Israel & Nahost-Konflikt

Das ist ein harter Vorwurf, denn er würde voraussetzen, dass Israel absichtlich die Zivilbevölkerung ins Visier nimmt. Hast du für diese Einschätzung Belege?

Anbei eine Einschätzung des renommierten Völkerrechtlers Professor Talmon.


Quelle: Israel, Hamas, Gaza: Welche Regeln setzt das Völkerrecht? – DW – 19.10.2023

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https://buzzard.org/perspektive/eine-belagerung-des-gazastreifens-verstoesst-gegen-das-voelkerrecht/

Ich sehe das Dilemma. Ehrlich. Ich fürchte nur, dieser Bombenhagel und die Blockade werden die Situation nicht lösen.

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Da machen es sich die Völkerrechtler halt sehr einfach. Klar, ein asymetrischer Krieg, mit Guerillas auf der einen Seite und einer klassichen Armee auf der anderen ist eben auch nicht einfach aufzulösen (vermutlich gar nicht). So geschehen im Vietnamkrieg, so geschehen im Irak, etc. „Collateral Damage“ eben.

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Was genau soll Israel machen?

Bombardierung wird kritisiert, Abriegelung wird kritisiert, Einmarsch/Straßenschlachten will sicherlich auch niemand und würde auch kritisiert werden.
Wie genau kann sich dieser Logik zufolge Israel noch verteidigen? Ich habe das Gefühl, ein nicht unwesentlicher Teil der „Israel darf sich natürlich verteidigen, aber …“-Argumentation, führt am Ende dazu, dass Israel sich doch nicht verteidigen darf.
Und das, während die Hamas nach wie vor israelische Geiseln haben und aktiv auf Israel schießen!

Und ja, das ist absolut ein Dilemma, denn natürlich geht es den Menschen in Palästina absolut dreckig. Die Menschen in Israel leiden aber auch unter dem Terror - von ihnen also einseitig Zurückhaltung zu verlangen, greift daher zu kurz.

Was meinst du damit? Wie äußert sich das in dieser Verteidigungssituation?

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Rechtsstaatlich passt vielleicht besser.

Kinder werden in Bezug auf Gaza immer wieder thematisiert. Grundsätzlich passiert das natürlich auch zurecht und aus verständlichen Gründen, da in Gaza sehr viele Kinder und Jugendliche leben. (Davon, dass unter den Opfern der Hamas auch immer wieder Kinder sind, höre ich dagegen kaum so explizit.)
Es gibt aber insbesondere zwei Punkte, die mich bei der Erwähnung von Kindern als Opfer im Gazastreifen mittlerweile leider etwas skeptisch werden lassen.

  1. „Kindermörder Israel“, „Israelis/Juden trinken das Blut unserer Kinder“ - Das Israel palästinensische Kinder tötet ist ein antisemitischer Topos und eine moderne Weiterführung der Ritualmordlegende. Es wird schon seit Jahrzehnten gezielt dazu verwendet wird, Juden grundßätzlich (Stichwort „Adenochrom“) und insbesondere Israel („Kindermörder Israel“) zudämonisieren. Der Fokus mancher auf Kinder als Opfer Israels passiert also nicht im luftleeren Raum.
  2. Die Zahlen aus dem Gazastreifen zu Toten und Verletzten kommen von der Hamas. In der Regel kommen sie vom Gesundheitsministerium, das aber natürlich in der Hand der Hamas ist. An der Medienschlacht nach dem Raketenabsturz neben dem Krankenhaus hat man gesehen, dass die Zahlen mit Vorsicht zu interpretieren sind.

Ich will damit nicht leugnen, dass auch Kinder unter den Opfern sind und die ärmere, palästinensische Seite darunter leidet! Dieser Krieg kostet jeden Tag Menschenleben, auf beiden Seiten - aufgrund der militärischen Stärke Israels dort tendenziell weniger (Iron Dome usw)
Ich möchte nur erwähnen, dass die Zahlen erwiesenermaßen von Seiten der Hamas manipuliert werden, da zivile Opfer allgemein und Kinder insbesondere gut von den Hamas als Tätern ablenken und es vereinfacht, Schuld auf Israel zu schieben.
Daher möchte ich möchte betonen, dass die Verantwortung für zivile Opfer auch bei der Hamas zu suchen ist, die sich bewusst in ziviler Infrastruktur verstecken, von dort aus Israel beschießen und so diese Opfer so zumindest in Kauf nehmen!

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Du hast natürlich recht. Da habe ich den Namen verwechselt. Ich hatte sogar die Sendungsseite offen um den Namen des Botschafters richtig zu schreiben. Keine Ahnung wie ich auf Lanz kam.

