Vor ein paar Folgen wurde schon einmal die Strafbarkeit von den Klebeaktionen disskutiert und Ulf kam zu dem Schluss, dass der Tatbestand der Nötigung gegeben ist, aber die Verwerflichkeit eben nicht. Nun habe ich im Zuge von neuen Aktionen gehört, dass das Festkleben an Schilderbrücken auf Autobahnen auch noch den Vorwurf des Hausfriedensbruchs aufwirft. Wie stehen da die Jurist:innen hier dazu? Und es wird auch in München erneut Präventivgewahrsam für mehrere Klimaaktivist:innen beantragt. Ich bin der Meinung, dass in diesen Fällen der Klimaaktivist:innen Art. 17 PAG eigentlich nicht anwendbar ist, weil die Anwendung dem Sinn und Zweck des Gesetzes widerspricht. Außerdem ist mMn ein Präventivgewahrsam zur Verhinderung einer Versammlung, die ggf. in Zusammenhang mit einer Nötigung steht, sehr fragwürdig in einem Rechtsstaat. Wie steht ihr dazu?
s.u.a. auch
Das kommt darauf an, wie diese Schilderbrücken genau bautechnisch aussehen.
Von den Fällen des § 123 StGB (Wohnung, Geschäftsräume, befriedetes Besitztum) kommt hier lediglich das „befriedete Besitztum“ in Frage. Juristisch wird sich nun die Diskussion daran aufhängen, ob Schilderbrücken von ihrer bautechnischen Konstruktion her als „befriedetes Besitztum“ durchgehen.
Als befriedet gelten Grundstücke, die durch einen Zaun oder andere Schutzwehren gegen unbefugtes Eindringen gesichert sind. Wenn die Leiter der Schilderbrücke z.B. hochgezogen ist und nur mit einem speziellen Werkzeug (oder einer Kletteraktion) heruntergelassen werden kann, würde dies vermutlich genügen, um als „befriedetes Grundstück“ zu gelten, vor allem, wenn es sichtbare Beschilderungen gibt, die klarstellen, dass das Betreten für Unbefugte verboten ist.
Kurzum: Es ist durchaus denkbar, dass auch eine Strafbarkeit wegen Hausfriedensbruch vorliegt. Da der Eigentümer i.d.R. staatlich ist, ist die Antragserfordernis i.d.R. kein Problem.
Die Meinung wird denke ich hier von nahezu allen geteilt, siehe die entsprechenden Threads zum bayrischen PAG. Präventivhaft gegen Dauergefahren, die auch nach der maximal möglichen Präventivhaftdauer noch fortbestehen, sind mMn offensichtlich unverhältnismäßig und sollen einzig zur Abschreckung von Aktivisten dienen, was ebenfalls unverhältnismäßig ist. Eine Haftzeit ist der intensivste Eingriff außerhalb des unmittelbaren Zwangs, der einem Rechtstaat zur Verfügung steht - an einen derart intensiven Eingriff müssen strenge Voraussetzungen im Rahmen der Verhältnismäßigkeit gestellt werden.
Bei den auch heute wieder durchgeführten Aktionen auf Flughäfen scheint mir als juristischem Laien, der Tatbestand des Hausfriedensbruchs erfüllt.
Oder übersehe ich etwas?
Hier kann ich die Strategie der Aktivisten nicht so recht nachvollziehen, sie haben ja wirklich ausreichend Protestmöglichkeiten, die weniger eindeutig strafbar sind, bzw. das scheint den Beteiligten wirklich egal zu sein.
Die Thematik gefährlicher Eingriff in den Luftverkehr ist vermutlich weitaus schwieriger zu bewerten, hier sollen mal die juristischen Profis ran.
Präventivhaft halte ich in einem Rechtsstaat für ein hochgradig problematisches Instrument. Ich denke ich würde lieber in einem Land leben wo dies nicht möglich wäre.
Hallo,
wie sehr ihr das folgende Urteil?
Ich hatte bisher nur gehört dass die mit dem Polizeiaufgabengesetzt in Verbindung stehende Vorbeugehaft zur Gefahrenabwehr eingesetzt wird.
Ist dieses Urteil jetzt ein Präzedenzfall?
Wie stehen die Chancen in der Berufung?
(…)
Das dürfte unbestritten sein, ebenso wie i.d.R. Sachbeschädigung, weil zumindest bei den bisherigen Aktionen auch Zäune beschädigt wurden.
