Empfehlung der STIKO

Bei der Empfehlung der STIKO und der Diskussion habe ich an einer Stelle doch ein einer Stelle gleich zwei Mal gestutzt. Und zwar bei LongCovid bei Kindern. Da soll es keine Daten geben. Dabei hatten wir das Thema hier im Forum bereits:

Wieso kennt die STIKO diese Studien nicht? Zu sagen, dass die Datenlage unzureichend ist, OK da kann ich mitgehen. Aber keine Daten?

Das nächste ist die Schlussfolgerung, die nicht ausgesprochen wird, aber bei mir so ankam: „Wir haben keine Daten, also gibt es kein LongCovid bei Kindern.“

Versteht mich bitte nicht falsch. Ich halte die Empfehlung der STIKO momentan für richtig, da die Impfungen von Kinder und Jugendliche die Impfstoffverfügbarkeit für stärker gefährdete Personen (die Eltern) verringert. Aber die Argumentation finde ich sehr befremdlich und sobald ausreichen Impfstoff verfügbar ist, fällt aus meiner Sicht der Grund Kinder nicht zu impfen schlicht und einfach weg. Es geht um größenordnungsmäßig 1 Million Kinder mit LongCovid.

Seht Ihr das auch so? Oder hab ich da irgendwas nicht bedacht?

Im NDR-Podcast habe ich Mertens schon so verstanden, dass es nicht genug/ ausreichend gute Daten zu Longcovid bei Kindern gibt (die in deinen Links erwähnten Studen hatte Ciesek vor ein paar Wochen schonmal ausführlicher besprochen und Schwächen aufgezeigt) und die Erkrankung (Spätfolgen ausklammernd) an sich eben gesichert nicht schlimm ist: Kein ansonsten gesunder Jugendlicher ist in Deutschland an Covid gestorben, die Krankheitslast (KH-Aufenthalte, Intensiv, PIMS) ist nicht sehr hoch, für vorerkrankte Jugendliche wird es wohl empfohlen werden.

Ich stimme auch voll zu, dass für diese Gruppe und im Kontext der Schulen die Diskussion öffentlich-medial viel zu große Wellen geschlagen hat und eine „schnelle Massenimpfung“ der 12-15jährigen pandemisch keinen großen Unterschied macht bzw. jetzt gerade einfach nicht sinnvoll ist.

Darüber hinaus ein paar allgemeinere Beobachtungen und Gedanken:
Insgesamt fand ich das Interview sehr interessant, es hat mich aber auch stellenweise etwas ratlos zurückgelassen und eine (natürlich laienhafte) Bewertung fällt mir schwer. So wie er argumentiert müssten halt erst tausende Kinder eine Spätfolge entwickeln, damit die Stiko anhand der Daten sagen kann, dass die Impfung sicher besser sei. (Falls Longcovid bei Kindern ein echtes Problem ist/wird.)

Auf Seiten der Impfung reichen aber sehr diffuse, theoretische Bedenken aus, um keine Empfehlung auszusprechen. Frau Hennig fragte da auch nochmal nach - für Spätschäden im Sinne von nach Jahren gibt es ja eigentlich keine Beispiele, woraufhin er sagt, ja, könne man aber ja trotzdem nicht 100%ig ausschließen und dann führt er Narkolepsie nach der Pandemrix-Schweinegrippeimpfung an, als Beispiel für Autoimmunerkrankung nach Impfung. Was aber die entsprechende Erkrankung in der Regel ja auch machen kann. Das fand ich insgesamt nicht ganz schlüssig und nachvollziehbar.

Ähnlich wie bei „AZ nicht für Ü60“ (lange ist’s her) können wir (als Deutschland) uns diese Art von Empfehlung einer Stiko und ihre Umsetzung in einer Pandemie ja auch nur erlauben, weil viele andere Länder „stumpf“ nach Zulassung impfen und dadurch Daten generieren, anhand derer wir dann sagen können „ja, ok, machen wir jetzt doch so.“

Dann habe ich mich noch gefragt, wie sich die Bewertung wohl ändern würde, wenn jetzt doch tragischerweise z. B. ein gesunder 14jähriger in DE an Covid gestorben wäre. Dass die Impfung tödlich ist, ist ja wirklich extremst unwahrscheinlich und wäre mittlerweile wohl aufgefallen - wäre dann durch einen Fall die Schlussfolgerung eine völlig andere? Aber das ist vermutlich zu hypothetisch. Insgesamt auf jeden Fall eine spannende Debatte.

