Waffenlieferung an Ukraine - pro und contra

Hallo, ich habe lange keine Lage gehört. Bin jetzt vor kurzem wieder eingestiegen und jetzt auch Lage plus Mitglied damit ich es endlich wieder öfter schaffe. Mich würde einmal interessieren, ob es eigentlich eine Lage zum folgen Thema schon gibt: Waffenlieferung an die Ukraine pro und contra. Ich würde gerne etwas besser verstehen, warum sich immer so klar für Waffenlieferung ausgesprochen wird - auch bei euch im
Podcast. Ich selbst stehe dem eher etwas skeptisch gegenüber da ich einfach Angst habe, dass der Krieg eskaliert und andere Länder mit reingezogen werden und wir am Ende einen Atomkrieg haben.
Gibt es denn nicht noch etwas anderes, was wir tun können außer weiter auf Krieg mit Krieg zu antworten. Abgesehen davon, dass die Sanktionen Putin nicht weiter abgehalten haben.
Vielleicht wurde das Thema auch schon kontrovers bei euch diskutiert und ich habe es leider verpasst, dann nehme ich alles zurück. Habe im Lage Archiv gesucht bin aber nicht fündig geworden.

Hallo Sam. Ich finde die Anregung gut, es gab am Montag so eine Diskussion, die ich sehr empfehlen kann zwischen (u. a.) Carlo Masala und Johannes Varwick (StreitClub #6 "Europas Sicherheit - Sind wir auf Krieg vorbereitet?" - YouTube). Gut fand ich sie deshalb, weil mal beide Positionen ohne Zeitdruck dargestellt und miteinander diskutiert werden konnten.
Dabei hat sich aus meiner Sicht gezeigt, dass schon die Annahmen der beiden, warum Russland Krieg gegen die Ukraine führt, grundsätzlich verschieden waren. Einig waren sich beide, dass es nicht nur um die Ukraine selbst geht, sondern auch um Europa. Doch eine zweite wesentliche Differenz formulierte eine Moderatorin so: Masala sei dafür, die Ukraine (militärisch) zu stärken, um Europa zu retten, während Varwick dafür sei, die Ukraine für Europa zu opfern.
Diese beiden Punkte scheinen mir des Pudels Kern zu sein. Wenn ich denke, dass Putin mit ein paar Zugeständnissen zufrieden ist und dann wieder Ruhe im Karton ist - bin ich vermutlich eher dafür, klein beizugeben (so war im Kern auch die Reaktion des Westens 2014). Teile ich hingegen die Analyse, dass Russland fest entschlossen ist, die Ukraine als souveränen Staat auszulöschen oder zumindest entscheidend zu schwächen, so muss ich alles daransetzen, dies zu verhindern - nicht nur wegen der Ukraine und ihrer Bewohner:innen, sondern auch weil das Beispiel sonst Schule machen würde und wir es künftig sehr viel häufiger mit ähnlichen Kriegen zu tun haben dürften.
Soweit in aller Kürze zu den beiden Positionen, die man sich in dem verlinkten Video zwei Stunden lang anhören kann.
Kurz noch zu Deiner Skepsis bzw. Deiner Angst: Ich finde es gut, dass Du Begründungen für die Waffenlieferungen einforderst. Ich denke, die Diskussion sollte wirklich nicht sein: „Liefern wir jetzt Panzer oder auch Flugzeuge“, sondern: „Welches Strategie verfolgen wir in diesem Konflikt, welches Ziel haben wir? Wie können wir das am besten erreichen? Und wenn wir sagen, dass wir die Ukraine unterstützen wollen, wie machen wir das am besten?“ - diese Diskussion findet auch mir zu wenig statt. Auf der anderen Seite finde ich aber auch die angesprochenen Ängste kein gutes Argument. Ich bin mir sehr sicher, dass es auch bei Politik & Militär in NATO-Länder ein sehr starkes Interesse daran gibt, das Risiko für eine Ausweitung des Krieges und erst recht für eine atomare Eskalation so gering wie möglich zu halten. Auf Deutsch gesagt: Das beides will niemand! Allerdings ist das oftmals von Gegner:innen von Waffenlieferungen angebrachte Argument, diese würden quasi automatisch zu mehr Eskalation führen, einfach nicht stichhaltig. Es wird einfach nur sehr oft wiederholt. Aber der kausale Zusammenhang ist nicht gegeben. Weder ist es so, dass Russland seine jetzt begonnene Offensive nicht begonnen hätte, wenn es keine Entscheidung für die Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine gegeben hätte, noch ist es so, dass Russland jetzt allein aufgrund dieser Lieferungen Atomraketen losschickt.

