Gesellschaftsjahr LdN 381

Das ist eine Milchmädchenrechnung wenn man betrachtet, wie viel Zeit und Geld Frauen und weiblich gelesene Personen aktuell aufgrund von Geschlechterungerechtigkeit verlieren. Gender pay und gender care gap sind hier nur die zwei großen Stichworte, Beispiele gibt es unzählige. Kurze Rechnung: Die Gender care gap beträgt aktuell für Personen ab 18 Jahren ~ 9 Std / Woche, s. Gender Care Gap vom Statistischen Bundesamt. Macht im Jahr rund 468 Stunden. Wie viel Lebenszeit dabei insgesamt drauf geht, kann man sich ausrechnen. Und ja, Männer gehen dafür statistisch gesehen mehr Lohnarbeit nach. Und dadurch kommen wir zu erhöhter Altersarmut bei Frauen…

Insgesamt geht es bei der Anmerkung zu Geschlechtergerechtigkeit nicht darum, bestehende Unterschiede zu zementieren. In einer idealen Welt würden alle Menschen unabhängig vom Geschlecht gleiche Rechten und Pflichten haben. Ein Gesellschaftsjahr für alle fordert aber dieselben Pflichten von allen bei deutlich unterschiedlichen Ausgangssituationen. Man darf das eine nicht ohne das andere denken oder Lasten werden weiterhin sehr unterschiedlich verteilt werden. Das hilft niemandem, insbesondere dem Fachkräftemangel nicht.

Wäre schön. In der JU bist du bis zum 35. Lebensjahr, der Vorsitzende ist 33. Viele der jungen Union betrifft das also auch nicht mehr.

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Was hat das eine mit dem anderen zu tun? Das eine sind staatllich durchgesetzte Verpflichtungen, das andere sind letztendlich individuelle Lebensentscheidungen. Niemand muss heiraten, niemand muss Kinder bekommen, niemand muss einen Partner dulden, der seinen Teil der Last nicht tragen will oder kann. Es gibt da große Ungleichheiten, aber die müssen dort ausgeglichen werden, wo sie bestehen, nicht durch entgegengesetzte Ungleichheiten ganz woanders.

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Wenn die nächsten 10 Jahre schlecht laufen, haben unsere Kinder nur noch unterschiedlich furchtbare Optionen. Wenn die Entscheidung ansteht, vor irgendeiner Terror-Diktatur zu kapitulieren, oder den Kampf anzunehmen, hoffe ich für unsere Kinder, dass sie das mit einem gut ausgestatteten und vorbereitetem Militär tun können und nicht in den Straßen Molotov-Cocktails mixen müssen. Wenn es so kommt, wären wir übrigens selbstverständlich auch betroffen. Schau dir an, wie hoch die Verlustraten in einem Peer-to-peer-conflict wie in der Ukraine sind und wen beide Seiten mittlerweile mobilisieren.Wenn es sein muss, bin ich lieber gut ausgebildet, gut geführt und gut ausgerüstet und dafür werden jetzt die Voraussetzungen zu schaffen sein. Von denen, die gegen die Rückkehr einer Dienstpflicht sind, höre ich wenig zu Alternativen (einen guten Vorschlag gabs hier im Forum allerdings schon, der würde aber auch bedeuten, dass es letztlich eine Dienstpflicht gäbe, nur in anderer Form).

Deutschland könnte zur Abschreckung auch Atomwaffen besitzen. Das technische KnowHow ist vorhanden und man müsste die Armee nicht aufrüsten. In einem konventionellen Krieg zwischen 2 Ländern funktioniert das noch. Der größte Fehler der Ukraine war im Nachgang das sie ihre abgegeben haben.

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Was spricht denn genau dagegen, dass man Zivildienst, Wehrdienst, oder auch schon heute ein soziales oder ökologisches Jahr macht?
Edit: Ich meine hier erst mal auf individueller Ebene, also für den Zivildienstleistenden o.ä., nicht gesellschaftlich (Arbeitsplatz, Kosten etc.).

Ich muss ganz ehrlich sagen, dass die Leute die ich kenne, die das in den letzten ca. 20 Jahren freiwillig gemacht haben, fast durchweg positiv davon sprechen und auch einiges daraus mitgenommen haben.

