Konstruktive Streitkultur

Vorschlag für das Ziel dieses Threads wäre es, Anregungen zu sammeln, wie man die Diskussionen (hier im Forum) konstruktiver, zielgerichteter und damit idealerweise auch angenehmer für Beteiligte und Leser gestalten könnte:

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Auch ich habe den Eindruck, dass der Ton hier im Forum weniger konstruktiv wird. Es schleichen sich immer mehr Beiträge ein, die ich als „Stammtisch“ empfinde. Da werden wild Dinge behauptet, die man so ähnlich irgendwo behauptet hat, die aber halt dann doch nicht stimmen, weil sie einfach kein Fakt sind.

Mir fallen als Lösung nur mehr und klareren Regeln und mehr Moderation ein. Die drei ehrenamtliche = nebenberufliche Moderationen können eine Moderation in diesem Umfang nicht leisten.

Und allein mit der geltenden Regel (sinngemäß) …

„Beiträge sind wie Leserbriefe. Wenn sie die Diskussion / die Mitleser in der diskutierten Frage inhaltlich nicht wirklich weiterbringen, werden sie nicht veröffentlicht“

… dürften wir einen nicht unerheblichen Teil der Beiträge hier nicht veröffentlichen. Allerdings müssten wir uns dann bei jeder Ablehnung sehr viel mehr Gedanken machen, sie im Kontext des gesamten Threads prüfen (was schon technisch nicht geht) - das kann zumindest ich einfach „nebenberuflich“ nicht leisten.

Aus meiner Praxis kann ich sagen: Bei Beiträgen, bei denen ich ein Störgefühl habe, kann ich oft gar nicht einen klaren Verstoß gegen geschriebene oder ungeschriebene (selbstverständliche) Regeln identifizieren, habe also keine klare Handhabe. Allein aus dem Bauchgefühl darf m.E. ein Moderator nicht handeln - die Trennung von der eigenen Haltung in der diskutierten Sachfrage gelingt einfach oft nicht.

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Das Problem habe ich vor allem bei der letzten Moderation gehabt. Während einige, mit der Forumsmoderatorin inhaltlich überwiegend übereinstimmende Leute quasi Narrenfreiheit genossen, wurden viele Beiträge von anderen einfach nicht freigeschaltet. Wenn man ne Kuschel Bubble oder ein reines Info Forum haben möchte, kann man das so machen, ein Politikforum in polarisierten Zeiten wie heute funktioniert nur mit „langer Leine“, wobei Mindeststandards des Umgangs miteinander natürlich eingehalten und bei Verstößen auch sanktioniert werden müssen.

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Agree.

Beispielsweise wird diese Polemik (aus der Debatte zu Kernkraft) hier geduldet und freigegeben (sogar gewünscht?), während man für die Formulierung „grüne Ideologie“ in einem differenziert argumentierten Beitrag einen Rüffel bekommt? Mir scheint da mit zweierlei Maß gemessen zu werden.

Ich sehe natürlich auch, dass die Moderation sicherlich nicht einfach ist. Daher danke, dass ihr das macht!

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Ich finde es schwierig, solche Aussagen ohne Konkretisierung in den Raum zu stellen (und natürlich wissen alle, die hier häufiger schreiben, wer gemeint ist). Wie kannst Du wissen, dass „viele“ Beiträge „einfach“ nicht freigeschaltet wurden. Waren es denn alle Beiträge? Wenn nein: Woher willst Du wissen, dass sei „einfach“ nicht freigeschaltet werden.

Auch das ist ein Beispiel, warum mir der Ton und die Art der Teilnahme von leider gar nicht so wenigen Teilnehmer zunehmend nicht mehr gefällt.

Da der Rüffel von mir kam, darf ich das sagen: Dein Beitrag war nur scheinbar differenziert, weil Du pro und contra gegenüber stellst. Leider war das eine Argument sehr differenziert, das andere aber dann pur parteipolitisch und ideologisch.

Ich habe Dir Gelegenheit gegeben, das zu heilen. In der Regel bleibt dafür aber einfach keine Zeit.

