LdN 423 Pendlerpauschale

Aber selbst wenn es in Einzelfällen keine Alternative gibt, bleibt die Frage, wieviel Mitnahmeeffekte hinnehmbar sind, um diese Fälle finanziell zu stützen. Stehen die Kosten und Fehlanreize der Pendlerpauschale in einem sinnvollen Verhältnis zum (vorhandenen?) Gemeinwohlgewinn, der durch diese Pauschale entsteht? Ich würde stark zu „Nein“ tendieren.
Es bleibt zudem ein erhebliches Gerechtigkeitsproblem gegenüber vergleichbaren Kosten: wenn ich nur einen Kitaplatz am anderen Ende der Stadt bekomme, werden mir die Extrafahrten doch auch nicht staatlich finanziert, oder?
Von daher kann man in der Gesamtbetrachtung sagen, dass die PP dringend abgeschafft werden sollte.

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Da bin ich ganz bei dir, aber das hab ich ja auch nicht vorgeschlagen. Ich habe nur das Instrument Pendlerpauschale so wie es gerade ist, kritisiert. Dass es stattdessen ein anderes Konzept braucht, und nicht einfach nur eine Streichung, steht für mich außer Frage.

Da würde ich dann mit @CB87 einhaken: Das bringt dir im Zweifelsfall auch nix, wenn es kein entsprechendes ÖPNV-Angebot gibt.

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Die können gern behaupten, dass sie sich so fühlen, es stimmt aber einfach nicht. Die Menschen verzichten halt nicht gern darauf, sich ihre Bequemlichkeit und ihren, meist selbst gewählten, Lebensstil von der Gemeinschaft alimentieren zu lassen. Das klingt aber nicht so schön nach Freiheit, wie die Klage über eingebildete Bevormundung.
Gefördert gehört, was dem Gemeinwohl dient. In der aktuellen Form fördert die Pauschale pauschal eher gemeinwohlschädliches Verhalten.

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Selbst wenn du Recht hättest - was ich zumindest hinterfragen würde - ist aber doch die Frage, ob es im Sinne einer erfolgreichen Verkehrswende politisch geschickt ist, ohne Not genau solche Gefühle zu mobilisieren. Wir haben ja gerade erst beim Thema Gasheizungen gesehen, welch negative Effekte das haben kann.

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Ja, das ist immer das Problem, das Merz personifiziert: Die Leute wollen Ehrlichkeit und jemanden, der die Probleme des Landes löst. Aber nur wenn das nicht allzu ungemütlich wird. Sonst lieber Lügen und Probleme ignorieren. Wir kommen aus einer Zeit derartigen Überflusses, dass man sich leisten konnte, jeden Egoismus mit Geld zu beglücken und zu kompensieren. Aber diese Zeit endet. Muss man gut überlegen, wie lange man sich eine Politik im Rahmen rechts-bürgerlicher Bequemlichkeiten und Selbstbestätigung noch leisten kann und will. Sowohl ökologisch, als auch ökonomisch kommen die Wände grade schnell näher und die Handlungsalternativen schrumpfen rapide.

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Kurze Werbeeinschaltung zu früheren Diskussionen:

Tatsächlich muss sich da enorm viel ändern. Wir hatten nie ein Auto; dass das trotz Kinder geht, ist für 95% der Familien – auch die, die in meiner Nachbarschaft wohnen und somit dieselbe Infrastruktur verwenden können wie ich – unvorstellbar.

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Ich verstehe das Problem nicht: Das eine schließt doch das andere nicht aus. Die Leute sind bequem und fühlen sich bevormundet. Also brauchen sie Anreize. Ob das dann in der konkreten Form, die die Politik schließlich anbietet, reicht, um liebgewonnene alte Gewohnheiten aufzugeben, ist dann die nächste Frage.

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Ich finde diese Reduzierung auf ein Entweder-Oder zwischen „ehrlich Probleme lösen“ und „lügend Probleme ignorieren“ aka „rechts-bürgerlichen Bequemlichkeiten“ schon grob vereinfachend. Sie hat auch mit dem, was ich geschrieben habe, herzlich wenig zu tun. Es gibt auch noch eine Menge zwischen die Gefühlslagen von breiten Kreisen der Bevölkerung ignorieren auf der einen Seite und ihnen nach dem Mund reden und daher möglichst wenig ändern auf der anderen. Natürlich muss sich sehr viel ändern - und zwar möglichst schnell. Die konkrete Frage war aber, ob es politisch geschickt ist, dazu die Pendlerpauschale einfach zu streichen.

Edit: Ich bin ja in diesem Thread ausführlich auf die negativen ökologischen Folgen der Pendlerpauschale eingegangen und dachte damit ausreichend deutlich gemacht zu haben, dass ich sie nicht einfach beibehalten will. Trotzdem finde ich ihre kurzfristige ersatzlose Streichung derzeit politisch nicht sinnvoll. Ich bin ehrlich gesagt etwas erstaunt darüber, dass das für einige anscheinend schon zu viel Differenzierung ist.