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Analyse von Thomas Jäger - Warum Sie das Märchen von der „westlichen Eskalation“ nicht glauben sollten (msn.com)

Interessante Analyse zu den Waffenlieferungen des Westens und deren Eskalationspotential.

Zudem gibt es auch aus dem Umfeld der Müncher Sicherheitskonferenz die Forderung, das der Westen/NATO sich in Bezug auf den Ukraine-Konflikt klare Ziele setzen muss. Wie weit ist man bereit zu gehen, was ist das Ziel der Unterstützung der Ukraine genau? „Nicht verlieren“ ist schon sehr vage…

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Danke für den interessanten Link.

Mit den Zielen ist das so eine Sache:

  1. Gerecht wäre, wenn die Ukraine die Souveränität über das Gebiet, das ihr völkerrechtlich gehört, zurückbekäme (was übrigens die Unterzeichner des Budapester Memorandums „garantiert“ haben), die entführten oder gefangenen Ukrainer freigelassen würden, Russland Reparationen für alle Schäden des Krieges bezahlen würde, und die Kriegsverbrecher angemessen verurteilt und die Strafen vollstreckt würden.
    Leider hat der oberste Kriegsverbrecher den Befehl über eine der größten Armeen und vor allem ein signifikates Kernwaffenarsenal, sodass dieses Ziel vermutlich nicht erreicht werden wird.
  2. Wichtig ist, dass Russland den Krieg nicht gewinnt, damit es nicht bald das nächste Land überfällt. Da Putin Menschen offensichtlich ziemlich egal sind, ist das Maß dafür im wesentliche das kontrollierte Land. Da müsste Russland also zumindest signifikant schlechter dastehen als am 2021.

Zwischen diesen beiden Grenzen sollte man natürlich das Bestmögliche herausholen wollen, was die Lage auf dem Schlachtfeld hergibt, aber wo das genau liegen wird, ist aus jetziger Sicht unklar.
Da wäre eine zu starre Festlegung auf ein Ziel auch schwierig, weil es die Flexibilität einschränkte.

Eine Interessante Analyse bringt Oberst Markus Reisner vom Generalstab des österreichischen Bundesheeres im Podcast Strategie und Streitkräfte:

Allen Anschein nach gilt bei Waffenlieferung lediglich das Ziel „Russland darf nicht gewinnen“. Wann immer Russland im Vergleich zur Ukraine waffentechnisch die Oberhand zu gewinnen droht („Asymmetrie“), gleicht der Westen das gerade so aus. Um zu verhindern, dass Russland den Westen / die NATO in diesen Krieg hineinzieht, vermeidet man aber, dass die Ukraine im Vergleich zu Russland waffentechnisch die Oberhand gewinnen könnte.

Im Ergebnis führt dies zu diesem „Abnutzungskrieg“ (ich finde diesen Begriff einfach nur zynisch) mit so vielen, vielen Toten auf beiden Seiten („Zum Sterben zu viel, zum Siegen zu wenig“).

Übrigens: Auf die Frage, ob der Krieg über Verhandlungen beendet werden könne (wie gerade jetzt Habermaß wieder mal in der SZ gefordert hat) macht er die sehr unterschiedlichen Verhandlungspositionen deutlich:

  • Während es der Ukraine darum geht, mühsam ihr eigenes Territorium wieder zu erlangen und ihre Bevölkerung vor Tod, Mord, Folter, Vergewaltigung und Terror zu bewahren, …
  • hätte Russland - außer ihrem Gesicht - faktisch nichts verloren, wenn es sich bis zu den Grenzen der Ukraine zurückziehen würde. Es kämpft nicht auf seinem Territorium und die Infrastruktur ist unbehelligt. Ganz anders sieht das aus dem Blickwinkel von Putin und seiner Klicke aus.

