Progressiveres Framing zu Staatsfinanzen-, Schulden und Geld - Modern Monetary Theory

Doch klar, sie ist die Einzige, die staatliches Geld erzeugen kann. Wer soll denn sonst Geld „drucken“ können?

Auch hier gilt wie sonst auch immer, dass der Staat sein Geld erst ausgeben muss, bevor er es wieder „reinwirtschaften“ kann. Geld wächst nicht auf Steuerzahlern, (metaphorisch) wächst es auf Bäumen.
Die höheren Zinsen sind eine politische Entscheidung, auf die unser Finanzminister Frau Lagarde ja sogar gedrängt hat. Sie zu bezahlen ist für den deutschen Staat im Moment nur ein Problem, da Geld durch die Schuldenbremse künstlich verknappt wird. Unter normalen Umständen kann er selbstverständlich ein höheres Defizit fahren und zur Zinszahlung einfach mehr Schulden machen. Man kann kritisieren, dass diese Zinsausgaben ineffizient sind, da sie sehr ungenau und unzielgerichtet in die Wirtschaft fließen und vor allem Vermögenden bzw. Banken zugutekommen, da diese größtenteils Staatsanleihen halten. Daraus schlussfolgernd eine prinzipielle Kritik an neuen Schulden zu üben wäre aber fehlgeleitet. Stattdessen ist es sinnvoll, kritisch zu betrachten, dass die Zentralbank die Zinsen hochgesetzt hat, bzw. dass es im Moment, durch die EU Verträge, nur die Möglichkeit gibt sich über Anleihen zu verschulden. Wenn es legal wäre für das Finanzministerium unbegrenzt das Zentralbankkonto zu überziehen, gibt es logischerweise auch keine ineffizienten Zinszahlungen mehr.
In Großbritannien geht es bspw. in eine gute Richtung, dort darf das Konto der Regierung unbegrenzt negativ sein, nur am Ende des Jahres muss es wieder ausgeglichen werden. Ohne diese Jahresende-Regelung wäre es ideal.

Dieses Argument finde ich ehrlich gesagt ziemlich seltsam, dann wäre jegliche staatliche Ausgabe grundsätzlich schlecht.
Wenn der Staat mehr Geld ausgibt, zum Beispiel den Hartz IV Satz verdoppelt, vermindert das selbstverständlich soziale Ungerechtigkeiten massiv.
Das Geld wird von den Bezieher*innen natürlich auch ausgegeben und landet vor allem bei Unternehmen, die zugrundeliegende Argumentation finde ich allerdings recht zynisch.
Ärmeren Menschen möglichst wenig Geld zu geben, da sie dieses ja ausgeben würden und dann beispielsweise reiche Unternehmensbesitzer mehr Geld verdienen(Geld bahnt sich den Weg nach oben), sorgt doch nicht für mehr Gerechtigkeit. Gerecht wäre es, ihnen viel Geld zu überweisen und gleichzeitig übermäßiges Einkommen und Vermögen durch entsprechende Steuern zu vernichten. Dies wäre deutlich effizienter als durch rigide Haushaltspolitik den allgemeinen Wohlstand zu verringern, mit der Hoffnung, dass es ein paar weniger Reiche gibt.

Die EZB - und auch die muss Regeln einhalten.
Aber gerade unsere Zentralbank darf eben nicht Geld schöpfen wie sie lustig ist. Deshalb muss die Regierung sich das Geld anderweitig (teuer) beschaffen und vor allem zurück zahlen. Und die Zinsen erwirtschaften.
Europa sollte von einer gemeinsamen Rente die Finger lassen, bevor Sozial- und Steuersysteme vereinheitlicht sind (die Umsatzsteuer ist seit Ewigkeiten in einem vorläufigen Übergangsmodell festgefahren).

Sehr schöne Gedanken. Aber in einer MMT-Welt wird der Staat nicht sozialer sein als er es jetzt ist. Natürlich würden die gleichen Lobbyisten täglich auf der Matte stehen, die es jetzt auch tun. Und wenn der Staat schon jetzt keine Vermögenssteuer einführt, wie soll er die rechtfertigen, wenn er statt Steuern einzusammeln einfach Geld drucken könnte?

Die EZB vergibt gegen Sicherheiten unbegrenzt Kredite an Banken. Oder legt wie in der Pandemie große Anleihenkaufprogramme auf, um den Zins von Staatsanleihen auf unter Null zu drücken. Da darf der Handlungsspielraum der EZB nicht unterschätzt werden, wenn man sich auch nicht darauf verlassen kann, dass sie ihn ausnutzt.
Über veränderte politische Regeln ließe sich das dauerhaft erzwingen, etwa dass ihr Mandat auch die Sicherstellung der Solvenz der Mitgliedsstaaten beinhaltet. So wie das die Zentralbank bei monetär souveränen Staaten tut.

Nein muss sie nicht. Ohne die Einschränkung der Schuldenbremse kann die Regierung selbstverständlich beliebig mehr Anleihen ausgeben um die Zinsen zu zahlen. Dieses Geld muss sie nicht „erwirtschaften“. Geld kann ein Währungsherausgeber generell nicht „erwirtschaften“.
Schuldenaufnahme über Anleihen ist im Prinzip „Finanzierung“ durch die Zentralbank über Umwege, wenn sie Anleihekaufprogramme laufen hat.

Erstmal frage ich mich, was du mit „MMT-Welt“ meinst, nicht zuletzt beschreibt die MMT die Realität.
Ob der Staat sozialer agiert oder nicht, ist die Entscheidung der demokratisch gewählten Regierung. Die Einsichten der MMT verhelfen ihr schlicht, den Handlungsspielraum besser zu verstehen und entsprechend ihre Politik deutlich effektiver umzusetzen. Dieses Verständnis kann natürlich sowohl von einer sozial orientierten Regierung, als auch von einer gegenteilig orientierten Regierung genutzt werden. Sich dafür auszusprechen der Bevölkerung und Politik Wissen vorzuenthalten, weil es auch die Falschen nutzen könnten, wird einer Demokratie meiner Meinung nach nicht gerecht.

Nun ja man sollte eine Vermögenssteuer doch nicht mit Argumenten begründen, die auf Unwahrheiten basieren. Ehrlicher ist es, der Bevölkerung die echten Vor- und Nachteile zu nennen und dann im demokratischen Wettbewerb sich auf dieser Grundlage für die Steuer einzusetzen. Zu den Vorteilen zählt dann selbstverständlich nicht, dass der Staat dadurch einen größeren finanziellen Spielraum hätte. Wenn sich für die Steuer dann keine Mehrheit findet, okay. Das ist Demokratie.

Wer keine Lust hat zu lesen, kann sich dieses Streitgespräch mit Maurice Höfgen ansehen:

Warum SPAREN uns ARM macht & Gelddrucken KEINE Inflation verursacht! / Maurice Höfgen LoKr Room Talk - YouTube

Ich fands hörenswert, da er viele nicht zu widerlegende Punkte hat. Bringt mich zum Nachdenken.

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