Progressiveres Framing zu Staatsfinanzen-, Schulden und Geld - Modern Monetary Theory

Das bedeutet, dass die MMT als Ausgangspunkt erst das moderne Geldsystem und die Funktionsweise moderner Volkswirtschaften beschreibt, um dann darauf eine makroökonomische Theorie zur Erklärung von ökonomischen Phänomenen wie .Arbeitslosigkeit oder Inflation aufzubauen.

Das ist selbstverständlich bei der MMT möglich.

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„Unproblematisch auf technischer Ebene“ ist einfach was anderes als „unproblematisch“.

Ich verstehe einfach nicht, was Folgendes bedeuten soll: „Auf technischer Ebene belasten sie zukünftige Generationen nicht“. Was soll man daraus überhaupt als Schlussfolgerung ziehen können?

Du vermischt meiner Ansicht nach die ganze Zeit die technische Ebene mit der Realität.

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Die die MMT ja auch beschreibt. Es wäre falsch zu behaupten, die MMT wäre abgekoppelt von der Realität.

Also erstens ist die Zentralbank auch der Staat, du meinst mit Staat vermutlich die Regierung?
Und zweitens wäre das, was du beschrieben hast, Verschuldung. Geld beschreibt eine Schuldbeziehung, ohne Schulden gibt es kein Geld. Das Geld was ausgegeben ist, ist immer die Schuld des Währungsherausgebers und das Vermögen des Währungsnutzers. Die Schuld ist, dass der Staat das Geld für Steuerzahlungen akzeptiert. Ein Geld „ohne Schulden“ zu beschreiben, ergibt also keinen Sinn.

Absolut, habe ich nie anders behauptet.
Auch wenn nicht die Kontrolle der Geldmenge gewollt ist, sondern der Nachfrage. Das ist ein Unterschied.

Das macht die Zentralbank, dass die MMT da eine andere Beschreibung/Forderung hätte wäre mir gänzlich neu. Es gibt zwar das Vorgehen, über das Kaufen und Verkaufen von Staatsanleihen die Menge an Reserven im Bankensektor zu steuern, um den Interbankenzins zu steuern. Das betreibt aber die Zentralbank, nicht das Finanzministerium. Und dazu kommt, dass es bessere Mittel als diese gibt. Dass die MMT das fordern würde, ist nicht der Fall. Zumindest haben das die Begründer der MMT(Warren Mosler, L. Randall Wray etc.) nicht artikuliert(in deren Literatur). Es kann natürlich sein, dass das Kelton in ihrem Buch getan hat, das kann ich nicht beurteilen, weil ich dieses nicht gelesen habe. Wenn ja, wäre das nicht der gesamten MMT zuzuschreiben sondern nur ihr. Es ist nicht der Fall, dass alle MMT-Vertreter in allen Einzelheiten absolut einheitlich auftreten, absolut einheitliche Ansichten haben.

Das ist keine der relevanten Aussagen der MMT, wenn überhaupt. Nach Verständnis der MMT macht es funktional in der Realität keinen Unterschied, wer das Geld ausgibt, ob Finanzministerium oder Zentralbank. Auch nicht ob es eine monetäre Staats-„Finanzierung“ gibt oder eine „Finanzierung“ über Anleihen, wenn die Zentralbank als lender of last resort auftritt.

Dein 2. Punkt mit den Steuern ist eine triviale Beschreibung.
3., dass Verschuldung der Steuerung des Zinses diene war auch als Beschreibung gemeint(?).
Zu 4. , dass die Zentralbank weg solle, da würde ich widersprechen, dass das eine Forderung der MMT sei.

Sicherlich, habe das der Einfachheit halber nicht immer dazu geschrieben, da das sonst die Sätze noch weiter verkompliziert hätte. Ich habe allerdings mehrfach ausgedrückt, dass die Staatsausgaben nur so weit gehen dürfen, wie die volkswirtschaftlichen Kapazitäten reichen, das sollte beim Lesen meiner Beiträge klar geworden sein.

Weil Staatsschulden nicht reduziert werden müssen, die zukünftige Generation also nicht diese Tilgen muss, belasten diese künftige Generationen nicht. Das ist die „Ebene“ von Staatsanleihen und deren Überwälzung, kann man wohl als technisch bezeichnen.

Es ist glaube ich auch nicht so relevant, sinnvoll und zielführend, jetzt über die Auslegung von Wörtern eine Debatte zu führen.

