Wärmepumpen im Bestandsbau

Liebes Lage-Team,

Danke für euren Podcast im Allgemeinen und für eure detaillierte Aufdröselung komplexer Themen im Speziellen, wie zum Beispiel dem Gebäudeenergiegesetz und dem Thema Wärmepumpen. Ich habe das Gefühl, vielen ist immer noch nicht klar, was für ein Gamechanger diese Technologie in Zusammenhang mit den Klimazielen sein kann. Und leider gehören hierzu auch viele Leute vom Fach, die es eigentlich besser wissen müssten. Wir selbst wohnen in einem Altbau-Mehrfamilienhaus mir Gas-Etagenheizung, und mehrere Heizungsinstallateure, mit denen wir zuletzt zu tun hatten, haben beim Stichwort Wärmepumpe sofort die Augen verdreht und uns mit einem „wird im Altbau niemals funktionieren, ciao“ davon abgeraten. Nun gibt es durchaus Artikel online, die das Gegenteil behaupten, nämlich dass Wärmepumpen bei entsprechender Dämmung und neuen Fenstern durchaus effizienter als fossile Heizungssysteme sein können – auch in über hundert Jahre alten Gründerzeithäusern.

Es steht also ein bisschen Aussage gegen Aussage, und ich werde das Gefühl nicht los, dass viele traditionelle Heizungsbauer einfach noch keine Zeit oder keine Lust hatten, sich wirklich mit dieser neuen Materie zu beschäftigen. Da beim Thema WP sich oft auf den Neubau fokussiert wird, viele Menschen in Deutschland nun aber in teils über hundert Jahre alten Bestandsbauten wohnen, würde ich gern wissen, ob Ihr nicht einmal ein:n Expert:in auf dem Gebiet einladen könntet, der/die auf Basis konkreter Zahlen und praktischer Erfahrung die Möglichkeiten und Grenzen dieser Technologie gerade im Bestand aufzeigt. Denn hier wird es in den nächsten Jahrzehnten den massivsten Sanierungs- und Modernisierungsdruck geben und damit ein gigantisches Potential, Wärmepumpen zu verbauen

Danke und liebe Grüße,
Christian

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Ich hatte fünf Heizungsbauer zu Besuch in meinem Altbau, um unsere Gasheizung zu ersetzen. Habe mit der Planung vor ca 3 Jahren angefangen, lange vor Ukraine-Krieg und der politischen Diskussion. Damals wurde ich von den Heizungsbauern noch leicht amüsiert belächelt für die Idee, weg von fossiler Energie zu wollen.

Von den Heizungsbauern haben drei kategorisch verneint, dass eine Wärmepumpe funktionieren würde. Einer davon hat mir erklärt, dass die vorhandenen Heizungsrohre schlicht zu wenig Durchmesser hätten, um bei der niedrigeren Vorlauftemperatur genug Wärmeenergie zu transportieren. „Ich halte nichts von Wärmepumpen, die taugen alle nix“ sagte er zum Abschied.

Ein anderer wollte mir lieber eine Wasserstoffheizung einbauen. „Super innovativ! Und macht nebenbei noch Strom!“ „Und wie kriege ich Wasserstoff ins Haus? Das gibt’s wahrscheinlich nicht wie Camping-Gas, oder?“ „Nein, kein Problem, wir bauen einen Reformer ein.“ „Aha, und wie macht der Wasserstoff?“ „Na, aus der Erdgasleitung, die Sie schon im Keller haben.“ Aaargh.

Mein Energieberater konnte vorrechnen, dass es eben doch funktionieren wird, und hat am Ende Recht behalten. Wir heizen jetzt mit Erdwärme und die Bude ist warm.

Heizungsbauer erzählen viel, aber die neue Technologie Wärmepumpe wird von vielen schlicht nicht verstanden.

Es ist ein Deja-Vu. Mein früheres VW-Autohaus, wo man einst für die Frage nach einem Elektroauto ausgelacht und zu einem „Clean Diesel“ gelenkt wurde, ging inzwischen wegen der Diesel-Affäre pleite.

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Ich möchte den entscheidenden Teil deines Beitrags nochmal hervorheben, damit nicht
falsche Feststellungen hängenbleiben.
Wärmepumpen funktionieren.

