Israel & Nahost-Konflikt

Der US Geheimdienst und der Stab um President Bush hat Warnungen, dass ein Angriff islamischer Terroristen bevorsteht, genauso ignoriert, wie man es jetzt den israelischen Sicherheitsdiensten vorwirft. Siehe z.B. das Phoenix Memo.

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Das ist sicher richtig.

Aber ist es nicht auch in beiden Fällen aufgrund der wirtschaftlichen Situation beider von dir gebrachten Beispiele für die zentralen Treiber Rekruten zu finden?

Oder anders die Frage: Würde man nicht durch eine bessere wirtschaftliche Einbindung muslimischer Staaten dem Islamismus als solches etwas den Nährboden entziehen?

Ich rede jetzt nicht so sehr von „Wandel durch Handel“ sondern eher von „Leben lassen und Entwicklung durch Handel“.

Also wirtschaftliche Zusammenarbeit auf Augenhöhe ohne Einmischung darin wie die muslimischen Staaten sich organisieren.

Ich weiß, es ist bestimmt nicht beabsichtigt, aber das klingt fast im Original so, wie die USA ihre Nation-Building Pläne für Afghanistan formuliert haben. Im Kern war genau das die Idee, weil man, nachvollziehbarerweise die westliche Brille auf diese Region nie wirklich ablegen kann.

Im Ergebnis hat dieser aufklärerische Ansatz nur Reaktanz erzeugt. Dass die Religion diesen hohen Stellenwert besitzt ist in dem Fall ja auch einfach eine empirisch gesicherte Erkenntnis. Zumindest im Hinblick auf Afghanistan. Ich würde aber vermuten, dass die Hamas ihren Zulauf zu großen Teilen aus ähnlichen Motiven erhält. Wir können uns hier aber auch einfach auf ein agree to disagree einigen. Ich halte beide Erklärungen grundsätzliche für möglich.

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Ein- Staaten Lösung statt Zwei Staaten Lösung ?
Die Lage ist ja bekannt dafür konstruktiv Lösungsvorschläge zu diskutieren, deshalb hier ein Gedanke:
Ist vielleicht die Konstruktion des Staates Israel als „jüdischer Staat“ ein Teil des Problems ? Wie kann ich diesen Staat kritisieren, ohne die Anschuldigung ein Antisemit zu sein ?
Wäre es vielleicht ein Weg zum dauerhaften Frieden, wenn man im Gebiet des Heutigen Israels incl. Gaza Streifen und West Jordanland einen religiös neutralen Staat hätte, in dem Menschen unabhängig ihrer Religion gleiche Rechte und Chancen hätten ? Dann brauchte man nicht über besetzte Gebiete und Siedlungen streiten, weil diese zu einem Staat gehören. Menschen in dem Staat würden nicht über das Existenzrecht streiten müssen, weil es auch Ihr Staat ist.

Ich finde, man hat es sich vielleicht nach dem zweiten Weltkrieg etwas einfach gemacht ein Gebiet „den Juden“ zuzusprechen in dem Menschen wohnen, die nicht entsprechend an der Entscheidung beteiligt waren.
Man hätte ja theoretisch auch ein Gebiet z.B. in Deutschland nehmen. Was wäre gewesen, wenn man z.B. Bayern zu einem jüdischer Saat mitten in Europa erklärt hätte? Da gibt es weniger bedeutende religiöse Stätten anderer Regionen als in Israel und die Verbrechen der Deutschen an Juden sind offensichtlich. Könnte ein so ausgerichteter Staat heut Mitglied der europäischen Union sein ? Sicher ist das hypothetisch und nicht als Kernfrage zu diskutieren, es hilft aber vielleicht den Blickwinkel zu ändern.

Ich würde mich sehr freuen, wenn in einer Folge mal Szenarien für eine dauerhafte Lösung diskutiert würden. Mir ist völlig klar, das ein religiös neutraler Staat bei der Regierung Israel, die ja auch demokratisch gewählt wurde, abgelehnt würde, dennoch frage ich mich, ob das vielleicht eine langfristige Idee sein könnte,

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Du hast damit recht, dass Israel sich bemüht, nicht die Zivilbevölkerung zu bombardieren. Dass die Hamas diese als Schutzschild benutzt, ist ja auch völkerrechtlich sehr relevant, soweit ich weiß. Allerdings frage ich mich, ob das Blockieren der Versorgung mit Wasser, Lebensmitteln und med.Versorgung dadurch auch gerechtfertigt werden kann. Ich bin keine Völkerrechtlerin.