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Keiner von uns misst absichtlich mit zweierlei Maß. Wir sind auch nur Menschen, wie man so schön sagt. Manchmal hilft freundliches Nachfragen per PN (oder von vornherein höflicheres Formulieren der Beiträge).
Wer selbst einen Beitrag unangemessen findet, kann diesen per Fahne oder PN melden.
Wir geben unser Bestes, versprochen. :wink:

1 „Gefällt mir“

Mir hilft es tatsächlich, mir in Erinnerung zu rufen, was ich schon in dem Beitrag, den @MarkusS verlinkt hat, gesagt habe:

Man muss akzeptieren, dass wohlmeinende, intelligente und anständige Menschen bei Themen, die einem wichtig sind, anderer Meinung sein können.

Hilft auch nicht immer und im ersten Moment bin ich trotzdem manchmal sauer oder entsetzt, wenn ich hier den einen oder anderen Beitrag lese. Aber mir persönlich hilft es, mir zu sagen, dass wahrscheinlich alle in diesem Forum posten, weil sie in irgendeiner Art und Weise die Debatte voranbringen oder ihren Blickwinkel einbringen wollen.

Anscheinend haben ja mehrere Leute das Gefühl, dass der Ton hier rauer wird. Um dem entgegen zu wirken, wäre es eine Idee verstehen zu versuchen, warum das der Fall ist? Gibt es einen Zeitpunkt, seit dem es schlimmer ist?
Ich habe bei mir selbst das Gefühl, dass ich wesentlich ungeduldiger mit anderen Meinungen bin, je mehr ich das Gefühl habe, dass wir als Gesellschaft nicht voran kommen oder sogar Rückschritte machen; und dieses Gefühl habe ich in letzter Zeit immer öfter.

Ein anderer, wahrscheinlich unausgegorener Gedanke wäre vielleicht ein Beitragslimit für alle. Ich habe schon oft Beiträge wütend angefangen und nicht abgeschickt und war danach sehr froh, weil sie nicht sinnvoll gewesen wären. Müsste man sich überlegen, wie oft man schreiben darf, wäre jeder einzelne Beitrag vielleicht durchdachter und konstruktiver.

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Die Sätze kann ich voll unterschreiben und beobachte ihre Auswirkungen im Forum (auch bei mir selbst) sehr häufig. Sehr schnell wird in Diskussionen nicht mehr konstruktiv nach einer Lösung gesucht, sondern es werden aus festgefahrenen Positionen heraus Argumente konstruiert, die den eigenen Standpunkt stützen. Die Argumente der anderen werden oft nicht vollständig reflektiert, sondern es wird gezielt nach Schwachstellen gesucht, die man angreifen kann. So könnte z.B. jemand eine solide Argumentation liefern, die aber an einer Stelle unsauber ist. Dann wird der solide Teil ignoriert, die Schwachstelle aber genüsslich auseinander genommen.

Das hat dann oft eher etwas von einer Schlammschlacht als von einer konstruktiven Diskussion. Vielleicht hilft es, wenn man verstärkt (gezielt) versucht, auch Gemeinsamkeiten zu finden, um genau zu differenzieren, wo der Dissens liegt.

Das ist für mich tatsächlich auch der zentrale Punkt. Natürlich sind nicht immer alle Diskussionsteilnehmer wohlwollend. Und zum Teil haben sie eine Agenda. Das Problem ist: in einen anonymen Form ist es praktisch unmöglich das belastbar herauszufinden. Die Folge ist – und das ist das eigentliche Problem – eine wilde Spekulation, ein zwischen-den-zeilen-lesen und auf seine Instinkte Vertrauen, wer mit dem jeweiligen Beitrag wohl welche Agenda haben könnte.

Die Wirkung solcher unterstellten Motive hat sich in ihrer vollen Hässlichkeit vor allem bei vielen Diskussionen um den Ukraine Konflikt gezeigt. Sie hat auch immer wieder zu fragwürdigen Entscheidungen der (alten) Moderation geführt. Und das ist – muss man fairerweise sagen - auch kaum vermeidbar.

Die zerstörerische Wirkung, die dieses Verhalten im Diskurs hat ist für mich so problematisch, dass ich einen relativ radikalen Ansatz befürworten würde. Dabei würde ich grundsätzlich jedem Diskussionsteilnehmer konstruktive Motive unterstellen und bei der Diskussion vor allem auf das Argument, die Solidität der zugrunde liegenden Logik, Quellen und Fakten schauen.

Was die Moderation angeht: ich habe mit der neuen Moderation ein sehr gutes Gefühl, dass es ein deutlich größeres Gefühl von Fairness im Umgang zwischen Moderation und Usern gibt und das nur sehr geringfügigen / ggf. sogar gar nicht mit einer Verschlechterung der Diskussionskultur einhergegangen ist. Auf keinen Fall würde ich das rückgängig machen wollen.