Ja, das liegt wohl daran, dass in der zu-gewinnen-Waagschale gemäß der aktuellen Stiko-Auswertung der vorhandenen Evidenzen für gesunde Teenies nichts Sichtbares drin liegt. Entsprechend schlüssig ist es in die Einsatz-Waagschale nichts mit Ungewissheit behaftetes reinzulegen (…wenn man Verantwortung für die Empfehlung übernimmt und eine stichhaltige Argumentation liefern muss, vgl Folge 91, Minute 41/42 Begriff „Verantwortung“: Transskripte Corona update Podcast). Impfung ist ein medizinischer Eingriff und die Aussage „ist doch praktisch risikolos“ ist nicht evidenzbasiert sondern hoffnungsbasiert.

Die Evidenzenlage und damit die Beurteilung könnte sich mit dem hypothetischen tragischen 14-Jährigen Beispiel deutlich ändern. Für die Beschaffung von Evidenzen ist die Stiko nicht zuständig. Auch nicht für eine pandemische Risikobewertung.

Spannend an der Geschichte finde ich, dass Teenies nun die Frage aufwerfen können „Wofür?“.

Etwa so: „Wofür eingeschränkter Schulbetrieb, Maskenpflicht, auf Partys verzichten, Quarantänegefahr…? Vor drei Wochen wurde uns noch erzählt wir müssen das jetzt für uns tun, die Stiko sieht für die Begründung jedoch offensichtlich keine Evidenz. Das passt alles nicht zusammen!“

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Wer hat denn das erzählt? Es wird doch seit Monaten offen kommuniziert, dass es um Pandemiekontrolle geht, und mehr um die Gesundheit der Eltern als um die der Kinder. Da dürften auch die meisten Teenies ein gewisses Verständnis für haben; allen Teenagerkonflikten zum Trotz haben wohl die wenigsten ein Interesse daran, dass ihnen die Eltern wegsterben.

Daran hatte ich noch nicht gedacht. Im Prinzip steht mit diesem Urteil der Impfkommision den Öffnungen nichts mehr im Weg. Die Kinder und Jugendlichen können durchinfiziert werden, passiert ja noch weniger als bei der Impfung, die die ganzen Erwachsenen erleiden mussten. Mir wird ganz übel bei dem Gedanken.

Noch nicht offiziell, aber das Votum der STIKO scheint klar zu sein: https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/stiko-empfiehlt-corona-impfung-nur-fuer-kinder-mit-vorerkrankungen-17378470.html

LdN 240, Kapitel Immune vs. Ungeimpfte → da wird die bisherige Corona-Historie zu einer Individualgeschichte umgeschrieben („Solidarität“ wird rausgekürzt mithilfe Wikipedia Definition), es wird an Corona-Maßnahmendisziplin appelliert mit Verweis auf Eigeninteresse, Stichworte „Long-Covid“ und „Überlastung Krankensystem“.

Das zielt auch auf eine Art erweitertes Eigeninteresse ab. Aber mal weitergesponnen, spätestens wenn die eigene Anverwandschaft durcheimpft ist, welchen Grund sollte es dann noch geben sich an die Maßnahmen zu halten? Ich denke mit Verweis auf Eigeninteresse kommen wir hier mittlerweile in Überzeugungsnot und müssen dem Solidaritätsgebot wieder seinen Platz einräumen.

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Ich möchte dafür werben diesen Gedanken nüchtern weiter durchzuspielen: Von den Jugendlichen geht als potentielle Virusträger grundsätzlich eine Gefahr für Andere aus, einmal als Infektionsherd und zweitens als Mutationsbrüter. Das verbundene Risiko berücksichtigt zusätzlich Schadensausmaß und Ereigniswahrscheinlichkeiten, und dieses Risiko wird von Woche zu Woche kleiner (gemessene Pandemiedynamik, Immunisierungsgrad). Wenn die Pandemie nun in ein paar Wochen (was bekanntlich bereits seit ein paar Wochen prophezeit wird :roll_eyes:) vorbei sein soll, dann wird wohl irgendjemand offiziell feststellen müssen dass das Risiko dann ausreichend gering ist. Der Messwert „Alle durchgeimpft“ scheidet nun offensichtlich aus. Was also soll das Endekriterium sein? Dieses Frage nicht zu beantworten und das Risiko nicht zu messen versuchen würde bedeuten einem Teil unserer Mitmenschen die Ihnen zustehende Auslebung ihrer Grundrechte unnötig lange vorzuenthalten.