Ich fiel noch unter den Zivildienst und ich sehe es absolut auch so, dass man das System verbessern müsste im Vergleich zu früher. Dennoch bin ich dafür.
Gleichzeitig bin ich auch dafür, nach Ende der Erwerbstätigkeit ein solches Jahr einzuführen. Auch dann wäre ich wieder betroffen.

Neben den hoffentlich positiven Effekten der verrichteten Arbeit sehe ich den sogar größten Mehrwert darin, gesellschaftlichen Zusammenhalt in einer zunehmend auf Egoismus und Vorteilsnahmen ausgerichteten Gesellschaft zu stärken. Genau dieser Egoismus und das fehlende Generationenverständnis ist vermutlich ein wesentlicher Punkt, warum z.B. die Klimakrise nicht ausreichend angegangen wird.

Ehrenamt sehe ich tatsächlich getrennt davon. Auch das sollte stärker gefördert werden. Allerdings kann das mMn nicht ersetzen, was verpflichtende Regelungen bringen.

Grundidee des Pflichtjahres ist es ja einerseits, notwendige personelle Aufstockungen für die Bundeswehr zu generieren.
Andererseits den jungen Menschen ein Jahr lang Einblicke in verschiedene gesellschaftlich relevante Bereiche zu ermöglichen und für gesellschaftliches Engagement zu motivieren.

So meine Wahrnehmung.

Was mich da noch etwas umtreibt:

  1. wir wollen ja offenbar kein rudimentär ausgebildetes Kanonenfutter (wie es Russland u.a. Grad praktiziert), sondern gut ausgebildete Soldaten/innen. Dazu brauchen wir moderne Ausrüstung und Material/Waffen.
  2. wir wollen ja (so hoffe ich) keine billigen Hilfskräfte im sozialen Bereich, um Personalnot notdürftig zu decken und ggf Löhne zu drücken, sondern im Grunde die Möglichkeit für junge Menschen, für die Gesellschaft sinnvoll tätig zu werden.

Dazu:

  • lassen sich ggf. fehlende menschliche Soldaten durch unbemannte und ferngesteuerte moderne Waffensysteme ergänzen? Es wird doch immer Technologieoffenheit gefordert. Damit sind nicht zwingend autonom arbeitende und somit kritische Waffensysteme gemeint.

  • bevor man Leute unvorbereitet irgendwo reinwirft…

Warum nicht vorab jeden Jugendlichen nach Ende der Schule/Ausbildung für 2-3 Monate erstmal „gesellschaftlich“ vorbereiten?

  • Erste Hilfe Kurs für alle
  • Gezielte Informationen zu staatlichen und gesellschaftsrelevanten Institutionen und Einrichtungen vermitteln
  • sich mal durch kurzhospitationen diese Einrichtungen ansehen und einen Eindruck gewinnen

Danach sich für einen Bereich entscheiden, dann noch einen Monat gezielte Vorbereitung (Z.b. für Krankenpflege sowas wie Abläufe, Blutdruck messen, …)

Dann ich vorher ausgewählte und gut vorbereitete Stellen für den Rest der Zeit.
Mit Option, ggf im Laufe des Berufslebens punktuell nochmal regelmäßig für kurze Phasen dort ein Update bekommen. So im Rahmen lebenslanges soziales Lernen.

Glaube können nicht nur junge Menschen gebrauchen….

Jährlich grüßt das Pflichtdienst-Debatten-Murmeltier, es scheint insbesondere im Mai/Juni aktiv zu sein. :wink: Siehe beispielsweise

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Der Gedanke, eine Wehrpflicht würde kurz- oder mittelfristig Nachwuchsprobleme der Bundeswehr lösen, geht an der Realität vorbei. Außerdem habe ich die Vermutung, dass viele den Aufwand und die Kosten unterschätzen, die eine Dienstpflicht mit sich bringen würde.

