Veronika Grimm: Vorwurf der Befangenheit bei Wasserstoff

Ich gebe zu, da bin ich etwas übers Ziel hinaus geschossen. Ich gebe aber zu bedenken, dass im Gegensatz zu denen, die ich in der anderen Diskussion des Derailings bezichtigt habe, auch schon einiges auf die eigentliche Thematik geschrieben habe.

Allein hierzu habe ich oben Zweifel angemeldet. Befangenheit/Korruption in einem solchen Fall ergibt für mich nur Sinn wenn es naheliegt, dass sie ohne ihren Job bei Siemens anders entschieden hätte.

Ich habe oben selbst einen Zeit-Artikel verlinkt, der zeigt dass Grimm mindestens seit 2021 schon diese Position vertritt.

Und zusammen mit anderen habe ich versucht zu skizzieren, was seit Jahren die fachlichen Gründe für Grimms Position zu sein scheinen.

Drehen wir das Verhalten um. Nehmen wir an, dass Grimm seit 2024 auf der Payroll von

a) Northvolt oder
b) Greenpeace

stünde und 2021 H2 Antriebe abgelehnt hätte. Und 2024 würde sie auch weiterhin Subventionen für H2 Antriebstechnik ablehnen, da man das Geld für die Subventionierung von Ladestellen benötigt.

Oder noch besser, sie hätte 2021 H2 gefordert, aber nach ihrem Wechsel zu Northvolt/Greenpeace ihre Position in Ablehnung von H2 für den Güterverkehr geändert.

Ich bin mir sicher, du würdest ihr in diesem Szenario keine Befangenheit vorwerfen, sondern bestenfalls ihre Weitsicht loben. Für mich stinkt die Empörung sehr nach doppelten Standards. Befangenheitsvorwürfe auf eine angetretene Position zu folgern ergibt nur Sinn wenn die Position sich dadurch geändert hätte oder die Position völlig irrational begründet würde. Beides ist hier nicht der Fall. Also, what’s the deal?

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Ist das so? DLF Kultur verweist hier darauf, dass die Masse aus China kommt und verweist dazu auf Abbaugebiete und darauf, dass die Förderung in Australien vergleichsweise teuer ist.

Der größte Lieferant weltweit ist mit Abstand China. Vor allem durch ihre Abbaugebiete in der Inneren Mongolei nahe der Stadt Baotou.

Oder handelt es sich um ein Übersetzungsthema? Die meisten Seltenen Erden haben wir 2020 laut Statista aus Österreich (Austria, nicht zu verwechseln mit Australia) bezogen. Das liege aber an einer Zwischenhändlerrolle Österreichs.

Kannst du diesen scheinbaren Widerspruch irgendwie aufklären, bitte?

Für die Wallbox mag das sein. Da haben wir keinen Dissens. Die Ertüchtigung der regionalen Stromnetze (also auf Verteilnetzebene) sehe ich hier viel mehr als einen Bottleneck an. Ich sehe das beruflich. Die Bau- und Planungstrupps der VNB (Verteilnetzbetreiber) sind jetzt schon überlastet. Hinzu kommt die nötige Ertüchtigung von Wohngebieten. Die Jungs haben sicher keine Langeweile.

Behälterbau, Armaturen und Co. sind da wegen der Schwäche der chemischen Industrie vllt. eher froh über Arbeit. Wartung von H2 Behältern finde ich jetzt nicht so krass. Das ist im chemischen Umfeld Standardarbeit. H2 Speicherung ist kein Hightech. Frag mal bei Linde Gas nach.

Anyway, das wichtige Argument ist letztlich wie wir Risiken hedgen. Wenn wir uns voll auf Batterie- und Ladetechnik fokussieren, kann China uns problemlos in die Suppe spucken. Wollen wir so sehr auf eine Lösung setzen? Haben wir aus Russland nicht gelernt?

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Ist grundsätzlich ein guter Punkt, ist doch aber für Wasserstoff nichts anderes. Hierzulande können wir ihn nicht wirklich herstellen, da es uns massiv an Kapazitäten erneuerbarer Energien fehlt und die ganzen H2 und E-Fuel Ultras setzen sich meist gar nicht so stark für erneuerbare Energien ein. Heißt im Umkehrschluss, dass der Wasserstoff vermutlich lange aus fossiler Quelle gewonnen wird. Dann können wir auch die Diesel weiter fahren lassen, das ist kommt aufs gleiche raus. Oder man importiert aus irgendwelchen „Sonnenstaaten“ aus Projekten, die heute nicht existieren und deren Realisierung fraglich ist, wo wir wieder bei der Abhängigkeit wären.

