Israel & Nahost: Waffenruhe, „limited campaign“ oder Bodenoffensive. Wie geht es weiter?

Danke @WayneS und @Rafeez_Rahman und @Veche

Was @Veche nur leider verschweigt, ist der Grund warum diese Staaten so gestimmt haben.

Tatsächlich gehen in all diesen Ländern insgesamt Hunderttausende bis Millionen Menschen, darunter viele Antisemiten, gegen die israelische Militäroffensive auf die Straße und fordern ein Einschreiten. Es kommt teilweise zu Straßenschlachten mit der Staatsmacht.

In einer solchen Lage auch noch die, von der Bevölkerung (fälschlicherweise) als Freiheitskämpfer in der palästinensischen Sache wahrgenommene, Hamas kritisieren, würde Kairo, Amman oder Riad massiv destabilisieren. Die arabische Bevölkerung ist halt nicht so israelfreundlich wie ihre Regierung oder wir Europäer.

Daher sind die Machthaber in diesen Ländern seit dem 07.10. sehr vorsichtig in den Worten, die sie wählen. Sie müssen Israel kritisieren um den Druck der Bevölkerung zu kanalisieren, weigern sich aber Forderungen nach Vergeltung gegen Israel nachzugeben.

Wir sollten solche wichtigen Kontextualisierungen nicht wegen des Wunsches nach einfachen Antworten ignorieren. Die Lage ist komplex und weit komplizierter als einige es oft darstellen.
… (Abs.gel.Mod.)

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Ein Argument, das VAE und Saudi-Arabien oder auch Katar nicht so bringen können. Da gibt es klare Machtstrukturen und Saudi-Arabien hatte ja immerhin einen Annäherungskurs. Es hat also besondere Gründe, sich hier als Vermittler in Stellung zu bringen.

Ich finde es keinen guten Stil, mir zu unterstellen, ich würde etwas verschweigen. Das meint ja, ich würde eine offensichtliche Wahrheit bewusst nicht aussprechen. Was Du vorbringst, ist aber vielmehr eine These, und zwar, dass Massendemonstrationen für die Hamas die Regierungen von Staaten wie Ägypten oder Jordanien derzeit unter Druck setzen. Diese These könntest Du anstelle eines impliziten Vorwurfs natürlich auch einfach mit Quellen untermauern.
Ich würde dagegenhalten, dass es vielleicht auch Regierungen in arabischen Staaten gibt, die gar nicht groß von der jeweiligen Bevölkerung unter Druck gesetzt werden müssen, um gegen Israel zu sein.
Wie dem auch sei, ist es aber in beiden Fällen nicht wirklich eine gute Grundlage, um palästinensische Gebiete von diesen Ländern verwalten zu lassen - und erst recht nicht für Verträge mit Israel, wie es hier vorgeschlagen wurde - und das war ja das mein eigentliches Argument, für das mein Verweis auf das Abstimmungsverhalten in der UN-Generalversammlung nur ein Indiz war.

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Die NYT schreibt übrigens nichts zum Gründungsdatum oder der Glaubwürdigkeit dieser Organisation.

Auch die Zahlen aus dem IG sind von keiner unabhängigen Stelle überprüft. Das Gaza Ministry of Health wird von der Hamas kontrolliert.

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Die von dir zitierte Seite enthält keine Liste von Kriegsverbrechen. Auf der Seite wird definiert, was als Kriegsverbrechen zählt und es werden Möglichkeiten der juristischen Verfolgung genannt.
Weder Israel noch Palästina noch Antisemitismus werden auf der Seite erwähnt.

Jewish Voice For Peace ist eine explizit antizionistische Bewegung, die der BDS-Bewegung nahesteht und diese unterstützt. [1]
Selbstverständlich dürfen Jüdinnen und Juden sich antizionistisch positionieren. Dies entkräftet aber nicht automatisch eventuelle Vorwürfe des Antisemitismus gegen andere „Israelkritiker“.

Das Thema „tote Kinder durch Israel“ habe ich da ausführlich kommentiert. Kurz: Ja, in diesem Konflikt sterben ZivilistInnen. Die Zahlen aus Palästina stammen aber von der Hamas, die diese nachgewiesenermaßen manipuliert. Der Topos „Kindermörder Israel“ baut dabei auf bestehende antisemitische Erzählungen auf und sollte daher hinterfragt werden.

Wieso ist es „mutig“ von einem Genozid zu sprechen?
Mit welcher Definition von Genozid und welchen Belegen kommst du zu diesem Ergebnis?

