Die gesellschaftlichen Folgen der Rücknahme von Beschränkungen für Geimpfte und Genesene zum jetzigen Zeitpunkt

Liebe Lage,

ich bin ein großer Fan eurer Sendung und möchte einfach mal ganz frech einen Themenwunsch abgeben.

Bitte hinterfragt in einer der nächsten Sendungen doch nochmal diese Strategie, unter anderem die Ausgangssperre und Kontaktbeschränkungen für Geimpfte und Genesene fallen zu lassen.

Davon abgesehen, dass das kein Mensch kontrollieren kann, wird das vor allem junge Menschen dazu motivieren, sich absichtlich anzustecken, um nach zwei Wochen wieder Freunde treffen und abends raus gehen zu dürfen (anstatt 3 Monate auf einen vollen Impfschutz zu warten). Und das wird die Infektionslage dann wieder kräftig anfanchen.

Verfassung hin oder her, solche Gesetze müssen doch auch logisch nachvollziehbar und vor allem lebensnah bleiben und mit diesem Ungerechtigkeitsempfinden in der Gesellschaft treibt man die Menschen nahezu in Politikverdrossenheit und zur AFD. Wo ist denn eigentlich dieser Ethikrat hin? Der meinte doch immer völlig zurecht, dass es ein solches Aufheben von Beschränkungen erst geben kann, wenn allen Menschen ein Impfangebot gemacht wurde. 8 Prozent der Bayern sind gerade mal voll geimpft. Das kann doch nicht König Marcus sein Ernst sein, diese 8 Prozent jetzt vorne weg zu schicken, während Menschen ohne Priogruppe noch weiter zu Hause sitzen und auf ein Impfangebot warten sollen, oder?
Vor allem hatten wir doch exakt diese Diskussion mit den Grundrechten für Genesene und was die gesellschaftlichen Folgen wären (Stichwort „Corona Partys“) schon vor einem Jahr ausdiskutiert. Ich verstehe das wirklich nicht mehr.
Danke fürs Lesen und eventuell berücksichtigen.
VG Kilian

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Ich finde es als bald vollständig Geimpfter auch etwas konfus. Ich weiß ehrlich gesagt eh seit noch diese Bundesnotbremse kam nicht mehr sicher was ich darf und was ich dafür tun muss. Wenn dann jetzt noch teilweise Lockerungen dazu kommen wird es der Horror.

Markus Söder sollte mal in die stille Ecke geschickt werden für 2 Wochen. Der Kerl ist unsäglich und nervig und sorgt nur für Ärger. Besonders Bayern hat während der gesamten Pandemie katastrophale Werte. Ich glaube Bayern hat derzeit den Landkreis mit der zweithöchsten Inzidenz in Deutschland. Wieso bitte bellt er mal wieder in das nächste Mirko er würde das Urlaubsland Bayern wieder mit Lockerungen versehen. Wir können alle froh sein, dass diese Populist kein Kanzler wird.

Ich möchte aber auch etwas anderes einwerfen zur gesellschaftlichen Teilung. Ich empfinde diese Teilung eigentlich schon viel länger, nämlich schon seit November. Seit diesem Punkt wird nämlich die Pandemie nur noch auf dem Rücken eines Teils der Bevölkerung ausgetragen. Man kann ganze Branchen opfern, privat alles dicht machen, Kinder und Jugendliche vor sich hertreiben ohne mit der Wimper zu zucken, aber zeitgleich dürfen ganze Industriezweige nahezu ohne Einschränkung weitermachen wie bisher. Der Profifussball darf durch die Welt fliegen und es darf eine EM mit 14500 Zuschauern in München stattfinden. Künstler verarmen und fliegen aus ihren Sozialkassen weil Sie nicht mal vor 50 Menschen auftreten dürfen. Kinder dürfen kein Amateursport machen. Dort sehe ich die gesellschaftliche Spaltung, denn es wurde selten so deutlich gemacht wer derzeit eine Lobby hat und wer nicht.