Es ist heute bei den LKW schon so wie bei den PKW damals. „Wasserstoff hat nur Vorteile, Batteriefahrzeuge sind deutlich unterlegen.“ Heute ist es komplett umgekehrt. Die Zulassungszahlen für Batteriefahrzeuge sind schon immer vielfach höher als die von Wasserstofffahrzeugen. Der Markt schafft schon Fakten, über die sich noch Leute den Kopf zerbrechen.
Und mit Blick auf die Infrastruktur ist quasi schon sicher, dass in Kürze auch Ladeparks für LKW massiv ausgebaut werden. Haben bei PKW auch alle bezweifelt, funktioniert jetzt auch einwandfrei.

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Hier muss man schon relativieren. Tendenziell gibt ein vielfaches an Staaten, die Ammoniak (kein Wasserstoff) sehr effizient auf EE erzeugen könnten. Fast alle Nord- und Ostafrikanischen Staaten könnten Lieferanten werden. Dadurch würde das Risiko von einzelnen Staaten abhängig zu sein minimiert.

ABER, Prio 1 muss die Schiene für den Güterverkehr sein.

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Mir geht es ja nicht um den Wirkungsgrad. Ich habe nirgends angezweifelt, dass in der Breite genau deshalb Batterieelektrische LKW Standard werden. Und wenn ich Veronika Grimm richtig verstehe, dann sieht sie das durchaus auch so.

In der Masse ja. In der Logistik gibt es aber ja nicht nur ausschließlich Fälle wo die Kosten alleine der entscheidende Faktor sind, sondern auch solche wo Zeit das entscheidende ist, wozu teils sogar ein zweiter Fahrer eingesetzt wird. Auch können nicht alle Fahrzeuge auf reguläre Parkplätze. Natürlich könnte man jetzt auch die Flächen für Schwertransporte mit Ladeinfrastruktur ausstatten, aber das muss man dann ja auch erstmal machen.

Keiner behauptet ja, dass H2 der Batterie in der Logistik den Rang ablaufen wird.

Die Frage ob sich ggf. eine mehr oder weniger dichte h2-Infrastruktur lohnen könnte kann ja durchaus auch gestellt werden, wenn sie nur vergleichsweise seltene Anwendungsfälle betrifft.

Die Diskussion verläuft aber ja gerade so, als hätte Grimm Batterieelektrische Fahrzeuge generell in frage gestellt.

Nicht erstaunlich: Viele haben eine Steckdose zuhause, die wenigsten eine Flüssigwasserstoffpipeline. Zudem kann der PV Strom direkt zum Laden genutzt werden, ein Hsushaltselekrolysateur mit Kompressor ist noch nicht am Markt (Strom ist auch sicherer im Betrieb als freier Wasserstoff)

Aber selbstverständlich :grinning:

Kann es mal versuchen. Vorweg, jeder hat schon gehört, dass Lithium vor allem aus China kommt. Und zwar deshalb, weil Journalisten meist voneinander abschreiben, aber vor allem inhaltlich 0 Ahnung haben über was sie schreiben. Woher auch. Im konkreten Fall habe ich ein Interview mit einem Professor angehört, müsst ich nachschauen wer das war. Der hat das haarklein erklärt, wie die Lieferkette aussieht und wo noch Potentiale sind (die sind noch gewaltig). Deshalb ist auch das mit der begrenzten Ressource relativ. Da ihr alle nach Quellen verlangt, hier ersatzweise eine Graphik aus einer Roland Berger Studie.

Also praktisch nur Australien und Chile.
Die ganze Studie gibt es hier: https://content.rolandberger.com/hubfs/07_presse/Roland%20Berger_The%20Lithium-Ion%20Battery%20Market%20and%20Supply%20Chain_2022_final.pdf

Ich verstehe. Dann sprechen wir einfach über unterschiedliche Rohstoffe. Du sprichst von Lithium, viele Journalisten und auch ich von seltenen Erden. Lithium benötige ich im Akku, die seltenen Erden im Elektromotor.

Lithium gibt es fast überall, kommt aber überwiegend aus Australien und Chile, wirtschaftliche Lagerstätten seltener Erden gibt es überwiegend in China, Australien und schon wesentlich kleiner in Nordamerika. Gefördert wird bisher aber quasi fast nur in China.

Einigen wir uns auf ein Unentschieden. :wink:

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Die Studie spricht von der heutigen (2020) Produktion. Interessanter sind die Vorkommen.

Vorräte an Seltenen Erden im Vergleich (2021)

Die größten Vorräte Seltener Erden befanden sich nach Angaben von Statista im Jahr 2021 mit 44.000.0000 Tonnen in China, gefolgt von Vietnam (22.000.000) und Brasilien (21.000.000).

