Bei einigen wird das sicher so sein. Aber jetzt sind wir endgültig im Bereich der Vermutungen darüber was irgendwelche Leute vielleicht denken und fühlen würden, wenn etwas passieren würde, was vermutlich eh nicht passieren wird
Ja, so war doch das Versprechen der Demokratie. (Der Wähler und seine Wahl wird ernst genommen)
Wenn jetzt versucht wird die Stimmen von 30% der Wähler zu ignorieren, dann erscheint mir das ziemlich unklug.
Wenn du so argumentierst, werden bei jeder Regierierungsbildung sämtliche Stimmen für Parteien der Opposition „ignoriert“ - je nach Zusammensetzung des Parlaments können das sogar über 50% der Wählenden sein.
Für mich klingt es etwas merkwürdig, wenn eine Partei, die nicht mal ein Drittel der Wähler hinter sich hat - und die noch dazu eben in aggressiver Weise andere Parteien und das gesamte politische System angreift - nun meint quasi einen Anspruch darauf zu haben, mitzuregieren. Eine Partei, die tatsächlich eine konstruktive Rolle spielen will, verhält sich anders. Und wer eine Partei wählt, von der alle anderen Parteien vorher klipp und klar gesagt haben, dass sie nichts mit ihr zu tun haben wollen, darf hinterher nicht heulen, wenn sie anschließend „ignoriert“ werden.
Wenn das schon spekulativ ist, dann ist die vage Hoffnung darauf, dass diese Leute sich aus andern Gründen besser fühlen würden, noch viel spekulativer.
Meine Hypothese bzgl. der Fremdenfeindlichkeit/Überfremdungsangst stützt sich zumindest auf empirische Daten. Das plausibilisiert sie in hohem Maße.
Des Weiteren stimme ich weitgehend mit @pbf85 überein.
Ich würde sagen genau so spekulativ. Und eine Hypothese ist eben eine Hypothese. Daten aus der Zukunft gibt es ja nicht. Aber wenn du gerne hören möchtest, dass du mehr Recht hast als ich: bitteschön
Als die NSDAP über 30 % bei Wahlen in der Weimarer Republik bekam, hat man diesem ‚Wählerwillen‘ Rechnung getragen. Wir wissen, wie das endete.
Natürlich, das sind die „Aufreger-Themen“ und AfD & BSW (und im Nachgang leider auch viele andere) bespielen diese genau deshalb, weil sie so viel Aufregung produzieren. Aber das ist ja nur ein Symptom. Wenn jemand mit einem soliden Job, einem Einfamilienhaus, Kleinfamilie etc. nicht besseres zu tun hat, als sich darüber aufzuregen, dass es Leute gibt, die gerne mit Sonderzeichen im Wort schreiben oder dass Deutschland Kredite für einen Radweg in Peru vergibt, dann muss das ja einen tieferen Grund haben. Ich glaube jedenfalls nicht daran, dass Angst, Hass und Empörung irgendjemanden wirklich glücklich machen.
Na wie schön dass die Bedingungen aus der Forschung dann bereits erklären, warum Kontakt bei einem Rassisten zu keiner Änderung führt.
Und ja es ist nur eine Anekdote, aber der SD Politiker erfüllt 3 von 4 Bedingungen, eigentlich da sie beide Arbeiter sind sogar alle 4, trotzdem ist er davon überzeugt besser zu sein und einen höheren Status zu haben als der Asiate.
Um es ganz klar am Anfang zu sagen, ich verstehe nicht, warum man nicht zumindest versucht hat, wenigstens die als gesichert rechtsextrem eingestuften Landesverbände der AFD zu verbieten. Das hätte die politische Landschaft in Sachsen und Thüringen positiv bereinigt.
Hat man nicht, die Partei durfte an demokratischen Wahlen teilnehmen. Nun glaube ich inzwischen, dass zumindest Sondierungsgespräche und auch eine evtl. Regierungsbeteiligung möglich sein müssen, weil:
In Thüringen ist die AfD der klare Wahlgewinner, wenn sie,wie diskutiert, von vielen „Abgehängten“ gewählt wurde, wie fühlen sich diese Menschen, wenn ihre Wahlentscheidung nun wieder beiseite geschoben wird.
Aus AFD und CDU wäre ein Zweierbündnis mit stabilen Mehrheitsverhältnissen möglich, dass kann man bei der Konstellation CDU, BSW und SPD bei notwendiger Tolerierung durch die Linken nicht sagen.
Die AFD in der Opposition kann weiter die Opferrolle spielen und sagen, mit uns wäre alles besser.
Und in 5 Jahren können die Wähler entscheiden, wie sie die Arbeit der Landesregierung unter AFD Führung bewerten, und diese bei einem schlechten Zeugnis auch wieder abwählen.
