LdN356: Interview Herbert Reul

Es ist natürlich toll, wenn voll ausgebildete Fachkräfte kommen, aber das wird während der aktuellen „Ausländer-Raus-Wochen“ in unserer öffentlichen Debatte immer weniger passieren.

Abgesehen davon, dass es auf mich schon sehr egozentrisch wirkt, wenn man andere Länder die Kosten für die Ausbildung tragen lässt und sich dann über die fertigen Fachkräfte freut.

So attraktiv ist Deutschland nicht (mehr).

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Überall in Europa hat sich der Wind gedreht. Selbst die skandinavischen Vorzeigeländer sind von ihrem Migrationskurs abgekommen. Wenn sogar unverdächtige Personen wie Joachim Gauck und Parteien wie die SPD und Grüne umschwenken muss man sich doch irgendwann fragen ob der eigene Kurs in der Migrationsdebatte der Richtige ist.

Wenn einem auf der Autobahn Scheinwerfer entgegenleuchten sollte man nicht davon ausgehen, dass all die Anderen die Geisterfahrer sind.

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Mir leuchten die Scheinwerfer des demografischen Wandels, Arbeitskräftemangels etc. ins Gesicht. Wenn die deutsche Gesellschaft nicht bereit ist, die benötigen Arbeitskräfte aufzunehmen, werden diese Probleme die uns entgegenkommenden Geisterfahrer sein.

Ich glaube, die echten und folgenreichsten Probleme sind noch nicht wirklich begriffen worden. Es wird nicht so bleiben, wie es ist, wenn keine grundlegend pragmatische Ausrichtung erfolgt.

Aber ok. We agree to disagree. Ich rede gegen Windmühlen an.

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Zustimmung. Und wenn man der Meinung ist man solle 1 Mio Personen pro Jahr aufnehmen können, dann braucht es Jahre bis man das erreicht. Selbst bei unbegrenzten Geldmitteln (was auch eine falsche Annahme wäre).
Exemplarische Gründe: Wohnraum zu schaffen dauert viele Jahre. Personal aufzubauen und auszubilden dauert viele Jahre.
Und temporäre Unterkünfte sind zum Teil noch belegt (Rückstau).

Wer weiß schon wie viele Arbeitskräfte wir in 20 oder 50 Jahren tatsächlich brauchen. Die Entwicklung der künstlichen Intelligenz und Robotik wird nicht halt machen, und viele Arbeitsplätze werden so nicht mehr existieren. Für den schnöden Mammon, den Neoliberalen Wachstumsversprechen und dem ungebremsten Turbokapitalismus sollten wir nicht unsere Werte verkaufen. Der versprochene Reichtum der letzten Jahrzehnte (lies: das steigende Bruttoinlandsprodukt) kommt schon lange nicht mehr in der Breite der Gesellschaft an sondern wird von einigen Wenigen kassiert.

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Leute, das alles ist hier im Forum bereit zig mal rauf und runter diskutiert worden.

Ich erlaube mir, mal eine Zusammenfassung der Diskussion eines aktuelleren, ausführlicheren Thread zu dem Thema zu posten - auch wenn diese Zusammenfassung sicherlich nicht unstrittig und auch nicht mehr ganz aktuell ist: Wir müssen doch hier im Forum nicht immer das Rad neu erfinden:

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Alle Sicheren Häfen | Seebrücke listet übrigens 321 Städte, die sich gegen die weitere Abschottung positionieren. Viele sind bereit, zusätzlich Menschen aufzunehmen. Geflüchtete wohlgemerkt! Da geht es nicht mal um Wirtschaftlichkeit. Das wird, soweit ich das beurteilen kann, in keiner Weise beachtet, und bleibt tragischerweise folgenlos. Stattdessen, wie gesagt, wirkungslose Symbolpolitik, Missachtung von Menschenrechten und fadenscheinige Gefühlswahrheiten wie „die Menschen wollen das nicht“.

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… und hier ein früherer Versuch einer Zusammenfassung:

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Das ist das Narrativ das hier immer wieder Gebetsmühlenartig wiederholt wird. Und auch wenn es wichtige Punkte sind für die es Lösungen braucht, sollten die Lösungen aus der Mitte der Gesellschaft kommen und nicht von Außen durch irreguläre Migration erzwungen werden.
Es ist toll das es Menschen gibt die auch ein Auge auf die Schwächsten der Schwachen werfen. Hier muss es Schutz geben. Aber aus einer Position der moralischen Überheblichkeit heraus, auch wenn diese in Punkten berechtigt ist, gewinnt man in der Breite keine Mehrheiten. Und der Vorwurf an die Masse sie sei Rechts oder nach Rechts gerückt ist dann auch wenig hilfreich. Wenn Menschen so stigmatisiert werden, obwohl sie in ihrem eigenen Umfeld sich nicht mehr wohl fühlen oder schlicht und einfach subjektive Ängste haben, dann muss man sich fragen, ob nicht genau das die Menschen zu den Menschenfängern der AfD treibt. Die in großen Teilen politische Orientierung dieses Forums ist klar. Das spiegelt sich aber nicht bei den aktuellen Umfragen: Sonntagsfrage zur Bundestagswahl nach einzelnen Instituten 2023 | Statista
Wie es mir scheint spricht Herr Reul eine Sprache die verstanden wird. Ist das immer politisch korrekt? Nein. Wird das allen gefallen? Nein. Aber es scheint mir effektiver als ewiges lamentieren.