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Danke für deinen Kommentar. Das Thema „Aufhebung für Einschränkungen“ allgemein hat mich in dieser Folge einigermaßen verwirrt zurückgelassen.
Dass die juristische Beurteilung klar ist, mag ja sein. Da kenne ich mich um ehrlich zu sein nicht aus. Da gibt es doch aber sicher einen Spielraum, wie z.B. das Tragen von Masken oder das Ersetzen einer Impfung durch einen negativen Test?
Die ethische Seite müssten Philipp und Ulf aber wirklich nochmal überdenken. Jene Menschen, für die erst im September/Oktober Einschränkungen aufgehobenh werden (das heißt es nämlich, wenn man erst im Juli/August geimpft wird), haben allen Grund, wütend zu sein. Vor allem, wenn man bedenkt, dass viele von ihnen am meisten unter den Einschränkungen zu leiden hatten. Da finde ich es fast zynisch, dass auf die Sommerferien verwiesen wird. Die zu nutzen ist nämlich für diejenigen, für die sie gelten, sowieso unerreichbar. Nur weil die Impfpriorisierung und und die Aufhebung juristisch zwei unterschiedliche Dinge, bleibt die Situation für die Betroffenen doch trotzdem total ungerecht. Das kann man doch nicht als Neid abtun und sagen, dass die Politik darauf gar nicht erst eingehen sollte. Ich finde, dass man da zumindest etwas Solidarität erwarten kann, auch wenn Beschränkungen faktisch aufgehoben sind.

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Da gebe ich dir schon sehr recht. Vieles wirkt da leider auch wie Klientelpolitik, weil man will ja seine Wähler gewogen stimmen. Ich finde es in diesem Zusammenhang auch schlimm, dass für über 65 jährige nicht ausnahmslos nur Astra Zenica verimpft wird und für die jüngeren der Rest. Es gibt nun mal diese Empfehlung, dass Astra Zenica nur für über 65 verimpft werden soll, weil es ein höheres Risiko für Jüngere gibt. Statt dessen lässt man zu, dass Impftermine ignoriert werden bis das „gute“ Zeug da ist, welches faktisch eben für die Jüngeren bestimmt wäre. Aber ist ja ok, weil die Prio-Gruppe keine Lust auf Astra hat bieten wir es halt dem Rest mit höherem Risiko an, ist ja viel vernünftiger und solidarischer.

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Ich glaube auch, dass die gesellschaftlichen Folgen der unterschiedlichen Behandlung dieser Gruppen interessant werden.

Ich verstehe die medizinische und epidemiologische Situation, dass es für Geimpfte einigermaßen sicher sein kann und ich erkenne ebenfalls die Verfassungsinterpretation an. Dennoch bleibt ein Gefühl der Ungleichheit und dass man unfair behandelt wird und ich versuche mal darzulegen, woher das meiner Meinung nach kommt.

Freiheiten für Genesene könnte es seit bereits einem Jahr geben, waren aber nie wirklich groß in der Diskussion, obwohl es mittlerweile 3,4M gebe. Jetzt kommen die Geimpften hinzu, welche nun Ihre Rechte zurückerhalten sollen. Stand heute: 24,5M insgesamt 6,9M 2x geimpft. Das sind natürlich einige und die Diskussion denen Ihre Rechte zurückgeben zu wollen ist verständlich. Jeder will wieder seine Freiheiten haben.

Und ich stoße mich hier ganz deutlich an der Unterdrückung der Diskussion durch das Wort „Neid“. Es geht nicht um Neid. Fast jeder Missstand in der Gesellschaft könnte durch das Wort „Neid“ unterdrückt werden. Höhere Besteuerung der Reichen könnte als reine Missgunst der Ärmeren abgetan werden. Der Mietendeckel könnte ebenfalls als ein Neid der Mieter auf den Vermieter abgetan werden. So einfach sollten wir es uns aber nicht machen.

