Rechte Kampagnen nehmen Einfluss auf demokratische Prozesse

Die Union hat nur noch ein taktisches Verhältnis zu den Kirchen. Wenn die eine nicht genehme Richterin kritisieren, gibt’s Lob. Ansonsten sollen sie sich heraushalten.
Unionsfraktion: Sing mein Lied oder schweig still | DIE ZEIT

Hab ja das Sommerinterview nicht gesehen, danke an die Journalisten, die das für mich machen.

Er finde es „gut“, sagte Friedrich Merz am vergangenen Freitag bei der traditionellen Sommerpressekonferenz in Berlin, dass sich Kirchenvertreter, die meisten katholisch, mehrfach und zum Teil ablehnend dazu geäußert haben, ob die von der SPD vorgeschlagene Juristin Frauke Brosius-Gersdorf Richterin am Bundesverfassungsgericht werden soll. Mehr noch: Es sei das „gute Recht“ der Kirchen, so Merz, sich in dieser Frage zu melden.

Entlarvender geht es nicht.

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Zum Thema rechte Netzwerke ist noch folgende Recherche lesenswert.

Was also tun?

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Dazu mal zum heutigen ARD Sommerinterview mit Alice Weidel und ihren Narrativen:

Dass Vertreter einer gesichert rechtsextremen Partei Unwahres behaupten, ist gewissermaßen Standard.

Die Parallelwelt alternativer ‚Fakten‘ ist nicht neu.

Neu ist die Vernetzung und Kampagnenkoordinierung weit über die AgD hinaus.

Danke für den Faktencheck Mike.

Mittlerweile frage ich mich aber, ob die so wie hier durchgeführt, wirklich sinnstiftend sind.

Exemplarisch an der Frage des menschengemachten Klimawandels.

Weidel sagt: „Der Nachweis, dass der Klimawandel menschengemacht ist - also allein, monokausal, der ist doch gar nicht erbracht.“

Dazu schreibt der Faktencheck, die Aussage sei falsch, denn es sei wissenschaftlicher Konsens, dass der Klimawandel überwiegend menschengemacht sei.

Damit reden beide über unterschiedliche Dinge. Weidel sagt eine Binse und verschweigt dabei bewusst, dass natürlich auch weitere Faktoren den Klimawandel begünstigen, der Mensch aber der ganz maßgebliche Faktor ist.

Darauf geht die Tagesschau aber nicht ein, sondern tappt in die Falle, indem sie nicht die faktisch gemachte Aussage in den Kontext stellt, sondern binär das wertet, was Weidel vermutlich suggerieren wollte. Nun kann Weidel sich aber empört hinstellen und darauf verweisen, dass man sie mal wieder bewusst missverstanden habe, wie es auch Höcke und Gauland in der Vergangenheit taten.

Ich frage mich warum die Redakteure Frau Weidel da so auf den Leim gehen müssen.

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Das ist auch im Laufe der Interviews auffällig. Es wird bei offensichtlich falschen oder unsauberen Antworten nicht konsequent nachgehakt.

Man gewinnt schon das Gefühl das Fragen im Vorfeld abgestimmt sind, um das Interview zu bekommen. Oder zumindest was nicht gefragt werden darf.

Zumindest hat der Reporter versucht mal nachzufragen, aber Antworten bekommt man von vielen Politikern da nicht.

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Ja, das gehört zum „Spiel“ zwischen demokratischen Politikern und Medien. Weidel ist aber keine demokratische Politikerin, sondern Teil einer verräterischen Bestrebung unsere Demokratie zu zerstören. Solche Leute als normale Politiker einzuladen und zu interviewen, ist Teil des Problems, das sich in eh weitgehend ungelesenen und wirkungslosen Faktenchecks fortsetzt. Dass die dann auch noch so larifari formuliert sind, ist nur das letzte Glied einer langen Fehlerkette fehlender Sachkompetenz und versagenden journalistischen und politischen Urteilsvermögens. Insgesamt ein Musterbeispiel für die Gelingensbedingungen rechtsextremer Agitation und Kampagnen.