Um vielleicht nochmal was zu den Staatsausgaben zu sagen: am sinnvollsten wäre es wohl, man würde vom jetzigen Prinzip der Haushaltsplanung wegkommen. Im Moment ist das Einzige, das fast die gesamte Aufmerksamkeit bekommt die Frage, wie schafft man das notwendige Geld beisammen. An welchen Stellen kürzt man um an anderer Stelle genug für Geld ein Projekt zu haben. Die real verfügbaren Ressourcen finden dabei kaum bis keine Berücksichtigung. Viel sinnvoller wäre es, als Finanzministerium regelmäßig tiefgehende Analysen der Auslastung in jedem einzelnem Sektor durchzuführen. Dann überlegt sich die Regierung, was umgesetzt werden soll. Wenn die gegenwärtig freien Ressourcen nicht reichen, kann geprüft werden, wie die notwendigen Ressourcen freigesetzt werden können, damit die Projekte umgesetzt werden können ohne ein Wettbieten mit dem nichtstaatlichen Sektor auszulösen. Alternativ müsste man die Vorhaben erst einmal fallen lassen. Auf diesem Wege wäre die Wirtschaft deutlich besser ausgelastet, aber die Regierung ist gleichzeitig besser als jetzt davor gefeit, in einzelnen Branchen zu viel auszugeben. Und das Narrativ ist endlich in eine realitätsbezogene Richtung gedreht.

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Dass Ausweitung der Geldmenge und Inflation nicht so klar korrelieren wie gedacht, scheint ja einigermaßen belegt. Inflation bemisst allerdings am Warenkorb des täglichen Bedarfs.

Gilt das aber auch für Investments? Die Preise für Investments (Häuser/Aktien etc) sind in den letzten 20 Jahren ziemlich extrem gestiegen, nicht die 300+%, die Du für die Geldmenge angegeben hast, aber deutlich oberhalb der Inflation. Gibt es irgendwelche Argumente dahingehend, dass das frisch geschaffene Geld nicht genau diesen Effekt erklären sollte, den wir in den letzten Dekaden beobachtet haben?

Das wär ggf nämlich schon ein Riesenproblem. Die Folge wäre ja, dass eine expansive Geldpolitik als Brandbeschleuniger für die gerade in Deutschland eh schon krasse Schere der Vermögensverteilung dienen würde.

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@Finn Angesichts dieses „Klein-Klein“ versuche ich es nochmal grundsätzlich:

Die am meisten zitierte (und m.E. missbrauchte) Kernaussage der MMT ist (nach meinem Verständnis):
Staatsverschuldung ist (v.a. im Hinblick auf die Inflation) unproblematisch (solange die Produktionskapazitäten nicht ausgelastet sind).
Das gleiche gilt für Geldschöpfung.

Das ist ebenso trivial wie richtig. Das gilt aber auch umgekehrt. Wenn die Produktionskapazitäten jedoch ausgelastet sind (z.B. weil sie infolge eines Angebotsschock wie derzeit vorübergehend geschrumpft sind), dann führen sowohl Staatsverschuldung als auch Geldschöpfung zu Inflation - wie wir gerade erleben.

Mit Staatsverschulden ist m.W. nicht Giralgeld als „Schuldverschreibung im Form von Banknoten“ gemeint, sondern staatliche Aufnahme echter Darlehen auf dem Anleihen-/Rentenmarkt. In der MMT wird von der Regierung ausgegebenes Geld von der Regierung erschaffen und nicht am Anleihen-/Rentenmarkt aufgenommen. Die Tatsache, dass sich die Regierung verpflichtet, Steuern in Form von diesem Giralgeld zu akzeptieren, macht dieses Geld noch nicht zu Staatsverschuldung (rein formal ist Geld natürlich ein „Schuldschein“).

Stephanie Kelton beschreibt in Ihrem Buch „Der Defizit-Mythos“ ausdrücklich, dass die Regierung mit der Aufnahme (und der Tilgung) von Darlehen am Anleihen-/Rentenmarkt den Zins an diesem Kapitalmarkt beeinflusse kann. Die (Rolle der= Zentralbank wird meiner Erinnerung nach überhaupt nicht thematisiert. Ich habe das dahingehend verstanden, dass in der Welt von MMT es gar keiner Zentralbank mehr bedarf, schon gar keiner unabhängigen. Aber ich mag mich irren.