Vor einigen Folgen wurde und der LdN (Januar oder Februar) der Ethikrat zitiert und es wurde dargestellt, dass die Rückgabe der Rechte an die Menschen sich an der Möglichkeit der gemachten Impfangebote orientieren sollte. Nun scheint diese ethische Diskussion jedoch überholt und die Auslegungen des Verfassungsrechtes greift stärker. Ok, das kann man so hinnehmen, allerdings fühlen sich dann einige Übergangen und unfair behandelt.

Es wird so kommen, dass jüngere Menschen sich nun absichtlich anstecken werden, weil die Aussicht auf eine zeitnahe Impfung so weit weg ist und man im Sommer seine Freiheiten ausleben möchte. Das wird ein Risiko.

Und man muss meiner Meinung nach auch sehen, dass wir heute, wenn wir gerade über die Rückgabe der Freiheiten sprechen, noch immer 5000 Menschen auf Intensivstationen haben und die Zahlen erst seit 1 Woche sinken. Die Situation hat sich an dem Ende noch keines Falls so deutlich entspannt, dass man öffnen könnte.

Und warum gönnen wir den Menschen nicht einfach ihre Freiheiten und nehmen diese freudig hin und warten geduldig, bis wir an der Reihe sind?

Das liegt daran, dass es keine wirkliche Belohnung für unsere Solidarität gibt. Die Menschen haben sich extrem eingeschränkt und oft treu die Regeln befolgt. Aber was ist denn die Belohnung für unsere Bemühungen? Ich habe nun die Argumente gelesen, dass man sich sich gut fühlen sollte, weil durch das eigene handeln Menschen noch gesund und am Leben sind. Durch die Impfung anderer sei man ja auch sicherer. Man sollte sich freuen, weil die Gesellschaft wieder zu Leben kommt.

Aber wir haben ja gesehen, dass ein „Danke und Beifall“ nicht ausreicht. Menschen wollen eine Belohnung und diese ist nur dünn.

Es gibt einen 600€ Home Office Bonus. Dieser kann aber nur in die Werbungskosten gehen und wird erst ab 1000€ angerechnet. Also wieder Hindernisse. Was gibt es noch für unsere Einschränkungen?

Eltern, Lehrer, Pfleger (bekommen etwas, wenn auch gestückelt und nicht jeder), Musiker, Künstler, Kleinunternehmer, Gastronomen, etc. bekommen extrem wenig für die Einschränkungen, die wir erdulden mussten.

Und es gibt große Ausnahmen für die Teile der Gesellschaft, die eine starke Lobby haben. Beispielsweise Großunternehmen und Spitzensport (EM, Budnesliga, Hadnball WM, etc.) und nun kommen die Geimpften und Genesenen hinzu.

Hier drängt sich auch die Frage auf, ob das nicht politische Taktik der CDU ist, da die meisten der Geimpften, Rentner sind und somit in die Kernwählerschaft der Regierungspartei gehören. Oder will sich gerade jede Partei als die Partei darstellen, die die Freiheit zurückgibt? Macht sich gut für eine Wahl und sobald man im Club ist freut man sich mit denen…

So gibt es noch viel mehr Beispiele, wo man sich einfach abgehängt und allein gelassen fühlt und am Ende nicht mehr weiß, warum und wem gegenüber man sich eigentlich Solidarisch verhalten hat. Eine Solidarität der Geimpften gegenüber denen, die noch kein Impfangebot bekommen haben wird scheinbar nicht eingefordert.

So spaltet die Krise in noch viel mehr Bereichen als nur den Freiheiten der Geimpften und Genesenen…

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Hier ein Nachsteuern in der Debatte bzgl. der „moralischen“ gesellschaftlichen Diskussion finde ich auch wichtig.