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Zur neuen Kampagne gegen Rechtsprofessorin Ann-Katrin Kaufhold:

Die Kampagne gegen sie läuft bereits: Ann-Katrin Kaufhold sei „ebenso wenig wählbar wie Frauke Brosius-Gersdorf“, schreibt Ulrich Vosgerau (CDU-Mitglied und häufiger Rechtsvertreter der AfD) auf der Plattform X. „Es gäbe für die Union gute Gründe, Kaufhold ebenso entschieden abzulehnen wie Brosius-Gersdorf“, befindet auch der frühere Focus - und Cicero -Redakteur Alexander Kissler auf dem rechtspopulistischen Portal Nuis . Denn angeblich beabsichtige Kaufhold „einen Komplettumbau der Gesellschaft“. Autor Josef Kraus, der frühere Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, sieht bei Tychis Einblick in Kaufhold „wohl die noch größere Gefahr für die Demokratie“.

Es sind also wieder alle üblichen Verdächtigen an Bord.

Vorgeworfen wird Kaufhold zunächst, dass sie sich auch mit Klimaschutzrecht beschäftigt und dabei Gerichten eine wichtige Rolle zubilligt.

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Ich bin gespannt, ob die Union bei Kaufhold auch umkippt. Bei Frau Professorin Brosius-Gersdorf kann ich noch entfernt verstehen woran sich einige Union-er stören. Aber bei Kaufhold ist das nun echt lachhaft.

Vor allem die Staatsstreich-Verschwörung erscheint mir völlig abwegig. Bei der nächsten Wahl nach einem AfD-Verbot würde die Union vermutlich viele ehemalige AfD-Wähler abgreifen und somit könnte die Union vergleichsweise stärker gewinnen.

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Das scheint die Union nicht so zu sehen, wenn man schaut, wie vehement sie sich von Anfang an dagegen wehrt. Oder sie fürchtet, dass rechte Positionen wieder als rechte Positionen wahrgenommen werden, wenn eine vom Wähler legitimierte Partei fehlt, die noch rechtere Positionen vertritt.
Auf jeden Fall hat Friedrich Merz eine interne Opposition in seinen Reihen, die im Verborgenen gegen ihn agiert. Jede geheime Abstimmung wird in dieser Regierung zur Zitterpartie werden. Bei der Kanzlerwahl konnte Merz noch auf die SPD zeigen, so sicher, dass das stimmt, ist das nicht mehr. Allerdings hat auch der SPD-Chef mit einer ähnlichen Situation zu kämpfen seit seiner Wahl zum Vorsitzenden. Wir haben also eine Regierung, die nicht nur zum ersten Mal auf die politischen Ränder angewiesen ist (wobei man dabei immer betonen muss, dass der linke externe Rand es bisher nicht in den Bundestag geschafft hat), wir haben zudem eine, die sich auf ihre Vertreter nicht verlassen kann.
Derweil sind unsere Medien immer weiter nach rechts gerückt, indem gezielt von rechten Verlegern Zeitungen gekauft und Blogs gegründet wurden.

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Ich glaube die viel, viel wahrscheinlichere Ratio dahinter ist, dass man am Erfolg eines AfD Verbotsverfahren zweifelt. Bspw. hier die Berliner Justizsenatorin. https://www.tagesschau.de/inland/regional/berlin/rbb-berliner-justizsenatorin-badenberg-haelt-afd-verbotsverfahren-fuer-weitgehend-aussichtslos-100.html

Und so verwundert es wenig wenn auch viele SPD-ler in Verantwortung eher zurückhaltend bei dem Thema sind, insbesondere die SPD Landesinnenminister: Streit über AfD-Verbot: SPD-Innenminister zögern trotz Parteitagsbeschluss | taz.de

Es ist zwar in der Sache relativ unwichtig, aber auch in der Bevölkerung scheint das Verbotsverfahren auch nur eine sehr begrenzte Beliebtheit zu haben (27% für bzw. 52 % gegen ein Verbotsverfahren).

Man könnte also im Falle eines Scheitern nicht einmal sagen, die Bevölkerung hätte der Politik den Auftrag zum Verbotsverfahren gegeben.

Es ist zum Haare raufen, aber das Risiko eines Verbotsverfahrens wird anscheinend als hoch angesehen, beliebt ist es auch nicht und der Effekt eines Scheitern wäre katastrophal, denn die AfD könnte mit dem Slogan Verfassungsschutz approved Werbung machen.