Ohne die wesentliche Unterstützung kann die Ukraine nicht nur ihr Ziel nicht erreichen, sondern geht unter. Für die Ukraine geht es also um alles!

Was sollte die Ukraine dazu bewegen, Verhandlungen aufzunehmen, geschweige denn Konzessionen zu machen?
Warum sollten Putin oder die Russen verhandeln, geschweige denn Konzessionen machen? Wenn Russland den Krieg aufhört, ändert sich für Russland gar nichts.

Friedensaufrufe, die darauf abzielen, der Ukraine die notwendigen Ressourcen zu entziehen, um sich zu verteidigen (wie jetzt wieder von Schwarzer und Wagenknecht), können nur dazu führen, dass die Ukraine verliert und Russland gewinnt - und damit einen Anreiz hat, dies fortzusetzen, z.B. mit Moldawien, den baltischen Staaten usw.

Leider wissen wir nicht, wer im Westen welche Versuche unternimmt, zu Verhandlungen zu kommen. Wenn, dann wird das ganz sicher im Geheimen passieren. Ich würde es befürworten, wenn der Westen sich - unabhängig von der Ukraine - mit Russland an einen Tisch setzt und offen sagt: „Was können wir - die NATO, der Westen - Russland anbieten, damit Ihr Euch aus der Ukraine zurückzieht?“

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Die Gefahr ist, wenn man über die Ukraine hinweg entscheidet, was will man da anbieten?
Ähnlich wurde damals über die Tschechoslowakei entschieden, was Hitler aber nur bestärkt hat und in den 2. Weltkrieg mündete.
Da müsste man schon sehr genau überlegen, was man als NATO bietet, was für Putin interessant ist.
Für Russland wäre wohl ein intetessantes Angebot:

  • Rückzug der NATO und USA aus Europa
  • Russland übernimmt als „Weltmacht“ die Vormachtstellung in ganz Europa.

Ob das Prinzip der Demokratie dann noch Zukunft hat, und ob wir und die USA das wollen, brauchen wir wohl nicht weiter diskutieren.

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Natürlich könnte die NATO / der Westen nicht „im Namen“ der Ukraine verhandeln. Aber ich denke, wir fallen der Ukraine nicht in den Rücken, wenn wir eruieren, was wir von unserer Seite dafür tun können, damit Russland sich komplett aus der Ukraine zurückzieht.

Sollte da etwas Konkretes und für uns Akzeptables rauskommen, müsste man die Ukraine mit in diese Verhandlungen einbeziehen. Denn selbst wenn Russland sich zu 100% zurückzieht, wird es in jedem Fall um Sicherheitsgarantien geben.

Ob sich daraus etwas ergibt, weiß man nicht. Ich bin da pessimistisch. Aber man würde denjenigen, die immer wieder Verhandlungen (und teilweise den Stopp von Waffenlieferungen) fordern, den Wind aus den Segeln nehmen.

Selbstverständlich sind die von Dir genannten „Angebote“ indiskutabel.

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Ich bin bei den meisten Sachen bei dir, allerdings würde ich ein bisschen was zu dem Ergänzen, was für Russland auf dem Spiel steht.

Naja, du darfst den diplomatischen und außenwirtschaftlichen Scherbenhaufen nicht vergessen, den Russland bereits jetzt verursacht hat. Wie schnell der wieder repariert werden kann, steht in den Sternen, dürfte aber wohl Jahre dauern.

Und sollte Russland sich zurückziehen, ist seine Glaubwürdigkeit als Regionalmacht empfindlich geschwächt, denn vor dem Krieg sind viele davon ausgegangen, dass Russland ein Land wie die Ukraine sehr schnell würde erobern können, was ja nicht der Fall war.

