Um die Sparvorgaben von Finanzminister Christian Lindner zu erfüllen, plant Familienministerin Lisa Paus die Einkommensgrenze beim Elterngeld zu halbieren und das Elterngeld für Paare mit einem Brutto-Jahreseinkommen von über 150.000 Euro gänzlich zu streichen.
Anscheinend hat sich das Familienministerium mit dem Finanzministerium über den Haushalt geeinigt.
Die Ausgaben für das Elterngeld werden deutlich gesenkt, indem man es nur noch an Familien zahlt, die über max. 150.000 € jährliches Familieneinkommen, statt zuvor 300.000 €.
Zwar ist das noch immer viel Geld. Es trifft nun aber den oberen Teil der Mittelschicht, nicht mehr Firmenchefs und Topmanager. In Konzernen oder in der IT sind Einkommen von bis zu 100.000 € für studierte Experten nicht schwer zu erreichen. Verdient der andere, studierte Partner nun moderat, dann wird die Grenze bereits überschritten. Es geht also um eine signifikante Anzahl Familien.
In der Folge werden Familien in der Nähe der Grenze zumindest zeitweilig ihre Stunden reduzieren müssen, um diese Grenzen nicht zu überschreiten. Das wird mal wieder vor allem den Partner treffen, der ohnehin weniger verdient, also meist die Frauen. Oder noch schlimmer, sie werden auf Kinder verzichten.
Aus meiner letzten Elternzeit fallen mir einige Stellen ein, wie das Familienministerium sinnvoller Geld sparen könnte. Zum einen hätte man die Auszahlung von Elterngeld nach Einkommen graduell staffeln können.
Oder man könnte Kosten senken durch eine digitalisierte Verarbeitung von Anträgen und Vereinfachung von überbordender Bürokratie. Ich musste damals den Antrag per Hand ausfüllen und danach hat die Dame alles vom Blatt ins IT-System eingetragen und Felder per Taschenrechner zusammengerechnet (inkl. Fehlern). Oder das Arbeitsministerium hätte die letzte Rentenerhöhung gestaffelt.
Die Kürzungen bei den Familien und Kindern sind eine Katastrophe.
Kinder sind Zukunft, können ihre Interessen aber selbst nicht vertreten.
Entsetzen pur.
Naja, ich kann dem ganzen schon was abgewinnen. Hier wird auch mal die Gießkanne etwas reduziert. Mal ehrlich, wer 150.000€ Jahreseinkommen hat braucht das Elterngeld wirklich nicht. Das Elterngeld sorgt in seiner jetzigen Form sowieso schon nicht für paritätische Elternzeiten. Dazu muss wie bei meiner Frau und mir schon das Gehalt nahezu identisch sein, zumindest bei mittleren Einkommen.
Für mich schlägt Sie da 2 Fliegen mit einer Klappe, zum einen ärgert Sie massiv die FDP, da deren Klientel plötzlich verliert, zum anderen wird tatsächlich mal mehr Umverteilung betrieben. Schade ist nur der Grund, denn eigentlich hätte das gesparte Geld zu einer Erhöhung und Vereinfachung des Elterngelds führen müssen.
Wer bei einem sechstelligen Jahreseinkommen aus finanziellen Gründen auf Kinder glaubt verzichten zu müssen, hat einfach andere Prioritäten. Am Geld scheitert es sicher nicht.
Man könnte den Antrag an sich mal bitte in die Tonne kloppen und für Menschen bearbeitbar machen. Sobald du nämlich aus der Reihe tanzt, musst du um jede Zusage kämpfen. Meine Frau und ich sind haben beide einen Fachwirt in Wirtschaft und sind gerade kurz vor Anwalt. Zum Einen weil unser Sohn erst fast 2 ist, dadurch müssen Elterngeldbezugszeiten rausgerechnet werden. Dann wagen wir es paritätisch in Elternzeit zu gehen, was prinzipiell aus unserer Erfahrung gar nicht so sehr gewünscht ist (Stichwort hier auch Aufteilung der Rentenpunkte). Und dann war die Geburt unserer Tochter auch noch eine verdeckte Schwangerschaft, d.h. uns steht ein Monat mehr Basis Elterngeld zu, da der Mutterschutz der vor der Geburt fällig wäre nun hinten dran gehangen wird. Unsere Kleine ist fast 4 Monate alt und es wurde immer noch nichts bewilligt. Und wenn Menschen mit akademischen Abschlüssen an diesen menschenfeindlichen Anträgen scheitern, sind die Anträge zu 100% unbrauchbar.