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Nach 30j Erfahrung mit Online-Diskussionen (hach ja, Crosspoint und dann das Usenet) ein paar Anmerkungen.

  • Eine konstruktive Streitkultur ist ohne Moderation unmöglich.
  • Dabei ist egal, ob die Teilnehmer unter Pseudonym oder Klarnamen diskutieren.
  • Erfahrungsgemäß bemühen sich rechtsgerichtete Diskutanten systematisch um die Verschiebung des Diskurses und verstoßen deshalb bewusst häufiger gegen die Regeln einer konstruktiven Diskussion und verbreiten häufiger Falschinformationen.
  • Appelle an die Moderation / Beschwerden über „Zensur“ dienen dabei als „Working the Refs“, um die Moderation zahnloser zu machen, und dienen nicht der konstruktiven Diskussion.

Die Grundannahme dieses Threads halte ich deshalb für falsch und auch nicht zielführend. Jedes Online-Forum macht mit einer kritischen Masse von bewusst die Regeln brechenden (und zumeist rechten) Nutzern diese Entwicklung hier durch.

Dies ist schlicht der Lauf der Welt.

Welche Grundannahme?

Die Grundannahme, dass die Moderation etwas an ihrem Verhalten verändern müsste, damit die Diskussion hier konstruktiver wird.

Ok. Nur, damit keine Missverständnisse aufkommen: das wäre nichts, was ICH fordern würde. Die Moderation kann m.E. so bleiben wie sie ist.

Ich sehe das nicht so, dass die Diskussionen nicht konstruktiv wären. Sie brauchen auch nicht angenehm zu sein. Die Welt hat nun mal unterschiedliche Meinungen. Nur in Einzelfällen „verkantet“ sich mal eine Diskussion.
Ich fände es zielführende, wenn die Anzahl Zeichen halbiert oder gedrittelt würde. Und zwar konsequent. D. h. auch nicht einfach noch einen Beitrag anhängen.
Unglücklich finde ich eine Moderation, die Beitragende sperrt, weil deren Meinung nicht genehm ist. Dann auch noch während gleichzeitig andere Narrenfreiheit zu haben scheinen.

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Keine schlechte Idee. Oder zumindest eine minimale Wartezeit zwischen Beiträgen.

Stimmt sicher. Diese Vorfälle klammere ich mal aus bei dem, was ich über Moderation gesagt habe

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Ja, das halte ich für einen guten Ansatz.

Wir diskutieren hier oft komplexe, schiwierige Themen, von denen es derzeit in Deutschland und der Welt mehr als genug gibt. Bei ihnen gibt es im Allgemeinen keine eindeutig richtige Lösung, sondern verschiedene Meinungen. Daher würde ich es für ein unrealistische Ziel der Diskussionen hier halten, solche einzig richtigen Lösungen zu finden. Stattdessen können wir durch das Austauschen von vielfältigen Argumenten mehr über die Themen erfahren.

Deshalb finde ich es gut, Aussagen mehr nach ihrer logischen und inhaltlichen Richtigkeit zu bewerten und weniger nach der vermuteten Intention des Verfassers.

Vielleicht hilft es manchmal, auch die Art der Argumentation zu thematisieren. Z. B. bei Ad-Hominem-Argumentation.

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Der erste Schritt hin zu einer konstruktiven Streitkultur kann darin liegen, explizit destruktive Beiträge zu vermeiden. Hierbei sei anzumerken, dass es neben Falschbehauptungen und Beleidigungen auch viele weitere destruktive – vermeintlich harmlosere – rhetorische Mittel gibt, die u.U. in guter Absicht eingebracht werden (z.B. Zirkelschlüsse oder Berufung auf Autoritäten). Schopenhauer hat diese destruktiven „Kunstgriffe“ quasi umfassend in seiner eristischen Dialektik zusammengetragen.

Mit „vermeiden“ meine ich, dass zumindest alle Diskutanten, die an einer konstruktiven Diskussion interessiert sind, ihr Bestes geben, um nicht selbst solche Mittel zu nutzen. Bzgl. absichtlich destruktiven Beiträgen kann helfen, was @Helmut sagte (wobei auch hier Schopenhauer bei der Identifizierung hilft):

Es ist in diesem Forum zumindest ein Fall aktenkundig, bei dem die reine Bloßstellung von Ad-Hominem- bzw. Ad-Personam-Argumenten dazu geführt hat, dass der Nutzer die Lust auf destruktive Beiträge verloren hat und von sich aus seinen Account gelöscht hat.

