Ein „Startgeld“ in Höhe von 30.000 Euro für junge Erwachsene war glaube ich schonmal Thema in der LdN, aktuell bekommt die Diskussion über ein „Grunderbe“ aber wieder Schwung. Die Jusos haben aktuell einen konkreten Vorschlag für ein Grunderbe von 60.000 Euro, der Ökonom Thomas Picketty fordert in Frankreich schon länger ein Grunderbe von 120.000 Euro.
Anlass für diese Überlegungen ist die Tatsache, dass Vermögensaufbau in Deutschland praktisch nur noch durch Erben möglich ist, aber nur ein relativ kleiner Teil der Bevölkerung nennenswerte Erbschaften erhält. Auf diese höheren Erbschaften wird zudem kaum effektiv Erbschaftssteuer erhoben (war alles schon Thema in der LdN).
Eine einmalige Zahlung an Menschen, die in das Erwachsenenalter kommen, soll das ausgleichen und zu gerechteren Startbedingungen für alle führen.
Ich finde diese Überlegungen persönlich vor allem interessant, weil es aus der Entwicklungsforschung belastbare Ergebnisse gibt, dass sowohl Grunderbe, als auch das verwandte Grundeinkommen messbare und stark positive Auswirkungen haben. Hier eine Studie aus Kenia, die verschiedene Arten des Cash-Transfers in einem großabgelegten Experiment miteinander vergleicht.
tl;dr:
Sowohl eine (im lokalen Kontext) Einmalzahlung, als auch ein langfristig garantiertes „Grundeinkommen“ hatten nach zwei Jahren deutlich messbare Effekte. Ein kurzzeitiges Grundeinkommen war weniger effektiv.
Die Produktivität und die finanziellen Rücklagen der Empfänger sind gestiegen, insgesamt wurde vermehrt in Selbständigkeit investiert.
Die Empfänger haben nicht weniger gearbeitet.
Der Alkoholkonsum bei den Empfängern ist nicht gestiegen.
Ich halte vom Grundeinkommen wesentlich mehr. Das Grunderbe kommt meiner Meinung nach zu spät. Es gibt hier in nahezu allen Bereichen Probleme, die man zumindest teilweise dem Patriarchat oder der Armut zurechnen kann:
Wenn die Menschen mit 18 oder 16 ein Grunderbe bekommen, haben Sie bereits 16/18 Jahre lang im Worst Case (und - angesichts der extremen Zahl von „von Armut bedrohter Menschen in Deutschland“ sowie der Kinderarmut - sehr wahrscheinlich und so oder so viel zu häufig) keinerlei Unterstützung im Kontext Bildung erfahren. Was dem Aufweichen der patriarchalen Strukturen eher hinderlich ist. (Immerhin braucht es dann einfachen Erzählungen, was man mit dem Leben so anstellen kann - und hier verfangen leider rechte Erzählungen leicht, siehe u.a. Populismus-Experiment „maiLab“.)
Infos zum Grundeinkommen, was meiner Meinung nach ein Teil der Lösung für sehr viele Probleme in Sachen Ungleichheit, Chancenverteilung, Steuergerechtigkeit, Rentensicherheit, Innovationstreiber und vieles mehr ist: Bedingungsloses Grundeinkommen ist finanzierbar
Ich finde sowohl das Grundeinkommen, als auch ein Grunderbe sehr interessante politische Ideen. Wenn die Auswirkungen der beiden Maßnahmen ähnlich positiv sind, könnte ich mir vorstellen, dass das Grunderbe politisch einfacher zu vermitteln ist. Kommunikativ lässt es sich gut verpacken:
Wir haben als Gesellschaft ein hohes Misstrauen gegenüber „leistungslosem Einkommen“ – außer es kommt in Form eines Erbes.
(Noch) herrscht ein gesellschaftlicher Konsens, das Kinder keine Mitverantwortung für die (wirtschaftlichen und persönlichen) Fehlentscheidungen ihrer Eltern tragen.
Ein Grunderbe würde die Selbstverantwortung junger Menschen betonen (was bei Teilen der FDP gut ankommen dürfte)
Für konservative Menschen dürfte es attraktiv sein, so aus einer Diskussion über erhöhte staatliche Abgaben zur Finanzierung der gesetzlichen Rente rauszukommen. Ein Grunderbe wäre gleichzeitig der Grundstock für einen privaten Beitrag zur Altersvorsorge.
Es ist finanzierbar: Der Spaß würde ca 50 Milliarden Euro im Jahr kosten (bei gut 800.000 18-Jährigen jedes Jahr). Jährlich werden aber zwischen 250 und 400 Milliarden Euro Vermögen vererbt oder verschenkt. Schon eine moderate Erbschaftssteuer (wenn konsequent durchgesetzt könnte hier also einen erheblichen Beitrag zur Finanzierung leisten).
Vorab, ich habe mich mit diesem Thema vor 2017 beschäftigt, weil es im Zuge des Bedingungsloses Grundeinkommen aufkam.
Meine Schlussfolgerung, schlechtere Lösung im Vergleich zu anderen Lösungsvorschlägen.
Ziel soll sein, den jungen Menschen ein Startkapital zu geben, um nach der Schulzeit befähigt zu sein, selber ein Lebensplanung zu entwerfen und hierzu eine Grundfinanzierung zu haben.
Im besten Fall wird das Geld angelegt für z.B. Rentenvorsorge oder in das eigene Humankapital investiert für bessere Einkommenschancen.
Beide Fälle (Rentenvorsorge und Investment in Humankapital) können aber durch andere Instrumente viel besser erreicht werden, bei gleichem Investment. Für die Rentenvorsorge würde es sinnvoller sein, den Betrag in einen Staatsfonds zu legen, ähnlich wie Norwegen, und daraus ein weiteres Standbein für die Rente zu erlangen. Man kann zum Beispiel den Betrag mit einem Sparplan kombinieren, ohne Versicherungen oder Banken dazwischen. Das Risiko eines Fehl-Investment ist deutlich geringer und die Nebenkosten sind ebenfalls niedriger.
Beim Investment in das Humankapital könnte der Staat für eine optimale Bildung bis zum Studium sorgen. Nehmen wir an die Schulen und Universitäten würden jährlich zusätzliche 30-50 Milliarden Euro erhalten (Heute 176 €/Jahr). Auch hier ist das Chancen/ Risiko Verhältnis über alle viel besser, als bei Alleinverantwortung.