Für mich stellt sich das Hauptproblem unserer Rente so dar, dass wir in der Tendenz einfach immer älter werden. Gibt es Daten dazu, ob das der Fall ist weil wir immer gesünder leben oder weil die Medizin uns immer länger am Leben hält?
Vermutlich ist beides dafür verantwortlich, aber welcher Effekt ist stärker? Wenn ich mich so umschaue, dann sehe ich viele Menschen, die ab 60-70 Krankheiten entwickeln, an denen man vor 30 Jahren noch bald verstorben wäre (oft Krebsleiden) und die heute noch bis ins hohe Alter (>80) mehr schlecht als recht am Leben erhalten werden (und darüber selbst nur semi-begeistert sind).
Daraus kann man die ethische Frage ableiten, ob es für jede schwere Krankheit bis in jedes Alter gerechtfertigt ist, alles medizinisch machbare zu tun.
In meinem Umfeld verstarb kürzlich eine ältere Dame im Alter von 84 Jahren. Sie hatte auf offener Straße einen Schlaganfall, kam ins Krankenhaus und viel noch auf dem Weg ins Koma. Sie hatte keine Patientenverfügung, aber in der Vergangenheit ihren Angehörigen gesagt, sie wolle nie zum Pflegefall werden. Die Ärzte fragten danach und teilten auch mit, dass sie selbst im besten Fall wohl nie wieder selbstständig leben könne. Aber die Angehörigen wollten sie nicht gehen lassen und blieben gaben den Wunsch der Patientin nicht weiter. So lag die Dame (laut ihren Angehörigen) für knapp 2 Wochen im Koma auf der Intensivstation, bevor sie dann schließlich endgültig verstarb.
Ein Tag auf Intensiv wurde 2004 etwa 11.000 € angegeben [1], heute ist der Preis sicher nicht niedriger. Die Behandlung kostete also mindestens 150.000 €.
Mir läuft es kalt den Rücken herunter darüber nachzudenken, Menschen Gesundheitsleistungen aufgrund ihres Alters vorzuenthalten. Andererseits hat mich der Fall oben zweifeln lassen, was wir uns leisten sollten und wollen. Letztlich waren es die Angehörigen, die nachvollziehbar, aber völlig unsinnig signifikante Kosten verursacht haben. Und angenommen, die Dame wäre wieder aufgewacht, sie hätte gegen ihren Willen vielleicht noch weitere 5-10 Jahre in schwer pflegebedürftigem und damit gesellschaftlich sehr teuren, Zustand gelebt.
Ich bin ratlos wie man damit umgehen sollte. Daher würde mich interessieren welchen Anteil der medizinische Fortschritt auf die Lebenserwartung hat. Ist er hoch, wäre das ein äußerst drastischer, aber möglicher Steuerparameter. Ist er gering, dann wären Änderungen hieran völlig unnötig.
[1] Krankenhaus-Management: Kompetenzzentren sind zukunftsträchtig