Ich glaube Bent hat hier durchaus einen Hauptpunkt angesprochen, dass zeigen auch die Umfragen von Infratest dimap zur Wahl:
Bei Themen die für die Wahlentscheidung die größte Rolle spielen werden soziale Sicherheit, Zuwanderung und Kriminalität an vorderster Stelle genannt.
In der Einschätzung der befragten Wähler werden der AFD bei den Punkten 2 und 3 die größten Kompetenzen zugesprochen.
Was außerdem auffällt, die AFD setzt sich nach Ansicht der Wähler stärker für ostdeutsche Interessen ein, als z.B. die CDU.
Ich teile diese Meinung nicht, es zeigt aber ein Stück die Gefühlslage, unter der die Wahlentscheidungen getroffen wurden.
Hass und Empörung können m. E. durchaus positiv erlebt werden. Das daraus oft resultierende Überlegenheitsgefühl ist eine ganz wesentliche Quelle der Befriedigung.
Ich würde vermuten zum einen aus Angst, erstens davor, dass der Versuch scheitert und zweitens davor, bei den AfD-Wählern noch verhasster zu sein und zum anderen, weil es natürlich widersprüchlich ist, wenn man gleichzeitig die AfD-Politik im Kern unterstützt, etwa wenn man sagt, dass das Hauptproblem zu wenige Abschiebungen sind (Scholz) oder zu viel Migration (Merz).
Ich glaube, dass viele einfach mit der heutigen Zeit mit vielfältiger Veränderung überfordert sind.
Es wird verlangt sich in Sachen Nachhaltigkeit anzupassen, das Verhalten gegenüber anderen zu ändern, anders zu sprechen, etc.
Wie weit weg von der Realität viele Kritik an Veränderung ist sieht man z.B. in einem ganz anderen Beispiel beim Fußball, wo der Aufschrei in Sachen Reform der Spielform in den unteren Altersklassen ebenso riesig ist. Da wird dann von Verweichlichung gesprochen und dass man bald keine Profis mehr aus einem solchen System bekommen kann. Dass Spanien das schon seit vielen Jahren macht und die ersten Stars die auch International einschlagen genau ein solches System durchlaufen haben wird da nicht gesehen.
Es geht vielmehr darum, dass man das was man seit vielen Jahren tut in Frage stellen muss. Und für viele, in diesem Fall Fußballtrainer, nimmt man das persönlich. Statt sich darüber zu freuen, dass neue Erkenntnisse auch neue Methoden mit sich bringen und man Teil eines solchen Fortschritts sein darf wird mit dem Argument „uns hat das auch nichts geschadet“ geantwortet.
Ich glaube tatsächlich, dass das was die Leute zur AfD treibt mehr mit Kulturkampf zu tun hat als mit der Politik. Dass mangelnde Reformen und dadurch aufkommende Probleme natürlich auch jetzt gebündelt kommen macht es nicht besser und diese Unzufriedenheit macht einen vielleicht offener diesen Kulturkampf mit auszutragen.
Mag sein, dass ich das unterschätze. Ich habe auch immer noch nicht verstanden, warum sich Leute so viel aus Macht machen, obwohl ich es u. a. auf der Arbeit täglich erlebe. Vielleicht bin ich doch im Herzen ein Hippie
Das Folgende hatte ich irgendwo gelesen und gebookmarkt, finde es aber hier passend:
Die Untersuchung zeigt […], wie sich rassistische und anti-klimapolitische Untergangsszenarien zu einer selbst bestätigenden Gefühlswelt verdichten. Außerdem interpretiert Spissinger das kollektive Schimpfen und spöttische Gelächter bei AfD-Veranstaltungen als ein neurechtes Identitäts- und Gefühlstraining. Nicht zuletzt wird deutlich, wie AfD-Unterstützer*innen Kritik abwehren und daraus die Bestätigung ziehen, ‚die Wahrheit‘ zu vertreten und ‚frei‘ zu denken. Wer es sich in der neurechten Gefühlsgemeinschaft erst einmal bequem gemacht hat, lässt sich daher nur noch schwer zur Umkehr bewegen.
Eine sich selbst bestätigende Gefühlsgemeinschaft, in der die Einzelnen Bestätigung daraus ziehen, ‚die Wahrheit‘ zu vertreten und ‚frei‘ zu denken, macht destruktives Denken und Handeln nachgerade attraktiv.
Danke, das klingt sehr spannend. Das Buch ist Open Acess, kann also gratis heruntergeladen werden: https://shop.budrich.de/wp-content/uploads/2024/06/9783847419976.pdf
Im Fazit heißt es u. a.
