Stolla bei Lanz: Dreißig Stunden Woche bei vollem Lohnausgleich, und danach runter auf 20 Stunden, während das Bürgergeld verdoppelt wird.
Wir waren schon mal in großen Teilen bei 37,5 Stunden. Just sayin. Möglich ist das, aber nicht ohne grundlegende Anpassungen, und für die gibt es keine Mehrheiten. Wieso nicht müsste sich eigentlich jeder selbst fragen,
Wer solche Konzepte vorstellt, soll erklären, wer a) für die Mehrkosten aufkommt und b) wo die zusätzliche erforderliche Arbeitskräfte herkommen. Unsere Gemeinde findet heute schon keine Kita-Erzieher, trotz Boni/Zuschlägen/Benefits. Der Arbeitsmarkt ist einfach leer für diese Kräfte. Wenn die in Zukunft alle 10h weniger arbeiten, wer betreut unsere Kinder? Wer pflegt die Alten? Wir warten heute schon Monate auf Arzttermine. Wird das besser, wenn weniger gearbeitet wird?
Was passiert mit schnell zu verlagernden Arbeitsplätzen? Meine Frau arbeitet in einem Team aus Remotekräften in ganz Europa. Warum sollte der AG jemanden aus Deutschland einstellen, wenn die Lohnkosten hier nochmal 25% höher sind als sie es eh sind?
Ich für meinen Teil als Grünenwähler bin gottfroh, dass die Grüne Jugend in dieser Form weg ist.
Eine Gesellschaft, die vor 60 Jahren die 40-Stunden-Woche erkämpfte und nach enormen Produktionszuwächsen im Jahr 2024 immer noch genauso viel arbeitet, hat meiner Meinung nach offensichtlich etwas falsch gemacht. Es sei denn, Arbeit ist ein Selbstzweck. In Deutschland denkbar
Es gibt mehrere Untersuchungen, dass man in 6 Stunden genausoviel schafft wie in 8 Stunden arbeit heißt man kann es durch Produktivitätssteigerung schaffen.
Auch möglich wäre Lohnerhöhungen in Zeit umzuwandeln, also statt erhöhung der Zahl auf dem Lohnzettel weniger Zeit auf Arbeit
Hier wäre eine Quelle interessant.
Ich habe nicht ansatzweise genug Expertise, um die konkrete Machbarkeit (bzw. den Zeithorizont einer Machbarkeit) einzuschätzen. Ich finde es jedoch etwas unredlich das einfach als radikal und realitätsfremd abzutun, wenn es eine ganze Menge guter Argumente dafür gibt. Das ist natürlich alles im Gesamtpaket mit weiteren Entwicklungen/Ansätzen zu betrachten.
Ich fand z.B. diese Podcast sehr spannend:
Z.B. sinkt die Produktivität vermutlich nicht so stark wie die Arbeitszeit. Zugleich gibt es aber deutlich weniger Ausfälle durch Krankheit/psychische Überlastung etc. Mehr Zeit bedeutet auch mehr Zeit für Care Arbeit (die sowieso deutlich gerechter von den Männern mitübernommen werden muss). Mehr Zeit bedeutet auch mehr Zeit für zivilgesellschaftliches Engagement. Mehr Zeit bedeutet mehr Zeit dafür, sich ökologischer zu verhalten (Mobilität, Ernährung). Zuletzt kann das auch bedeuten, dass Menschen in Berufen mit starker Belastung (z.B. Pflegeberufen/sozialen Berufen) nicht ausfallen und länger/dauerhaft in dem Sektor verbleiben oder Neu-Rekrutierung einfacher wird.
Es muss auch bedacht werden, wie viel Produktivitätspotential ansonsten einfach liegen gelassen wird, bspw. durch Hürden für Geflüchtete auf dem Arbeitsmarkt oder Frauen, die viel mehr/länger in Teilzeit sind als Männer.
Ich weiß jetzt auch nicht auf welchen konkreten Auftritt von Stolla sich das bezog, ich habe zwei von vor 6 Monaten gefunden (und war zu faul mir jetzt zwei ganze Lanz-Sendungen anzuschauen, sorry). Aber es ging ja als Vorwurf in Richtung des neuen (grünen) Jugendverbands, da finde ich eine 6-Monate alte Aussage einer einzelnen Person nicht ausreichend, wenn der Verband sich gerade erst neu gründet und die konkreten politischen Ansätze noch gar nicht klar sind
Klingt toll für einen Programmierer.