Mmm. Trotzdem lieber fossile Subventionen kürzen als Elterngeld…
Wieso nicht beides? Und es ist keine Kürzung, es ist lediglich eine härtere Staffelung nach Einkommen. Es ist überfällig, das höhere Einkommen aus Förderungen und Subventionen raus genommen werden. Einkommensabhängigkeit bei jeder Förderung ist längst überfällig. Das schließt doch den Abbau anderer Subventionen nicht aus.
Ok. Lieber als die Kindergrundsicherung einzudampfen.
Auf diesen Neid-Kommentar habe ich ehrlich gesagt gewartet.
Sicher, die Einkommen sind schon sehr gut. Aber oft sind die Verbindlichkeiten eben auch hoch. Freunde von mir haben beispielsweise aus finanziellen Gründen ihr 3monatiges in die Tagespflege gegeben, da sie durch das wegfallende Einkommen eines Partners 2000 € weniger bekommen hätten. Das Elterngeld ist schließlich auf 1800 € gedeckelt. Geld, das für die Tilgung des Hauses nötig wäre.
Nach den neuen Regeln würden ihnen hingegen 3800 € wegfallen, denn sie erhielten gar kein Elterngeld mehr. Das bedeutet einen enormen finanziellen Verlust, plus den Karriereknick bei der etwas schlechter verdienenden Frau, die dann zuhause bliebe. Das muss man schon wollen.
Ich verstehe diese On-Off Regelung auch nicht. Wenn es so käme, dann bekämen Menschen ab 150.001 € Familieneinkommen nichts mehr und sind damit gleichgestellt mit Einkommensmillionären. Wer hingegen 2 Euro weniger verdient, der bekommt weiter 1800 € Kindergeld.
Auf mich wirkt das ziemlich willkürlich. Warum stuft man das Elterngeld nicht graduell ab? Welchen Vorteil übersehe ich in der On-Off Regelung.
Also sorry, sowas sollte man schon einplanen wenn man sich eine Immobilie anschafft. Wir haben auch einkalkuliert unsere Verbindlichkeiten mit Elterngeld und spätere Arbeitszeitreduzierung stemmen zu können. Das ist dann meiner Meinung nach eine individuelle Fehlkalkulation. Eine zu hohe Immobilienanschaffung muss die Allgemeinheit nun nicht stemmen.
Wieso können Sie nicht beide abwechselnd Elternzeit machen? Wie hoch ist die Differenz. Bei mir und meiner Frau sind es ca. 10-15% und trotzdem machen wir es und wir verdienen definitiv weit unter der neuen Jahreseinkommensgrenze. Und trotzdem können wir unsere Verbindlichkeiten bedienen. Wir machen sogar 3-5 Monate ohne Elterngeld für die Kitaeingewöhnung.
Nunja, die gut verdienenden Männer, die FDP wählen, haben jetzt eine Ausrede mehr, warum sie sich auf gar keinen Fall um ihre Kinder kümmern können.
Sorry, aber als ob daran jemals das Elterngeld was geändert hätte. Die meisten, die wie ich auch paritätisch Elternzeit nehmen, verdienen auch nahezu gleich, ansonsten ist das mit dem geringen Elterngeld eh nicht machbar. Die meisten Väter, die ich kennen, sind nur deswegen nicht mehr daheim, weil es finanziell nicht machbar ist. Diese 68% vom Netto die auch noch am Jahresende versteuert werden sind da wirklich kein Anreiz.
ich denke, es reicht nicht, hier und da mit etwas finanzieller Zuwendung zu winken, die zudem selten auskömmlich ist, um das Gründen einer Familie attraktiver zu machen.
Um ein Kind vernünftig grossziehen zu können, braucht es mehr als Summe x auf dem Konto.
uns fällt grad auf die Füsse, das Kinder in Deutschland lange eher als Karrierekiller und Kostenfaktor galten (und teils noch immer so wahrgenommen werden).
von Seiten der Politik wurde auch wenig konkretes (ausser Kindergelderhöhungen) unternommen, um diesem Bild entgegenzuwirken.
