LdN395 Was wählen wenn die demokratischen Parteien versagen?

Es ist eher die politische Kultur als das System, das versagt.

Das wäre einzig eine Frage der politischen Kultur. Auch im aktuellen System wäre eine an Sachfragen orientierte Politik möglich - der Fraktionszwang ist eben gerade kein fester Bestandteil des „politischen Systems“, sondern der „politischen Kultur“. Es braucht daher auch keine Änderung im System, sondern vor allem in der Kultur, wie wir mit diesem System arbeiten. Hätten wir eine auf Sachfragen zentrierte politische Kultur, gäbe es auch überhaupt kein Argument für eine Prozent-Hürde. In einer auf Parteien zentrierten politischen Kultur hingegen, wo Regierungsmehrheiten im Vordergrund stehen, greift hingegen das Weimar-Argument.

Das ist ein schwieriger Spagat. Also einerseits zu sagen, dass z.B. nachhaltige Lösungen Vorrang haben (was ich definitiv richtig finde, aber wenn der Bürger Parteien wählt, die gegen Nachhaltigkeit sind, erscheint mir dieses Diktat im Hinblick auf die Demokratie problematisch, weil der Wählerwille dann ja gerade nicht zum Ausdruck kommt), andererseits bei den Faschisten aber den Wählerwillen hoch zu halten.

Letztlich gibt es gerade bei Fragen, welche Lösung „nachhaltig“ ist, natürlich auch Meinungsverschiedenheiten, ebenso wie bei der Frage, wer „Faschisten“ sind. Wer soll da entscheiden, wenn nicht die Politiker? Bei den Faschisten eindeutig das BVerfG, aber wenn das in allen Sachfragen die Nachhaltigkeit bewerten würde, wäre der Handlungsspielraum der Politik gegenüber dem BVerfG doch sehr reduziert.

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Ich würde diesen Punkt gerne unterstreichen. Jeder Mensch findet in Deutschland Parteien, Vereine und andere Organisationen, die an Problemen arbeiten, die er oder sie gerne lösen würde.

Die lokale Schule ist nicht gut ausgestattet? Da gibt es Fördervereine, Elternbeiräte und Gemeinde- und Kreisräte, in denen man sich mit nichts anderem beschäftigen kann, als diese Situation zu verbessern. Man hat Angst vor der „Überfremdung“ der eigenen Kultur? Jedes Kaff hat einen Traditions-, Geschichts-, Karnevals-, oder Brauchtumsverein, deren Mitglieder aber langsam aus Altersgründen wegsterben, weil die jungen Leute lieber auf AfD-Demos gehen, als sich für ihre Kultur zu engagieren. Du glaubst, dass „den Ausländern“ viel mehr gegeben wird, als den armen Rentnern und arbeitenden Deutschen? Die Tafel, Gewerkschaft und andere Organisationen freuen sich auf deine Beteiligung.

Mal davon abgesehen, dass alle Parteien jenseits einiger weniger politischer Hotspots immer Platz für engagierte neue Mitglieder haben, die Politik mit gestalten wollen. Unser Kreisverband konnte bei der Letzten Mitgliederversammlung keinen neuen Vorstand wählen, weil es keine Kandidaten gab. Da kann man sich aufstellen lassen und ist (wenn man das will) praktisch automatisch beim nächsten Landes- oder Bundesparteitag dabei und kann die Hand für und gegen konkrete politische Vorhaben heben. Und wer wirklich glaubt, dass er zwischen Freien Wählern, CDSU, SPD, GRÜNEN, FDP, LINKE, BSW und anderen in der Lokalpolitik etablierten Parteien nicht repräsentiert ist, der kann ohne Probleme seine eigene gründen.

Ich halte „das Versagen der etablierten Parteien“ als Ausrede für das Wählen einer gesichert rechtsextremistischen Organisation wie der AfD entsprechend für völlig unbrauchbar.

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Ich kann die Ratlosigkeit von @Der_Chris gut verstehen und nicht nur nich habe mir diese Frage in letzter Zeit oft gestellt, auch in meinem persönlichen Umfeld gibt es mehr Leute denn je, die nicht wissen, was sie wählen sollen. Und dabei reden wir in den meisten Fällen über durchaus politisch interessierte Akademiker, die bisher meist Linke, Grüne oder auch mal SPD gewählt haben.