Aus einem anderen Thread zu dem Thema:

Eine allgemeine, zivile Dienstpflicht wie sie vielen vorschwebt wäre nicht mit den internationalen Verträgen zum Verbot von Zwangsarbeit vereinbar. In den Grenzen des Verbots von Zwangsarbeit sind Dienstpflichten nur in den folgenden Konstellationen erlaubt: Wehrdienst (inkl zivilem Wehrersatzdienst), Pflichtdienst bei Feuerwehren, Arbeit während des Strafvollzugs oder nach Fällen höherer Gewalt (zB Naturkatastrophen) und „kleinere Gemeindearbeiten, die unmittelbar dem Wohle der Gemeinschaft dienen“. Quelle
Eine zivile Dienstpflicht von einem Jahr ist davon gerade nicht abgedeckt und wäre daher menschenrechtswidrig. Zu dem Schluss kommt auch der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages

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Was ich bei der Diskussion immer schwer nachvollziehen kann ist die Idee, dass ein Zwangsdienst

  1. ein Arbeitskräfteproblem löst
  2. eine persönliche oder gesellschaftliche Bereicherung darstellt

Gerade die Argumentation „meine Zivi-Zeit war sehr bereichernd - ich fände es gut wenn alle das machen würden“ die man häufig hört finde ich nicht nachvollziehbar.
Ich fand meinen Zivi auch sehr bereichernd und habe auch vieles dazu gelernt was ich vorher nicht erwartet habe. Aber das hing auch mit einer grundsätzlich offenen Einstellung zusammen.
Und weil ich in einer Einrichtung war, wo es recht viele Zivis gab, konnte ich auch beobachten, wie das ist, wenn man diese Einstellung nicht hat. Und dabei konnte man sich ja auch damals seine Zivi Stelle de facto aussuchen.
Meine klare Beobachtung: wer auf diese Arbeit keinen Bock hätte, für den war das weder eine persönliche Bereicherung und auch nicht für seinen Arbeitgeber und schon gar nicht für die Gesellschaft. Für den hat man halt irgendein Abstellgleis gefunden mit dem sich alle Beteiligten arrangiert haben.
Für mich ist daher relativ klar: wenn ich effektive Arbeitskräfte brauche, dann muss ich vor allem diejenigen motivieren, die Spass an der Tätigkeit haben und wenn das zu wenige sind, dann muss ich die Arbeitsbedingungen so verbessern, dass es mehr werden. Und wenn es schnell gehen muss, muss eben die Verbesserung drastisch ausfallen. Das halte ich aus den genannten Gründen am Ende immer noch für effektiver als Zwangsdienste.
Und wenn man denkt, dass so ein soziales Jahr Menschen und Gesellschaft gut tut, sollte man dafür sorgen, dass es attraktiver - auch für den Lebenslauf - wird, aber Zwang wird da wenig Bereicherung bringen.

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Es ist mal wieder soweit, in der Politik dreht sich die Diskussion (mal wieder) um das Pflichtjahr für junge Menschen.

Dennoch hat so ein Pflichtdienst (nix mit „freiwillig“) Nachteile:

Ein Artikel dazu mal hier.

Dazu: ich hege den Verdacht, dass der Zivi mit ein Grund für die schlechte Reputation und das unfaire Gehalt in den sozialen Berufen ist.

Dem gegenüber steht natürlich auch ein paar Argumente für einen Wehrdienst / Zivildienst, wie

  • Berufsorientierung

  • Dienst an der Gesellschaft

  • Stopfen von Löchern in der Personaldecke in der Bundeswehr und in den sozialen Berufen

Dies sind ja gewissermaßen die Ziele, die erreicht werden sollen.

Stein des Anstoßes ist die folgende Kolumne:

Aber was die eigentliche Frage ist: wie kann man das System reformieren, um wirklich Vorteile für die Dienstleistenden und (!) die Gesellschaft zu bekommen.

Eines ist ja schon die erwähnte Verlagerung des Pflichtjahres Richtung zweite Lebenshälfte. Die Gesellschaft profitiert von der Erfahrung der Leute und auch als älterer Mensch ist es nicht verkehrt mal neue Sichtweisen zu erfahren. Zumal ich hier das Argument anbringen würde, angehende RenterInnen bleiben dann in den sozialen Tätigkeiten eher hängen als junge Menschen, denn RentnerInnen haben potentiell mehr und flexibler Freizeit.

Alternativ könnte man den Freiwilligendienst stärken. Und mit freiwillig ist tatsächlich ein Dienst auf freiwilliger Basis gemeint. Das heißt, die Einrichtungen müssten sich tatsächlich um die Dienstleistenden bemühen, humane Behandlung mit eingeschlossen.