Die meisten Politiker in den USA, die sich auf die MMT berufen, berufen sich auf Stephanie Kelton (die ja auch die aktuelle US-Bundesregierung berät).

Ja, ich meinte mit Staat tatsächlich die Regierung (Fiskalpolitik).

P.S., Disclaimer: Ich bin alles andere als ein Experte in MMT. Ich habe versucht, MMT zu verstehen, weil sie in der US-Politik relevant ist und weil ihre schlangenartigen Aussagen so attraktiv erscheinen, dass es (zu) schön wäre, wenn sie wahr wären. Ich bin zwar studierter Volkswirt, habe aber seit meinem Examen Anfang der 90er nie in der Materie gearbeitet und mein Wissen nie aktualisiert. Es ist mir weder gelungen, die MMT (deren Saldenmachanik ja in sich schlüssig ist) zu falsifizieren. Aber mein volkswirtschaftliches Verständnis der Transmissionsmechanismen von Staatsausgaben, Staatsverschuldung und Geldpolitik auf Preise, Produktion und Konsum bekomme ich einfach nicht mit den Aussagen der MMT überein. Ab einem bestimmten Punkt habe ich aber auch keine Lust und keine Zeit, mich da tiefer reinzuarbeiten.

Aktien würde ich nicht als einfache Vermögensgüter bezeichnen, entsprechend dem wirtschaftlichen Wachstum steigen die dann ja auch im Wert.
Die stark steigenden Häuserpreise sind vor allem durch eine (zu hohe) Kreditvergabe der Banken für Häuserkäufe verursacht.
Man kann aber nicht allgemein sagen, eine steigende Geldmenge führt automatisch zu steigenden Häuserpreisen. Auch nicht expansive Geldpolitik, die kann viele verschiedene Folgen haben.
Falls man expansive Fiskalpolitik verfolgen möchte, kann man das Risiko die Häuserpreise weiter in die Höhe zu treiben vermeiden, indem die Ausgaben zielgerichtet verteilt.
Wenn man unzufrieden mit der Verteilung des Vermögens bist, wie du es geäußert hast, wäre es, meiner Meinung nach nicht die Lösung, die Wirtschaft mit kontraktiver Geldpolitik abzuwürgen. Das trifft vor allem die Schwächsten in dieser Gesellschaft. Stattdessen wäre es weitaus sinnvoller und effektiver mit einer spürbaren Erbschafts- und Vermögenssteuer übermäßiges Vermögen abzubauen.

Zusätzlich wäre es auch ratsam, die Bankenregulierung einer Reform zu unterziehen oder ganz zu verstaatlichen, damit prozyklische und vermögenspreistreibende Effekte vermieden werden. Die bisher allein auf Profit ausgerichteten Banken können dies, wie in den letzten Jahrzehnten zu beobachten war, nicht gewährleisten.

Prinzipiell ja, wenn die Produktionskapazitäten ausgelastet sind, wird eine stärkere Staatsverschuldung zu Inflation führen. Ich würde nur widersprechen, dass sie das aktuell tun.
Aktuell hat die höhere Staatsverschuldung die Inflation gesenkt, durch Entlastungen auf der Strom- und Gasrechnung, durch ein 9-Euro-Ticket oder einen Tankrabatt. Auch werden mithilfe von staatlichen Mehrausgaben LNG-Terminals gebaut und die Abhängigkeit von (russischem) Gas, beispielsweise durch die Förderung von Wärmepumpen, auf vielen Wegen reduziert. Hätte es diese Ausgaben nicht gegeben, wäre die Inflation wohl noch höher und würde länger als jetzt hoch bleiben, trotz weniger Schulden des Staates. Auch wenn wir in der Vergangenheit mehr Schulden gemacht hätten, mehr investiert hätten in Erneuerbare, wäre die Inflation nicht so hoch gewesen, da wir weniger teures russisches Gas hätten importieren müssen.
Ebenso im Sommer/Herbst, als unklar war ob das Gas reichen würde, wäre im Haushalt Sparpolitik eher nicht zielführend gewesen, da die Preiselastizität von Gütern des täglichen Gebrauchs, also etwa Energie, gering ist. Das liegt daran, dass Menschen nicht so schnell beim Duschen, beim Heizen oder beim Autofahren sparen, weil man darauf nicht mal eben so verzichten kann. Wenn man nun über Einkommenseinbußen versucht, den gesamten Gasverbrauch aller Haushalte zu reduzieren, hat man am Ende das Ergebnis, dass vor allem bei energiearmen Dienstleistungen gespart wird, da man eher mal nicht ins Kino/Theater/Friseur etc. geht als aufzuhören z. B. zu Heizen. Damit wäre viel volkswirtschaftlicher Schaden angerichtet, ohne soviel Gas einzusparen, dass der Schaden verhältnismäßig genug wäre. Sinnvoller ist es, die Bevölkerung zu entlasten und über Sparappelle die notwendige Reduktion zu erhalten. Falls das nicht ausreicht, kann man ja trotzdem die Preise wirken lassen, aber über Direktzahlungen die Verluste ausgleichen.