Der Vergleich zu den USA ist für mich nicht aussagekräftig. Ich war auch gegen den Golfkrieg.
Aber wenn du den Vergleich ziehst: Gerade die Kriege der USA zeigen doch, dass diese nur zu mehr Terror geführt haben.

Ich habe keine Lösung. Ich stehe auf Israels Seite. Aber ich stehe auch auf Seiten der Menschlichkeit. Für mich ganz persönlich ist unbegreiflich, wie Menschen anderen Menschen so etwas wie das Massaker an den Israelis antun können. Mir ist unbegreiflich, wie man nicht friedlich mit- und nebeneinander leben kann.

Wenn das so rüberkam, habe ich mich falsch ausgedrückt: Der Golfkrieg diente mir nur als historisches Beispiel, wie eine Kampagne aussehen kann, in der das Motiv der Rücksicht auf zivile Opfer deutlich hinter militärischen Zielen hinten ansteht. Israel ist sehr weit davon entfernt so vorzugehen. Nur weil es überhaupt zivile Opfer gibt (dass es die im Krieg unweigerlich gibt, erkennt ja auch die UN Charta für Menschenrechte an), heißt das nicht, dass man keine Vorsicht wallten lässt.

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Lieber Till,

wenn du mich schon zitierst, um dieses Argument zu bringen, dann sollte die nachfolgende Aussage auch irgendwie durch das Zitat gedeckt sein.

Das ist hier nicht der Fall. An keiner Stelle habe ich davon gesprochen, dass die Palästinenser allein schuld am Nahost-Konflikt sind. …Es gibt im Nahostkonflikt keinen eindeutigen „Schuldigen“. Darum ging es aber auch nie, sondern um den 07.10.

Also war alleine die Staatsgründung Israels „Repression“? Denn das erste Mal Erfahrung mit Krieg und Terror machte Israel keine 24 Stunden, nachdem es seine Gründung ausrief. Schwieriges Argument.

Hier muss ich mich dann nochmal selbst zu zitieren:

Ich sprach die ganze Zeit dezidiert von der Hamas. Und davon, dass man die Taten der Hamas nicht zu sehr in Verbindung mit dem Leid der Palästinenser bringen sollte.

Warum?

Wer sich mit der Region auskennt, weiß, dass die Hamas als explizites Gegenmodell zu Verhandlungen gegründet wurde. Hier ein kurzer Auszug aus ihrer Charta:

Die Hamas will keine friedliche Lösung, sie ist eine theokratische Terrororganisation, der es um einen Genozid an den Juden geht. Die Hamas hat während des Oslo Prozesses Selbstmordanschläge in Israel verübt, um den Prozess zu sabotieren. Die Hamas hat mit massiven Anschlägen auf Camp David II reagiert. Die Hamas, sofern sie nicht zerschlagen wird, wird jeden weiteren Friedensversuch sabotieren. Wer Frieden in dieser Region will, muss das Leid und die Situation der Palästinenser von der Hamas ein Stück weit entkoppeln, denn jeder weitere Friedensversuch wird von Terroranschlägen der Hamas begleitet werden und es wird dann an Israel sein, die Klugheit zu besitzen, daraus nicht zu schließen, dass eine Verbesserung der Lebensbedingungen der Palästinenser zu mehr Terror führt. Das wäre genauso falsch.

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Wenn du das so siehst, solltest du es begründen und nicht nur als rhetorische Frage in den Raum stellen.

Antisemitismus ist ein definierter Begriff, die Europäische Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit (EUMC) und die International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) haben eine gemeinsame Definition, die man nutzen kann.

Einfacher und spezifischer in Bezug auf Israel ist der 3-D-Test: Delegitimiert oder dämonisiert deine Kritik Israel oder das Judentum und werden in der Kritik Doppelstandards benutzt?

Weitere Infos zu Antisemitismus & Israel:

Dieses vage Geraune a la „man darf ja gar nichts mehr sagen“ kenne ich sonst eher von rechten und ich wundere mich zunehmend, es jetzt gerade aus linken Kreisen in Bezug auf Israel und Antisemitismus zu hören.

So „einfach“, wie du es darstellst, wurde es sich bestimmt nicht gemacht (-> bpb)
Und den überlebenden Jüdinnen/Juden ein Gebiet mitten in dem Land zu geben, das gerade erst die Shoa verübt hat… Verstehst du wirklich nicht, warum das nicht passiert ist?