Am besten wäre vermutlich wenn man eine Abstimmung im Bundestag ohne Fraktionszwang machen würde. Dann wäre es letztlich keine Parteientscheidung mehr, sondern eine individuelle Entscheidung der Abgeordneten. Dann könnten auch progressivere Union-er zustimmen. Ich vermute allerdings, dass die Stimmen trotzdem nicht reichen werden.

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Dabei darf man nicht vergessen, dass er erst im dritten Anlauf Parteivorsitzender geworden ist, und zuvor gegen AKK und Laschet verloren hat sowie gegen Röttgen dann auf 62% kam. Seine interne Opposition kommt durchaus auch von links. Dieser Teil wird in der Richterfrage wohl keine Rolle spielen, anderswo aber vermutlich schon.

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Das Bild ist uneinheitlich.

Eine aktuelle Umfrage des Instituts Insa zeigt, dass die Mehrheit der Deutschen für ein Verbotsverfahren gegen die AfD ist. Laut einem Bericht des Tagesspiegels sprachen sich in der Befragung 53 Prozent der Beteiligten für einen Verbotsantrag beim Bundesverfassungsgericht aus.

Nun sind die Erhebungsmethoden von Allensbach (Mehrheit gegen ein Verbotsverfahren) und INSA (Mehrheit für ein Verbotsverfahren) unterschiedlich.

Immerhin wird die AgD auch von den Befragten bei Allensbach mehrheitlich als rechtsextrem eingestuft („54 Prozent“).

Da zwischen den Erhebungszeiträumen wahrscheinlich mindestens sechs Wochen liegen, könnte sich - neben den sonstigen Unterschieden - auch ein gewisser Meinungsumschwung hinsichtlich eines Verbotsverfahrens ergeben haben.

Das wiederum könnte durchaus auch ein Stück weit mit den Kampagnen rechter Mediennetzwerke gegen ein AgD-Verbotsverfahren zu tun haben, womit wir dann wieder beim Thema dieses Threads wären.

Stillhaltezusage. Einstufung ausgesetzt. Abschließendes Urteil steht noch aus.

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Sollte das genauso ausgehen, wie bei Frauke Brosius-Gersdorf, frage ich mich, was die Union davon denn hat?

Streit in der Regierung, den sich die SPD extrem teuer bezahlen lassen könnte. Die SPD kann sich dann bei zwei Kandidatinnen darauf berufen, dass die Mehrheit zugesichert war und beispielsweise sagen:

Wenn ihr die beiden ablehnt und uns zwingt, andere Kandidatinnen aufzustellen, dann verlangen wir von euch eine Prüfung zum AfD - Verbotsverfahren, ein Tempolimit und/oder einen Untersuchungsausschuss zur Maskenaffäre.

Schade, dass man da keinen Blick hinter die Kulissen bekommt.

Fest steht, dass der Verfassungsschutz des Bundes die AgD als gesichert rechtsextremistische Bestrebung eingestuft hat.

Dass unter der Ägide eines weit rechts stehenden Bundesinnenministers nun eine vorübergehende Aussetzung bis zur gerichtlichen Klärung erfolgt, ändert wenig an der gutachtengestützten vorherigen Einstufung.

Das Oberverwaltungsgericht Münster hatte ferner vor einem Jahr festgestellt, dass „Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung“ vorliegen.

Bei Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen ist das Bundesamt grundsätzlich zur Beobachtung verpflichtet. Es besteht insoweit kein Entschließungsermessen; die offene Formulierung in § 8 Abs. 1 und 2 BVerfSchG begründet nur ein Auswahlermessen in Bezug auf die Intensität und die Mittel der Beobachtung.

Im Übrigen verweise ich auf diesen Thread, um das Für und Wider eines AgD-Verbotsverfahrens zu diskutieren.

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Ja das ist möglich. Und zusätzlich dürfte das Urteil im Verbotsverfahren des Compact Magazins auch einige vorsichtiger hinsichtlich eines Verbotsverfahrens machen. Welcher Einfluss wie groß ist kann ich nicht abschätzen.