Ich wundere mich sehr, wie du zum Schluss kommst, zu viel Geld wäre Schuld an der derzeitigen Inflation. Es war ja gerade nicht so, dass die Nachfrage zu groß war, sondern das Angebot zu gering. Wenn es eine allgemeine Überhitzung der Wirtschaft gegeben hätte, wären doch alle Preise stark gestiegen und die energiearmen Dienstleistungen wären nicht bei einer Teuerung von 2-4% - wie aktuell - verharrt.

In der Statistik der Staatsschulden taucht nicht jegliches Geld auf, ja, allerdings gibt es seitens der MMT keine klare Vorgabe, wie Staatsausgaben ablaufen sollen. Eine der Erkenntnisse, die aus der MMT deutlich werden, ist, dass es keinen realwirtschaftlichen Unterschied zwischen den verschiedenen Ausgabeformen gibt, insofern ist das ein eher unwichtiger Part. Ob die Regierung unbegrenzt ihr Konto überzieht, oder die Ausgaben ohne eigenes Konto über das Erhöhen der anderen Konten tätigt, ist irrelevant.
Das ist also keine entscheidende Debatte, ob das so oder so geregelt ist macht praktisch keinen relevanten Unterschied(außer dem folgenden).
Nur das System der Anleihen kann wohl abgeschafft werden, aufgrund der schlechten Verteilungswirkung. Da Anleihen vor allem Banken besitzen und diese in der Regel verzinst sind, sind dies kostenlose Zinsgewinne für den Bankensektor, ist glaube ich nicht vonnöten.

Allein aus den Gründen der doppelten Buchführung und der Bilanzierung muss jemand dieses Geld in der Passivseite der Bilanz tragen. Irgendjemand muss dem Geld entsprechende Schulden haben. Die Schulden, die dem Bargeld und den Zentralbankguthaben entsprechen liegen in der Regel bei der Zentralbank, in ihrer Bilanz. Auch sie ist eine staatliche Institution wie die Regierung.
Da ist dein Vorschlag, Ausgaben ohne Schulden tätigen zu können, nicht realisierbar. Jedes Geschäft sorgt für wechselnde Schuldbeziehungen, die Wirtschaft besteht und funktioniert schließlich nur aufgrund fluktuierender Schuldbeziehungen.
Aber kannst du gerne näher erläutern, wie das denn gehen sollte.

Das mag sein, dass sie das in ihrem Buch nicht näher beschrieben hat. Sie hat die MMT aber auch nicht „entworfen“, sie ist nur eine in der Öffentlichkeit inzwischen lautstarke Vertreterin der MMT.
Nur weil sie die Zentralbank nicht genauer in ihrem Buch behandelt hat, heißt das nicht, dass die MMT als Ganzes die Zentralbank abgeschafft haben möchte.
Es wäre natürlich denkbar, die Aufgaben der Zentralbank ins Finanzministerium zu verlagern, das hätte real aber keinen großen Nutzen und ich glaube wir haben im Moment als Gesellschaft größere Probleme zu beackern.

Moin @Finn, danke für Deine detaillierte Antwort.