Und insbesondere (siehe hierzu meinen Post im Thread zu Freiheiten für Geimpfte):
Der Zusammenhang zwischen „Wild-West“-Impfterminvergabe (ab nun PrioListe3) und Freiheitsrückgewähr muss ausgeleichtet werden. Wer wird denn mutmaßlich bei WildWest zu den Gewinnern der baldigen Impftermine zählen? Mehrheitlich der privilegierte Teil der Bevölkerung (rein epidemiologisch betrachtet ok, denn jede Impfung hilft). Wenn nun noch Öffnungen für diesen Teil hinzukommen, winken bald Anwält*innen und Verwaltungspersonal den Angestellten des ÖPNV und den Supermärkten aus dem Biergarten zu (obwohl alle Impfberechtigt sind, defacto werden sich die „stärkeren“ bei der Terminvergabe vermutlich durchsetzen).
Das könnte zu einer (weiteren) Schieflage in der Gesellschaft führen.

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Meine Rede! Das bleibt echt spannend. Und ich frage mich wirklich, wieso man nichts mehr vom Ethikrat hört aktuell…

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Ich stimme dir zu. Ich denke auch, dass die CDU hier die während der gesamten Pandemie Klientelpolitik betreibt. Anders kann man das Ignorieren von großen Betrieben nicht nachvollziehen und auch die jetzigen Entscheidungen. Deswegen werden sich Kinder und Jugendliche konsequent benachteiligt, denn sie können ja im September nicht wählen. Ich hoffe auf eine große Mobilisierung junger Menschen um die CDU/CSU in die Opposition zu schicken. Nur so haben wir jungen Menschen eine Zukunft.

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Ich bin grundsätzlich auch der Meinung, dass die Einschränkungen für Geimpfte aufgehoben werden sollten. Ein wesentliches Argument hierfür, das ich bisher nur selten gehört habe, ist, dass dadurch eben auch die Eingeschränkten Wirtschaftszweige wie Kleinkünstler oder Restaurants usw. wieder ihren Betrieb aufnehmen können.

Während ich das Aussetzen der Testpflicht begrüße, halte ich den Zeitpunkt für Restaurantbesuche usw. aktuell für denkbar ungünstig. Es sind nur 6,9 Millionen vollständig geimpft (evtl. sogar weniger, da man nach der 2. Impfung ja noch 2 Wochen warten muss). Davon ist ein nicht unerheblicher Teil im Altersheim und kann daher kaum von den Lockerungen profitieren. Es sind also nur sehr wenige Menschen, die davon profitieren. Dagegen gibt es vermutlich 50 Millionen Menschen, die auf einen Impftermin warten bzw. darauf warten, dass sie sich einen holen dürfen. Für diese 50 Millionen ist es gefühlt eine Ohrfeige. In einem Monat fände ich das passender. Da wären 20 Millionen mehr geimpft und der Rest hätte größtenteil immerhin einen Impftermin.

Was das ganze aus meiner Sicht noch verschlimmert ist, dass der Ethikrat aus meiner Sicht mit der Impfpriorisierung primär nur betrachtet wurde, wie groß ist das individuelle Risiko bei einer Infektion mit Corona, daran zu sterben. Ein wesentlicher Punkt dabei ist aber auch, wie stark ist jemand exponiert. Die Exposition spielt bei der Priorisierung keine Rolle. So werden z. B. momentan junge Rentner geimpft, die sich selbst extrem gut isolieren können. Eltern dagegen sind oft selbst berufstätig und haben Kinder, die in Kita/Schule gehen und sind damit einem sehr hohen Risiko einer Infektion ausgesetzt, das sie auch nicht vermeiden können.
Eine weitere Personengruppe, die vollständig vergessen wurde, sind gesunde Frauen mit Kinderwunsch. Die werden aktuell nicht geimpft und falls das mit dem Kinderwunsch klappt, dürfen sie nicht mehr geimpft werden, obwohl sie inklusive ungeborenem Kind Risikogruppe sind.

Vor diesem Hintergrund der Verteilungsungerechtigkeit der Impfungen, finde ich die Rücknahme der Beschränkungen in der aktuellen Form wieder nur ein weiteres Versagen der aktuellen Politik.

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Wenn jene Menschen schon allen Grund zum erwüten haben, was geht dann wohl in Denen vor, die gar kein greifbares Zieldatum vor Augen haben?