Geht man noch einen Schritt weiter, dann wäre es doch ein starkes politisches Statement das als Recht auf Gesellschaftsdienst zu formulieren.

Eine dritte Option ist eine kontinuierliche Förderung des sozialen Engagements. In Bayern krieg ich für meine freiwillige Arbeit die Ehrenamtskarte. Ist nicht viel, aber immerhin etwas. Wenn das Land (in Form des Bundestages) sagt: wir wollen, dass die Menschen etwas für die Gesellschaft tun, dann muss man dafür auch Geld in die Hand nehmen, um das einerseits zu honorieren und andererseits auch für mehr Menschen attraktiv zu machen. Ich kenne Fälle, in denen Feuerwehrleute weggezogen sind, denn im Umkreis gab es keine bezahlbare Wohnung.

Wenn man noch einen Schritt weiter geht, kann man sich auch über einen kontinuierlichen „Gesellschaftsdienst“ Gedanken machen. Soll heißen jeder Bürger macht pro Monat z.B. 4 Stunden. Dass hätte den positiven Nebeneffekt, dass jeder Mensch - vom Lokführer bis zur Geschäftsführerin - regelmäßig wieder geerdet wird und aus seiner oder ihrer Bubble raus kommt.

Jetzt die Frage an alle: wie denkt ihr, könnte man hier ein Modell anlegen, damit es wirklich positiv für alle Beteiligten ist?

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Exakt diese Position vertrete ich auch:
Das Ehrenamt - gerade für Bürgergeldempfänger - sollte erheblich gefördert werden. Und für die Bundeswehr muss einfach die Reserve deutlich stärker in den Mittelpunkt gerückt werden, es sollte viel mehr Angebote für die Bürger geben, einfach mal „reinzuschnuppern“ (z.B. über zweiwöchige Übungen, in denen die nicht direkt mit Waffen zusammenhängenden Elemente der militärischen Ausbildung vermittelt werden, an denen jeder Bürger bei Interesse teilnehmen kann). Grundsätzlich sollte es eine starke Reserve geben, die auf Freiwilligkeit beruht, dazu müsste man natürlich auch die Reservisten ähnlich wie Ehrenamtler stärker auch finanziell fördern.

Ich bin erst dann für einen Pflichtdienst zu gewinnen, wenn erwiesen wurde, dass freiwillige Angebote mit angemessener Förderung nicht hinreichend sind - und von dem Punkt sind wir noch meilenweit entfernt.

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Ich war 2004/2005 für 9 Monate Zivi bei einer Sozialstation, die sich auf die Betreuung von hilfsbedürftigen älteren Menschen spezialisiert hatte. Ich wollte etwas „mit Menschen“ machen und die Sozialstation war fußläufig erreichbar.
In der Regel hatte ich 2-3 Mal in der Woche die Aufgabe, eine Person für ein paar Stunden zu betreuen. Ich ging mit älteren Menschen einkaufen, habe Essen für sie zubereitet, aufgeräumt und manchmal bei Hygienedingen geholfen. Hin und wieder durfte ich auch ausgebildete Pflegekräfte bei Visiten begleiten, wobei ich am meisten gelernt habe. Ich habe auch Menschen mit deutlich schwereren Beeinträchtigungen betreut, wobei ich dann relativ schnell merkte, dass ich das ohne Vorerfahrung und Ausbildung kaum leisten konnte. An viele Momente erinnere ich mich heute noch gut, und ich habe den Eindruck, sie haben mich auch deutlich empathischer und sensibler für die Bedürfnisse von älteren Menschen, aber auch von anderen Hilfsbedürftigen gemacht.
Allerdings hatten große Teile meines Arbeitstages damit nur wenig zu tun. Die meiste Zeit war ich mit anderem beschäftigt: Postwege, Autos hin- und herfahren, Rezepte und Überweisungen von Arztpraxen abholen/dorthin bringen, Pflegeutensilien wegfahren/abholen, usw. Auch Tätigkeiten am Dienstort waren regelmäßiger Teil meiner Arbeit, z.B. Akten sortieren, Dinge auf-/wegräumen, Spüldienste, Autos und Pflegegegenstände reinigen, usw. Mit dem tatsächlichen „Dienst an der Gesellschaft“ hatte das für mein Empfinden viel zu wenig zu tun.