Zur Klarstellung: Ich habe mich wohl missverständlich ausgedrückt. Die aktuelle Inflation hat in der Tat wenig mit der Geldmenge zu tun, sondern ist auf ein Angebotsschock zurück zu führen. Was ich mit " wie wir gerade erleben" missverständlich meinte: Wir erleben gerade, wie eine im Vergleich zum Angebot höhere Nachfrage Inflation erzeugt. Allerdings ist ist nicht die Nachfrage infolge von Staatsausgaben oder Geldmengenausweitung überhöht worden, sondern das Angebot hat sich in einigen Teilbereichen schockartig reduziert. Daher wirken, wie Du ja auch sagst, die Maßnahmen, die die Regierung mit ihren Ausgaben ergriffen hat, meist inflationsdämpfend (aber nicht immer: Überall dort, wo diese Maßnahmen Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen erzeugt, deren Angebot zurückgegangen ist (Energie, aber auch Chips und viele andere Materialien, die derzeit Verknappt sind), wirken diese Maßnahmen dort wieder Preissteigernd. Die Zinssteigerung durch die EZB ist dagegen nach meiner Überzeugung nicht sehr zielgerecht und richtet wahrscheinlich sogar größeren Schaden an, weil die Nachfrage in zinsempfindlichen Branchen (z.B. Bau) zurückgeht.

Sehr richtig!

Ebenso sehr richtig!

Nun, es macht schon einen Unterschied, ob die Regierung auf dem Anleihemarkt als großer Emittent auftritt, nämlich in der Wirkung auf den Zins.

Wenn, wie die MMT behauptet, die Regierung schadlos Geld schaffen und ausgeben kann (solange die betroffenen Produktionskapazitäten nicht erschöpft sind), hast Du recht. Aber nicht, weil die Banken „kostenlose Zinsgewinne“ nicht verdienten, sondern weil es schlicht nicht nötig wäre. Viel interessanter ist die Frage, ob die MMT mit ihrer Behauptung nicht recht hat und warum es dann Staaten, die souverän über ihre Währung verfügen können, nicht genau das machen.

Dem widerspricht Kelton ausdrücklich. Indem der Staat das neues Geld den Empfängern (Unternehmen, Konsumenten) einfach einseitig gutschreibt, wird Geld generiert. Der Staat muss auf der (nicht real existierendem, aber für die Saldenmechanik vielleicht notwendigen) Passivseite keine Verbindlichkeiten gegenüberstellen. Frag mich bitte nicht, wie das in der Saldenmechanik darstellbar ist …

Kann aber sein, dass ich das falsch verstanden habe

Megainteressante Diskussion. Ich habe mir in der letzten Zeit auch Gedanken zur MMT gemacht und ich glaube ich habe die Lösung für alle Probleme gefunden, die FDP und Progressive glücklich macht :wink: (sorry, ich will die Diskussion nicht derailen, aber wollte für den kleinen Gedanken auch kein neues Thema aufmachen. Falls es zu sehr OT ist, einfach sagen und ich lösche das wieder).

Wie wäre es mit folgendem Gedankenexperiment. Wir gehen davon aus, dass die Schulden des einen immer auch das Vermögen eines anderen sind. Außerdem ziehen wir uns den C. Lindner Gedächtnishut auf und wollen Staatsschulden um jeden Preis vermeiden, besser noch beseitigen! Für die Kinder! Weil wir haben ja gelernt, dass Staatsschulden unfair für die kommenden generationen sind.
Wenn der Staat also Schulden im Interesse der kommenden Generationen abbauen will, muss er nach der Prämisse oben gleichzeitig auch Vermögen vernichten und zwar in der Bevölkerung. Das ist cool und alles, aber dann sollte man vielleicht Vermögen vernichten, dass „überflüssig“ ist. Also vielleicht Vermögen, das so viel zu viel war, dass der Eigentümer es zu Lebzeiten gar nicht ausgeben konnte und an die Nachfahren vermacht, die dafür selber gar nichts getan haben. Das würde auch dem Prinzip der Generationengerechtigkeit entsprechen, weil was macht mehr Sinn, als die Schulden der jetzigen Generation mit Geld abzubezahlen, dass die jetzige Generation nicht braucht. Deshalb folgender Vorschlag:

100 % Erbschaftssteuer und die Einnahmen (momentan wohl ca. 400 Mrd. € pro Jahr?) müssen für die Tilgung von Staatsschulden genutzt werden. Bämm! Das ist doch super! Die Bevölkerung hat Jahr für Jahr weniger GEsamtvermögen und gleichzeitig geht die Staatsverschuldung drastisch runter. 400 Mrd. € pro Jahr!