Wenn ich aber mal vom persönlichen Umfeld weggehe, ist ja offensichtlich, dass gerade die SPD, aber auch FDP, Grüne und Linke gerade massiv Wähler verlieren. Und ich kann es gut verstehen. Ich weiß nicht, ob ich das Wort „Versagen“ benutzen würde, aber die Ampel ist mit zwei Versprechen angetreten: 1. ein neuer Politikstil: im respektvollen Miteinander gute Kompromisse suchen, statt im schlechte Deals aus gegenseitigem Misstrauen und 2. als „Fortschrittskoalition“ den Stillstand der GroKos beenden und das Land nach vorne bringen. Wer so vollmundige Versprechungen macht, muss sich natürlich auch fragen lassen, was denn 3 Jahre später davon noch übrig bzw. umgesetzt ist. Und da finde ich die Einschätzung „grandios gescheitert“ schon sehr treffend.

All dieses strategisch, taktische oder sonstwie arithmetische Wählen mag interessant sein für Menschen, die das Wählen demokratischer Parteien als ihre staatsbürgerliche Pflicht ansehen. Die gibt es und das ist auch gut so. Aber es gibt eben auch verdammt viele Menschen, die sich für eine Partei entscheiden, weil sie damit bestimmten politischen Vorhaben zur Umsetzung verhelfen wollen. Die wollen dann aber auch erleben, dass sich durch einen Wechsel der Parteien an der Regierung tatsächlich etwas ändert, und das ist offensichtlich aus der Sicht Hunderttausender nicht der Fall. Damit meine ich übrigens nicht die Wähler von AfD und BSW, sondern jene, die eher zu kleinen Parteien neigen oder gar nicht mehr wählen gehen.

TL/DR: „Schlimmeres verhindern“ mag für manche ein Wahlmotiv sein, ist aber für viele offensichtlich keins.

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Ein paar unsortierte Anmerkungen:

  • Die Welt ist in den letzten 50 Jahren nicht einfach geworden. Im Gegenteil werden viele Dinger zunehmend komplexer, sei es weil ein digitaler Prozess eben mehr Fachwissen braucht, als wie man Papier in eine Schreibmaschine steck und dann von A nach B bekommt, sei es weil unser alle Anforderung an das Leben zunehmend höher werden.

  • Die Welt ist auch nicht langsamer, sondern im Gegenteil immer schneller geworden, die Masse an Menschen auf der Erde ermöglicht uns heute eine Schlagzahl beim technischen und wissenschaftlichen Fortschritt, die man schon lange nicht mehr gesehen hat. Dazu hat die Digitalisierung der Nachrichten den „Newscycle“ massivst beschleunigt.

  • Die Klimakatastrophe ist nur noch mit größten kognitiven Anstrengungen zu verneinen. Die Folgen werden sichtbar und können nicht mehr ignoriert werden.

  • Wer ist denn heute noch bereit sich in einer Partei zu engagieren? Wer ist denn bereit seine persönlichen Verhältnisse, seine Familie auf eine Parteikarriere aufzubauen? Mit jeder Wahl zu riskieren vor dem nichts zu stehen? Und sich dann dafür auch noch schwerst beleidigen und eventuell sogar körperlich angreifen zu lassen? Ich bin es nicht, und so wie es aussieht sind es auch sehr viele andere nicht.

Alle Punkte sind Teil der Rahmenbedingungen denen sich jede Regierung, jedes Parlament stellen muss, keiner dieser Punkte ist in irgendeiner Form ignorier- oder änderbar für die Beteiligten.

Wenn wir uns nun beschweren, dass die Regierungspolitik der Parteien austauschbar geworden ist, dann liegt das doch genau daran, das egal wer regiert, alle mit den gleichen Rahmenbedingungen umgehen müssen. Das da am Ende sehr ähnliche Ergebnisse bei herumkommen finde ich ehrlich gesagt nicht besonders verwunderlich.

Bei den Linken kann ich es nicht verstehen. Zumal sie bisher keine Regierungsmacht im Bund haben und für wo sie beteiligt sind, es dich ganz okay läuft. Von Organ Herz sind die sozialer als SPD und grüner als die Grünen. Wollen halt nur steuererhöhung für Reiche und das reicht schon zur Unwählbarkeit und Unvereinbarkeit schon aus :pensive:

Ich bin auch unzufrieden - wähle aber trotzdem weiterhin eine Partei der Ampel.