Ein wichtiger Punkt ist das Gefühl des Kontrollverlustes des Staates. Schafft es der Staat, der Bund, das Land, usw. mit den täglichen Herausforderungen umzugehen? Steuert und und bestimmt der Staat? In der aktuellen Situation reagiert der Staat nur noch. Er Spielt Feuerwehr in einem Szenario das von Faktoren bestimmt wird die aktuell nicht kontrolliert werden können. Das hat für mich alles gar nichts mit Konservatismus oder einer politischen Ausrichtung zu tun. Schlecht ist nur, dass die AfD den Eindruck erweckt, sie würde mit starker Hand wieder Ordnung in das System bringen. Das Agieren der sog. Volksparteien geht jetzt in eine ähnliche Richtung. Man möchte dem Bürgerinnen und Bürgern durch Aktionismus den Eindruck der Kontrolle suggerieren. Ich hoffe sie finden verfassungsrechtlich konforme und wirklich nachhaltige Lösungen.

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Generell weiss man das, auch wenn das für einige überraschend ist. Denn man weiss sowohl wieviele Menschen in Deutschland geboren werden und dementsprechend auch wann sie statistisch im arbeitsfähigen Alter sind, als auch wann sie aus dem Arbeitsleben ausscheiden (auch wenn man die Grenzen natürlich anpassen kann).

Dann müsste man aber mal die Diskussion führen, was passiert, wenn eben nicht mehr genug Arbeit für die Bürger da ist. Derzeit definieren wir den „voll wertvollen Bürger“ nämlich ausschließlich über Arbeit. Wer keine Arbeit hat, liegt faul den anderen auf der Tasche, so das Narrativ. Was also, wenn KI und Automatisierung das aber so herstellen werden?

Nun, das ist aber in allen westlichen Ländern gerade das einzig existierende System. Wie soll man heute Lösungen finden, wenn die außerhalb dieses Systems liegen?

Die gibt es m.E. nicht.

Und ganz ehrlich: Ich habe Zweifel, dass die Mehrheit diese Meinung (Hauptsache abschotten) hätte, wenn sie nicht dermaßen beeinflusst würde.

Außerdem: Vorsicht - Auch eine Mehrheit kann natürlich nach rechts rücken.

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Das wird tatsächlich ein Problem werden, aber meiner Meinung ist Asyl da überhaupt nicht das richtige Werkzeug. Asyl ist für Leute die Schutz suchen und keine Arbeitskräftebeschaffung für die Wirtschaft.

Die Wirtschaft braucht trotzdem mehr Arbeitskräfte ohne Frage, aber das sollten wir über ein vernünftiges Einwanderungsgesetz regeln. Wenn Firmen im Ausland nach Mitarbeitern oder Auszubildenden suchen können, welche finden die sie hier gerne einstellen würden, dann sind diese Menschen ja wenigstens schon mal kontrolliert wurden, es wurde sich aktiv für sie entschieden und sie passen mit größerer wahrscheinlich in unsere Gesellschaft. Sie haben zudem auch schon eine Arbeits- oder Ausbildungsstelle und kosten nicht erstmal nur. Man kann ja auch über staatliche Stipendien für ausländische Schüler und Studenten nachdenken, wo auch wieder ein Auswahlprozess stattfinden würde.
Alles machbar, nur bitte lasst uns Asyl wirklich Asyl sein, so bleibt meiner Meinung nach auch die Akzeptanz dafür höher als wenn wir keine erkennbaren Regeln dafür haben.

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Das ist halt eine sehr egoistische Sichtweise, die, wenn alle Staaten sie praktizieren, zwangsläufig dazu führen würde, dass die jetzt reichen Staaten ihren Reichtum auf Kosten der ärmeren Staaten ausbauen („Brain Drain“). Das führt zu noch prekäreren Situationen in den Herkunftsländern, was wiederum für mehr Migrationsdruck sorgt („Push-Faktoren“).

Unser Wohlstand im Westen basiert zu einem guten Maße genau darauf, dass wir diese wirtschaftlich schwachen Staaten ausnutzen - früher als Kolonialismus, heute durch Ausnutzung unserer Wirtschaftsmacht. Und genau das wäre das von dir geforderte Vorgehen: Ein maximales Ausnutzen unserer Wirtschaftsmacht (durch die es attraktiv ist, hier zu leben) zum Nachteil von weniger mächtigen Staaten.