Ich würde sagen, wenn das so gut geht, kann der Staat vielleicht ab und zu auch wieder Schulden aufnehmen und nutzen, um die Bedürftigen der Gesellschaft zu unterstützen. Die werden das schon wieder zum Aldi tragen und die Eigentümer werden wieder reicher. Ich nenne es: trickle up economics!

Was meint Ihr? (ich bin mir sicher, jemand hat das schonmal gedanklich durchgespielt. ich bin kein Ökonom, deswegen bin ich unglaublich stolz auf mich, dass ich die Lösung aller Probleme gefunden habe)

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Absolut, das sehe ich genauso.

Ich meinte, dass die Wirkung des vom Staat ausgegebenen Geldes für die Wirtschaftssubjekte gleich ist, ganz egal woher das Geld kommt.

Auf den Anleihenmarkt hat die Ausgabe der Anleihen natürlich eine Auswirkung.
Der Interbankenzins kann damit zwar gesteuert werden, aber nur in dem Spielraum, den die EZB zulässt. Der Interbankenzins wird(in einem stabilen Geldsystem) nicht unter den von der EZB gesetzten Einlagezins sinken und nicht über den von der EZB gesetzten Spitzenrefinanzierungszins steigen.

Wenn im Bankensektor Zentralbankreserven im Überfluss vorhanden sind, wie das in der Regel der Fall ist, da der Staat in aller Regel mehr ausgibt als er einnimmt, wird auch der Interbankenzins in Richtung des Einlagezinses fallen. Dieser Effekt wurde in der Vergangenheit weiter durch die großen Anleihekaufprogramme der EZB gestützt, da somit die Menge an Zentralbankreserven im Bankensektor weiter ausgeweitet wurde und der Interbankenzins weiter auf Null(beziehungsweise den Einlagezins) gehalten wurde.

Damit liegt der Ball bei der EZB, der Interbankenzins wird somit schlicht über den Einlagezins gesteuert. Auch deshalb lag der Interbankenzins ungefähr von 2015 an stabil knapp über dem Einlagezins, also knapp unter Null.

Insofern sind Anleihen für die Zinssteuerung nicht nötig, dazu ist die Zentralbank auch ohne in der Lage.

Auch deshalb natürlich, das Argument der leistungsfreien Zinsgeschenke ist nur meiner Meinung nach nicht zu vernachlässigen in der Diskussion, ob Staatsanleihen auch in Zukunft ausgegeben werden sollten oder ob Zahlungen des Staates ohne Beschränkung bzw. Verbot über die EU-Verträge über Kontoüberziehungen möglich sein sollen.

Gibt es Gründe oder Argumente gibt, die dich vermuten lassen, dass die MMT unrecht haben könnte?

Liegt am fehlenden Wissen. Das was Demokratien tun wird im unter anderem stark von der öffentlichen Debatte beeinflusst. Im Hinblick darauf ist es nicht verwunderlich, dass die Staaten dann nicht eine derartige Politik verfolgen, wenn staatliche Defizite immer verteufelt werden. Dieser Stand der Debatte ist wohl auch an der zu einem großen Teil Rückständigkeit der Wirtschaftswissenschaften verursacht.
Kommt auch drauf an, was du mit „nicht genau das machen“ meinst. Ausgeglichene Haushalte haben die wenigsten Staaten über längere Zeiträume. Insofern ist staatliche Verschuldung(wenn sie auch verpönt ist), keine absolute Rarität.

Im Prinzip ist das eigentlich nicht möglich. Das Geld muss bei irgendjemand in der Passivseite(also Schuldenseite) der Bilanz verbucht werden. Das tut die Zentralbank zum Beispiel bei Zentralbankguthaben oder Bargeld bisher auch. Ein Beispiel: 2020 entsprach der gesamte Bargeldumlauf 114,761 Milliarden Schulden in der Passivseite der Bilanz der EZB. Gleichsam ist es bei Geschäftsbanken, sie müssen das Guthaben, das ihre Kunden bei ihr halten in ihrer Passivseite eintragen.
Wenn das Geld keinen Schuldengegenwert hätte, könnte es schlicht gar nicht existieren.
Könnte es sein, dass Kelton beschrieben hat, dass die Zentralbank das Geld den Empfängern einfach gutschreibt und dabei den Fakt, dass irgendjemand die Schuld verbuchen muss, eher am Rande behandelt hat oder ganz außen vor gelassen hat? Ist letztendlich ja nichts entscheidendes, die Schuld der EZB/der Regierung belastet ja niemand. Sie gibt nur eine bestimmte buchhalterische Größe an.