Es ist unplausibel, dass in der Realwelt ein hohes Risiko von heute auf morgen zu einem Nullrisiko wird, es wird stetig fallen (hierin besteht ein qualitativer Unterschied zum Pandemiebeginn). Dabei muss es eine Größe passieren, die etwa mit einer mittelschweren Grippe vergleichbar ist. Mit welchem Argument sollte man diesen Punkt nicht abzuschätzen versuchen? Man darf dabei nicht vergessen, dass wir parallel laufende Schäden durch die Pandemiemaßnahmen haben (dazu würde ich auch das Vorenthalten von Gundrechten zählen, sowie die Erosion der Sozialmoral durch die aktuelle Impfpolicy und -Kommunikation [Man lerne: Impfgeschehen wird mehr durch Kontakte, Geld, Geduld und Urlaubsplanungen bestimmt denn durch medizinischer Indikation + Die Ehrlichen sind die Dummen]).

Wer jetzt Einschränkungen hinnehmen muss, der darf schon mit Recht fragen „Wofür genau?“ und „Wie lange noch genau?“.
Siehe auch: Thread Corona Endgame nüchter beleuchtet

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Eine solche Einschätzung des Risikos würde aber voraussetzen, dass ein klares politisches Ziel definiert wird, was ja in den letzten 16 Monaten Pandemie mehr oder weniger bewusst unterlassen wurde. Lautet das Ziel „Überlastung des Gesundheitssystems verhindern“, dann kann man die Maßnahmen höchstwahrscheinlich in ein paar Wochen auslaufen lassen (so wie es ja diverse europäische Staaten gerade schon machen). Lautet das Ziel hingegen „Ende der Pandemie“ oder „dauerhaft keine Infektionen mehr“ (egal ob sie zu schweren Erkranungen führen), dann kann man die Maßnahmen wahrscheinlich noch jahrelang weiterführen…

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…Wochen später, neu ist: Delta-Variante, problemlose Impfterminbeschaffung, seit gestern wieder Kritik an STIKO-Haltung: Corona-Impfung für Kinder und Jugendliche - Lauterbach: Ablehnende STIKO-Haltung nicht länger nachvollziehbar | deutschlandfunk.de

Laut RKI - Aufgaben und Methodik Standardvorgehen (überarbeitet, aktuelle Fassung seit 2018) setzt sich die STIKO zumindest Impfziele (verlinktes SOP PDF, Abschnitt 6 „Impfziele“.

Ich denke wenn Herr Lauterbach wissenschaftlich kritisieren möchte, dann müsste er konkret die Risikobewertung angreifen (da gäbe es ja viele Angriffsflächen: falsche Zielsetzung, falsche Anwendung, Methodik an sich an Stelle fehlerbehaftet, z.b. falsche mathematisches Pandemiemodellierung…) und nicht nur das Endergebnis. Das könnte so wirken als passe das Gesamtergebnis nicht ins Weltbild und die Kritik wäre politisch motiviert.

Angenommen die STIKO Methode ist korrekt an sich und in konkreter Anwendung, aber die Zielsetzung passt nicht zur politischen Zielsetzung, dann bräuchte man keinen Widerspruch konstruieren. Man müsste die unterschiedlichen Ziele transparent benennen und könnte dann politisch abweichend von STIKO Bewertung agieren ohne dass eine Seite irgendwas falsch gemacht hätte.

Aktuell erscheint es mir eher so das politisch gewünschte Ergebnis ist Herdenimmunität und versucht die STIKO vor den Karren zu spannen.