Zu 100% einverstanden. Ich hatte die Frage schon einmal anders gestellt: Anstatt

„Was wählen, wenn die demokratischen Parteien versagen?“
"Ein Weiter-so darf es nicht geben … aber wenn nicht so, wie dann?"

Die Alternative darf ja nicht sein, UNdemokratische Parteien wählen zu müssen. Wir müssen m.E. die Spielregeln so ändern, dass demokratische Parteien wieder aus der Schnapp-Atmung rauskommen und dadurch für viele wieder wählbar werden. Aber das schaffen sie nicht allein!

4 Slides zum Thema

Ich halte es eher für eine Frage des Systems, weil 4 Jahre so, 4 Jahre so, dann wieder 4 Jahre so, den massiven Problemen, die langfristige Lösungen erfordern, nicht gerecht wird. Stellen Sie sich in Ihrer Stadt vor, 4 Jahre gäbe es ein funktionierendes Kita System, dann wird es wieder gekippt, 4 Jahre ist eine Ausrichtung auf Nachhaltigkeit wichtig, dann wieder 4 Jahre nicht. Das ist doch absurd. Darum sollte auf Bundesebene eben auch zusammen und langfristig entschieden werden.

Ich hielte das auch nicht für eine „Quasi-Räterepublik“ und ich glaube auch, dass so schneller, effizienter und langfristiger geplant und umgesetzt werden könnte.

Wenn natürlich gerade 80% keine nachhaltigen Lösungen bevorzugen, dann ist das halt so, man müsste halt verankern, dass alte, funktionierend Projekte nicht ohne existenziellen Grund gekippt werden
können. Aber ich vertraue ehrlich gesagt darauf, dass es quer durch alle Parteien immer genug Gewählte gibt, denen gemeinsame und möglichst weise Entschlüsse ein Anliegen sind.

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Wenn alle demokratischen Parteien (mit Regierungsbeteiligung in den letzten Jahren?) versagen, frage ich mich doch, was ihnen gemein ist und komme zu einem ähnlichen Schluss wie @Christoph:

Was für einen demokratischen Staat absolut absurd ist, denn „Geld ist eine Kulturtechnik. Und kein Naturgesetz. Geld wird von uns gemacht.(www.geld-der-zukunft.org)“
Wenn ich mich recht entsinne wurde es doch bereits in der Lage gesagt: Austerität führt nach Rechts. Deutschlands Osten hat die ersten Demokratieerfahrungen mit der Treuhand und dann der Sparpolitik/Schuldenbremse/schwarze Null gemacht und nun ist die AFD dort am stärksten.

Für alle, die auf die Frage „Woher kommt das Geld?“ auch keine Antwort haben, sei gesagt: So geht es fast allen. Falls es euch interessiert schaut doch bitte die folgenden Links an:

Verfahren und Wirkungen bei der Emission von Bundeswertpapieren (www.bundestag.de)

Edit:

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Da ich die gleichen Experten hier nicht gebetsmühlenartig immer wieder anführen möchte, hört einfach mal auf mit dem Protestwähler-Märchen.

Keine ehemaligen Grünenwähler wählen das rechtspopulistische BSW oder die rechtsextremistische AfD, weil die Grünen in der Regierungskoalition zu wenig Klimaschutz durchgesetzt haben. Falls es doch eine solche Mikrominorität geben sollte, müsste man sich fragen, wovon die denn zu viel geraucht hat.

Rechtsreaktionäre Parteien werden für die von ihnen versprochene Rückschrittlichkeit gewählt. Der besondere Treiber ist hier die bei AfD- und BSW-Wählern in besonderem Maße nachgewiesene gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit. Ich hatte die Empirie hierzu schon mehrfach verlinkt.

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Das Thema die Linke kann man eigentlich einfach erklären.
Sie versuchen zwanghaft so Links zu sein das Sie vergessen die Realität mit einzupreisen.
Ein Linke Partei mit realistischen Forderungen und auf den Stand der Zeit wäre genau das, was in die Lücke der SPD rücken könnte.