Dazu kommt, dass es Gerüchte gibt, dass der FSB eigentlich mittels Schmiergeldzahlungen den Zusammenbruch der Ukraine bei Beginn des Krieges beschleunigen sollte und das soll komplett in die Hose gegangen sein. Wie gesagt, nur Gerüchte aber auch keine ganz unplausiblen.

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Hier geht es in erster Linie um das politische (und reale?) überleben von Putin. Dazu gibt es genug Hardliner wie Kadyrov aus Tschetschenien, die Ostdeutschland gerne wieder unter russischer Besatzung sehen würden.
Putin sieht perspektivisch Russland als bestimmende Ordungsmacht in Europa. Also möchte den amerikanischen Einfluss aus Europa verdrängen. Sieht China dabei als Ordungsmacht in Asien, und Afrika teilt man sich quasi.
Wenn man diese „grosse“ Zielsetzung Russlands berücksichtigt hat Putin viel zu verlieren, und die USA/der Westen wenig attraktives zu bieten, was langfristig Frieden garantiert.
Solange die Hardliner das Sagen in Russland haben, sind Verhandlungen schwierig. Initiativen sind sicher gut vom Westen aus, aber sollten inhalte haben.
Das es aus rein russischer Sicht ein anderes Sicherheitsdenken oder „gefühltes“ Bedrohungsszenario von seiten der NATO gibt, sollte man nicht völlig vom Tisch fegen, wenn man ernsthaft verhandeln will.

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Ich bezweifle, dass Putin sich jemals so in die Karten schauen lässt. Mal angenommen es gelingt der Ukraine, weitere Gebiete von russischer Besatzung zu befreien (was ja leider keineswegs ausgemacht ist, eben aufgrund der Art der Waffenlieferungen, die Du beschrieben hast): Selbst dann glaube ich eher an ein de facto Einfrieren des Kriegs als daran, dass Putin offen seine Karten auf den Tisch legt und sagt „Wenn Bedingung X, Y und Z erfüllt sind, pfeife ich meine Leute zurück“ - aber das ist jetzt zugegebenermaßen reine Spekulation. Wünschen würde ich mir eine „vernünftige“ Aushandlung von Interessen auch - aber niemals über die Köpfe der Ukrainer:innen hinweg. Die haben gerade die einmalige Chance, dass der Westen sich sich für die interessiert und sie auch braucht - das wird aber nicht ewig so sein (siehe beispielsweise die Kurd:innen in Syrien/Nordirak, die von Interesse waren, um den IS zu bekämpfen. Inzwischen „darf“ Erdogan da de facto besetzen und auch morden wie er will und sich nebenbei als der große Friedensvermittler in der Ukraine aufspielen).

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Die Kosten für Russland sind ohnehin enorm, innenpolitisch, außenpolitisch und ökonomisch. Aber das gilt unabhängig vom Zeitpunkt und der Art und Weise des Kriegsendes. Und außer den politischen und ökonomischen Eliten in Russland und ihren Fans weltweit findet das doch auch niemand wirklich schlimm, oder?

Mal ein anderer Aspekt.

Wir unterstützen die Ukraine richtigerweise ja in ihrem Kampf gegen Russland.
Dafür räumen wir unsere Bestände, speziell Munition, teils leer, selbst die USA fangen an zu rechnen.
Wenn jetzt z.B. China sich das noch ein Jahr anguckt und 2024 mit gefüllten Arsenalen Richtung Taiwan aufmarschiert, hat die USA dann noch genug im Köcher?
Wenn Russland nach einer gewissen Pause nochmal gen Westen zieht, wie verteidigungfähig ist die NATO dann wieder?
Mal sehr hypothetisch…