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Ich denke es ist wichtig, hier zwischen den Ebenen der Wissenschaft und der Politik zu unterscheiden. Lauterbach ist zwar von der Ausbildung her Wissenschaftler, agiert hier aber eindeutig als Politiker. Seine Aussage von gestern, die Empfehlung der Stiiko sei „aus wissenschaftlichen Gründen nicht mehr nachvollziehbar“, ist eine eindeutig politische. 1.) Unter Wissenschaftler:innen wäre es schon harter Tobak, Kolleg:innen vorzuwerfen, ihre Auffassung sei nicht nachvollziehbar. Unter Politiker:innen ist das übliche Rhetorik. 2.) Lauterbach hat ja die Empfehlung der STIKO nicht inhaltlich (also wissenschaftlich) kritisiert, sondern sie delegitimiert. Ansonsten hätte er ja sehr viel detaillierter darlegen müssen, warum die Annahmen oder Schlussfolgerungen der STIKO falsch sind. Selbst dann hätte er aber lediglich eine andere wissenschaftliche Interpretation vorgelegt. 3.) Lauterbach hat die Empfehlung der STIKO von Anfang an kritisiert und mit anderen Politiker:innen daran gearbeitet, diese zu delegitimieren.
Meiner Meinung nach wird hier ein professionell arbeitendes wissenschaftliches Gremium, das seit Jahren gute Arbeit leistet, aus kurzfristigen Motiven auf dem Altar des Populismus geopfert. Das hat viel mit schlechter Politik, aber wenig mit guter Wissenschaft zu tun. Denn selbst wenn feststehen sollte, dass die Risiken einer Impfung für 12-18-Jährige sehr viel geringer sind, als befürchtet, bleibt immer noch die Frage offen, welchen Vorteil eine Impfung für Menschen hat, die bei einer Infektion in der Regel gar nicht oder nur sehr leicht erkranken. Aus medizinischer Sicht ist eine solche Indikation - also ein konkreter individueller medizinischer Nutzen - grundsätzlich die Voraussetzung für eine Medikation/Impfung.
Ein Pädiater sagte gestern(?) im Deutschlandfunk, er impfe Jugendliche - in Absprache mit den Eltern - vor allem, weil diese nicht länger von Restriktionen (etwa bei Reisen oder beim Sport) betroffen sein wollen. Laut dem Arzt sei es eindeutig, dass die Jugendlichen sehr viel stärker unter den Maßnahmen litten, als unter den Folgen einer möglichen Infektion. Kurzum: Der Staat empfiehlt jetzt also eine Impfung von Jugendlichen, die ihnen vor allem den Vorteil bringt, nicht mehr von den Maßnahmen betroffen zu sein, die derselbe Staat gegen sie verhängt.
Was die gebetsmühlenartige Wiederholung des Ziels Herdenimmunität angeht: Dahinter scheint mir bei vielen immer noch das Wunschdenken zu stecken, das Virus auszumerzen, so nach dem Motto: Wenn sich genug Menschen impfen lassen, gibt es gar keine Infektionen mehr und erst dann ist alles vorbei. Aus wissenschaftlicher Sicht ist seit etwa einem Jahr klar, dass das nicht passieren wird, sondern dass das Virus endemisch werden wird. Trotzdem scheinen viele an diesem Ziel festzuhalten und/oder Infektionen an sich für ein Risiko zu halten.
Stattdessen wäre es an der Zeit, zwischen Infektionen und schweren Erkrankungen bzw. dem Risiko dafür zu unterscheiden. Das heißt zum Beispiel, sich von allgemeinen Inzidenzwerten zu verabschieden und diese zumindest altersspezifisch zu erfassen. Und es heißt auch, Impfungen und Schutzmaßnahmen auf Bevölkerungsgruppen mit hohem Risiko zu fokussieren, anstatt diejenigen am stärksten mit Maßnahmen zu behelligen, die das geringste Risiko haben, schwer zu erkranken.

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Die Schlussfolgerungen der STIKO sind nicht falsch. Das Problem bei der STIKO ist, dass sie nur bewertet, was auch wissenschaftlich untersucht wurde. Wenn etwas nicht untersucht wurde, gibt es keine Empfehlung. Das merkt man z. B. daran, dass das Thema Longcovid bei Kindern und Jugendlichen von der STIKO nicht bewertet wird - Datenlage ist unzureichend für eine Bewertung.

Wesentlich sinnvoller wäre jedoch erstmal davon auszugehen, dass Longcovid bei den Kindern genauso auftritt, wie bei Erwachsenen, also irgendwas bei 10%. Das alleine reicht aus meiner Sicht schon für eine Impfempfehlung bei den geringen Nebenwirkungen. Deshalb wurde in vielen Ländern ja bereits wesentlich früher die Impfung von Kindern und Jugendlichen empfohlen.