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Denke auch, dass das kein schlechter Ansatz ist. Wenn wir uns in diesem Thread und idealerweise im Großteil des Forums einig werden, welche Formen der Diskussion uns nicht weiterbringen, hat es auch mehr Gewicht, wenn man sowas dann in einer Diskussion anmerkt.

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Dafür würde es helfen, wenn man mal die oftmals verwendeten Methoden destruktiver Argumentation auflistet, mit einem Begriff (z.B. ad hominem), einer Definition und einem Beispiel versieht und in den Forenregeln ausdrücklich als unerwünscht festlegt. Und ständig weiterentwickelt.

So etwas muss doch irgendwo schon mal entwickelt worden sein (oder muss ich Schopenhauer lesen?). Wer kennt so was?

Dann haben (1) die Leser die Möglichkeit, Argumente als destruktiv und unerwünscht zurückzuweisen und, falls der Author nicht angemessen reagiert, (2) beim Moderationsteam zu melden und (3) das Moderationsteam hat eine konkrete Handhabe (in der Freigabe oder nach Meldung)

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Solche Grundsätze im Sinne von „Dos and Dont’s“ nochmal zu formulieren, kann sicherlich helfen. Grundsätzlich würde ich aber bei diesem Forum davon ausgehen, dass sich eh alle Aktiven mehr oder weniger um deren Einhaltung bemühen. Meiner Meinung nach liegt die Schwierigkeit in der Praxis eher darin, dass die Bewertung konkreter Formulierungen - und damit auch ihre Zuordnung zu „unerwünschten“ Formen der Argumentation höchst subjektiv ist. Ich nehme mal als Beispiel die hier im Thread schon angesprochende (Vor-)Urteil, bei in & um die FDP sei es sozial akzeptiert, nur im eigenen Interesse zu handeln, anstatt zugunsten des Allgemeinwohls. Die eine wird das vielleicht als adäquate Beschreibung ansehen und ein anderer als völlig überspitzte und damit destruktive Polemik.

Worauf in jedem Fall alle (mehr) achten könnten - und da schließe ich mich ausdrücklich selber mit ein, ist weniger auf persönliche Befindlichkeiten abzugehen. Damit meine ich z. B. den Thread über Lindemann/Rammstein, wo sich am Ende im Wesentlichen Leute gegenseitig vorgeworfen haben, nicht richtig zu lesen/zu verstehen, was andere geschrieben haben. Ich merke bei mir selber immer wieder, dass ich ungeduldig und auch manchmal ärgerlich werde, wenn andere nicht auf meine Argumente eingehen, aber es gibt nunmal kein Grundrecht auch gehört werden :slight_smile:
Jedenfalls finde ich es einen guten Grundsatz, davon auszugehen, dass Menchen nicht automatisch dumm, blöd, ignorant oder ungebildet sind, nur weil sie in einem Punkt eine (grundsätzlich) andere Meinung vertreten. Kritik sollte sich immer auf die Argumente beziehen, nicht auf die Person. Aber auch dann sollte sie eher fragend und verstehend sein als abwertend.

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Ich möchte jedem empfehlen, das Buch Eristische Dialektik zu lesen – es ist ein kurzes Buch und ein langer Abend sollte dafür reichen. Die Ungeduldigen können stattdessen innerhalb von 30min den verlinkten Wikipedia-Artikel lesen. :wink:

Ein „argumentum ad hominem“ bezeichnet ein Argument, das sich nicht mit dem Inhalt einer Aussage, sondern mit dem Autor dieser Aussage auseinandersetzt. Solche Argumente werden in der Praxis nahezu ausschließlich destruktiv verwendet. Nichtsdestotrotz kann in besonderen Fällen ein argumentum ad hominem eine Diskussion auch konstruktiv beeinflussen (beispielsweise wenn die Tatsachenbehauptungen eines in der Vergangenheit überführten Lügners schlichtweg ohne Wertung ignoriert werden, um die Diskussionszeit zielführender zu nutzen). Man sollte hier also weiter differenzieren, siehe dazu Argumentum ad hominem – Wikipedia.