Ich denke für die Beleuchtung des Themas ist Sozialpsychologie gefragt.

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Dass die Beschränkungen für Menschen, die nicht mehr für die Pandemie relevant sind - Genesene, Geimpfte - nicht mehr gelten ist richtig, sowohl rechtlich als auch ethisch.

Die Frage, die sich mir stellt, ist: wenn die persönliche Freiheit an der Impfung hängt, ist es dann nicht geboten, dass auch jeder die Chance hat, geimpft zu werden? Ich warte aktuell noch. Das heißt, weil ich noch nicht dran bin, werde ich nicht geimpft, meine Rechte werden aber aus diesem Grund eingeschränkt. Ich habe darauf keinen Einfluss und das System ist dermaßen undurchsichtig, dass irgendwas zwischen morgen und 2022 für den Impftermin realistisch ist.

Dazu kommt, dass die Impfpriorisierung nicht so fix ist, wie suggeriert wurde. Es wird auf die StIKo verwiesen, aber die Priogruppe 2 ist politisch (!) aufgeblasen worden. Es wurden NICHT die Pandemietreiber (Menschen mit vielen Kontakten) aufgenommen, sondern die, die politisch gewollt verfügbar sein sollten, Lehrer und Erzieher. Das ist grundsätzlich richtig gewesen, es wurde aber aus den falschen Gründen gemacht.

Und für jede Impfung, die da vorgenommen wurde, ist jemand anderes nach hinten gerutscht.

Ich bin inzwischen auch der Meinung, dass die Anpassung der Impfreihenfolge und die aktuellen Lockerungen zumindest teilweise Klientelpolitik sind. Eigentlich müssten hier die, die jetzt die Freiheitsrechte zurückerlangen, aus Solidaritätsgründen freiwillig nach Möglichkeit verzichten, also eben nicht große Treffen veranstalten oder exzessiv Shopping betreiben.

Für mich bleibt die Frage, ob es die beste Strategie ist, hier so offensichtlich einzugreifen, und zwar nicht zur Pandemiebekämpfung, sondern um das Wirschaftsgefüge vermeintlich zu stützen. Dabei sind die Kosten, die durch Unterlassen von Maßnahmen und deren Verwässerung entstanden sind, meiner Meinung nach viel höher sind als die, die durch konsequente Maßnahmen entstanden wären.

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Freundlicherweise fordert der BDI nun, Betriebsärzte früher in die Impfkampagne einzubinden um „Impfzentren und Hausärzte zu entlasten“. Wie diese bei der Mangelverwaltung entlastet werden sollen, indem knappe Impfstoffe nun auch noch an Betriebsärzte geliefert werden sollen entzieht sich vollkommen meinem Verständnis. Vielleicht bin ich aber auch einfach zu dumm. Im Grunde handelt es sich doch hier mal wieder nur um den Versuch, die Impfpriorisierung zu umgehen und die ohnehin von der Politik bevorzugt behandelten Betriebe so schneller durchzuimpfen? Falls die Argumentation des BDI Gehör fällt sie eindeutig unter „Klientelpolitik“.

BDI fordert, Betriebsärzte früher impfen zu lassen

Nach Impfzentren und Arztpraxen sollten nach dem Wunsch der deutschen Industrie Betriebsärztinnen und -ärzte früher als bisher geplant in die Impfstrategie eingebunden werden.

In vielen Unternehmen stehen die Impfstraßen für den Einsatz bereit. Statt das Impfpotenzial der Betriebsärzte jetzt flächendeckend zu nutzen, verspielen Bund und Länder einen weiteren Monat.
Siegfried Russwurm, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI)

Russwurm sagte weiter, die mehr als 12.000 Betriebsärzte und -ärztinnen könnten die Arztpraxen und Impfzentren bereits im Mai entlasten. Stattdessen sei ihr Einsatz erst ab dem 7. Juni geplant.