Die Arbeitsweise der STIKO ist auf die sonst üblichen Impfungen mit breiter Datenbasis ausgelegt. Jetzt in der Pandemie mit begrenzter Datenlage dagegen ist die Arbeitsweise nicht so optimal.

Hört sich für mich an wie eine Kombination aus: Worst-Case Vermutung bzgl Krankheitsfolgen und Best-Case Vermutung bzgl Impfeingriffsfolgen. Wer möchte die Verantwortung dafür tragen, falls sich die tatsächlichen Effekte als genau andersherum herausstellten? (zur Erinnerung, bei Vektorimpfstoffen war das Auftreten von Sinusvenenthrombosen anfangs nicht absehbar und in der Risikobewertung nicht eingepreist)

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Das ist aus meiner Sicht kein Problem, sondern genau die Aufgabe der STIKO. Nämlich auf Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse zu prüfen, welche Impfungen für welche Gruppen zu empfehlen sind und dabei Nutzen und Risiken abzuwägen.

Das stimmt m. E. nicht. Ich kenne zwar die offizielle Empfehlung und deren Begründung nicht im Detail, aber zumindest Mertens hat sich in Interviews auführlich dazu geäußert und gesagt, dass die bisherige Studienlage zu Long Covid bei Kindern eben nicht nahelegt, dass der Nutzen einer Impfung so groß wäre, dass er die noch nicht ausreichend bestimmbaren Risiken auf jeden Fall aufwiegen würde.

Das ist Deine Bewertung, aber die STIKO kam ja zu dem Schluss, dass gerade seltene Nebenwirkungen allein aufgrund der niedrigen Zahl an Proband:innen in den vorliegenden Studien noch nicht ausreichend eingeschätzt werden können.

Warum soll es „wesentlich sinnvoller“ sein, anstelle wissenschaftlicher Erkenntnisse von einer bestimmten Zahl auszugehen? Ganz abgesehen davon, dass völlig unbestimmt ist was ein „Auftreten“ von Long Covid heißen soll, ist die Zahl deutlich zu hoch gegriffen. Laut einer jüngst veröffentlichten Studie sind es eher 1-8% der symptomatisch erkrankten Kinder - also 0,5-4% aller infizierten Kinder, die nach 8 Wochen noch Symptome melden. Das ist aber wohlgemerkt nicht repräsentativ und zudem geht es um Symptome wie Kopfweh, Halsweh oder Müdigkeit - die vielfältige Ursachen haben können.
Siehe Study finds long-term Covid symptoms rare in school-age children | Coronavirus | The Guardian

Ich verstehe das Argument nicht: Warum soll die Vorgehensweise, nach eingehender Prüfung von Nutzen und Risiken eine Empfehlung auszusprechen gerade bei einer Impfung, von der Millionen Menschen betroffen sind, „nicht so optimal“ sein? Dass bestimmte Daten (etwa zu Long Covid oder Nebenwirkungen der Impfungen) zum Teil nicht in geeigneter Weise erhoben wurden, ist ja nicht der Pandemie geschuldet, sondern eine Folge politischer Entscheidungen.

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Das ist doch genau das Problem. Wir haben keine Daten und die STIKO sagt: Dann können wir die Impfung nicht empfehlen. Wir wollen doch jetzt auf der Basis einer unzureichenden Datenlage ein Einschätzung. Wenn es erst ein paar Dutzend Veröffentlichungen benötigt, die die Unbedenklichkeit einer Impfung bescheinigen, dann brauche ich keine Einschätzung mehr. Das was die STIKO macht ist also im Prinzip lediglich eine Überprüfung und weniger eine eigene Einschätzung. Das ist in der Pandemie aus meiner Sicht nicht schnell genug.

Ja, können sie nicht. Aber es ist aus den unzureichenden Daten bereits ersichtlich, dass Longcovid um Größenordnungen häufiger auftritt, als die Nebenwirkungen der Impfungen. Außerdem gibt es ja noch bereits eine ganze Menge Daten zu Impfungen von Erwachsenen. Ich bin kein Mediziner, aber ob 16 oder 18 Jahre ist der Unterschied so groß, dass man da gar nichts übertragen kann?