Die neurechte Gefühlsgemeinschaft schafft sich selbst ihre Anlässe zum
‚nationalen Widerstand‘, indem sie bedrohliche Zukünfte entwirft: ‚Volkstod‘,
‚Deindustrialisierung‘, ‚Blackout-Gefahr‘, ‚Öko-Diktatur‘. Die Bewohner*in-
nen der neurechten Gefühlswelt rechnen mit dem Schlimmsten für die Zukunft
ihres Landes und ihrer Kinder. Sie schimpfen, artikulieren Verzweiflung und
Unverständnis in Anbetracht einer Regierung, die sich – so die Überzeugung
– gegen ihr ‚eigenes Volk‘ richte. Gleichwohl wirkt die bedrohliche Gefühls-
welt keineswegs lähmend, sondern erzeugt permanenten Handlungsdruck, um
die befürchtete Zukunft doch noch abzuwenden. Entscheidend dafür ist, dass
die AfD nicht bloß Szenarien vom drohenden Untergang verbreitet, sondern
sich zugleich selbst als Aufhalterin der Apokalypse bzw. als letzte Retterin ins
Spiel bringt. Was gemeinhin als bloße Angstpolitik gilt, wirkt demnach auch
als eine Politik der Hoffnung. An Orten, an denen die AfD auf breite Zustim-
mung aus der Bevölkerung stößt, ist das rechte Projekt gar mit Euphorie und
Optimismus aufgeladen.
Die tatsächlichen Probleme wirklich lösen kann man aber nicht mal eben, daher ist es Wahlkamp-technisch effektiver auf eine vermeintliche Ursache mit dem Hammer zu hauen, von der die Zielgruppe bereits überzeugt ist.
Wie Ulf und Philip schon zutreffend feststellten: Migranten sind ein leichtes Opfer.
Aber ich glaube nicht, dass die Bevölkerung originär davon überzeugt war, dass an allem die Migranten Schuld sind. Ich glaube, es kommt sehr viel zusammen: Abwanderung junger Leute (übrigens oft Frauen, soweit ich weiß), Verdienstnachteile (Im Osten arbeiten viel mehr Menschen für Mindestlohn als im Westen), kein Vermögensaufbau möglich, soziale Unsicherheit, Ärger über Bundespolitik und vieles mehr.
Dass für alle Probleme, die es sicher gibt, aber Migranten verantwortlich sein sollen: Ich bin nicht sicher, ob den Menschen dieses Narrativ von Politikern und vielen Medien und Talkshows eingeredet wurde. Zumindest verstärkt haben sie es.
Hervorzuheben ist hier m. E.:
Solche Dopaminschübe sind natürlich schwer zu kontern.
Vielleicht ist schon die Hypothese falsch, dass AfD-Wähler glaubten oder ihnen von wem auch immer eingeredet worden sei, dass an allem die Migranten schuld sein sollen.
Ich würde behaupten, dass auch schlichter Gestrickte wissen, dass an der Abwanderung junger Menschen und v. a. Frauen aus ländlicheren Regionen, an Einkommensdifferenzen und geringerem Vermögensaufbau nicht die Migranten schuld sind.
Die kriegen auch noch auf die Kette, dass ihre Verärgerung über und Ablehnung des Gebäudeenergiegesetzes nichts mit Migranten zu tun hat, um ein weiteres Beispiel zu nennen.
Steffen Mau hat im LdN-Interview gesagt:
Die Frage ist: Lässt sich das jetzt alles noch mal umkehren? Ich wär’ da skeptisch, ob jetzt irgend’ne sozialpolitische Maßnahme zu Veränderungen führt. […] Da würde ich sagen, das lässt sich nicht so einfach wieder umdrehen.
Ganz ähnlich argumentiert sein Kollege Wilhelm Heitmeyer:
Der Begriff Protestwähler oder Protestpartei ist eine Selbstberuhigungsformel. Darin steckt: Wenn wir uns nur Mühe geben und vielleicht die Renten erhöhen, kommen die alle zurück. Das ist eine Fehleinschätzung. Die autoritären Einstellungsmuster, von denen die AfD profitiert, hat es schon lange vor ihrer Parteigründung gegeben.
Ähnliches, wie das zuletzt Zitierte, deutet Mau im Interview an:
Man sieht eben, dass etwas, was strukturell schon vorhanden ist, jetzt an die Oberfläche tritt. Und es wird jetzt sichtbarer als in der Vergangenheit.
Beide Soziologen, einer davon ausgewiesener Extremismusforscher, weisen uns doch recht deutlich darauf hin, dass völkischen/nativistischen Einstellungen nicht mit Sozialpolitik beizukommen ist.
@Eleftherios hat es doch recht treffend formuliert:
Rationalisieren heißt in diesem Zusammenhang, anzunehmen, dass die AfD-Wähler eigentlich doch ganz andere Probleme hätten, aber irgendwie nicht davon wüssten.
Du schriebst z. B.:
Daraus lese ich, dass du denkst - korrigiere mich, wenn ich falsch liege -, dass diese Leute ihre eigentlichen Sorgen gar nicht kennen würden. Eigentlich seien sie aus sozialen Gründen unzufrieden und nicht, weil sie schlichtweg eine rassistische Überfremdungspanik haben. Ich neige da zum Naheliegenderen.