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Nein. Das hat auch keiner behauptet. Und niemand hat behauptet, dass den Bürgern von Israel nicht viel, viel Unrecht geschehen ist. Das ändert aber an meiner Aussage nichts:

Auch wenn Hamas aus ideologischen oder religiösen Motiven heraus gegründet wurde und handelt, gilt dennoch: Je miserabler die Situation der Palästinenser, umso leichter hat es die Hamas, zu rekrutieren.

Unabhängig davon: Die ganze Diskussion, was jemand (meist „gerade in dieser Situation“) hätte nicht sagen dürfen oder hätte betonen müssen (das viel zitierte „donnernde Schweigen“), ist müßig und führt zu gar nichts. In der Regel basiert diese Diskussion darauf, dass man der anderen Seit eine Haltung oder Meinung unterstellt, die sie gar nicht hat, nur weil man etwas überlesen hat oder die andere Seite einen Aspekt nicht oder zu wenig betont hat. Ich habe keine Lust darauf.

Was viele nicht wissen, genau das fand statt. 2018 wurde die Strategie ‚shrinking the conflict‘ entwickelt.

Hier gibt es natürlich auch viel zu kritisieren, aber es bleibt zu konstatieren, dass es in den letzten Jahren wirtschaftlich bergauf ging in den palestinensischen Gebieten.

Hier wird auch ab min 4:20 darauf eingegangen:

Der Anschlag vom 7.10 hat doch klar gemacht, dass es der Hamas nicht um eine Verbesserung der Lage geht, sondern um ein Verhindern der Annäherung Israels mit Saudi-Arabien und die Auslöschung Israels.
Israel muss es schaffen die Hamas zu zerstören und gleichzeitig der Zivilbevölkerung eine Perspektive auf einen nachhaltigen Frieden geben.

Um hier den Blick zu weiten, ein Artikel, der die Positionen weltweit aufzeigt und auch auf die Verbindung von der pro Palästina Bewegung mit BLM, sozialen Medien und der jüngeren Generation eingeht.

„Broadly, the Gallup poll found that Americans overall are still more sympathetic with Israelis, though it documented a growing trend of support for Palestinians over time. In 2010, 15 percent of Americans said their sympathies lay more with Palestinians than Israelis in the Middle East. In 2023, that number was at 31 percent.“

„Younger people, as polls show, are among those most concerned with the United States’ policies toward Israel and Palestine. For some in the US, previous Black Lives Matter protests helped raise awareness about racism and discriminatory policies and mobilized people for causes related to racial justice, not just at home but globally.
“I saw the parallels of Black Americans facing a militarized police force and Palestinians facing militarized policing,”“

"“This uprising, and the longer-term Black Lives Matter movement of which it was a part, influenced many Americans, especially young people, to begin viewing the situation in Israel-Palestine in terms of structural violence, occupation, and colonial oppression. Of course, it wasn’t the only cause of this shift, but it was significant.”

Younger generations are also more likely to get their information from social media and from primary sources, as one expert notes."

Insbesondere auf Tiktok verbreitet sich immer mehr Hamas Propaganda:

„Bei dem, was man gerade auf Social Media sieht, kann man von einer strategischen Kriegsführung durch die Hamas sprechen.“

Hier ein Thread auf X der dem Tiktok Algorithmus nachgeht:
https://twitter.com/jmj/status/1717404573214671068?t=oiI222BCmjk0lWBnpyst9Q&s=19
"According to a Harvard poll, 51% of Americans ages 18-24 believe Hamas was justified.

I’d like to see the breakdown of where they get their news and how much of it is from TikTok."

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Mich würde nicht wundern, wenn sich irgendwann rausstellt, dass dahinter eine Desinformationskampagne aus Russland steckt. Die westlichen Geheimdienste betonen schon, dass der Kreml Interesse am Fortbestand der angespannten Lage hat. Der Kreml hat gerade erst unter dem Vorwand der Schlichtung Vertreter der Hamas empfangen, und die Russen brüsten sich auch öffentlich mit ihrer Unterstützung für Hamas, z.B. durch Waffenlieferungen.