Was die Zahlen angeht hat auch die Deutsche Rohstoffagentur zu vielen Rohstoffen gute Übersichten. In dem Fall der seltenen Erden: https://www.deutsche-rohstoffagentur.de/DERA/DE/Downloads/m-seltene-erden.pdf;jsessionid=3CF8A5AEF7452BC6426095FDDBDD4437.internet962?__blob=publicationFile&v=5

Das finde ich auch insofern hilfreich, weil dort noch mal klar zwischen Reserven und Ressourcen unterteilt wird. Man sieht sehr gut, dass der überwiegende Teil, der technisch und wirtschaftlich aktuell förderbar ist in China liegt. Theoretisch gäbe es aber ausreichend Ressourcen, um sich von China unabhängiger zu machen.

Noch ein weiteres eingehen hierauf:

Da habe ich mich wohl einfach schlecht ausgedrückt. Mir ging es bei meinem Argument an der Stelle nicht um das konkrete Problem der Rohstoffe, sondern allgemein um Bottelnecks in der gesamten Kette der Energiewende. Ich wollte sagen, wenn wir Problem a) entschärfen hat das ggf. Auswirkungen auf Aspekt b) und es kann sehr gut sein, dass wir dann an anderer Stelle ein Problem haben, weil wir für unser nun verwendetes Produkt aus anderen Gründen nicht genug bereitstellen können.

Aber auch noch etwas zu den seltenen Erden an der Stelle. Ja, wir brauchen dann weniger für die E-Mobilität. Allerdings brauchen wir für Wasserstoff als Input wiederum mehr Windräder. In vielen Modellen werden Magnete verwendet, die als nicht unwesentlichen Rohstoff seltene Erden benötigen. Hier wäre auch wieder zu ermitteln, wie viel die Ersparnis auf der einen Seite gegenüber dem Mehraufwand auf der anderen Seite bringt. Ich kann das an dem Stelle schlicht nicht sagen und habe auch keine Untersuchung im Kopf. Wenn ihr da etwas kennt, dann freue ich mich über eine gute Quelle.

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Windräder werden in der Globalen Betrachtung eine eher die zweite Rolle bei den EE spielen.
PV ist im Vergleich zu Windkraft stabiler und vorhersagbarer. Außerdem sind die Investitionskosten niedriger und die Herstellung und Installation einfacher.

In Nord- und Mittel Europa und in Nord- Amerika wird wird die Windkraft natürlich eine deutlich größere Rolle einnehmen.

das ist doch häufig so, dass es den Posten erst gibt nachdem geliefert wurde.

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Genaue Zahlen kann ich hier auch nicht nennen, es sollte aber berücksichtigt werden, dass Brennstoffzellenfahrzeuge (FCEV) ja auch Elektrofahrzeuge sind (Fuel Cell Electric Vehicle) und daher ebenfalls Elektromotoren und eine HV-Batterie haben (diese hat ca. 10-20% der Größe einer BEV Batterie).

Wenn es also rein um die seltenen Erden geht, hat ein FCEV keine Vorteile, zudem die Brennstoffzelle auch einige kritische Materialien braucht (allerdings eher sehr geringe Mengen).

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Ist es nicht insgesamt schon nochmal komplexer? Ich denke da an folgende Aspekte:

  1. Strom zum Laden für LKW müsste ja vorwiegend in zum Abnahmezeitpunkt produziert werden. Jetzt sind aber ja gerade die Sonnenstunden auch die Hauptbetriebszeit von LKW. Das Heißt die Stunden mit viel PV-Ertrag können schonmal nur sehr eingeschränkt zum Laden genutzt werden.

  2. Der Ertrag eines Windrads ist stark Standortabhängig. Es wäre also möglich irgendwo so viel H2 mit einem Windrad herzustellen, dass es den schlechteren Wirkungsgrad von H2 kompensiert und somit nicht mehr Rohstoffe dafür gebraucht werden als wenn man jetzt z.B. das Windrad in Bayern aufstellt um dort LKW zu laden.

  3. H2 wäre leichter International zu handeln als Strom.

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Daraus müsste man ja folgern, dass Frau Grimm gar keine Expertin ist, sondern eine von Siemens Energy geschaffene Marionette die wissenschaftlich bisher nicht sauber gearbeitet hat. Das wäre mir dann doch arg weit hergeholt.

Da halte ich es für wahrscheinlicher, dass sie in den Aufsichtsrat geholt wurde eben weil sie eine Position hat wie sie sie hat.