Heute kann ich das ein wenig anders einordnen. Es ist schwierig, einen jungen, nicht ausgebildeten Menschen in einem solchen Arbeitsfeld arbeiten zu lassen, und bei Unterpersonalisierung lässt man eine ungelernte Kraft die Dinge machen, die sie auch ohne Vorkenntnisse erledigen kann oder bei denen die Kompetenzen ausgebildeter Kräfte nicht benötigt werden. Außerdem konnte ich so in dieses Tätigkeitsfeld hineinschnuppern, ohne überfordert zu werden.

Aus damaliger Sicht stelle ich mir aber auch heute noch die Frage, warum man ausgerechnet jemanden zu einem solchen Dienst verpflichten sollte, der gerade mit der Schule fertig geworden ist und (endlich) in Ausbildung oder Studium einsteigen möchte. Der ein genaues Ziel vor Augen hat und darauf hinarbeiten möchte. Der nicht sonderlich mobil ist, wenig Überblick über die verschiedenen Angebote hat und dann eigentlich etwas wählen muss, was für ihn gedanklich und wegetechnisch erreichbar ist.
Durch den Pflichtdienst war ich gezwungen, über 9 Monate hinweg täglich eine Arbeit verrichten, die überhaupt nicht motivierend war und die wenig damit zu tun hatte, was idealistisch mit dem Zivildienst verbunden wird.

Überspitzt gesagt diente der Zivildienst in meiner damaligen (und z.T. auch heutigen) Wahrnehmung nicht selten dazu, eine günstige Arbeitskraft zu haben, die die Arbeiten erledigt, die niemand gern machen will. Daher halte ich von einem Pflichtdienst, wie er damals organisiert war, überhaupt nichts.

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Ideen für ein mögliches „Modell“ eines Sozialdienstes

bei einem Pflichtdienst:

  • Entkopplung dieses Pflichtdienstes vom 18. (+/-) Lebensjahr
  • alternativ: Angebot gewisser Zeitfenster, in denen der Dienst abgeleistet werden kann/muss (z.B. 18-30; 50+)
  • „Teilarbeitsmodell“ von Sozialdienst und eigentlichen Beruf (bzw. Studium/Ausbildung) parallel
  • evtl. Orientierung an den Vorgaben zum Sabbatical
  • Verpflichtung für die gesamte Bevölkerung (mit Ausnahme von Härtefällen)
  • angemessene Entlohnung (z.B. bei späterem Eintritt in den Dienst X % des letzten regulären Gehalts + Zuschuss bei Härtefällen)

bei einem Freiwilligendienst:

  • deutlich stärkere Anrechnung auf andere Leistungen (z.B. Notenschnitt auf dem Abgangszeugnis, Erfahrungsstufen oder Beförderungsfristen im Beruf, …)
  • Angebot gewisser Zeitfenster, in denen der Dienst abgeleistet werden darf (z.B. 18-30; 50+)
  • angemessene Entlohnung (Orientierung am Mindestlohn; bei späterem Eintritt in den Dienst X % des letzten regulären Gehalts + Zuschuss bei Härtefällen)

außerdem:

  • bundesweite Datenbank zu Anbietern von Sozialdienststellen, inklusive konkreter und überprüfbarer Aufgabenbeschreibungen

Letztlich werden solche Vorschläge allerdings kaum Gehör finden können, da ein solcher flexiblerer Dienst - egal ob verpflichtend oder freiwillig - ein strukturelles Monster werden würde:

  • Entkopplung vom Alter 18+/- wird zu einer massiven personellen „Unplanbarkeit“ führen, sowohl für die Sozialdienstanbieter als auch für Arbeitgeber, bei denen Menschen dann für 1 Jahr für den Sozialdienst pausieren müssten)
  • Arbeitgeber müssten es aushalten und kompensieren können, dass Mitarbeitende, die „mitten im Beruf stehen“, für 1 Jahr aussteigen
  • Selbständige müssten für 1 Jahr ihren Betrieb ruhen lassen, was nahezu utopisch ist
  • der Dienst würde für die Gesellschaft (Staat bzw. AG) um ein Vielfaches teurer

Bleibt also realistisch-zynisch betrachtet nur die Aussicht, dass ein Pflichtdienst für diejenigen eingeführt wird, die entweder für den realen Arbeitsalltag noch nicht brauchbar sind (Schulabgänger:innen) oder auf die man (allmählich) verzichten kann (Rentner:innen, Pensionär:innen). Diese Menschen dann ausgerechnet in einen Pflichtdienst zu stecken, von dem man behauptet, dass die Menschen ja einen so wichtigen Dienst an der Gesellschaft vollbringen und ihre Arbeitskraft so wichtig ist, obgleich man sie für den „realen“ Job nicht (mehr) für voll einsatzfähig hält, hat für mich ein sehr bitteres Geschmäckle.