Aber wie betreut man Kinder effizienter? Spielt man da schneller? Oder nehmen sich Ärzte dann einfach noch weniger Zeit? Oder bekämpfen Polizisten schneller Verbrechen und Richter verhandeln schneller? Haben die etwa alle so viele Überstunden bzw. Überlast, weil sie zu viel arbeiten?
Das mag für alles gelten, was (im weitesten Sinne) Wissensarbeit ist. Für alles, was in Kontakt zu Menschen steht ist das aber einfach nur Unfug. Kannst dem Altenpfleger, der Ärztin, dem Handwerker, … ja mal erklären, dass sie effektiv jeden Tag zwei Stunden verschenken.
Vielleicht die anderen Leute, die auch weniger arbeiten und sich deshalb besser um ihre Familie kümmern können.
Das mag in der Wirtschaft und anderen Bereichen klappen.
Aber wie oben schon erwähnt im Sozialen, also Pflege, Kita, Ärzte usw… da geht es schlecht. Was wäre hier dein Vorschlag…
30 Stunden Woche in der Pflege, dafür mehr einstellen? Die es nicht gibt, die wir auch nicht zahlen wollen? Oder halt in 6 Stunden gleich viele Patienten wie in 8?
Es gibt sicher Arbeitsbereiche wo in 6 h die gleiche Effektivität wie in 8 h erreicht wird. Aber es wird Bereiche geben, in denen es eben nicht geht. Die will dann keiner mehr machen, weil die o.g. Reduktion von 8 auf 6 h sicher bei gleichem Gehalt gedacht sind. Wir aber in die sozialen Berufe sicher nicht adäquate Gehaltssteigerungen bezahlen wollen.
Die Leute haben denke ich damit kein Problem mehr für soziales zu bezahlen. Das Ehegattensplitting sind z.b. 20 Milliarden Euro die wir gerne in die Pflege geben dürfen.
Hmm, ich weiß nicht…
Die Leute vielleicht nicht. Die Politik schon.
Und das ist nur ein Beispiel.
Oder hier:
Und nein, die sozialen Berufen sind auch sonst eher die doofen - naja sind ja im Sozialen tätig (Nomen ist Omen).
Um es herunter zu brechen: im Sozialen wird doch als erstes gespart!
Zum einen geht sowas auch nur in Verbindung mit einer Veränderung wie man seine Arbeit organisiert, aber ja das was bei genauerer Betrachtung herausfällt ist die Erkenntnis, dass du die in etwa zwei Stunden weniger effektiv und fokussiert arbeitest.
Und das gilt für alle Berufe, ja du bist da, ja du machst was, aber effektiv und fokussiert geht anders.
Ich arbeite in der Industrie (eigentlich Manufaktur) und wir hatten wegen Auftragslage von 8 Stundenschicht auf 2x 6 Stunden Schichtbetrieb umgestellt, im Ergebnis war es dann de facto eine Verdopplung der Produktion für die MA gerechnet die daran teil nahmen (war nur ein Teil meines Teams, funktioniert also auch im Handwerk.
Da die meisten Leute die heute Kinder in der Betreuung haben als Paar kaum auf mehr als 60 h kommen wäre die Einsparung der Zeiten dort auch geringer. Vor allem weil ja die Einsparung bei einer Reduktion um 25% nur die Bezahlte Arbeitszeit betrifft, nicht aber die Zeit für Vorbereitung, Nachbereitung und Pendeln. Gleiches bei Leuten die Angehörige Pflegen.
Aber nicht jeder ist ja überhaupt in der Lage selbst Pflegefälle in dem Umfang zu betreuen wie es professionelle Kräfte können.
Die Rechnung, dass man in der Folge überall 25% Arbeit spart wo man nicht effizienter ist geht eher nicht auf.
Und im Supermarkt an der Theke dürfte es auch kaum Potential dafür geben in 6 h genauso viel Kunden zu bedienen wie in 8 h.