https://www.zeit.de/politik/deutschland/2021-03/coronavirus-deutschland-aktuell-lockdown-rki-neuinfektionen-live?liveblog._id=urn:newsml:localhost:2021-05-06T10:27:44.228298:0b28d18d-16f9-401f-a70d-85ba73af43db__editorial

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Was ich immer sehr seltsam fand, war dass wir diese Debatten nicht viel früher geführt haben - der richtige Zeitpunkt wäre vor dem Beginn der Impfkampagne gewesen. Ich hoffe einfach mal, dass wir uns für eine ähnliche Priorisierung entschieden hätten - einfach aus purer Menschlichkeit. Aber es ist doch vollkommen klar, dass sich viele jetzt übergangen fühlen.

Aber es hätte in einer demokratischen Gesellschaft vor der Aufstellung dieser Prioritäten absolut klar sein und diskutiert werden müssen, dass die Rückgabe von Freiheitsrechten an eine Immunisierung geknüpft sein würde und dass dies bestimmte Bevölkerungsgruppen notwendigerweise benachteiligt. Zumindest das ist der Staat wirklich schuldig und muss dann für das Vorgehen werben, das für ricchtig erachtet wird. Aufklärung, Kompromisse und Solidarität wären die Folge gewesen.

Es ist einfach befremdlich, dass jetzt einfach von Neid geredet und die juristische Keule geschwungen wird, nachdem sich kurz nach der Impfung der Entscheidungsträger selbige nun daran erinnern, dass man Grundrechte zurückgeben müsse.

Mich wundert insbesondere, mit welcher Selbstverständlichkeit die Schutzwirkung durch den Impfstoff übersteigert und die Risiken die von Gemipfte für die Bevölkerung ausgehen heruntergespielt werden um das Maximum an Individualrechten trotz unsicherer Datenlage herauszuholen. Alle vernünftigen Quellen relativieren viel stärker weil wir noch viel zu wenig wissen und die dazu nötigen Studien verpennt haben.

Wenn eine so komplexe politische Debatte als einfach und alternativlos dargestellt wird (sowohl in den Medien als auch in der Lage) sollte man doch schon skeptisch werden, oder? Kann man sich da nicht wenigstens zugeben wie schlecht die Datenbasis ist und wie viel davon noch ein pures Ratespiel ist?

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(habe mal den Link dazu kopiert und in diesem Kommentar eingefügt)

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Das habe ich mir auch gedacht. Wir haben nicht mal ansatzweise ausgelastete Impfzentren und sollen jetzt noch die Betriebsärzte involvieren. So müssen sich die Spender und Wähler der CDU/CSU zumindest nicht mehr heimlich udn auf dubiosen Wegen Ihre Impfung sichern, sondern können doch wunderbar gewollt anderen die Impfung wegschnappen. Vor allem verstehe ich diesen Quatsch echt nicht, wenn man bedenkt, dass nicht mal alle Priogruppe durchgeimpft sind. Durch die Hausärzte wurde doch schon eine Priogruppen Grauzone geschaffen, dass sollte bei der Knappheit der Impfstoffe reichen.

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Alena Buyx, Ethikrat, zeigte gestern bei Maybrit Illner Verständnis (direkt zum Videoausschnitt)

ebenso Ende April bei Markus Lanz:


Seh’ ich genauso.

Ebenfalls unter Klientelpolitik (oder, mit Verlaub, Wichtigtuerei/Standesdünkel) würde ich die Forderungen von Ärzteverbänden nach mehr und mehr Impfstoff vermuten.

Was soll das? Machen die Praxen am Impfen überhaupt Gewinn, mit allem drum und dran (im Vgl. zu was sie sonst machen würden)?

Das führt doch nicht dazu, dass auf magische Weise Impfstoff hergezaubert wird. Sondern es ist bloß eine Umverteilung von den eher regulierten Impfzentren auf die in Hinsicht Priorität unregulierten Ärzte.

Keine Frage, es macht einen Sinn, soweit Leute Schwierigkeiten beim Zugang zum Impfzentrum haben. Oder soweit Zweitimpfungen in den Praxen zu machen sind.
Aber nur so weit wie nötig.