Absolut, Russland, Iran und China sind die großen Profiteure und unterstützen sicherlich die Propaganda.
https://archive.ph/2023.10.12-083616/https://www.zeit.de/2023/43/israel-krieg-iran-russland-geopolitik/komplettansicht
„Dieser Krieg ist, wie auch Russlands Angriff auf die Ukraine, Teil eines globalen geopolitischen Wandels, für den es noch keinen treffenden Begriff gibt. Oft ist von einer „multipolaren Welt“ die Rede, in der es keine Blöcke mehr gebe, keine westliche Vorherrschaft und keinen amerikanischen „Weltpolizisten“.“

„Neben dem Iran ist Russland der große Profiteur dieses Krieges. Das lässt sich im Westen an den Tankstellen ablesen. Die Ölpreise steigen, also werden auch Russlands Einnahmen für den Krieg gegen die Ukraine wieder wachsen. Das ist schon mal gut für Putin.“

„Viele Propagandisten erinnern an den russischen Nationalisten Wladimir Schirinowski, der kurz vor seinem Tod im letzten Jahr für 2024 einen „großen Krieg im Nahen Osten“ prophezeit hatte, mit Beteiligung des Iran, der niemanden mehr an die Ukraine denken werden lasse. Israel werde verlieren. Der irrlichternde Schirinowski gilt nun in Moskau als Prophet und Vordenker des Putinschen Zeitalters.“

„Doch dabei schlachtet die russische Regierung den Hamas-Überfall auf Israel auch aus, um Verwirrung im Westen und in Israel zu stiften. Die Sprecherin des russischen Außenministeriums Maria Sacharowa behauptete, dass Waffen, die die Nordatlantische Allianz der Ukraine liefere, auf illegalen Schwarzmärkten landen würden. Und der Vizevorsitzende des Sicherheitsrats Dmitri Medwedew ergänzt: Gegen Israel würden Waffen benutzt, die „der Westen der Ukraine gegeben“ habe.“

„Many analysts agree that the conflict in Gaza plays to the Kremlin’s advantage by reinforcing anti-U.S. sentiments in the Global South and diverting attention from Russia’s actions in Ukraine.“

Auch Erdogan mischt wie immer mit und spielt Mal wieder auf beiden Seiten. Nennt die Hamas Befreiungsorganisation, will aber nicht zu weit gehen.

Hier noch der Blick aus der britischen links-liberalen Perspektive im New Statesman auf den Konflikt und seine Folgen:
https://archive.ph/2023.10.27-035443/https://www.newstatesman.com/world/middle-east/2023/10/the-great-unravelling

„The Israel-Hamas war threatens to overturn what remains of a Western-led international order. An escalating conflict will empower Iran and Russia, strengthen swing states such as Saudi Arabia and Qatar and alienate the Global South. A blockage of oil supplies in the Strait of Hormuz would fuel inflation and ravage Western economies. Pulled back into the Middle East, the United States will turn away from Ukraine, its commitment to defending Taiwan will become more equivocal and the faltering hegemon will retreat. A fully multipolar system will come into being, with all its instabilities and dangers.
Some or all of this scenario might yet be averted if diplomatic efforts at de-escalation somehow gain traction. Yet one stark fact stands out. Ethics and geopolitics obey divergent imperatives. Judgements of justice in war collide with the logic of strategy, and under the influence of progressive ideology Western opinion has lost the capacity to make proportionate moral judgements.“

„If ethics dictates that Hamas be condemned, geopolitics points in the opposite direction. There are many Arab governments that must secretly wish the Israelis success in eradicating the organisation as a military and political force. For the Saudis, the UAE and Egypt, it is a mortal enemy. With the Arab streets ablaze, none of them can do other than express unswerving public support for Hamas.“

„Simultaneously, it has recreated the conditions that produced the “war on terror”. There will be heightened risk in everyday life in Western countries for many years to come.“

„Benjamin Netanyahu and his government ignored the threat because they believed Hamas could be useful in dividing Gaza.“

„In the West, especially the Anglosphere, Hamas is increasingly seen through the lens of a progressive mindset in which it is a movement of resistance against a settler state.“

„But Hamas has had longer to entrench itself, and unlike in Mosul, where the ruined city could be taken over by the Iraqi government, no one is ready to rule a desolated Gaza. Inevitably, world opinion will cast Israel as the aggressor.“

„The events of 7 October will be remembered as a day in which a new epoch of barbarism was born. In ethical terms, it will be a time when atrocities were accepted as legitimate weapons in human conflict. In its geopolitical dimension, it was the point at which the post-Cold War order finally ­fractured. We have entered a world of imperial rivalries like that before 1914, which ended in Europe’s suicide in the trenches. After the Second World War, the United States ascended to its global hegemony, which is now in turn coming to an end. The difference is that this time there is no successor on the horizon.“

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Angesichts der enormen Länge dieses Diskussionsfadens habe ich ihn jetzt geschlossen. Damit soll die Debatte aber keineswegs beendet werden, bitte eröffnet gegebenenfalls neue und gerne auch spezifischere Fäden.