In eurem „Stück“ über das ‚Ende der Weltordnung‘ (Sehr treffendes Framing!) habe ich überwiegend mit Kopfnicken dagesessen, doch eine Sache stieß mir böse auf. Gleich von Anfang an kam es mir komisch vor, wie eigentlich die Trump-Rhetorik übernommen wird mehr und mehr: Was 2016/17 in seiner ersten Amstzeit noch bitter aufgestoßen ist, dass alle NATO-Staaten das 2%-Ziel einhalten soll, ist inzwischen jedoch zu einem „No-Brainer“ der unkritisch auch von euch wiederholt wird.
Klar, mach ja auch Sinn, gab ja auch einen russischen Angriffskrieg in der Zwischenzeit, das war die „Zeitenwende“ und seitdem ist jedenfalls alles anders und jetzt ist das 2%-Ziel keine Frage mehr und Biden ist ja auch in der Sache dabei geblieben.
Macht aber keinen Sinn, wenn man bedenkt, dass der Krieg in der Ostukraine schon seit 2014 andauert, aber damals (und 2008 in Georgien und in den 1990ern in Tschetschenien) war das eben noch nicht so wichtig. Russland hat schließlich günstiges Gas geliefert.
Und dann kommt in der Lage der Part, der mich aus allen Wolken fällen lässt:
Sinngemäß heißt es die Friedensdividende ist vorbei, „Frieden schaffen ohne Waffen“ ist gescheitert, wir müssen uns vorbereiten unsere Töchter und Söhne wieder in den Krieg zu schicken, die Wehrpflicht wird wieder eingeführt und das ist richtig so, eine kleine Generation hatte jetzt den Luxus dsich darüber keine Gedanken zu machen. (Ja, ihr notiert auch die Hoffnung, dass das in der Zukunft wieder anders geht.)
Und das macht mich dann schon ein bisschen sprachlos.
Ich hätte gerne mal eine Lage in 2011 gehört als die Wehrpflicht ausgesetzt wurde und wie ihr das damals (so meine Vermutung) als den richtigen, fortschrittlichen, zukunftsweisenden Schriff beschrieben hättet. (Wie gesagt, meine Vermutung, aber auch nur ein Gedankenexperiment)
Und dann habe ich mich gefragt, ob ich mich nur angesprochen fühle, weil ich in dese Generation („die Glücklichen, die den Luxus haben“) falle, die keine Wehrpflicht leisten mussten und auch nicht verweigern mussten sonden es als Selbstverständlichkeit gesehen, dass wenn ein Mensch aufwächst, dass dann kein Staat das Recht hat, ihn im jungen Alter seiner Lebenszeit zu berauben, ihn militärisch zu indoktrinieren und ihn den Dienst an der Waffe nahezulegen. (Wenn auch nur als abstraktes Drohungsszenarien und rechtlichen Mitteln und Workarounds wie der Verweigerung)
Und ich stelle fest: Das ist immernoch meine Überzeugung. Es ist rückständig, wenn Staaten eine Wehrpflicht haben. Aus den genannten Gründen, die sich für mich denklogisch aus einem humanistischen Weltbild ergeben.
Und warum kann mich nichtmal ein russischer Angriffskrieg und des abstrakte Szenario einer russischen Folgeinvasion in 2028 (siehe LdN218) umstimmen? Ich nehme beides sehr ernst und halte es für eine realistische Kalkulation, dass Russland etwa das Baltikum angreift, wenn Trump signalisiert, dasss er die NATO fällen lässt. Das macht mir konkret Angst und mir ist bewusst, wie das konkret unser friedlichen Zusammenleben in Europa bedroht und abstrakt die Frage aufwirft, wie wir uns verteidigen und ob wir bereit sind „in den Krieg zu ziehen“…
Ich wäre aber derzeit nicht bereit „für mein Land zu sterben“. Das kommt mir reichlich bizarr vor als Konzept generell. Für die Demokratie und Freiheit in den Krieg zu ziehen, das wäre abstrakt zwar eine noble Sache, aber wäre das denn der Fall, wenn wir morgen alle zu den Waffen greifen?
Will ich ernsthaft für einen Staat kämpfen, der bald von Merz regiert? Bitte, dass ist keine Polemik. Die Demokratie hierzulande ist grundsätzlich genauso in Frage gestellt, wie in den USA unter Trump, vielleicht sind die Vereinigten Staaten nur ein paar Jahre vorraus. Klar, Merz ist nicht Hitler, aber es reicht ja, wenn er der nächste Franz von Papen ist (Letzter Reichskanzler vor Hitler, ein Konservatver, der dei Branmauer (Konzept demals unbekannt) auch irgendwann aufgegeben hat). Und wenn wir schon nach dieser Wahl eine AfD-regierungsbeteiligung haben (Ich weiß, Ulf und Philip halten das für unrealistisch) oder eine Neuwahl nach Scheitern von anderweitigen Koalitionsverhandlungen und dann eine Mehrheit für die AfD (oder, oder, oder, …) -
Deutschland steht alles andere als stabil da. Und da habe ich noch gar nicht von den restlichen Ländern in Europa gesprochen.
Wofür sollen wir da bald noch "kämpfen*, wenn es so weiter geht?
Wehrpflicht bleibt Menschenfeindlich. Die Antwort kann nur in der Überwinding dieser Autokratie von Innen liegen. Ich privat werde fliehen, wenn es zum Kieg kommt. Wenn jemand was an diesem Ort liegt, kann ich das verstehen, aber für den deutschen Staat lohnt es sich meines Erachtens nicht zu sterben, dafür gibt es zu viele offene Fragen und Unsicherheiten auch mit wehrpflicht. Die hilft nämlich nicht gegen Faschismus (Beschleunigt ihn nur eher, wenn wieder alle Kameradschaft und Obrigkeitsgehorsam lernen) und auch nicht gegen die tatsächliche Misstände (ökologsich, sozial, wirtschaftlich).