Jetzt ist es nicht mehr „nur“ ein Genozid, sondern schon auf einer Ebebe mit dem historischen Extremfall industriellen Massenmords? (Never again bezieht sich normalerweise auf den Nationalsozialismus/die Shoa). Muss ich wirklich noch erklären, warum das Holocaustrelativierung ist?

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Es ist ja bekannt, dass es diverse Jüd:innen und auch jüdische Organisationen gibt, die sich dezidiert für die Situation und die Rechte von Palästinenser:innen einsetzen. Was es zumindest meines Wissens nach nicht gibt ist allerdings entsprechendes organisiertes Engagement von Palästinenser:innen für die Rechte von Jüd:innen.

Was genau bedeutet „dieser Krieg“? Meint das den Terror der Hamas? Meint es den Versuch, diesem Terror Einhalt zu gebieten? Meint es die Sorge, dass dies nicht gelingen könnte? Meint es die Sorge um zivile Opfer? Und woher kommt die implizite Annahme, dass sämtliche Jüd:innen auf der Welt zu all diesen Fragen eine identische Meinung haben müssten?

Was genau findest du „mutig“ daran, eine solche kontrafaktische Behauptung aufzustellen?

Genau dieses „never again“ stellt ja eine Verknüpfung zum Nationalsozialismus und zur Schoa dar - macht also deutlich, dass mit dem Vorwurf des „Genozids“ eine Gleichsetzung Israels mit den Nazis gemeint ist. Das macht noch einmal deutlich, was ich bereits vorher schrieb: es geht nicht um eine Beschreibung von Tatsachen oder gar eine juristische Kategorie, sondern um einen Kampfbegriff mit einer bestimmten politischen Wirkung, nämlich einer Delegitimierung Israels.

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Das nicht. Aber einige Gruppen, die sich aus Mitgliedern beider Seiten zusammensetzt. Ein Musikprojekt durfte ich mal erleben.
Das ist auch viel sinnvoller, denn es geht um Wege miteinander und Verständnis füreinander und nicht großgönnerhafte Projekte, die letztendlich nur ein ungutes Gefühl des Jetzt-muss-ich-mich-bedanken hinterlassen.
(übrigens gibt es auch ein Tanzprojekt aus Russen und Ukrainern)

Wikipedia hat eine Liste
Link

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Nur um nicht missverstanden zu werden: Ich finde es sehr gut, dass es solche „gemischten“ Gruppen gibt und ich finde es auch gut, dass es z. B. israelische NGOs gibt, die sich u. a. für mehr Verständnis für die palästinensische Perspektive auf die Geschichte des Konflikts einsetzen. Ich finde es nur immer etwas einseitig, wenn diese Gruppen dann als Beleg dafür angeführt werden, dass die palästinensische Perspektive die einzig richtige ist. Da hier im Forum immer so viel von den „Hardlinern auf beiden Seiten“ zu lesen ist, habe ich mir mal erlaubt, darauf hinzuweisen, dass ein Werben um Verständnis für die Pespektive der „anderen Seite“ bei Palästinenser:innen sehr viel seltener ist.

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Können wir uns nicht auf irgendwelche Mindeststandards an Quellen einigen? Eine Organisation, die unter dem Deckmantel des “For Peace” Hamaspropaganda verbreitet, kann doch hier nicht Auslöser für Diskussionen sein.

… Abs. gel. Mod.

Ich habe diesen Eindruck geteilt bzw. teile ihn noch.
Allerdings tauchen diese Todeszahlen mittlerweile in vielen Medien und bei der UNO auf. Teilweise unter Berufung auf Angaben der Hamas. Das darf zurecht bezweifelt werden. Aber auch eine Kinderhilfsorganisation (save the children?) bestätigt solche Zahlen.
Ich weiß wirklich nicht, wie realistisch diese Zahlen sind.
Auch in der Bundespressekonferenz sind sie heute vorgekommen…

vs

In ersterem Fall wäre ich nicht getriggert worden - gerade deshalb, da ich ja einen lebenden Beweis vor der Schnauze hatte, dass es das mindestens einmal gibt.

Sich gegenseitig beschießen hat jedenfalls die beiden Parteien nicht näher gebracht und auch nicht näher an eine Lösung.
Die Hardliner auf beiden Seiten zeigen auch wie sehr hier um die internationale Deutungshoheit gekämpft wird.
Dabei weiß jeder, der sich schon mal ernsthaft gestritten hat, dass Versöhnung nur möglich ist, wenn beide Seiten über ihren Schatten springen. Deshalb sehe ich hier schwarz für die nächsten Jahrzehnte.

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Semantics, aber sie bestätigen sie nicht, sie zitieren sie nur und berufen sich ebenso aufs Gaza Ministry of Health.