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Es kommt halt immer auf die Frage an, wie genau man es im Detail verändern will.

Würde man z.B. jetzt E-Auto Pendler eine höhere Pendlerpauschale zukommen lass, bräuchte man zuerst einen E Auto Nachweis, und es würde überwiegend Menschen mit hohem Einkommen und Eigenheim entlasten.
Würde man explizit Menschen mit niedrigen Einkommen entlasten wollen, müsste man ironischer Weise mehr Subventionen für Verbrenner zahlen.

Das Problem mit dem Nachweis hätte man auch, wenn man zwischen PKW, ÖPNV und Rad Pendeln unterscheiden wollen würde.

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Das kann auch nicht das Ziel sein. Aber zum Beispiel ÖPNV zuverlässig und, wo vorhanden, eng getaktet.

Dies kommt mir unnötig polemisch vor (wenn ich dich richtig verstanden habe). @JohanneSAC schreibt ja,

Dies fandest du zu undifferenziert und schlägst nun ein differenzierteres Modell vor. Aber Johannes hat doch nichts über „dein Modell“ ausgesagt (oder ich habe es überlesen); daher verstehe ich deinen Nachsatz nicht. (Oder auf wen spielst du mit „einige“ an?)

Ich glaube schon, dass dieses Hängen am PKW sehr viel mit Bequemlichkeit zu tun hat, und wir alle wissen, was unser Gehirn manchmal so anstellt, um Altbewährtes vernünftig oder unumgänglich erscheinen zu lassen. Du [edit: @Flixbus – inzwischen wurde noch einiges gepostet] hast ja selber die Notwendigkeit angesprochen, alte Denkmuster oder Gewohnheiten über Bord zu werfen. Dass das nicht einfach ist – erst recht nicht, wenn die Politik dies durchsetzen will –, wissen wir alle. Dann heißt es eben, wir würden bevormundet etc.

Wie du schon sagtest, hängen sehr viele Themen mit dieser Frage zusammen. Wie eine gerechte Pendlerpauschale aussehen müsste, diskutieren wir ja gerade. Ich kenne mich nicht gut aus, aber aus meiner Sicht wäre schon der Ausbau eines für alle bezahlbaren ÖPNV der erste Schritt und neben dem Umdenken die wichtigste Voraussetzung, um vom Individualverkehr wegzukommen.

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Das mit der Gerechtigkeit und der deutschen Grundannahme, das alle erstmal vorsätzlich betrügen wollen, macht unsere Bürokratie nicht alltagstauglicher und effizienter.

Sonst müsste man bei jeder vom Staat gewährten Leistung strenge und aufwändige Einzelfallprüfungen nach dem Vier-Augen-Prinzip machen, damit auch kein Cent unbelegt und unberechtigt durchgeht.
Schafft natürlich Arbeitsplätze :wink:

Ok, einfach streichen ist sicher keine Lösung. Vermutlich schon rechtlich schwierig. Jede Änderung müsste gestuft und über einige Jahre gestreckt werden, um Anpassung auch tatsächlich zu ermöglichen.
Ich bezog mich mit der Kritik auf den Einwand, das entsprechende Änderungen würde als Bevormundung wahrgenommen. Bevormundung im Sinne von staatlicher Lenkung von Mobilitätsverhalten ist ja der Gegenstand der Beibehaltung oder Änderung. Das Framing/die Wahrnehmung, nur die Änderungen wären eine „Bevormundung“ blockiert die überfälligen Änderungen defacto komplett.

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Das ist wohl ein wichtiger Punkt.

Es nur über „Verbote“ oder Entzug von Leistungen anzustreben, Verhalten zu ändern, wird wie beim Bürgergeld nicht funktionieren.

Auf der anderen Seite muss immer auch eine Alternative da sein bzw. attraktiver gemacht werden.

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Das geht soweit an meinem Argument vorbei, dass es fast schon Strohmanncharakter bekommt. Bei jeder staatlichen Maßnahme wird es zu Mitnahmeeffekten kommen. Das ist einfach so und nicht zu ändern, ohne die Effizienz jeglicher Maßnahmen zu zerstören. Mein Punkt war aber, dass im Status quo der Pauschale extrem flächendeckende Mitnahmeeffekte und schädliche Anreizwirkungen zusammenkommen, die sich mit den vergleichsweise geringen gewünschten/wünschenswerten Effekten nicht rechtfertigen lassen.

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Als Pauschale oder überhaupt die steuerliche Absetzbarkeit von Kosten die mit der Erwebstätigkeit einhergehen?