Das ist unwahrscheinlich, weil die selben Strukturen auch in Gesellschaften ohne Zivildienst (z.B. USA, UK) bestehen. Soziale Berufe sind praktisch überall schlecht bezahlt und genießen (gemessen an ihrem sozialen Wert) eine sehr geringe Reputation.

Ganz ehrlich: mein Zivildienst war positiv für alle Beteiligten. Ich hatte einen interessanten Job (in einem Nationalpark), den ich sonst vermutlich so nicht ausprobiert hätte und es waren nette, anregungsreiche 9 Monate. Mein Vorgesetzter war … gewöhnungsbedürftig, aber auch das ist ja eine Erfahrung. Und die Gesellschaft hat von meinem Einsatz in jedem Fall profitiert (Erfassung von Zugvögeln, Führungen, Instandhaltung). Mein Sold war objektiv betrachtet gering aber für das erste selbst verdiente Geld fast luxuriös.

Bei vielen Freunden war es in anderen Dienststellen im Ergebnis ähnlich.

Ich sehe also das Modell Zivildienst (verpflichtend, nach Abschluss der Schule, zwischen 9 und 18 Monate, auf jeden Fall beide Geschlechter) als völlig legitim und sinnvoll an.

Natürlich gibt es auch andere legitime und sinnvolle Konzepte. Aber das „Dienstjahr nach dem Erreichen der Volljährigkeit“ finde ich als Ausgangspunkt nicht schlecht.

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Ich hatte nach der Schule noch keine Vorstellung davon, was ich genau machen wollte. Insofern war der Zivildienst genau passend für mich. Ein Jahr Zeit, um sich ein wenig zu finden und mal außerhalb der bekannte Strukturen über neue Dinge nachzudenken.

Wenn man die Strukturen einmal geschaffen hat, müsste man das doch auch nutzen können, um alle arbeitsfähigen Arbeitslosen langfristig oder übergangsweise in sozialen Berufen zu beschäftigen. Brauchen werden wir da immer mehr Leute. Man könnte ja auch meinen, wenn man mehr Hilfskräfte hat, kann man die Fachkräfte dann besser bezahlen und entlasten. Da spart der Staat an anderer Stelle sogar noch Sozialausgaben.

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Uff… also als Sozialarbeiter sage ich dir ganz klar: Nein! Auf gar keinen Fall.
Damit tust du dem Sozialen Bereich keinen Gefallen. Langzeitarbeitslose sind lange Zeit arbeitslos, weil sie selbst massive Probleme haben. Die kannst du nicht einfach in’s Pflegeheim stecken und sagen: „Beschäftige doch mal die alten Damen und Herren“, vor allem nicht, wenn sie es nicht freiwillig machen.

Ich bin absolut dafür, das Ehrenamt bei Langzeitarbeitslosen auch mit finanziellen Anreizen zu stärken, aber der Wille, sich ehrenamtlich zu engagieren, muss von den Langzeitarbeitslosen kommen. Leute mit Zwang ausgerechnet im sozialen Bereich zu verpflichten, wo sie mit oft wehrlosen Menschen arbeiten, ist ein perfektes Rezept für ein riesiges Disaster. Das ist eine wirklich, wirklich, wirklich schreckliche Idee.

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Vielleicht muss man auch immer mal ein bisschen differenzieren:
Ehrenamt / freiwillige Arbeit findet ja nicht nur im sozialen Bereich statt. Gibt auch noch jede Menge andere Gelegenheiten, z.B. Dorf- und Stadtverschönerung, Sport, Feuerwehr, Integration.
Wichtig ist dennoch, dass man sehr aufpassen muss, damit hier nicht einfach normale Arbeitsplätze untergraben werden.

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