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Hierzu kann ich das Interview von Tilo Jung („Jung und Naiv“) mit Prof. Schellnhuber empfehlen.
Hier sagt dieser ganz deutlich das Angela Merkel gern mehr getan hätte und den Stand der Dinge auch verstanden hat, allerdings in Ihren Regierungen und Fraktionen keine Mehrheiten also keine Verständnis für die Notwendigkeiten vorhanden waren.

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Den Hauptfehler den die Grünen machen und das sagen auch viele Wirtschafts- und Politikwissenschaftler, ist die Mauer abzubrechen ohne zu prüfen ob es eine tragende Wand war. Um es mal bildhaft darzustellen.
Wenn ich soviel Klimaschutz wie möglich erreichen möchte wie in 4 Jahren möglich ist, dann muss ich mir gleichzeitig überlegen was ich den Leuten anbieten kann um einen drastischen Wandel erträglich zu machen. Zudem muss es so kommuniziert werden das es nicht sofort von Bild und Co. zerrissen wird. Das Sie in Sachen politischem Verkaufen seit dem Wahlkampf mit A.Bärbock nichts dazugelernt haben wundert mich immer wieder.

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Zu deinem Post passt die letzte Umfrage vom ZDF Politbarometer:

Daraus:
„Trotz dieser sehr schlechten Bewertung der Ampel-Koalition sind nur 38 Prozent aller Befragten der Meinung, dass es die [CDU/CSU] besser machen würde, wenn sie an der Regierung wäre (schlechter: 12 Prozent; kein Unterschied: 45 Prozent). Dass die Union von vielen nicht als glaubwürdige Alternative zur Ampel wahrgenommen wird, ist auch ein wichtiger Grund, warum Parteien wie die [AfD] und das [BSW] jetzt bei den Wahlen so gute Ergebnisse erzielt haben.“

Alle Politiker außer Pistorius sind zudem in Minusbereichen, das gab es historisch noch nie in der Breite. Ich halte das für strukturell extrem gefährlich.

Als Grund würde ich einen Schritt zurücktreten, das ist kein Thema der letzten 10 Jahre, sondern eine Akkumulation von Gründen und deswegen mit Kleinklein nur noch schwer lösbar:

  1. Wer politisch seit ca.30 Jahren interessiert ist, kennt die Diskussionen zum Thema Bildung, Sicherheit, Digitalisierung. Das ist ein systemisches Problem, an dem sich alle Akteure abarbeiten. Allerdings waren auch alle Akteure in verschiedenen Verantwortlichkeiten seit 30+ Jahren wechselseitig an der Macht, mal im Land, mal im Bund, immer wieder in den Kommunen. Seitdem ist es mit Bildung und Digitalisierung nicht besser geworden, um mal etwas zu untertreiben. Mit Bedauern haben die jeweiligen Parteien dann auf die verschiedenen Verantwortlichkeiten verwiesen, falls mal wieder eine föderale Verantwortung überschritten wurde und keine Lösung gefunden werden konnte.

Warum wurde das föderale System nicht reformiert, wenn es denn offensichtlich nicht funktional ist? Weil es natürlich auch zum Vorteil der Parteien ist, denn Doppelstrukturen sind natürlich auch Postenstrukturen. Und so haben viele ältere Wähler*innen den Eindruck: Die waren seit 30 Jahren dabei, warum sollen sie es jetzt besser machen? Welches Interesse haben sie daran, das System zu reformieren?

  1. Verhältniswahlrecht: Im Prinzip fein, aber in Combo mit den föderalistischen Strukturen führt es halt zu Koalitionsregierungen und damit über die Jahre zu einer Beliebigkeit und dem Abschleifen von Positionen. In einem Mehrheitswahlrecht (das andere Nachteile hat!) ist es leichter, für die Wähler*innen Alternativen zu sehen.

  2. Deutschland hat in den letzten 2 Jahrzehnten unter allen Parteien eine Regelungswut an den Tag gelegt, die es in sich hat. Unter allen Parteien sind immer mehr Vorschriften raufgesattelt worden, Bürokratieabbau haben ALLE Parteien versprochen. Passiert ist sehr wenig. Irgendwann sind Parteiprogramme dann halt auch mal Papier. Stichwort Glaubwürdigkeit.