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@Margarete @Margarete @TilRq

Es wäre mir wirklich ein Anliegen, dass wir diese Diskussion hier irgendwie möglichst sachlich führen. Israel in die Nähe eines Genozids oder gar in die Nähe der Taten der Nazis zu rücken, ist meiner Ansicht nach schwerlich damit zu vereinbaren.

@vieuxrenard schrieb in einem anderen Thread “wir werden hier keine Fake News zum Thema Völkerrecht zulassen”. Dazu gehört meiner Ansicht nach auch, den völlig absurden Genozid-Vorwurf (und die jetzt neu hinzugekommene Relativierung der Shoa) hier nicht so ohne Weiteres immer wieder zirkulieren zu lassen.

Zu Jewish Voice for peace wurde schon alles gesagt.

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Der Economist schreibt hier [1], dass die Schwierigkeit der IDF darin besteht, vier teilweise widersprüchliche Ziele gleichzeitig zu erreichen. Der Artikel ist hinter einer paywall, ich paraphrasiere zusammengefasst:

Das erste Ziel ist die Zerstörung von Hamas zum Schutz der eigenen Bevölkerung, da die bisherige Strategie einer Kombination von militärischer Abschreckung und finanzieller Zuwendungen mit dem siebten Oktober hinfällig geworden ist.

Dass zweite Ziel ist es, die mehr als 220 Geiseln wohlbehalten nach Hause zu bekommen. Dies ist auch ein erheblicher innenpolitischer Faktor.

Das dritte Ziel Opfer bei den eigenen Streitkräften und in der palästinensischen Zivilbevölkerung zu vermeiden. In der Vergangenheit hat Israel oft auf kurzer, harte militärische Eingriffe zurückgegriffen da es immer so lief wie es sich heute auch abzeichnet: Die internationale Unterstützung schlägt angesichts der furchtbaren Bilder die ein Krieg in einem dichtbesiedelten Gebiet mit sich bringt um, und Israel sieht sich gezwungen einzulenken auch wenn noch nicht alle Kriegsziele erreicht sind. Wenn der Krieg über einen langen Zeitraum geführt werden soll, kann sich Israel diese vielen zivilen Opfer nicht leisten.

Das letzte Ziel ist es, eine Grundlage für andauernden Frieden im mittleren Osten zu schaffen was im Moment unmöglich erscheint. Hierzu braucht es vermutlich die Zusammenarbeit mit den arabischen Nachbarstaaten.

Der Artikel argumentiert, dass es vermutlich schwer sein wird, alle diese Ziele gleichzeitig zu erreichen.

[1] Israel faces agonising choices in the battle for Gaza

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Ich bitte doch darum, meine Aussagen vollständig und im Zusammenhang zu zitieren. „Entsprechendes organisiertes Engagement“ meinte in dem konkreten Zusammenhang palästinensische Organisationen, die sich für die Situation und die Rechte von Jüd:innen einsetzen. Und diese sind mir nun einmal nicht bekannt. Wenn Du welche kennst, würde ich mich freuen, davon zu erfahren.

Liebe Freunde,
Ich habe leider nicht die Zeit gehabt, alle empörten Reaktionen hier einzeln zu beantworten. Aber ich kann euch versichern, dass ich alles gelesen habe, bevor mein Kommentar (zur erneuten Überprüfung ) ausgeblendet wurde. Ich danke euch für eure Zeit!
Es ist aber wirklich sehr interessant und bedenklich, dass die Erwähnung von den Zahlen von getöteten Kindern und Frauen ( von UN bestätigt ) und der Wunsch nach einem " immediate ceasefire " und ein Link von der Organisation " Jewish Voice for Peace" hier so wahnsinnig viel Wut ausgelöst hat. Deswegen möchte ich hier zwei von meinen größten Heldinnen zitieren. Beide sind Jüdinnen. Sie haben mein Leben unheimlich bereichert:

  1. Esther Perel ist eine weltbekannte Psychologin. Alle Angehörigen beider Seiten ihrer Familie starben im Holocaust. Sie sagt uns folgendes:

„It is possible to turn conflict into connection. It takes empathy and grace, hard work and learning new skills. And it takes a bit of bravery. ( … ) Nothing makes us feel more deeply connected than when we are engaged in a healthy balance of thoughtful speaking and hardcore listening.“

  1. Lori Gottlieb ist eine New York Times Bestselling Autorin und eine renommierte Psychotherapeutin. Als ich den ganzen Wut hier abbekommen habe, musste ich sofort an diese Worte von ihr denken:

" If it is hysterical, it is historical"