Die Regierungen haben durch die neuere AZ-Politik den Aufwand der Praxen in die Höhe getrieben. Aber das wird nicht besser, wenn wir die Impfzentren abschaffen.


edit: NRW-Gesundheitsminister Laumann ist drauf angesprungen:

Wer über 60 Jahre alt ist und nicht zu einer bestimmten Berufsgruppe gehört, sollte sich gleich in einer Arztpraxis melden. Wer nicht zu einer bestimmten Berufsgruppe gehört, bekommt kein Impfangebot in den Impfzentren mehr.

Naja, wenn man so hört, wo überall Leute auch ohne reguläre Priorität geimpft werden, seit es Impfstoff in Hausarztpraxen gibt, fällt es einem schwer zu glauben, dass die Praxen da keinen Gewinn machen würden. Im Zweifelsfall sogar steuerfrei.

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Nur weil er hier so gut reinpasst. Der Kommentar aus der gestrigen SZ:

08.05.2021 MEINUNGSSEITE

GRUNDRECHTE

Freiheit, bitteschön

VON WOLFGANG JANISCH

Wie viel Macht nimmt sich eigentlich ein Staat, der Menschen nachts in ihre Wohnungen sperrt - für ein bisschen mehr Infektionsschutz? Das Bundesverfassungsgericht hat die Chance für einen Weckruf verpasst.
[…]

Quelle: Grundrechte: Wo ist der Freiheitsdrang geblieben? - Meinung - SZ.de

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In der Debatte zur Rücknahme von Beschränkungen für Geimpfte und Genesene fehlt mir dieser Aspekt: Hauptsächlich zielen die Rücknahem der Beschränkungen darauf, wieder Dienstleistungen in Anspruch nehmen zu dürfen. Da geht es ums Reisen ohne Quarantäne, Friseurbesuche, Einkaufen im Geschäft, Essen im Restaurant, der Kino- oder Theaterbesuch. Meines Wissens nach arbeiten im Dienstleistungssektor vor allem gesunde „junge“ Menschen, also vor allem solche, die noch nicht im Rentenalter sind. Diese hatten bisher aber wenig Chancen, geimpft zu werden. Denn zwar wurden die Pflegeberufe und auch die sozialen Berufe bei der Impfpriorisierung bisher berücksichtigt, der Dienstleistungssektor aber nicht. Wir wissen, dass die Politik wenig Rücksicht auf Ansteckungsgefahren am Arbeitsplatz nimmt, weil es dazu kaum Regeln gibt.
Das heißt, Millionen Menschen, die im Dienstleistungssektor arbeiten, werden aus der Kurzarbeit geholt (finanziell für diese erstmal natürlich positiv), müssen sich dann aber einem erhöhten Ansteckungsrisiko am Arbeitsplatz aussetzen (wo ja dann nur die KundInnen immun sind), weil die Geimpften besondere Rechte genießen.
Meines Erachtens müsste die Politik sich gegenüber der Wirtschaft klar positionieren, dass keine Öffnungsdebatte geführt werden wird, solange nicht ein bestimmter Anteil der Bevölkerung geimpft ist. Denn sonst sind es mal wieder vor allem die prekär Beschäftigten, die die negativen Folgen tragen müssen.

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Also ich bin irgendwie ziemlich enttäuscht, dass auch in der aktuellen Lage nicht ausreichend eingegangen wird auf die hier zitierten, berechtigten Bedenken unter anderem des Ethikrates bezüglich gesellschaftlicher Spaltung.

[persönliche Attacken gelöscht]

@vieuxrenard
Wieso wird gelöscht, dass ich es anmaßend finde von jemandem ohne Philosophiereputation, den Solidaritätsbegriff eines renommierten Philosophen wie Habermas als „zu billig“ zu bezeichnen? Das ist doch weder eine Beleidigung, noch ein Angriff, nur ein Meinungsfeedback und eine Kritik der letzten Sendung. Ist Kritik hier nicht erlaubt?

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