Das war seit 30 Jahren schon so, aber jetzt haben wir eine Situation, in der a) Deutschland von seinem Konto gezehrt hat (Infrastruktur, Brücken, Schulen) und das offensichtlich wird (Symbol Dresdner Brücke); b) das Gefühl da ist, nicht fit für das 21. Jahrhundert zu sein, nachdem Angela Merkel durch ihre Strategie der asymmetrischen Demobilisierung eine Art „Alles wird gut“ über das Land gelegt hat, das viele wohlig angenommen haben.

Nun kommen eben multiple Krisensymptome zusammen, Deutschlands Wirtschaft rutscht in eine Rezession (anders als alle Nachbarn) und durch Inflation und Energiekosten sind viele deutlich persönlich betroffener als vorher.
Dafür kann die Ampel übrigens gar nichts, sie haben halt die A…karte bekommen. Machen sie deswegen gute Politik? Siehe oben Politbarometer - laut Mehrheit nein. Aber der CDU/CSU traut die Mehrheit auch nicht mehr zu.

Aus dem Gesagten oben - wenn alle etablierten Parteien schon seit 30/40 Jahren in diesem System unterwegs waren und das damit auch gestützt haben und gleichzeitig Akteure als auch Betroffene sind - warum sollte man ihnen zutrauen, das zu lösen? Es sind ja noch dieselben Akteure.

Alternativen?
Wirklich schwer. Eigentlich bräuchten wir strukturelle Basisreformen und ggf. eine Zentralisierung einerseits und deutlichere Verantwortlichkeiten in die Gemeinden andererseits. Der Dreiklang aus Bund, Länder und Gemeinden zerschleißt alle Parteien, weil sie, egal in welcher Position, null Gestaltung haben (Beispiel Schulfinanzierung).

Wird das passieren? Eher nein. Ich selber wähle aus den Parteien SPD, FDP, Grüne und CDU/CSU seit 8 Jahren auch nur noch die geringeren Übel gegen AfD, aber Lösungskompetenz billige ich niemandem zu.
Ich mache keinen Vorwurf an einzelne Politiker*innen - wer jemals Change Management gemacht hat weiß, dass du am Ende des Tages nur so erfolgreich bist, wie ein System dich lässt. System verändern eher Menschen als das Menschen Systeme verändern. Das ist leider vielfach so.

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Tatsächlich plage ich mit diesen Gedankenspielen auch immer wieder wenn @vieuxrenard seine Sicht auf kleine Parteien und zu vermischte Mehrheiten kund tut.
Nachdem wir uns, wie auch in der LAGE angesprochen, mehr und mehr mit dem Gedanken von Mehrparteien Regierungen abfinden werden müssen, sollte man wirklich überlegen ob ein System alla EU Parlament nicht ein Ansatz wäre.
Also keine Minifraktionen, sondern Fraktionen die sich auf mehreren Parteien bilden.

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Das macht denke ich erst ab ca 10 Parteien Sinn und löst nicht, dass wir halt dann wieder Regierungs- und Oppositionsblock haben und 50% der Zeit mit Partei-Ränken vergeudet werden. Warum nicht besser alle an einen Tisch, jede Partei kann sich Wahlergebnis entsprechend einbringen und dann werden Vorschläge besprochen, angepasst und dann gemeinsam abgestimmt. Was wäre daran schlechter als das bisherige System?

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Nicht nur bei denen, die meisten von uns wollten doch davon nichts wissen, obwohl es seit „Die Grenzen des Wachstums“ zunehmend Bücher, Filme, etc dazu gab. Und die Fossil-, Auto-, etc Industrien taten ein Übriges dazu. Mittlerweile haben aber Gerichte die Politik in die Pflicht genommen. Was wir brauchen ist JETZT eine Politik, die sich nicht gegenseitig ausspielt und den schwarzen Peter zuschiebt, sondern schnelle, konstruktive Entscheidungsvorgänge auf Basis der Gerichtsurteile.