Auch wichtig für die Erfolge rechter Kampagnen: Unfähigkeit führenden Personals der Union: mal angenommen man glaubte den Kritikern von FBG, dass sie diese Personalie wegen der möglichen Legalisierung von Abtreibungen aus Gewissensgründen nicht mittragen könnten, mal angenommen, man würde die sämtlichen Logiklücken der Argumentation ignorieren:
Dann hätten die gleichen Abgeordneten im Grunde niemals diesen Kanzler wählen dürfen. Denn Grundlage der amtierenden Regierung ist der Koalitionsvertrsg und in dem steht, dass die GKV zukünftig die Kosten einer Abtreibung übernehmen sollen. Dafür müssten die Abtreibungen aber legal sein. Nicht nur straffrei. Also entweder haben die Kritiker eine für ihr Gewissen doch angeblich so zentrale Frage im Koalitionsvertrag übersehen, oder genausowenig verstanden, wie die Argumentation, die sie aktuell so pathetisch und polemisch kritisieren, oder ihr Gewissen regt sich nur unter sehr spezifischen Umständen.
https://bsky.app/profile/sachlichepolitik.bsky.social/post/3lugm23g6ws2y

Und falls das nur ein Versehen war, dass man sich defacto die Legalisierung von Abtreibungen im Koalitionsvertrag vorgenommen hat, stellt sich -zum wievielten Mal eigentlich- die Kompetenzfrage: wer verhandelte da Verträge, die scheinbar nicht durchdacht und verstanden wurden?

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Ich bin persönlich überzeugt, dass die damit verbundenen Implikationen in den Koalitionsverhandlungen nicht wirklich erkannt wurden. Selbst Frau Prof. Brosius-Gersdorf hat darauf hingewiesen, dass es sich um eine indirekte Folge der Formulierung im Koalitionsvertrag handelt, die möglicherweise nicht alle so verstanden haben.

Es ist aber genauso denkbar, dass die Union schlicht davon ausging, dass die Umsetzung ohnehin nicht erfolgen würde oder alternativ eine steuerliche Finanzierung vorgesehen hatte, zumal die Kosten im Verhältnis überschaubar sind.

Ich gehe zudem nicht davon aus, dass die rund 25 % der abweichenden Unionsabgeordneten pauschal gegen die Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen im ersten Trimester sind. Vielmehr gab es im Umfeld von Frau Prof. Brosius-Gersdorf eine Vielzahl kritisch bewerteter Aspekte, meist kampagnenhaft zugespitzt, verschärft durch innerparteiliche Dynamiken (Merz oder Spahn sind keineswegs überall beliebt), sodass die Kombination all dieser Faktoren zu den Abweichlern geführt hat.

Kurz gesagt: Wer die gescheiterte Wahl allein auf ihre Haltung zu §218 reduziert, greift zu denselben simplifizierenden Argumentationsmustern, wie sie sonst gerne von rechten Akteuren gegen progressive Stimmen verwendet werden. Die Lage ist kompliziert und nicht jeder ist bösartig, dumm, inkompetent oder sonstwas der unsere Haltung nicht teilt. Wir verbitten uns solche Bewertungen auch, wenn sich herausstellt, dass bestimmte Entscheidungen der Ampel falsch waren.

Mal eine andere Wahrnehmung: die lautstarken Proteste beim Sommerinterview von Alice Weidel werden ja grad noch öffentlich diskutiert.
Wohl gut gemeint, aber von der Wirkung eher vorteilhaft für die AfD und ihre beliebte Opferrolle.

Haben wir dem AfD-Geblubber und rechten Kampagnen und Narrativen von Seiten der demokratischen Parteien und Medien nichts mehr inhaltlich glaubwürdiges entgegenzusetzen?
Also bleiben uns nur Verbotsdrohungen und Protestgesänge, um diesen Kampagnen zu begegnen?
Davon ausgehend, das die 20% AfD Wähler nicht alle von Geburt an tief rechtsradikal sind, sehen wir da keine argumentativen Wege und überzeugenden Lösungen mehr?

Ich stelle mir nur vor, demokratische Parteien gehen künftig auch so miteinander um. Nicht sachlich, sondern nur noch laut unter der Gürtellinie….:face_with_monocle:

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