Der ist nur gegeben, wenn tatsächlich „Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet“ werden. Deshalb sind die Behörden in Bayern sehr bemüht, hier einen Fall zu kreieren: Ein 80-jähriger Fluggast klagte um 8:30 (bei geplanter Landung um 9:18 Uhr) über Schmerzen in der Brust, der Pilot entschied, planmäßig weiter zu fliegen (weil eine Notlandung nicht schneller geholfen hätte), der Mann kam nach der Landung, die sich wegen der Proteste um 20 Minuten verspätete, da das Flugzeug auf eine andere Landebahn umgeleitet werden musste, in stationäre Behandlung, wurde kurz darauf aber wieder entlassen.
Aus diesem Sachverhalt versucht die Staatsanwaltschaft nun einen gefährlichen Eingriff in den Luftverkehr zu machen. Daher wird nun geprüft, ob die Aktion im konkreten Fall eine Gefährdung für Leib und Leben herbeigeführt hat, daher: Hatten die 20 Minuten Verspätung einen schwerwiegenden Einfluss? Wie das ausgehen wird ist schwer zu sagen, weil vieles auf gutachterliche Beurteilungen ankommen wird. Fest steht wohl: Wäre die Person verstorben und ein Gutachter käme zu dem Ergebnis, dass eine 20 Minuten frühere Landung das Leben eventuell hätte retten können, hätten die Aktivisten richtig große Probleme.
Auch wenn ich glaube, dass der Fall des 80-jährigen mit Brustschmerzen möglicherweise etwas aufgeblasen wird, um die Klimaproteste zu verunglimpfen, muss dennoch klar sein, dass die Konservativen nur darauf warten, dass ein Todesfall eindeutig auf einen Protest zurückzuführen ist. Deshalb halte ich solche Aktionen einfach für extrem kontraproduktiv, denn wenn es dazu kommt (und dass es dazu kommt ist rein statistisch schon nur eine Frage der Zeit) wird das der Klimaschutzbewegung massiv schaden.
Die Frage, inwiefern bei solchen Klebe-Aktionen Nötigung vorliegt, ist wie gesagt hoch umstritten. Man kann über die Verwerflichkeit dagegen argumentieren, aber das Argument ist nicht zwingend („Verwerflichkeit“ ist eben eine moralische Einschätzung). Die Richterin am Amtsgericht hat daher innerhalb ihres richterlichen Entscheidungsspielraumes im Rahmen ihrer richterlichen Unabhängigkeit die Verwerflichkeit bejaht. Das kann man natürlich anders sehen und auch kritisieren, aber das Urteil ist in jedem Fall im Rahmen des juristisch erlaubten.
Ein Präzedenzfall ist das nicht - abgesehen davon, dass das deutsche Recht keine Präzedenzfälle in diesem Sinne kennt. Natürlich können andere Richter an anderen Amtsgerichten (oder sogar höheren Instanzen) das Urteil mitbekommen und sagen: „Jau, das werde ich genau so handhaben“, sie können aber auch sagen: „Also was die Kollegin da geritten hat - bei uns läuft das anders!“. Wir haben halt kein Case Law, daher: Ein Urteil des Amtsgerichts bindet keine anderen Richter, genau so urteilen zu müssen.
Ob Berufung sinnvoll ist, ist die Frage, wie man den Sinn definiert. Die Strafe von 60 Stunden Freizeitarbeit (früher gerne: Sozialstunden) ist natürlich relativ mild und die Kosten eines Berufungsprozesses wären es kaum wert, dagegen bei unsicherer Rechtslage vorzugehen. Ein Anwalt müsste auf dieses Risiko natürlich hinweisen. Aber wenn es um’s Prinzip geht, also wenn das Ziel ist, die Rechtsprechung voranzutreiben und ein höchstrichterliches Urteil in der Frage, ob Klimaklebeaktionen „verwerflich“ sind, anzustreben, kann man diese Prinzipien natürlich nicht mit Geld aufwiegen. Und man kann das Ergebnis auch nicht vorhersehen… wie die Chancen daher stehen ist völlig unklar, hier kann man wirklich den alten Spruch bringen: „Vor Gericht und auf Hohe See ist man in Gottes Hand“, im Sinne von: Niemand weiß, wie das ausgehen wird.
muss dennoch klar sein, dass die Konservativen nur darauf warten, dass ein Todesfall eindeutig auf einen Protest zurückzuführen ist.
Gut, dass der tödliche Unfall in Berlin vor einigen Wochen dann in keinster Weise eindeutig den Protesten zuzurechnen war.