Bei Punkt 2 und 3 würde ich dir gerade noch zustimmen aber zu Punkt 1:
Wenn wir aufgrund der Ränder die demokratischen Parteien nur noch wählen um schlimmeres zu verhindern, wird weitergemacht wie bisher und die Merzens und Lindners und Scholzens stellen sich am Ende hin glauben Sie hätten mit Ihrem Programm und der Art Politik zu machen recht gehabt. Wozu das geführt hat sehen wir ja. Also genau das muss sich ändern, sonst haben wird 40 oder 50% AFD anstatt 15%

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Daran verzweifel ich - was sind denn unrealistische Forderung der LINKEN?

Bin kurz durch das Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2021 durch, natürlich stehen dort Forderungen drin die etwas exotisch wirken. Aber ein Großteil davon könnte ich unterschreiben bzw wünsche ich mir schon seit langem.

Wohnungsbau in und durch staatliche Hand
Mietendeckel
Sozialer Wohnungsbau stärken
Rechtsanspruch auf gleiche Bezahlung
Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer
Deckelung der steuerlichen Abziehungsfähigkeit von Managergehältern
Erhöhung Mindestlohn
Strom- und Wärmenetze vermehrt in öffentliche Hand
Stärkung der Daseinsvorsorge
Vermögenssteuer Erbschaftssteuer Kampf gegen Steuerhinterziehung (mehrheitsfähig)

Natürlich freut das einen Kapitalisten nicht, was dort drin steht. Aber im Grundgesetz steht ja auch nicht drin das Kapitalismus das alleine glücklich Machende sein muss. In der bayerischen Verfassung steht sogar drin, dass die Wirtschaft dem gemzeinwohl dienen muss.

Was sie einfach nicht abschütteln können, ist das Image, dass sie nicht mit Geld umgehen können. Was aber eigentlich Bodo Ramolow widerlegt hat, und was hat er jetzt davon: er ist der bessere Sozialdemokrat. Keiner sagt, er ist ein guter LINKEN-Politiker. Schon schräg.

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Zum einen haben wir mehr als 10 Parteien, je nachdem wo mach die Einzugsgrenze festlegt, zum anderen wären wirklich die Parteien vertreten von denen man sich vertreten fühlt. Schon die Verteilung innerhalb der Fraktionen wäre je nachdem unterschiedlich aufgestellt und die noch großen Parteien müssen in teilen den kleineren entgegenkommen wenn Sie mehrheiten haben wollen.
Es würde mehr Bewegung in das Ganze System bringen. Aktuell sind wir festgefahren und scheinen nicht weiter zu kommen.

Ich habe auch nicht gesagt, dass ich alle Optionen gleich gut heiße, wollte nur auf die Frage des Threads eingehen.

Ich finde den Geist, der hinter der Idee steht, erstmal gut. Haben wir reale Beispiele von modernen Gesellschaftsformen, die so funktionieren? Ich denke nämlich, dass eine Führungspersönlichkeit in Form eines regierenden Kanzlers o.ä. in der Realtität nötig ist: wenn es niemanden gibt, der/die eine grundsätzliche Richtung (Richtlinienkompetenz) vorgibt besteht die Gefahr, dass sich Diskussionen verfransen oder in schwierigen Situationen, in denen kein Konsens erlangt wird oder in denen eine schnelle Entscheidung nötig ist diese nicht erfolgt.
Auch wäre es für die Wählerinnen noch schwieriger als heute zu erfahren, für was sie eigentlich wirklich stimmen. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir hier eine sehr politisch interessierte Gruppe sind und selbst uns fällt es häufig schwer, Entscheidungen klar bestimmten Parteien zuzuordnen. Wenn ich dann noch im politischen Alltag bei jeder Entscheidung schauen müsste, welche Partei jetzt wie abgestimmt hat, wird es noch komplizierter.

Wenn man schon diesen Weg gehen würde könnte man sich direkt die Liquid Democracy nochmal anschauen.

Edit, weil ich meinen Entwurf nicht mehr ändern konnte: Noch eine Frage wäre, was genau nun der Unterschied zum Status Quo wäre. Auch jetzt schon sind die Oppositionsparteien ja nicht komplett von der politischen Gestaltung abgekapselt, sondern die sitzen ebenso in den ganzen Arbeitskreisen und können Vorschläge machen, für die sich halt eine Mehrheit finden muss. Das System erlaubt das vorgeschlagene „alle an einen Tisch“ durchaus, es sind nur politische Gepflogenheiten, dass die Regierungsparteien zusammen abstimmen?

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