@AtotheJ Interessante Idee, aber meiner Meinung sollten sich Progressive mal schnell von den veralteten Framings loslösen.
Damit erreicht man glaube ich mehr, als weiter an Glaubenssätzen festzuhalten, wie dass Staatsschulden zukünftige Generationen belasten würden. Mir ist im Übrigen nicht ganz klar geworden, wie du Lindner dazu bringen willst höhere Steuern für Reiche umzusetzen. Ich würde fast glauben, weniger Steuern sind für die FDP wichtiger als weniger Schulden.
Und auch die Idee, dass mit mehr staatlichen Einnahmen der Staat in Zukunft mehr ausgeben könnte, verkleinert rhetorisch den Handlungsspielraum des Staates erheblich. Als Progressiver sollte man sich mit solch einer Erzählung nicht zufriedengeben.

Es wirkt für mich auch nicht für sonderlich sinnvoll, auf Christian Lindner mit Zugeständnissen zuzugehen. Verhandlungen müssten aber doch vielmehr mit Maximalforderungen beginnen, damit man sich in der Mitte treffen kann.

Einer deutlich wirksameren Erbschaftssteuer bin ich sehr zugeneigt, aber nicht wegen dem Argument, der Staat hätte deswegen in Zukunft mehr Spielraum für Ausgaben. Nur die Verteilungsgereichtigkeit sollte in der Argumentation eine Rolle spielen. Für Ausgaben braucht der Staat schließlich keine Einnahmen, im Gegenteil.
Da sollte man als Progressiver auch nicht mit dem Argument kommen, dass die Steuer mehr Einnahmen brächte, damit hilft man nur Neoliberalen wie Christian Lindner bei ihrem Kampf für staatliche Ausgabenbeschränkungen.

@Finn Danke! Ehrlich gesagt ist mir das mal gekommen, um Chrischis Argumentation ad absurdum zu führen: „Du denkst, dass Staatsschulden die nächste Generation belasten. Dann ist die Lösung doch, dass wir die Schulden dadurch abbauen, dass wir das Vermögen der nächsten Generation vernichten, also 100 % Erbschaftssteuer. Den Ärmsten kannste nicht mehr wegnehmen, das wird das BVerfG nicht zulassen. Umweltschädliche Subventionen willst Du auch nicht abbauen. Du glaubst an das Leistungsprinzip und Erbe ist Einkommen komplett ohne eigene Leistung. Und nur um Deinem nächsten Argument gleich zuvorzukommen, lieber Christian: Ja, das Geld wird dann doppelt besteuert. aber bei der Umsatzstzeuer ist das ja auch so. Wenn Du ehrlich bist, Lieber Christian, ist das der einzige und schnellste Weg, die Generationengerechtigkeit herzustellen.“

Mir ist klar, dass Lindner sich davon nicht überzeugen lassen wird, weil es ihm ja überhaupt nicht um Generationengerechtigkeit geht. Ich glaube er ist schlau genug und er weiß ganz genau, dass das ein populistisches Scheinargument ist. Kommt aber bei den Wähler:innen, auf die er’s abgesehen hat, gut an. Entweder weil die reich sind und sich einen möglichst kleinen Staat wünschen oder weil die denken, dass ein Staatshaushalt funktioniert, wie der Haushalt einer schwäbischen Hausfrau. Bei anderen FDP’lern (I’m looking at you, liebe JuLi-Vorsitzende, deren Namen ich gerade vergessen habe) bin ich mir aber nicht so sicher, mE glauben die oft wirklich an dieses neoliberale Framing.

Meine Hoffnung wäre, dass wenn jemand mal so ne Diskussion mit CL führt, hoffentlich einigen aus dem Publikum die Unsinnigkeit der Argumentation aufgeht. Was auch klar ist, dass Chrischis wesentliches Argument sein wird: „Wir müssen die staatlichen Prozesse effizienter und vor allem digitaler gestalten, dann müssen wir weniger Steuerzahlergeld [sic!] ausgeben und können die Schulden abbauen.“ und dann würde ich sagen: „Lieber Herr Minister, ich arbeite seit Jahren daran, die öffentliche Hand zu mehr Digitalisierung zu „enablen“ und kann keinerlei Bemühungen von Ihnen erkennen. da irgendwas zu ändern. Das ist doch eine Ablenkung und außerdem, wie wollen Sie das machen ohne Investitionen.“

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wir brauchen dauerhaften nullzins in der eurozone, um das zins-grundeinkommen für banken zu verhindern!!