5 Beiträge wurden in ein neues Thema verschoben: China und Taiwan

Bevor das hier ganz zu einem Spekulationsthread über einen möglichen Krieg um Taiwan und die Waffenbestände der USA wird, würde ich gerne nochmal auf das ursprüngliche Thema zurückkommen: Die Diskussion über Waffenlieferungen an die Ukraine. Dazu gehört für mich auch die Frage, wie über diese Frage diskutiert wird. Ich habe gestern eine Diskussion im Deutschlandfunk gehört, bei der es um Pazifismus ging. Spannend fand ich dabei die Position, diesen nicht grundsätzlich zu verwerfen, aber trotzdem deutlich zu machen, dass Unterstützung für die Ukraine wichtig ist. Dabei wurde auch das Manifest von Wagenknecht und Schwarzer (aus meiner Sicht zu Recht) deutlich kritisiert. Dennoch wurde gesagt, dass es wichtig ist, über solche Positionen zu diskutieren und sie nicht nur zu bashen. Als ein Grund wurde genannt, dass es viele Menschen gibt, die eben nicht fest auf einer Seite stehen, sondern irgendwo dazwischen und die sich mitunter nicht mehr so recht trauen, sich an einer so polarisierten Debatte, die oft auf Fragen wie „Waffen ja oder nein“ zugepsitzt ist, teilzunehmen. Nur zur Klarstellung: ich referiere diese Positionen hier nur, weil ich sie interessant fand, die Sendung selber ist hier zu finden: Krieg in der Ukraine - Hat der Pazifismus noch einen Platz? | deutschlandfunk.de

Die Diskussion begleitet uns ja jetzt schon eine Weile und nach meinem Eindruck ist es so, dass beide „Lager“ in der der Diskussion an bestimmten Punkten argumentative Schwachstellen oder auch Leerstellen hat. Der Einfachheit halber möchte ich die Diskussionslager als „Team Vorsicht“ und als „Team Entschlossenheit“ beschreiben, auch wenn das natürlich die Graustufen nicht einfängt und diese Beschreibung auch schon eine Wertung enthalten mag. Ich will es mir gerade nur etwas einfacher machen. Explizit ausklammern möchte ich hier das „Team Ukraine aufgeben“ um Schwarzer und Wagenknecht. Das hatte bzw. hat zwar Überschneidungen mit „Team Vorsicht“, hat sich aber spätestens mit dem so genannten „Manifest für den Frieden“ weitgehend vom „Team Vorsicht“ gelöst.

Das „Team Vorsicht“ hat das Problem, dass es einerseits ein Unbehagen gegenüber den Waffenlieferungen hat und sich einen stärkeren Fokus auf Verhandlungen wünscht, dabei allerdings nur schlecht erklären kann, wie sich das Opfer eines völkerrechtswidrigen Angriffskrieges in Verhandlungen behaupten kann, ohne möglichst starke militärische Position. Hinzu kommt der Umstand, dass „Team Vorsicht“ schlecht erklären kann, wie verlässliche Verhandlungen für einen nachhaltigen Frieden mit einer Regierung gelingen können, der man gleichzeitig zutraut, sie würde, um einen persönlichen Macht- bzw. Prestigeverlust abzuwenden, im Zweifel auch weite Teile Europas und ggf. die ganze Welt mit einem Atomkrieg verwüsten.

Das „Team Entschlossenheit“ hat das Problem, dass sie zwar einerseits für sich reklamieren können, durch Stärkung der militärischen Möglichkeiten der Ukraine deren Verhandlungsposition zu stärken. Allerdings müssen sich die Anhänger dieser Denkrichtung die gefallen lassen, sie würden das Potential der Eskalation des Atomkrieges klein reden oder zu ignorieren versuchen.