Auch in der Industrie ist an vielen Arbeitsplätzen schon heute die Maschine oder der Prozess der limitierende Faktor. Egal ob 6, 8 oder 10 Stunden, der Output pro Zeiteinheit bleibt da gleich. Die Einzige Möglichkeit wäre dann gleich wieder ein höherer Automatisierungsgrad.
Weniger Arbeitszeit wäre in meinen Augen nur in einem Internationalen Kontext machbar. Wenn man zwar von der weniger Arbeitszeit profitiert, dann aber Waren kauft die im Ausland bei gleichgebliebener Arbeitszeit günstiger produziert werden können, dann sägt man am eigenen Ast.
Was ich aber sehr wohl für möglich halte ist in bestimmten Bereichen Arbeitszeiten zu reduzieren. Und zwar dort wo man in dieser Zeit tatsächlich gleich viel erreichen kann und dort wo man durch weniger Ausfälle von Personal einen zusätzlichen Effekt hat. Gerade die Letzte Gruppe fällt aber in der Regel durch eine hohe Teilzeitquote auf (Erzieher, Pflegekräfte etc.), sodass der Effekt dort eher aufs Gehalt geht als auf die tatsächliche Arbeitszeit.
Great, also arbeiten wir dann weniger, nicht um mehr Freizeit zu haben, sondern wieder mehr „traditionelle Familienmodell aus dem 19. Jahrhundert“ zu spielen? Wurde untersucht welche Auswirkungen das auf unsere psychische Gesundheit hat, als man die Benefits der 30h Woche hervorgehoben hat?
Das heißt wir drehen den Sozialstaat wieder zurück, in dem die Unterstützung eine systemische Aufgabe des Staats ist?
Die, die keine Familie mehr haben, niemanden in der Nähe oder in der sich schlicht niemand kümmern will, haben dann Pech gehabt?
Dann schaffen wir auch die Arbeitslosenversicherung ab, weil die Familie sich „darum kümmern“ soll?
Die anderen Punkte hast Du leider ignoriert. Müssen wir dann in unserer Freizeit auch Polizei und Arzt spielen?
Du siehst es also als negativ wenn du mehr Zeit hast dich um deine Kinder oder Eltern zu kümmern. Warum hast du dann Kinder bekommen?
Unterstützung wo sie nötig ist gibt es auch weiterhin in unserem Sozialstaat. Aber bei vielen ist es aktuell einfach ein betreuen, damit die Eltern/Kinder arbeiten können und das muss ja nicht sein und da kann dann auch ohne Einbußen beim Sozialstaat Stunden eingespart werden. Der Vergleich mit der Arbeitslosenversicherung klappt insofern natürlich nicht.
Was Polizei und Ärzte angeht ist denke ich der Beruf erheblich attraktiver, wenn auch hier die Arbeitszeiten angepasst werden. Genau so in der Pflege. Viele die ich kenne haben in der Pflege wegen der Belastung aufgehört! Zu wenig Geld wenn die Stunden reduziert wurden, aber bei 40 Stunden zu hohe Belastung. Das wir Mangelberufe attraktiver machen müssen steht so oder so nicht zur Diskussion!
Sowas habe ich nicht vorgeschlagen. Es sollte aber klar sein, dass wenn man weniger lange arbeitet es auch weniger Kinderbetreuung braucht.
Ich glaube, dass am Ende eine verkürzte Wochenarbeitszeit auch von Maßnahmen flankiert werden sollte, die bestimmte Branchen von Arbeit einstampft, die nicht der Gesellschaft dienen. Zum Beispiel sind in der Werbewirtschaft 900 000 Beschäftigte tätig, mit breit gestreuten Werbeverboten könnte man da ordentlich Arbeitskraft freisetzen.
Das würde aber nur stimmen, wenn die Eltern dieser Kinder heute beide 40 h arbeiten würden und das ist fernab jeglicher Realität.
Da sich aber schon heute oftmals die Arbeitszeit nach der Betreuung richtet und nicht die Betreuung nach der Arbeitszeit dürfte eine Verringerung der Betreuungszeiten auch dazu führen, dass die Eltern ihre Arbeitszeit noch weiter einschränken müssten.