Danke für die Korrektur.

Der Eklat ist aus meiner Sicht, große Teile der Bevölkerung als Unterstützer von Terroristen zu framen und sogar eine Trennung abzulehnen. Eine solche Rhetorik dient nur dazu, die Tötung von Zivilisten als Hamasunterstützer zu rechtfertigen.

Das ist aus meiner Sicht eine menschenverachtende Sicht und rangiert in meinen Augen auf einem ähnlich ekelhaften Niveau wie Antisemitismus oder Faschismus.

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Dieses Herauspicken von Sätzen und sich daran anschließende Empörung ist … mir fehlen die Worte. Hier das vollständige Zitat (war nicht so schwierig zu finden).

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Quelle (dort unten): „Erdrückende Besatzung“: Die Rede des UN-Generalsekretärs, die... | DiePresse.com

Übrigens: In fast allen etablierten und seriösen Medien wurde das auch so berichtet, z.B. Tagesschau (die die relevanten Passagen ungekürzt in den 20-Uhr-Nachrichten gezeigt hat)

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Hey, was die düstere Perspektive für die Zukunft angeht bin ich durchaus bei dir. Ich wäre froh, wenn die Konfliktparteien eine Lösung ohne Waffengewalt finden, auch wenn ich mir nicht sicher bin was hier tatsächlich die realistischen Handlungsoptionen Israels sind. Eine Freilassung der Geiseln gegen Gefangene aushandeln, Grenze stärker sichern und den Raketenbeschuss ausharren? (Ich meine die Frage durchaus ernst).

Meine Kritik bezog sich nicht hierauf sondern auf deine Darstellung Israels als Unterdrücker.
Zum Beispiel hier:

Dies ignoriert halt irgendwie sehr die Verantwortung der Hamas in eben genau dieser Dynamik.

Und alle die jetzt glaubwürdig für Frieden plädieren wollen, sollten sich nicht eine Palästinafahne an den Pulli heften (d.h. Partei ergreifen für eine Seite des Konfliktes) und stattdessen neben der Einstellung der israelischen Angriffe auch die Einstellung des Raketenbeschusses der Hamas und eine sofortige Freilassung der Geiseln fordern. Sonst sagst du den Israelis ja quasi, dass sie den Terror irgendwie einfach über sich ergehen lassen sollen. Das würde kein Land der Welt so akzeptieren, auch wir Deutsche nicht.

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Ja, das ist ein Teil dieses Krieges und der Auslöser der aktuellen Geschehnisse, das sollten mittlerweile alle mitbekommen haben. Ich danke dir aber, dass du uns daran erinnert hast, dass permanent die Falschen in diesem Krieg geschädigt und getötet werden.

Findest du, dass Guterres unrecht hat und die Hamas-Angriffe doch im „Luft leeren Raum“ statt fanden? Teilst du die Meinung des israelischen UN Botschafters, dass Guterres „Terrorismus tolerieren“ würde und zurücktreten müsse?

Was wäre der richtige Weg, darüber zu reden, ohne dass sich Jemand dazu gedrängt fühlt von einer „wirklichen krassen" Relativierung zu sprechen? Der Diskurs wird immer wieder von einer faktenbasierten Diskussion und der Suche nach Lösungen weggelenkt hin zu einer emotionalen Ebene, das verhindert oder soll verhindern, dass alle Aspekte dieses Konflikts sachlich diskutiert werden können. Man sollte versuchen seine persönlichen Gefühle etwas auszuklammern, ansonsten wird es schwierig über alle Fakten zu diskutieren.

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Danke, Til.
Genau da liegt oft das Problem.
Manchmal will man den anderen falsch verstehen.
Gut, dass du hier auf das korrekte Zitat verweist.

Wurde bei 9/11 von der UN verkündet, das Ereignis finde nicht im luftleeren Raum statt?

Wurde bei Srebrenica von der UN verkündet, das Ereignis finde nicht im luftleeren Raum statt?

Wurde bei Butscha von der UN verkündet, das Ereignis finde nicht im luftleeren Raum statt?

Wurde beim Genozid an den Tutsi von der UN verkündet, das Ereignis finde nicht im luftleeren Raum statt?

Wurde bei der Verfolgung und Vertreibung der Rohingya von der UN verkündet, das Ereignis finde nicht im luftleeren Raum statt?

Wurde oder wird bei der Verfolgung und Ermordung der Uiguren von der UN verkündet, das Ereignis finde nicht im luftleeren Raum statt?

Wer alle Fragen mit Nein beantworten kann, der möge sich fragen, was anders ist, wenn der jüdische Staat Opfer eines Massakers wird?