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Das Stichwort hier ist Dämmung!
Egal welcher Heizungstyp, wir müssen anfangen die Altbauten ordentlich zu dämmen.
Dach, Aussenwand, Fenster, Kellerboden. Dann kommt auch eine fossile Heizung schnell runter. Ob dann eine WP kommen muss (würde dieses befürworten) ist zweitrangig.

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Das ist aber die Logik, nach der die traditionellen Heizungsbauer ihre Augen verdrehen, da die maximal mögliche Dämmung eben auch mit vergleichsweise hohen Kosten einher geht.

Erfolgversprechender ist da wohl ein gesunder tradeoff zwischen zielgerichtete Dämmungsmaßnahmen mit hohem Kosten-Nutzen-Verhältnis und dem damit zu erzielenden Wirkungsgrad der WP.

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Passend zum Thema:

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Die Frage ist halt auch wie man „funktionieren“ oder „effizient“ definiert.

Der entscheidende Punkt sind die Kosten von Strom und Gas.

Aber es gibt auch viele Heizungsbauer die halt selbst keine WPs einbauen können, oder wollen. Und die erzählen dann BS, wie dass Wärmepumpen das Haus nicht warm bekommen.

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So ist es. Aber den meisten Altbauten muss die Dämmung ohnehin gemacht werden. Da die Lohnkosten der entscheidene Faktor sind und nicht das Dämmmaterial kann man gleich sehr gut dämmen. Der Tradeoff funktioniert nur bedingt.

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Jep, meine ungedämmte Holzhütte mit Doppelglasfenstern ist deswegen auch im Winter immer schweinekalt :joy:

Echt Leute, alle Usecases die In Deutschland für unmöglich gehalten werden, gibt es in Skandinavien teilweise seit Jahrzehnten.

Sogar oberhalb des Polarkreises.

Mehrfamilienhaus, Altbau, Neubau, gedämmt, ungedämmt, geht alles.

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In meiner Lokalzeitung, der Märkischen Allgemeinen in Brandenburg, war heute im September ein knackig formulierter Leserbrief voller Desinformation gegen Wärmepumpen. Ausgewählt und mit Aufmacher-Stockfoto von der Leserbrief-Redaktion plus redaktioneller Einordnung: „Beim Thema Wärmepumpe hört für viele Menschen der Spaß auf.“

Lustigerweise war der weitgehend gleiche Text schon im April in Hamburg und im Mai in Thüringen jeweils als Leserbrief in einer dortigen Lokalzeitung abgedruckt worden.

Ich unterstelle nicht einmal, dass der Serien-Leserbrief-Versender Teil einer organisierten Kampagne ist. Vermutlich ist er Überzeugungstäter, so wie auch viele Diskutanten in Online-Foren :wink:. Alles die Folge davon, dass man in der Politik aus der Wärmepumpe erfolgreich einen Culture War machen konnte: Wenn die Grünen dafür sind, müssen wir dagegen sein, denn wir sind ja keine Grünen.

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Ich habe mal an die FAZ Deutschland Podcasterin, Frau Budras, ein Mail geschrieben und sie darauf aufmerksam gemacht, dass sie bezüglich Wärmepumpen ein oft verwendetes, aber dennoch falsches Narrativ und Framing verbreitet. Ich habe sie dazu auf folgenden (im Rahmen der Diskussion mit ihr 2x entschärften) Beitrag verwiesen:

Die Journalistin bleibt leider uneinsichtig.

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Zunächst mal zurück zum eigentlichen Vorschlag des ersten Beitrages.

Das Thema finde ich gut. Als Interviewpartner würde ich mir eine der folgenden Personen wünschen:

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Noch mal zum Verständnis (so wie ich das verstehe):

  • Eine Wärmepumpe macht aus 1kWh Strom 3-5kWh Wärme durch Energieentzug aus der Luft oder dem Boden.
  • Wenn ich für 1kWh Strom weniger Geld bezahle als für z.B. 4kWh Gas, dann wird es billiger, ansonsten teurer als bisher.
  • Ich zahle zur Zeit 11 Cent für Gas und 36 Cent für Strom. D.h. sobald der Wirkungsgrad/die Jahreszahl bei etwas über 3 liegt, wird es günstiger für mich.
  • Wenn ich dämme, brauche ich sowohl weniger Gas als auch weniger Strom.
  • Wo denke ich falsch?
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Nirgends. Die Punkte sind so alle richtig m.W. Klar, bissi vereinfacht und man könnte jetzt noch diverse wenn / dann ergänzen, aber grundsätzlich richtig.