Tatsächlich geht es hier nicht nur um die Extrafahrten, sondern auch die Kosten selbst. Kriege ich im Rahmen der Kitaplatzvergabe einen Platz beim Träger wo der Platz für 6h täglich 380 € kostet und das Essen 4,50 € oder einen wo der Platz für die gleiche Zeit 580 € kostet und das Essen 6,30 €?

Das ist in der Tat ein Gerechtigkeitsproblem. Nur sehe ich nicht, dass man ein Gerechtigkeitsproblem verbessert, wenn man bei einem anderen die Absetzbarkeit von Kosten streicht.

Was ist letztlich Egoismus? Viele meiner Freunde auf den Dörfern engagieren sich ehrenamtlich, als Fußballtrainer, bei der Feuerwehr, im Mundarttheater, etc.

Was würde aus diesen Einrichtungen werden, wenn alle die auswärts arbeiten wegziehen würden?

Ist es in Anbetracht von Wohnungsmangel in Städten und Leerstand am Land wirklich zielführend Anreize zu setzen das Land völlig ausbluten zu lassen?

Ich glaube hier braucht es einfach ein umfassendes Konzept welches diverse Themen miteinander verknüpft. Arbeitsplätze auf dem Land, ÖPNV Angebot in der Fläche, Wohnraum in Stadt und Land, Infrastruktur in Stadt und Land, Soziale Aspekte, etc.

Dazu gehören dann vielleicht auch flexible Betreuungsmöglichkeiten, damit Kinder vom Dorf z.B. nur Dienstag und Donnerstag die Zeit bis zum Sporttraining in der Stadt wo sie zur Schule gehen überbrücken können, auch wenn sie sonst eigentlich keinen Hortplatz benötigen.

Die Kritik die Pendlerpauschale wäre die Ursache dafür, dass Leute strecken zurücklegen ist in meinen Augen jedenfalls nicht gerechtfertigt. Und wie schon angemerkt gehört eine Absetzbarkeit der Kosten für die Erwerbsarbeit aktuell einfach zum Steuerrecht dazu. Die Pauschale durch eine Absetzbarkeit der tatsächlichen Kosten zu ersetzen würde wohl eher die belohnen die sehr hohe Kosten haben.

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Ich würde es eher Gewohnheit nennen als Bequemlichkeit, da es sich nicht nur auf das individuelle Nutzungsverhalten bezieht, sondern u. a. auch auf die politische Steuerung oder die Planung von Verkehrsinfrastruktur. Und genau deshalb braucht es aus meiner Sicht ein Umdenken und Überzeugen - unter anderem mit einem von Angebot her drastisch verbesserten und für alle Einkommensklassen finanzierbaren ÖP(N)V. Deshalb finde ich bezogen auf die konkrete Diskussion eine grundlegenede Kritik am Instrument der Pendlerpauschale in ihrer jetzigen Form m. E. geeignet, deren kurzfristige Abschaffung aber nicht. - aber beim dem letzten Punkt scheinen sich ja inzwischen auch alle hier weitgehend einig zu sein.

Was das Gefühl der Bevormundung angeht, finde ich es zu eindimensional gedacht, dieses pauschal auf einen Vorwand zu reduzieren, der dazu dient, notwendige Veränderungen zu blockieren. Ich bin überzeugt, dass eine Wahrnehmung dieses Gefühls und dessen Adressierung in dem oben genannten Sinne (Umdenken & Überzeugen) langfristig sehr viel erfolgversprechender ist. Außerdem bedeutet der Verweis auf die Existenz dieses Gefühls ja nicht automatisch eine Übernahme von dessen Rationalisierung (also des Arguments der angeblichen Bevormundung).

Sollte ein kleiner sarkastischer Einwurf zur deutschen Bürokratie sein. :grimacing:

Vielleicht auch der Hinweis, das der tägliche (längere) Weg zur Arbeit auch mit Stress, Vergeudung von Lebenszeit/Freizeit und Aufwand über die Fahrtkosten hinaus verbunden ist.

Also die wenigsten fahren aus Spaß oder um die Pendlerpauschale mitzunehmen

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Da wir das Thema schon reichlich diskutiert haben , würde ich hier zeitnah den Deckel drauf machen?

Ich glaube, die Formulierung

deckt mehr ab als nur den Aspekt, dass man Sachen durch die Titulierung als Bevormundung mutwillig blockiert. Natürlich müssen Änderungen sinnvoll und geschickt kommuniziert werden. Aber selbst bei optimaler Kommunikation tendiert der Mensch dazu, an Bekanntem festzuhalten – nenn es Gewohnheit oder Bequemlichkeit, für das Gehirn ist das kein wesentlicher Unterschied, würde ich mal sagen (dies wieder auf individueller Ebene argumentiert).

Was den ÖP(N)V betrifft, sind wir einer Meinung.

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