Nichts findet im luftleeren Raum statt, das ist eine Binse. Es ist für einen UN Generalsekretär unwürdig und beschämend, es auch nur in Kauf zu nehmen, dass der Eindruck entstehen könnte, Israel trage auch nur einen Funken Verantwortung für die Taten der Hamas am 07.10.2023.

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9/11 traf die USA wirklich unerwartet, darum ist das ein schlechter Vergleich. Dass die Hamas Attentate gegen Israel verübt, passiert aber öfter. Auch haben die USA die Länder, aus denen die Attentäter von 9/11 kamen, nicht ihrerseits kurz zuvor beschossen oder Gebiete besetzt (OK, für letzteres lässt sich in Bezug auf Deutschland etwas konstruieren). Der Unterschied war die Härte, die die Hamas an den Tag legte. Die ist in aller Schärfe zu verurteilen. Israel aber freizusprechen, was mit dem 9/11-Vergleich erreicht werden soll, geht gar nicht.

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Das Problem ist hier vielleicht, dass wir alle „Verantwortung dafür zu tragen“ unterschiedlich interpretieren.

Man könnte hier den philosophischen Begriff der „Letztverantwortung“ einwerfen. Diese lag eindeutig und unzweifelhaft bei der Hamas, weil es der Hamas zweifellos möglich war, zu entscheiden, ob sie diese Massaker durchführen wollen würde oder nicht - und niemand außer der Hamas diese Entscheidung treffen konnte. Diejenigen, die Israel von jeder Verantwortung freisprechen wollen, scheinen dieses Verständnis von „Verantwortung“ = „Letztverantwortlichkeit“ zu vertreten.

Diejenigen, die darauf verweisen, dass dieser Zustand, in dem diese Massaker überhaupt denkbar werden konnten, natürlich von der jüngeren Geschichte des Konfliktes und dem Umgang Israels mit dem Gaza-Streifen sowie der nun sogar erweiterten Siedlungspolitik Israels beeinflusst sind, gehen hingegen von einem nicht so begrenzen Verantwortlichkeitsbegriff aus, quasi von der „Zustandsverantwortlichkeit“. In diesem Sinn von Verantwortlichkeit trägt Israel natürlich eine Mitverantwortung, da Israel durch die Siedlungspolitik und Blockadepolitik in jedem Fall an dem Zustand (dh. das Erstarken und Radikalisieren weiterer Teile der Bevölkerung des Gaza-Streifens), der dieses Massaker ermöglicht hat, mitgewirkt hat (natürlich ohne dieses Ergebnis gewollt zu haben, das wird wohl niemand vorwerfen!).

Beide Sichtweisen sind absolut vertretbar, sogar gleichzeitig. Diese Unterstellung, dass jeder, der mit der Zustandsverantwortlichkeit argumentiert, quasi die Hamas unterstützen oder den Terror relativieren würde, finde ich hingegen problematisch.

Wie gesagt, beide Sichtweisen sind wichtig:
Die Letztverantwortlichkeit entscheidet letztlich darüber, wer für die Taten bestraft wird. Das ist eindeutig die Hamas. Die Zustandsverantwortlichkeit herauszuarbeiten ist jedoch wichtig, um weitere Taten dieser Art langfristig zu verhindern - selbst wenn Israel die Hamas nun komplett zerschlägt, wenn es danach so weiter macht wie die letzten Jahre ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich eine neue Terrororganisation bilden wird, wenn die zustandsbegründenden Probleme nicht gelöst werden.

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Findest du diese Vergleiche tatsächlich passend? Ich wüsste nicht, dass beispielsweise die UkrainerInnen in Russland oder die Uiguren in China Siedlungen errichtet und die eigentlichen LandbesitzerInnen vertrieben hätten. Es geht ganz sicher auch Herrn Gueterres nicht darum, die Gräueltaten der Hamas zu rechtfertigen oder das Recht Israels auf Selbstverteidigung infrage zu stellen. Es geht vielmehr darum, erstens einen Flächenbrand im Nahen Osten und eine humanitäre Katastrophe in einer von zwei Millionen bevölkerten eingeschlossenen Region zu verhindern und zweitens irgendwie zu einer zukunftsfähigen Lösung des gesamten Nahostkonflikts zu kommen, die nicht immer wieder neuen Terror und weiteres Blutvergießen hervorbringt. Und ja, dazu darf, ja muss man wohl auch den Kontext in den Blick nehmen, wenn man die UN vertritt.

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Das Problem für dich ist also die Härte und nicht die Taten? Und Israel freizusprechen davon, dass es nicht dafür verantwortlich ist, wenn die Hamas seine Bürger massakriert „geht gar nicht“? Da habe ich dann ehrlich keine weiteren Fragen mehr.