Kinderbetreuung, Schulbildung, Ausbildung/Studium, Gesundheitsversorgung, sport und Kultur, finanzielle Sicherheit…gäbe viele relevante Stichpunkte.
Und Kompensation durch Migration? wir kriegen ja kaum das Thema Sprache behandelt…auch kein Selbstläufer.
da brauchen wir mal einen richtigen Plan und Mut…
@Tris, ich möchte das Modell der beiden nicht bewerten. Das steht mir nicht zu. Sicher hätten sie das Haus auch so finanzieren können, aber dann wären andere Dinge, die ihnen aus ökologischen Gründen wichtig waren, zum Beispiel die Installation der PV Anlage und der Sole-Wärmepumpe, ins Wasser gefallen (damals laut den beiden ein fast 6stelliger Betrag). Für sie war das daher die Entscheidung, die sie getroffen haben.
Mir geht es nur darum zu beschreiben welche Effekte diese Regelung haben kann. Den gehaltlichen Unterschied würde ich auf über 25% bei den beiden schätzen. Beide sind Teamleiter in großen Konzernen, aber er in der IT und sie in der Logistik.
Die Kommunikation innerhalb der Bundesregierung dazu scheint eher so mittelprächtig zu sein:
Wenn die zuständige Kollegin selbst von der Änderung beim #Elterngeld nicht überzeugt ist, dann kann und sollte sie ihren Konsolidierungsbeitrag in anderer Weise erbringen. CL
Naja, Lindner ist sauer, weil Paus vielen von seinem Klientel Gelder streicht. Sie sagte ja lediglich, dass Sie Lindners Forderungen erfüllt. Sie hat also da die Gelder eingespart, wo es am einfachsten ist und nicht wieder mal mittlere und kleine Einkommen trifft. Lindner sollte sich an die eigene Nase fassen und Medien wie Twitter am besten gar nicht erst nutzen.
Ich bezog mich ja explizit auf die Aussage, dass das der FDP schadet bzw. deren Klientel ärgert. Da wäre ich gar nicht so sicher. Das FDP-Hausblatt ist zum Beispiel voll des Lobes, weil endlich mit dem Sparen angefangen wird.
Ich würde das Hauptproblem auch in dem Angriff der FDP und des Finanzministeriums auf die soziale Absicherung von Kindern und Eltern sehen. Unter den Sparmaßnahmen ist es sicher die beste Lösung, bei den höchsten Einkommen zu kürzen. Aber ich kann darin trotzdem nichts Gutes erkennen: Die Kürzungen kommen den viel zu kleinen Elterngeldbeiträgen für geringe Einkommen nicht zu Gute; darüber dass die ohnehin prekäre Gleichstellungspolitik des Elterngeldes zusätzlich geschwächt und das Risiko für finanzielle Abhängigkeit (und damit häusliche Gewalt) des weniger verdienenden Elternteils vergrößert wird, scheinen sich die Expert:innen einig zu sein. Dazu kommt dann vor allem noch der Kontext, dass Christian Lindner schon intensiv daran arbeitet, die für 2025 geplante Kindergrundsicherung bis zur Dysfunktionalität zusammenzustreichen.
Das sind 150k€ Brutto. Wenn da plötzlich das Elterngeld wegfällt bleiben nur noch 50% vom Brutto Einkommen übrig. Wofür lernt und arbeitet man denn Jahrelang hart um dann so einen Entwurf vor die Nase gesetzt zu bekommen. Da ist dann plötzlich der Hauptverdiener gezwungen zu arbeiten und kann sich nicht ums Kind kümmern, oder es müssen sogar beide so schnell wie möglich wieder in den Job um Kredite etc. bedienen zu können. Wo so schnell einen Kita Platz her bekommen. Gerade bei aktuell werdenden Müttern, die fest mit dem Elterngeld gerechnet haben einfach nur ein Schlag ins Gesicht.
Glücklicherweise geht die Petition gerade durch die Decke und auch die FDP hat schon mitbekommen, dass es so einfach dann wohl doch nicht geht.
Das ist quasi der Zustand eines Normalverdiener in Deutschland trotz Elterngelds. Meine Frau und ich mussten beide wieder möglichst schnell in Vollzeit (nur 6 Stunden reduziert von ihr und nächstes Jahr von mir) um über die Runden zu kommen. Und wir verdienen eigentlich normal, zusammen ca. 64.000 Brutto im Jahr.