Meiner Ansicht nach wäre ein konstruktiver Ansatz, um beide Positionen zusammenzubringen, geeignete Vorbedingungen für Verhandlungen zu formulieren. „Team Vorsicht“ bspw. plädiert ja eher für bedingungslose Verhandlungen, was von „Team Entschlossenheit“ bereits als Zugeständnis an Putin und seine Regierung gelesen wird. Vorbedingungen für Verhandlungen könnten m.E. die Spaltung der Lager auflösen. Diese müssten allerdings relativ hart sein, um das „Team Entschlossenheit“ auch im Boot zu halten.
Ich könnte mir bspw. vorstellen, wenn der Westen sich darauf einigen würde, als Bedingung für Verhandlungen den vollständigen Abzug der russischen Truppen aus der Ukraine inklusive Donbass und Krim zu stellen, dann könnte wieder diplomatisch Bewegung in die Sache kommen. Klar, dass würden die Russen jetzt nicht annehmen, würden es vielleicht sogar wieder unter das Opfer-Narrativ (die Krim) stellen. Aber sie hätten was, an dem sie sich abarbeiten können bzw. zu dem man sich vorarbeiten könnte.
Schwieriger historischer Vergleich zum Schluss: Aber das 14-Punkte Programm von Wilson ist 1918 auch erst mal von den Mittelmächten wütend zurückgewiesen worden. Nachdem sich gegen Ende des Jahres die militärische Lage geändert hatte, fand man das Deutschland auf einmal auch eine gute Gesprächsgrundlage…
Das soll jetzt nicht heißen, dass das hier genauso funktionieren könnte. Nur zur Erklärung wo mein Gedanke herkommt.

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Die beiden Positionen finde ich gut zusammengefasst. Allerdings müssen aus meiner Sicht noch mindestens zwei andere „Teams“ berücksichtigt werden: 1. Das „Team Antiamerika“ - also Menschen, die aus was für Gründen auch immer mehr oder weniger offen für eine Niederlage „des Westens“ oder gar einen Sieg Russlands sind und 2. das Team „Ignoranz“, das einfach nur will, dass alles wieder so ist, wie vor 2 Jahren. Was das heißen würde, darüber sind wir uns glaube ich einig, aber der Unterschied ist, dass ich diesen Leuten nicht pauschal unterstellen würde, dass sich dieser Konsequenzen bewusst sind und das auch so wollen.
Skeptisch bin ich allerdings, was einen möglichen Kompromiss angeht. Zum einen erscheint es mir praktisch unmöglich, dass „der Westen“ sich auf eine bestimmte Position einigt - denn die besagten „Teams“ gibt es ja nicht nur in Deutschland. Zum anderen ist m. E. das Problem, dass Putin überhaupt kein Motiv hätte, auf so einen Vorschlag zu reagieren, solange er noch andere Optionen für sich sieht, sprich: die Situation wäre eigentlich genau dieselbe wie jetzt. Ob und an welchem Punkt er sich für eine krasse Eskalation entscheidet oder vielleicht doch für einen (partiellen) Rückzug, vermag niemand zu sagen und genau das ist ja sein As im Ärmel - warum sollte er das ohne Not hergeben?

Ich bin weit davon entfernt, in dieser Frage mit der politischen Position der von Dir genannten Personen zu sympathisieren. Aber ich frage mich, was solche Polemiken bezwecken und an wen sie sich richten. Das ist für mich in etwa dasselbe Niveau wie „Wenn Du soscharf auf Krieg bist, dann geh doch selber in der Ukraine an die Front!“

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Ich meinte eher, auf welche Personen po hier im Forum das abzielt. Meine Vermutung wäre, dass Unterzeuchner:innen des Manifests hier eher selten aktiv sind. Und auch bei denen bleibt meine Frage offen, was du mit einer solchen Art der Ansprache bezweckst. Nur um Missverständnissen vorzubeugen: mir geht es nicht um inhaltliche Differenzen und erst recht nicht um eine persönliche Kritik,sondern um den Ton der Auseinandersetzung.

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Vielleicht ist es v.a. nur Ausdruck einer sehr verständlichen Wut über die Verfahrenheit der Situation, über die Existenz des schieren Bösen, der Ohnmacht angesichts der Atomdrohung, die völlig fehlende Friedens-Perspektive …

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So verständlich ich solche Emotionen finde, habe ich dieses Forum in der wenigen Zeit, die ich hier bin doch dafür schätzen gelernt, dass es hier gerade nicht zugeht wie bei Facebook oder Twitter,wo Kommentare vor allem der Abfuhr von Emotionen und einer Bestätigung der eigenen Position zu dienen scheinen. Ich täusche mich doch so ungerne :wink:

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