Das ist ein hübsches Konstrukt, ist aber im Kern genau das, was Floris Biskamp mit „magischer Strukturalismus“ meint. Die Hamas ist eine theokratische Terrororganisation, die sich aus religiösen Motiven der Vernichtung von jüdischem Leben verschrieben hat. Es braucht für die Hamas keine weiteren Gründe. Wir wissen das beispielsweise auch aus den Studien zu Afghanistan. Hauptmotiv für den Kampf gegen die US-Amerikaner waren für Taliban-Rekruten immer und mit großem Abstand religiöse Motive. Ich habe das hier schon oft gesagt: ich glaube, es führt zu nichts, wenn wir das unzweifelhafte Leid der Palästinenser in irgendeine Art von größeren Kausalzusammenhang mit dem Terror der Hamas bringen. Damit sage ich nicht, dass es überhaupt keine Rolle spielt, aber dezidiert bezogen auf die Hamas muss man vor dem Hintergrund der Erkenntnisse zu den Taliban und Al-Quaida ganz klar sagen: Der zentrale Treiber sind religiös-islamistische Motive, hier in Kombination mit einem eliminatorischen Antisemitismus, der seinen Ursprung ebenfalls in Ersteren findet.

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Dem würde ich entgegen halten, dass Religion historisch immer nur eine Begründung, aber nur selten der tatsächliche Auslöser der Probleme war (und das sage ich, obwohl ich Atheist bin…). Es geht immer im Kern um Macht, in fast allen Fällen, in denen religiös begründete Kriege ausbrachen, oft um Macht der jeweiligen religiös-verbundenen Gruppen.

Schaut man sich z.B. an, dass der Iran und Israel bis zur Machtergreifung Chomeinis tatsächlich eine freundschaftliche Handelsbeziehung geführt haben, wird sehr deutlich, dass es nicht die Religion als solche ist, die das Problem ist. Das Problem sind Machthaber, die Religion instrumentalisieren, um damit Menschen dazu zu bringen, dafür zu kämpfen. „Religion“ ist hier nichts anderes als „Nation“ oder „Volk“, ein Konzept, das man nutzt, um den Menschen etwas „größeres als sie selbst“ zu geben, für das es sich „lohnt“, das eigene Leben zu opfern.

Irgendwann glauben vermutlich die religiösen Anführer (bei Taliban, Al’Quaida oder Hamas) auch tatsächlich ihre eigene Propaganda, aber im Kern bleibt es bei Machtpolitik. Und die Möglichkeiten, mit Religion Menschen zu steuern, sind umso stärker, desto weniger weltlichen Luxus eine Bevölkerung hat. Auch das zieht sich wie eine rote Linie durch die Geschichte. Je erbärmlicher es den Menschen geht, desto größer wird die Rolle der Religion in der Gesellschaft - und damit das Rekrutierungspotenzial für religiös basiertem Terrorismus.

Aber nähmen wir an, deine Prämisse stimmt zu und die Religion ist das Problem:
Was gibt es dann für Lösungen, außer gewaltsamer Bekehrung oder Auslöschung der Gegenseite?!?

Natürlich stimme ich dir zu, dass die Welt ein besserer Ort wäre, wenn alle Menschen sich darauf einigen könnten, sich wegen Religion nicht die Köpfe einzuschlagen. Aber die dazu nötige Aufklärung kriegen nicht mal die stärksten Industrienationen (z.B. die USA) richtig hin, das von den Palästinensern zu verlangen ist illusorisch.

Daher lehne ich es ab, der Religion hier einen zu hohen Stellenwert einzuräumen. Der beste Weg, die Religion im Gaza-Streifen zu mäßigen, bleibt eine Verbesserung der Lebensumstände und eine internationale Einbindung des Gaza-Streifens in z.B. universitäre bzw. Schüler-Austauschprogramme und viele andere Projekte.

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Man muss schon ganz fest seine Augen und Ohren verdecken und sein Hirn ausschalten, wenn man tatsächlich glaubt, dass Israel völlig unschuldig und Hamas (und die anderen Terrorgruppen und Iran) allein schuld am Nahostkonflikt sind.

Ich bin aber dagegen, diese Diskussion moralisch mit „Schuld“ und „Verantwortung“ aufzuladen. Es eigentlich viel einfacher: Es ist schlicht und ergreifend nicht smart, immer und immer wieder das Gleiche zu tun (Repressionen gegenüber Palästinenser) und zu hoffen, dass etwas andere (als Gewalt und letztlich Terror) herauskommt. Frieden und Sicherheit werden auf jeden Fall nicht das Ergebnis von Repressionen sein.

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