Zudem ist Siemens Energy ist ein sehr breit aufgestelltes Unternehmen mit Produkten nicht nur für H2 sondern auch in der Stromgewinnung und Stromübertragung. Warum also so viel negative Publicity für ein bisschen H2-Netz?

Daher Punkte die ich hier einfach mal in den Raum stelle:

  1. Selbst wenn ein H2 Netz für LKW kommt ist ja nicht sicher inwiefern da dann Siemens Energy zum Zug kommt.
  2. Grimm ist keine Entscheidungsträgerin, sondern hier geht es lediglich um eine Empfehlung.
  3. Es ist klar, dass diese Konstellation öffentliche Kritik hervorrufen wird.
  4. Siemens Energy wird in der Industrie und anderen Bereichen ohnehin an H2 wie auch mit anderen Sparten verdienen
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Moment, das ist jetzt auch wieder einseitig. Weiter oben hieß es noch das Thema Schnellladen sei problematisch, aber das passiert doch unter anderem genau in der Hauptbetriebszeit?

Bitte dann auch berücksichtigen, dass man den Wasserstoff so wie Diesel und Benzin heute auch schon mit LKWs überall hingondeln muss, wo er gebraucht wird. Bei einem LKW für die Langstrecke braucht eine Tankfüllung ca. 80kg H2, ein Tanklastzug kann ca. 500-1000kg Wasserstoff transportieren. Also 1 LKW pro 6-12 zu tankender LKW. Transportiert man es flüssig, so sind ca. 3,5t möglich, also ca. 45 LKW. Aber dann auch nochmal 20-30% Energieverlust fürs verflüssigen.

Oder man baut für 3-4 stellige Milliardenbeträge ein neues H2-Netz auf (also mehr als nur das bisher geplante große Verbundnetz).

Das bestehende Gasnetz (bis ins Haus) kann man meines Wissens nach rein technisch (Dichtigkeit) nicht benutzen, bzw. nur unter Beimischung von H2 zu Erdgas.

Du hast recht. Viele Ladevorgänge bei denen es um Schnellladen ginge wären am Tag. Ich war da sehr in meinem Beispiel Schwertransporte gefangen, die natürlich ein Interesse daran haben mit minimalen Verzögerungen voranzukommen.

Also meines Erachtens sollte doch basierend auf dem Verbundnetz ein Transport auf der letzten Meile per LKW möglich sein. Ob dieses Netz auch für die Industrie ohnehin noch engmaschiger sein soll ist ja auch noch eine separate Frage.
Dafür steigt dann bei H2 ja wieder die mögliche Zuladung des LKW (wobei das ja auch nicht immer voll ausgenutzt wird, daher sicher auch nicht für alle Anwendungen relevant). Das heißt bei Transporten von schweren Gütern werden weniger LKW benötigt.

Aber ich will in der Diskussion ja auch gar nicht zu sehr ins Detail gehen. Wir werden hier nicht dafür verantwortlich sein wo sich Batterien und wo Brennstoffzellen durchsetzen. Die Hersteller jedenfalls fahren zweigleisig und haben dafür sicher auch fundierte Grüne. Für mich bleibt die Empfehlung von Frau Grimm einfach durchaus in der Gesamtbetrachtung nachvollziehbar und ist ja auch anders als sie von vielen (ganz schlimm war es auf Twitter) interpretiert wurde keine Empfehlung gegen Batterieelektrische LKW sondern es geht lediglich um eine Ergänzung durch H2.

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Man könnte auch das Schienennetz zur Verteilung heranziehen. Bahnhöfe würden dann über Kesselwägen mit H2 versorgt und können als zentraler Umschlagplatz von Schiene und Straße auch noch LKW betanken. So maximiert man die Zuladung (keine schweren Akkus), schont die Straßen, benötigt weniger LKW und kann schneller umschlagen.

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Das ginge technisch schon. machbar ist da, wie in vielen Fällen auf der rein technischen Seite sehr viel. Bei Dichtungen, die schon jetzt verbaut sind, ist es meines Wissens aktuell so, dass vor allem zu untersuchen wäre, wie viel Wasserstoff wirklich geht. das ist aber auch eher eine Frage, wie viel Mehrbelastung eventuell das Dichtungsmaterial hat und ob die Verlustraten irgendwann nicht mehr tragbar wären. Es ist dann eben mit einem entsprechenden wirtschaftlichen Aufwand verbunden, dass Netz zu ertüchtigen. Hinzu kommen diverse weitere Gründe, wieso man Wasserstoff nicht in der Fläche anwenden sollte und daher auch die Verteilnetze nicht umwidmen möchte. Klar ist das hier nicht das Thema, aber machbar wäre das.