlt die Einordnung der absurden Kostendominanz auf Männerseite.

Und nun wird es konkret:
Wie schätzt ihr die Realisierung eines solchen Gleichstellungsmonitors ein?
Außerdem: gemäß des Bundesgleichstellungsgesetzes könnte man sogar auf die Idee kommen, dass die Behörden, die ihre Statistiken nicht geschlechtsspezifisch veröffentlichen oder Präsentieren sich gesetzeswidrig verhalten. An den Spitzen dieser „Verweigerer“ sind mehrheitlich Männer. Gibt es hier juristische Ansätze, um korrekte und geschlechtsspezifische Statistiken öffentlichkeitswirksam präsentieren zu müssen, zu erzwingen?

Es ist mehrfach erwiesen, dass, je gleichberechtigter Gesellschaften sind, diese nicht nur stabiler werden, sondern auch glücklicher. Auch Earth4All sieht es als außerordentliche Kehrtwende an, die es zu meistern gilt, sämtliche Benachteiligungen zu eliminieren aus vorgenannten Gründen.

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Spannendes Thema dass viel zu selten beleuchtet wird.

Ich mach dann mal wieder die Gegenposition, damit eine Diskussion vielleicht zu Stande kommt :wink:

Das Problem an dieser Theorie ist, dass die Gründe dafür, warum Männer mehr kosten erzeugen, vielfältig sind. Ein zentrales Problem ist sicherlich die Sozialisation, gerade in noch sehr patriarchal geprägten Ländern, aber auch bei uns im „Westen“. So sind Aspekte wie „maßloser Fleischkonsum“, „Alkoholkonsum“, „Dicke Autos fahren“ und „Durchsetzung mit körperlicher Überlegenheit / Gewalt“ weiterhin Themen, die stark mit einem ungesunden „Männlichkeitsideal“ einhergehen. Das sind sicherlich Dinge, die man ändern kann und sollte.

Aber man muss letztlich auch die „Nature vs. Nurture“-Debatte bei diesem Thema aufmachen, da die hormonelle Entwicklung beim Mann leider auch problematisch ist. Nicht umsonst treten diese problematischen Verhaltensweisen oft gehäuft in der Pubertät auf. Testosteron ist leider ein starker Einfluss (bis hin zur biologischen Determinante) und die Frage, ob dieser durch eine sozial- und umweltverträglichere Sozialisation vollständig ausgeglichen werden kann, ist jedenfalls spannend. Sollte dem nicht so sein, muss man vorsichtig sein, hier nicht zu „strafend“ auf Umstände zu reagieren, für die der Einzelne aufgrund biologischer Determination wenig kann.

Auch stellt sich natürlich bei Konzepten wie dem einer „Schulden-Uhr“ die Frage nach der Gerechtigkeit im Hinblick auf eine etwaige Sippenhaft. Es macht zwar Sinn, einen Ausgleich für „die Frauen“ auf Kosten „der Männer“ erstreben zu wollen, aber wenn dadurch dann auch diejenigen Männer benachteiligt werden, die ihr bestes tun, diese schädlichen Verhaltensweisen nicht an den Tag zu legen, wird es auch wieder problematisch. Also ich als jemand, der seit 25 Jahren Vegetarier ist, kein Auto besitzt und auch keine Schäden durch Gewaltverhalten verursacht, würde nur ungern für meine primitiveren Geschlechtsgenossen zur Kasse gebeten werden, das würde sich schon sehr wie Sippenhaft anfühlen.

In diesem Sinne bin ich in jedem Fall dafür, mehr Scheinwerferlicht auf die problematischen Aspekte der typischen männlichen Sozialisation zu richten und darauf einzuwirken, diese Aspekte zu vermindern. Dieser Bullshit wie „Echte Kerle essen Fleisch, vertragen ordentlich Alkohol, fahren dicke Autos und können sich durchsetzen!“ muss unbedingt aufhören, ist aber leider unglaublich tief (auch in der westlichen Kultur) verwurzelt, vor allem bei eher konservativ geprägten Menschen - eben weil „es schon immer so war“. Finde ich zum Kotzen, aber ich weiß auch nicht, wie man das aus den Köpfen der Menschen rausbekommt. Letztlich sollte das (nicht unbedingt notwendige) Autofahren, Alkoholkonsum und Fleischkonsum ähnlich gesellschaftlich stigmatisiert werden wie das Rauchen. Der Kampf gegen das Rauchen hat letztlich gezeigt, dass man durch Maßnahmen wie Werbeverbote und strenge Nichtraucherschutzgesetze definitiv die öffentliche Wahrnehmung beeinflussen kann. Fleischkonsum, Autofahren, Alkoholkonsum - und in gewissen Kreisen auch körperliche Durchsetzungsfähigkeit - werden hingegen immer noch überwiegend positiv konnotiert… leider.

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