„Kleben vor Kreuzungen“ ist daher für mich geeigneter als auf Landebahnen…
Es gibt auch Juristen die zu der Auffassung kommen das es sich, bei den Aktivisten die sich auf die Strasse kleben, um eine Straftäter handelt. Man könne sie sogar in Notwehr von der Strasse entfernen:
Ich bin kein Jurist und kenne den Herrn Prof. Dr. Thomas Fischer nicht, aber er scheint recht viel Erfahrung im Strafrecht zu haben. (ehem. Vorsitzender am BGH)
Wenn man seiner Argumentation folgt, ist die Bayrische Präventivhaft, offiziell Unterbringungsgewahrsam genannt, zur
„Verhinderung einer unmittelbar bevorstehenden Begehung oder Fortsetzung einer Ordnungswidrigkeit von erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit oder einer Straftat.“ (Quelle Wikipedia) absolut gerechtfertigt.
Es ist also ausreichend, dass eine Straftat verhindert wird.
Ob das Polizeiaufgabengesetz Verfassungskonform ist, steht auf einem anderen Blatt, aber ich fürchte das ist die aktuelle Rechtslage in den Ländern.
Lange nicht mehr nen Text von Fischer gelesen der so tendenziös ist. „Fanatiker“
Beim Bayrischen PAG ist vor allem das problem wie lange man die präventivhaft machen darf in Verbindung damit dass die Klimaproteste/Klimakrise noch sehr lange andauern werden was die Frage stellt wie lange man denn jetzt die Leute in präventivhaft stecken will. Wäre vorsichtig mit dem Wort gerechtfertigt weil das mit der Verhältnismäsigkeit zudammenhängt. Es ist eher „möglich“ zumindestfest wenn man Fischer folgt.
Weg vom rein legalistischen hast du in Bayern aber auch das Problem das die ganzen Maßnahmen des PAG vor allem gegen Gruppen benutzt werden die der CSU politisch nicht passen. Wenn du ein Gesetz hast dass aufgrund relativ geringer Straftatbestände massenhaft Leute (einer politischen Seite) wegsperrt hast du ein Problem.
Zur verfassungskonformität des PAG in Bayern. Polizei und Innenministerium schreiben im Bezug auf Repressions und Überwachsungsmöglichkeiten häufig verfassungwidrige Gesetze. Das hat das Ziel dass das Gericht das nach unten korrigiert und so den größtmöglichen für bspw die Poliziei schafft. Das heißt du bekommst da am ende nen gesetz raus das gerade noch so legal ist bei dem aber die politische Abwägung der sinnhaftigkeit völlig außen vor ist. Deswegen bspw auch dieses ewige hin und her bei der Vorratsdatenspeicherung.
Entsprechend selbst wenn die präventivhaft im bayrischen PAG legal wäre hättest du immer noch das oben genannte Problem. Denn der eigentlich gedanke von präventivhaft sind einzelfälle bei unmittelbarer gefährdung.
Bayern kratzt extrem hart der grenze zu einer defekten Demokratie.
Der Mann ist zweifelsohne ein hoch-rennomierter Strafrechtler, vermutlich einer der höchst-rennomierten, die wir in Deutschland haben.
Aber auch das ist korrekt: Der Mann hat eben eine klare konservative Agenda. Beides schließt sich eben keinesfalls aus.
Wie oben schon gesagt, die Frage ist extrem umstritten und es gibt noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung dazu, ob solche Nötigungen über die mangelnde Verwerflichkeit ausscheiden. Fragt man hier fünf Juristen aus fünf verschiedenen politischen Richtungen, wird man vermutlich fünf sich mehr oder weniger deutlich unterscheidende Meinungen bekommen.
Ulf als eher progressiver Jurist argumentiert - durchaus nachvollziehbar und absolut vertretbar - damit, dass die verwerfliche Mittel-Zweck-Relation im Rahmen der Nötigung nicht vorliegt. Ein konservativer Jurist hingegen wird das Mittel radikaler wahrnehmen und den Zweck als weniger schützenwert betrachten und dadurch zum Bejahen einer Verwerflichkeit kommen. Auch das ist absolut im Rahmen des Vertretbaren (wobei „vertretbar“ bedeutet, dass es in sich logisch kohärent ist und nicht offensichtlich gegen tragende Rechtsgrundsätze verstößt).
Das ist halt die typische Situation, wenn es noch kein höchstrichterliches Urteil zu der Sache gibt. Jura ist eben nicht Schwarz-Weiß, sondern hat tausende Graustufen. Und ab welcher Graustufe etwas „schwarz“ wird, also verboten ist, hängt sehr von der individuellen Sichtweise und damit auch den Werten und Idealen des Betrachters ab.
Korrekt, Bayern macht das, was Kinder spätestens in der Pubertät machen: Es testet die Grenzen aus. Die bayrische Staatskanzlei weiß sehr genau, dass das PAG auf jeden Fall tief in einer Grauzone liegt und eine gute Chance besteht, dass es vom BVerfG gekippt wird - ich würde sogar behaupten, dass der Großteil der Juristen davon ausgeht, dass es gekippt werden wird. Aber man will halt die Grenzen austesten - wenn man sogar noch damit durchkommt, umso besser.