Ich sehe das einfach sehr kritisch. Wir können nicht nur die Rosinen picken, also die Fachkräfte abwerben, welche in den Herkunftsstaaten selbst gebraucht würden und die einfachen Arbeitskräfte ablehnen. Fair ist es, zu nehmen, was kommt - und dafür zu sorgen, dass diese Menschen sich in Deutschland eine Zukunft aufbauen können, dass diese Menschen hier Bildung erfahren und im Idealfall zu Fachkräften werden.

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Wobei man bei der Argumentation dann aber auch nicht über Asyl reden muss, sondern darüber eben unreguliert Leute zu uns kommen zu lassen. So ehrlich muss man sein.

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Okay den Punkt kann ich auf jeden Fall nachvollziehen. Auch wenn ich da vielleicht dann eher pro Standort Deutschland entscheiden würde.

Auf der anderen Seite würde ich Stand jetzt überhaupt nicht als fair bezeichnen. Stand jetzt kommen die Leute her, die sich Schlepper leisten können, die gefährliche Reise auf sich nehmen und sich gegen schwächere durchsetzen. Das sieht man ganz gut daran, dass eben vor allem Männer kommen.

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Dass es vor allem Männer sind liegt den mir bekannten Untersuchungen, so weit es sie gibt, nach eher daran, dass die Familienersparnisse oft nur reichen, um einem Angehörigen die Hoffnung auf ein besseres Leben zu finanzieren. Dafür wählt man natürlich diejenigen, die die gefährliche Reise über das Mittelmeer und die Landroute am ehesten überleben werden (und nicht Opfer von Vergewaltigungen und anderen, üblichen Problemen in solchen Unterfangen wird; wo keine staatliche Autorität herrscht, kommt es stets zu solchen Taten der Starken gegen die Schwachen).

Die Hoffnung dieser Familien ist, dass man es dem Sohn ermöglicht, in Deutschland Fuß zu fassen, damit er die weiblichen Angehörigen im Idealfall im Rahmen des Familiennachzugs sicher und legal nach Deutschland holen kann.

Ich halte dieses Vorgehen für absolut nachvollziehbar. Natürlich nicht ideal im Hinblick auf die Geschlechtergerechtigkeit, aber Menschen im Überlebenskampf haben eben andere Prioritäten.

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Niemand vertritt die Meinung, das Problem sei mit Asyl zu lösen. Rechtmäßige Abschiebungen können weiter erfolgen. Wenn es gelingt, Verträge mit Grenzstaaten zu schließen, die rechtsstaatliche Grundsätze einhalten, ist das sicher gut. Oder Verträge mit Herkunftsstaaten, die geplante Migration ermöglichen (soweit ich in den Medien mitbekomme, gibt es dafür bisher noch viele Hindernisse). Natürlich sollten Schlepper verfolgt werden.

Aber wenn sich alle nur noch mit dem Thema Migration beschäftigen, bindet das zu viel Arbeitskraft. Regierung, Bundestag, Ministerien und andere müssen sich mit neuen voraussichtlich unwirksamen „Abwehr“-Gesetzen befassen und können nicht gleichzeitig ihre ganze Energie in Bildungs- und Wohnungspolitik investieren, wo sie eigentlich gebraucht werden, was wiederum zu mehr Problemen bei der Integration der Immigranten führt. Vereinfacht gesprochen.

Eben, meiner Meinung ist ein menschlicher Überlebenskampf nicht einen Bewerbungsgespräch vorzuziehen, wenn es um den Auswahlprozess geht, wer nach Europa und Deutschland kommen kann.

Asylzentren an den Außengrenzen würden zudem auch schon mal die gefährlichen Mittelmeer Überfahrten reduzieren.

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Diese Asylzentren sind völlig unrealistisch.
Wer baut sie? Wo? Wer versorgt die Menschen dort? Wie sollen die Kapazitäten reichen? Wer führt die rechtsstaatlichen Verfahren durch? Mit welchen Richtern, Rechtsanwälten? Welche europäischen Staaten nehmen die „berechtigten“ Migranten (das ist übrigens ein großer Teil)? Wie bekommt man die Migranten ohne Asylrecht zurück in ihr Herkunftsland oder was geschieht mit ihnen, wenn das nicht geht? Etc.
Bitte Gilda Sahebi heute im Presseclub (auch auf spotify) zuhören.

Populismus gibt vor, einfache Lösungen für schwierige Probleme zu haben. Aus meiner Sicht trieft die aktuelle Diskussion vor Populismus.
Niemand kann ernsthaft sagen, wie solche „Asylzentren“ aussehen und funktionieren sollen.

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Ja, das ist ein wichtiger Punkt. Und mir ging es primär darun zu sagen, dass das Interview mit Reul ein anschauliches Beispiel dafür ist, wie dieses „Gefühl des Kontrollverlustes“ durch Politiker*innen genährt wird, statt dass sie ihrer Sortierfunktion nachkommt.

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