So möchte ich die Deutschen Freund*innen in unserer Lage Community ein paar Fragen stellen, considering the " historical" part.
( Aber bitte, bitte denkt daran: meine Absicht hier ist nicht zu provozieren, sondern zu VERSTEHEN. Um Kriege zu vermeiden, wollen wir „Dialog“ und es klappt leider nicht mal hier in unserem Forum. Was sagt das über uns? )

Hier sind die ersten zwei Fragen:

  1. Was versteht jeder einzelne von euch ganz genau unter Solidarität?
    Ist es eine " bedingungslose" Solidarität mit der Israelischen Armee, oder gibt es schon Bedingungen, die mit euren „menschlichen Werten“ verbunden sind?
    Ich bin solidarisch mit der Zivilbevölkerung von beiden Seiten und lehne eine militärische Lösung von beiden Seiten ab. Sei es der Terror von Hamas oder die " collective punishment " von der Israelischen Armee. Beides hat seit Jahrzehnten nur noch zu mehr Gewalt geführt.

  2. Habt ihr die Doku gesehen, die Ulf in der Lage empfohlen hat? Da erzählen sechs " former heads of Shin Bet" ihre Erfahrungen. Männer die in den höchsten Positionen standen, um israelisches Leben zu schützen.
    Die Doku argumentiert, dass die Behörde eine bedeutende Rolle bei der Gestaltung des Konflikts gespielt hat und dass ihre Aktionen oft zu mehr Gewalt, anstatt zu Frieden, geführt haben. Hier ist der Link:
    https://www.youtube.com/watch?v=3mJ5KrEWriU

Was sagt ihr dazu? Hier ist die wichtigste Frage:
Was wisst ihr, das diese Männer noch nicht wissen, um den militärischen Eingriff so überzeugt zu befürworten?

Hier ist der Link von der UN:

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Von ihr habe ich gerade im Podcast „die neuen Zwanziger“ mit Stefan Schulz und Wolfgang M. Schmitt gehört. Ganz wunderbare Einordnung. Sie spricht in der dort zitierten Aussage davon, wie man selbst nicht in der Lage ist, das Leid der anderen zu sehen, wenn man selbst überwältigt ist von Schmerz. Dass es deshalb umso wichtiger ist, dass Menschen, die außerhalb stehen und nicht betroffen sind, das Leid auf beiden Seiten sehen.
Die Einordnung von Schulz und Schmitt ist auch sonst sehr gut.

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Mir scheint, die UN selbst beruft sich nicht auf unabhängige Quellen. Zitat: with Gaza’s Ministry of Health reporting more than 5,000 Palestinians killed, including over 1,100 women and 2,000 children
Oder irre ich mich?

Warum ist die Zahl eigentlich wichtig? Jedes Kind muss geschützt werden.
Am 7.10. sind Kinder bestialisch ermordert worden.
In Gaza sterben Kinder durch israelische Bomben und mangelnde Versorgung.

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Es gab Kritik an von dir genannten Argumenten. Das jetzt auf eine emotionale Ebene zu heben und von „Wut“ und „empörten Reaktionen“ zu reden, ändert daran nichts.

Es gibt keine unabhängigen Zahlen, da sich alle nur auf die Aussagen der Behörden im Gazastreifen beziehen können.

Was willst du damit implizieren? Diagnostizierst du uns hier eine „hysterische“ Reaktion?

Niemand redet von Solidarität mit dem Militär. Es geht um Solidarität mit Jüdinnen und Juden, die jetzt gerade antisemitischen Angriffen ausgesetzt sind - weltweit (siehe zB Angriffe auf von Juden genutzte Gebäude in DE) und natürlich konkret in Israel.
Es ist manipulativ, darüber hinwegzusehen und nur von einer Solidarität mit der Armee zu reden.

Bothsideism. Ich erinnere nochmal daran, dass die Hamas die Auslöschung Israels und Vertreibung aller Juden als Hauptziel hat. Das ist weder mit der kritikwürdigen Siedlerpolitik Israels gleichzusetzen (die den Gazastreifen nicht mal betrifft, sondern primär das Westjordanland) noch mit dem militärischen Vorgehen Israels. Die Erzählung, das militärische Vorgehen Israels wäre eine Art Racheaktion um möglichst viele Palästinenser zu „bestrafen“ ist falsch! Sie ignoriert das reale Vorgehen der IDF (welches andere Militär warnt Zivilisten im gegnerischen Kriegsgebiet vor Angriffen? Die IDF tun dies regelmäßig[1][2][3]) und übersieht erneut das Handeln der Hamas, die Zivilisten aktiv und geielt als Schutzschild missbrauchen um die dadurch unvermeidbaren Opfer dem „Kindermörder Israel“ vorzuwerfen.

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