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Wusstet ihr, dass der Staat nicht auf das Geld seiner Steuerzahler angewiesen ist. Kann man ganz gut an der Schlussfolgerung erkennen, wenn man sich fragt, : „Woher kriegt der Staat sein Geld? Vom Steuerzahler. Woher kriegt der Steuerzahler sein Geld? Von seinem Unternehmen? Woher kriegt das Unternehmen sein Geld? Vom Steuerzahler“. Aber der hat es doch vom Unternehmen bekommen, wie kann das gehen? Da der Staat der Währungsherausgeber ist (das Geldmonopol besitzt), kommt das Geld von ihm (bzw. der Zentralbank, die aber nur eine Institution des Staates ist) und er gibt zuerst Geld in den Kreislauf und nimmt es dann durch Steuern ein. Er hat zu Beginn Geld aus dem nichts geschöpft und tut es im Moment und kann es jeder Zeit machen, wenn er nur wollen würde. Da er das Geld selbst geschoppt hat, kann ihm dieses auch nicht ausgehen und er kann (theoretisch) alles finanzieren was er will.

In einer Folge wurde mal erwähnt, dass man für höhere Ausgaben Steuern erhöhen muss, das ist aber falsch, deswegen wollte ich das mal reinschreiben.

Hab mir das auch nicht ausgedacht, es gibt eine bestätigte Theorie die sich MMT-Modern Monetary Theorie nennt, die das Geldsystem beschreibt. Dort wird mit den ganzen neoklassischen Mhyten aufgeräumt und auf Bilanzen geschaut.

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@Joris1 absolute Zustimmung. Diese Woche in der Lage, als es um Die „Aktienrente“ ging, wurde das wieder soooo deutlich, dass Ulf und Philip noch tief in dem Verständnis vom „Steuerzahlergeld“ verfangen sind. Sie meinen, es sei am Ende besser, eine richtige Aktienrente aufzusetzen, bei der aus den Rentenbeiträgen Aktien gekauft werden, als die „Aktienrente“ der Ampel, bei der für den Aktienkauf 10 Mrd. € Kredit aufgenommen werden.

Als ob das „Steuerzahlergeld“ vom Steuerzahler gedruckt würde und nicht durch Staatsschulden entstanden wäre… Alles Geld im Umlauf (bzw. genauer, das Zentralbankgeld, das Lindnder vom Konto des Bundes für den Aktienkauf ausgeben kann) ist durch Schulden entstanden. Damit ist es Lattenwumpe, ob der Staat neue Schulden aufnimmt (also Anleihen ausgibt), um davon Aktien zu kaufen, oder Geld vom Beitrags- oder Steuerzahler einsammelt. So, wie es jetzt gemacht wird, geht das aber an der Schuldenbremse vorbei, weil es nur eine Finanztransaktion ist und keine Ausgabe. Insofern halte ich das als Gegner der Schuldenbremse sogar besser, als die Renten zu kürzen, um Aktien zu kaufen.

(womit ich nicht sagen will, dass ich ein Megafan der „Aktienrente“ in dieser Form bin. ich denke auch, dass 10 MRd. zu wenig sind, aber ist vielleicht ein ganz guter Anfang.)

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Hier stimmt es halt aber. Die Mär vom „Steuerzahlergeld“, dass der Staat erstmal einnehmen muss, damit er überhaupt Geld hat, das er ausgeben kann, stammt von Magaret Thatcher: „There is no such thing as public money, only taxpayers’ money.“ Ich bin mir nicht sicher, ob die Iron Lady jemals erklärt hat, wie der Taxpayer sein Money drucken kann…

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Aber wenn der Staat für sein Geld Zinsen zahlen muss, da seine Zentralbank nun mal kein Geld drucken kann, geht es ihm wie jedem Unternehmer. Er muss die Zinsen wieder reinwirtschaften. Das am Aktienmarkt zu tun ist zocken.

Eventuell der…

… - Effekt
Wenn Geld sich immer den Weg nach oben bahnt, könnte noch mehr Geld in System die Ungleichheiten noch verschärfen.