  • Sinnvoll dämmen hilft egal welcher Energieträger genutzt wird.

  • Niedrige Vorlauftemperaturen bringen einige Ersparnis, brauchst Du aber entsprechende Fläche für die Abgabe der geringeren Wärme.

„Problem“ der WP ist halt, dass die Effizienz / die JAZ schnell sinkt, wenn Du hohe Vorlauftemperaturen, kleine Radiatoren / Wärmefläche und wenig gedämmt hast. Daher macht es auch durchaus Sinn zu schauen, wie die JAZ gerechnet wurde. Aber relevant ist dies ja primär für die rein wirtschaftliche Betrachtung. Für die ökologische Betrachtung kommt dann ja mit rein, ob Du Ökostrom oder Kohlestrom / Mix nutzt.

Letztendlich wie E-Auto fahren und Kohlestrom dafür nutzen :wink:

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Nicht falsch aber unvollständig: Die Dämmung wirkt bei der Wärmepumpe stärker als bei Gas, da neben der linearen Senkung des Wärmebedarfs auch der Steigende Wirkungsgrad der WP bei sinkender Vorlauftemperatur Wirkung entfaltet.

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Die erforderliche Vorlauftemperatur hängt doch eher von der Fläche der Heizkörper ab und nicht primär von der Dämmung, oder?

Es gilt im Gleichgewicht der erste Hauptsatz der Thermodynamik.

Wärmeerzeugung = Wärmeverlust

Daher gilt stark vereinfacht
k_Fußboden × A_Heizfläche × (T_Fußboden - T_Raum) = k_Hauswand × A_Hauswand × (T_Raum - T_draußen)

Daraus ergibt sich, dass die Raumtemperatur stark mit der Heizkörperfläche und der Dämmung (k_Hauswand) korreliert.

An sich sind beide Größen entscheidend. Eine schlechte Dämmung erfordert bei gegebener Heizfläche und Raumtemperatur eine höhere Vorlauftemperatur (hier Bestandteil in der Größe T_Fußboden). Eine kleine Heizfläche bei gegebener Dämmung und Raumtemperatur aber auch.

Im Ergebnis ist für die Effizienz beides Mist. Schlechte Dämmung oder kleine Heizkörper können bei Wärmepumpen nur ein Provisorium sein.

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naja, die Dämmung wirkt sich auf den Heizleistungsbedarf aus, die Fläche auf die Heizleistung bei einer bestimmten Vorlauftemperatur. Welche Gewichte diese beiden Faktoren haben, mögen Experten beisteuern.
Es lässt sich auf jeden Fall eine Formel aufstellen, die aus all diesen Faktoren letztendlich die Betriebskosten ermittelt. Anhand dieser können dann die (Finanzierungs-)Kosten der möglichen Umbaumaßnahmen mit dem resultierenden Einsparungen bei den Betriebskosten verglichen werden.

Es empfiehlt sich im Einzelfall eine Sensitivitätsanalyse zu machen, um herauszufinden, welches der „Weak-Link“ ist - die Dämmung oder die Heizkörper. Besonders ungünstig ist, wenn man hier sehr viel Aufwand in einen der beiden Faktoren steckt obwohl der andere effektiver wäre.

Da stimme ich zu, aber das wird man nur am Beispiel machen können.

Wie oben geschrieben, die Gleichungen sind stark vereinfacht. Eigentlich müsste man mit Wärmeströmen rechnen. Und für die Bestimmung von T_Fußboden muss T_VL in Abhängigkeit der differenzieren Leitungslänge und der umliegenden Bedingungen (ist da eine Wand oder eine Rohrleitung) bestimmt werden. Da kommen dann einige Differentialgleichungen zusammen, die am einfachsten numerisch am 3D Modell simuliert werden sollten.

Ich fürchte am Ende kommt einfach raus, dass beides wichtig ist und es keine universelle Daumenregel gibt. Aber das ist nur Bauchgefühl.