Danke für die Erklärungen, weshalb es schlicht unmöglich ist, die Zahl von Abschiebungen signifikant zu erhöhen. Das wird leider viel zu selten ausgeführt.
Schade ist, dass auch hier nicht stringent zwischen Migration und Flucht unterschieden wird. Geflüchtete erhalten einen Aufenthaltstitel und sind nicht von Abschiebung bedroht.
Bei den Begründungen könnte man noch etwas genauer auf die Interessenlage der Herkunftstländer eingehen: mehr Herkunftsländer als man denkt sind Demokratien, die ihre Wiederwahl gefährden würden, wenn sie Migranten zurücknähmen. Für viele Migranten ist die Auswanderung nach Europa ein sehr teures Projekt, das durch viele Personen aus dem erweiterten Familien- und Bekanntenkreis finanziert wird. Ich bin in meiner Zeit in Afrika vielen Leuten begegnet, die irreguläre Migration ablehnen, weil zu viel Leid und Gefahren damit verbunden ist. Ich habe aber noch nie jemanden getroffen, der auch nur die geringste Sympathie für Abschiebungen aufbringen kann, weil sie wissen, welcher Druck auf den Leuten lastet, die es nach Europa geschafft haben.
Noch ein Punkt zum Fachkräftemangel: Natürlich sind die Leute, die irregulär nach Europa kommen zum allergrößten Teil alles Andere als genau die Leute, die wir hier „brauchen“: sie sind jung, das ist gut. Aber fast alle sind männlich und der größte Teil ohne jegliche Qualifikation, viele Analphabeten. Auch hier muss man sich ehrlich machen.
Genau deshalb wäre es notwendig, sich zu trauen, neue Wege in der Migrationspolitik zu gehen. Weil das Fachkräfteeinwanderungsgesetz so formuliert ist, dass abseits der absoluten Elite vieler Herkunftsländer überhaupt niemand auch nur die geringste Chance auf legale Einwanderung hat, bleibt verzweifelten Menschen nur die irreguläre Migration. Will man mehr Kontrolle über die Einwanderung nach Europa erlangen, muss man auch für Unqualifizierte realistische Chancen in signifikanter Größenordnung schaffen. Dadurch wird es möglich, gezielter diejenigen anzuwerben, die motiviert sind, sich entsprechend weiterzubilden, um sich Chancen auf dem hiesigen Arbeitsmarkt verschaffen.
Damit sollte man eigentlich auch Konservative ködern können: wollt ihr ungebildete, männliche Geduldete, die zwar für immer bleiben, aber (auch wegen der unsicheren Rechtslage) niemals in Deutschland Fuß fassen werden ( die Clans in Berlin sind ein schönes historisches Beispiel)? Oder wollt ihr, auf Basis einer realistischen Einschätzung der Realität, ein Stück Kontrolle darüber zurück gewinnen, wer eigentlich nach Deutschland einwandert?