Ich empfehle auch mal eine ältere Folge der Wochendämmerung in der das etwas erläutert wurde:

Es liegt ja nicht an der STIKO dass es keine Daten gibt sondern am Gesundheitsministerium dass diese Daten nicht erhoben worden sind.

Ich finde die Entscheidung der STIKO ist richtig lieber keine Empfehlung zu geben als eventuell eine falsche Empfehlung. Der Sinn und Zweck der STIKO ist es Daten richtig einzuordnen und zu bewerten. Was du verlangst ist ein Blick in die Glaskugel dafür ist die STIKO nicht da.

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Ja, das ist richtig und eigentlich genau das was ich sagen will. Die STIKO ist für die Pandemie nicht passend. Ich abstrahiere mal mit einem Beispiel. Das neue IPhone kommt auf den Markt. Die „Ständige Handy Kommission“ würde dann sagen: Können wir nicht empfehlen, weil keine Daten vorliegen (ist ja noch nicht auf dem Markt). Was das neue IPhone kann oder nicht kann, welche Spezifikationen, Prototypentests, spielen dabei erstmal keine Rolle. Das ist aber das Problem. Man will ja nicht nach 3 Jahren wissen, ob das damals neue IPhone ein sinnvoller Kauf ist, sondern bei Markteinführung.
Und genau das wollen wir jetzt ja auch wissen. Ist es sinnvoll, dass wir JETZT Kinder impfen lassen, auch wenn wir noch nicht alle Daten haben. Was bleibt denn über auf den beiden Waagschalen, wenn wir alles an Infos zusammenkehren, was jetzt da ist? Einmal rein wissenschaftlich und dann einmal gesellschaftlich/politisch betrachtet. Das ist aus meiner Sicht die drängende Frage und auf diese Frage hatte ich mir eine Antwort von der STIKO erhofft, doch ist sie dafür nicht zuständig.

Dass die Stiko seit Jahren gute Arbeit leistet, sei mal dahingestellt. Siehe Beispielsweise die HPV-Impfempfehlung für Jungen und junge Männer. Während der Impfstoff seit 2007 für Mädchen/junge Frauen empfohlen ist, hat es bis 2018(!) gedauert, bis der Impfstoff auch für Jungen empfohlen wurde - obwohl bereits lange vorher klar war, dass HPV selbstverständlich auch bei Männern krebsbegünstigend ist (die kriegen nur halt keinen Gebärmutterhalskrebs - no shit, Sherlock!). Von sehr unangenehmen Krankheitssymptomen und anderen dauerhaften Folgeschäden mal ganz zu schweigen.

Dazu kommen dann diverse andere schwierige Empfehlungen wie bei der Grippeimpfung, oder die sehr zurückhaltenden Positionen im Bezug auf bspw. FSME- und Tollwut.

Generell kann man schon sagen, dass die Stiko im internationalem Vergleich regelmäßig eher konservative Positionen (bspw. Grippe) bis exotische Standpunkte (HPV) vertritt. Und auch bei Corona ist die Stiko-Position nicht unbedingt die dominante Einschätzung - um es mal vorsichtig auszudrücken. Man kann Lauterbachs Motivation und Argumentation angreifen, aber die Aussage, dass sie Stiko da eine exotische Position vertritt, ist IMO durchaus korrekt.

Als Addendum: ich möchte hier auch nicht notwendigerweise die Kompetenz der Mitglieder angreifen; ich kann mir auch gut vorstellen, dass der Bewertungskatalog ungeeignet ist - aber ich teile die Meinung, dass die Empfehlungen bzw. Nichtempfehlungen durchaus kritikwürdig sind.

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Das ist eine persönliche Entscheidung.
Dass jugendliche ab 12 Jahren geimpft werden können ist die politische Entscheidung.
Von der STIKO jetzt zu erwarten dass sie die politische Entscheidung trotz fehlender Daten legitimiert finde ich falsch.

Wir deutschen neigen dazu für jede Gefahr eine Versicherung abzuschließen um Sicherheit zu haben. Diese Sicherheit gibt bei Corona und dem impfen nicht. Es sollte wohl jedem klar sein dass wir alle an einem großen Experiment teil nehmen wo Wahrscheinlichkeiten, Nutzen-/Schaden-Abwägungen zu Entscheidungen führen, wir aber keine Sicherheit haben.
Ich bin mir aber sicher dass die Erde noch mehr Experimente für uns auf Lager hat.

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