Das Schlimme ist, dass selbst ein Einkassieren des BVerfG von der CSU politisch ausgeschlachtet würde. Denn dann würde sich Söder hinstellen und sagen: „Also wir haben’s ja versucht, diese Chaoten zu bändigen und euch, das arme Volk, zu schützen - aber das böse BVerfG bindet uns die Hände!“. Kurzum: Die CSU hat mit diesem Austesten der Grenzen absolut nichts zu verlieren. Leider.
Durch die Aktion konnte in München ein Flieger mit einem Notfall an Bord erst über 20 Min später landen. Im Falle eines Herzinfarktes zählt jede Minute nach Symptomeintritt. Ein verspäteter Behandlungsbeginn wirkt sich signifikant auf die auf die Überlebensrate aus. Dass sich bei dem Patienten der Infarkt nicht bestätigt hat, ist Glück für den Patienten. Wenn die Letze Generation
argumentiert, dass ein Stau auf der Autobahn eben Pech ist, so sieht die Situation hier anders aus.
Ein medizinischer Notfall im Flugzeug wird priorisiert behandelt. Es muss nicht damit gerechnet werden, dass Landebahnen wegen solche Aktionen akut gesperrt werden. Dass die Piloten hier die Entscheidung getroffen haben, weiter München anzufliegen, bedeutet nicht, dass es sich nicht wirklich um einen Notfall gehandelt hat. Ein Patient mit Brustschmerz wird bis zum Beweis des Gegenteils so behandelt, als hätte er ein kardiologisches Problem und ist definitiv ein Notfall. Die Umleitung auf eine andere Bahn und 20 Minuten Zeitverlust gehen zu Lasten der Letzten Generation und sind kein „konstruierter Notfall“ der Justiz.
Diese Aktionen sind dem Thema Klimawandel einen Bärendienst.
Sie sind nicht zielführend und gefährdend akut Menschenleben. Jetzt. Nicht erst irgendwann. Das kann nicht Ziel und Sinn sein.
Ich stimme dir in allen Punkten zu - sorry, wenn es anders rübergekommen ist.
Fakt ist aber eben auch: Es war kein Herzinfarkt. Wäre es einer gewesen, habe ich ja auch geschrieben, hätten die Aktivisten enorme Probleme. Aber es war eben keiner. Der Patient wurde kurz im Krankenhaus aufgenommen und noch am gleichen Tag wieder entlassen. Eine konkrete Gefährdung lag daher vermutlich nicht vor.
Wenn die Staatsanwaltschaft jetzt versucht, daraus einen gefährlichen Eingriff in den Luftverkehr zu machen, ist das fraglich. Die konkrete Gefahr wird definiert als „auf Tatsachen gegründete Wahrscheinlichkeit eines schädigenden Ereignisses, sodass das Ausbleiben der Rechtsgutsverletzung sich nur als Zufall darstellt“. Wäre es ein Herzinfarkt gewesen und der Mann hätte trotz 20 Minuten Verspätung ohne Schäden überlebt, hätte man dies bejahen können, daher: Es gab einen konkreten Notfall, dieser ist zwar gut ausgegangen, hätte aber auch genau so gut schlecht ausgehen können (quasi analog „Beinahe-Unfall“). Im konkreten Fall gab es aber tatsächlich nicht mal einen Notfall, sondern nur einen Schein-Notfall. Schon hier anzusetzen und zu sagen, es sei ja nur Zufall gewesen, dass es kein richtiger Herzinfarkt war, würde den Begriff der „konkreten Gefahr“ zu weit dehnen, denn dann könnte man selbst ohne Mann, der über Brustschmerzen klagt, immer sagen: „Es ist ja nur Zufall, dass niemand an Bord medizinische Hilfe brauchte“. Das wäre offensichtlich zu weit gefasst.
Deshalb werfe ich der Staatsanwaltschaft vor, hier aus Gründen der Abschreckung einen Notfall konstruieren zu wollen, um den im Vergleich zum Hausfriedensbruch (bis zu 1 Jahr) und der Sachbeschädigung (bis zu 2 Jahren) hohen Strafrahmen (bis 10 Jahre!) des § 315 StGB zu kommen.
Wie gesagt, ich stimme dir in allen medizinischen Fragen zu (ich hab während des Studiums selbst als RettSan RTWs durch die Gegend gefahren ^^) und stimme auch zu, dass solche Aktionen kontraproduktiv für die Anliegen der Klimaschutzbewegung sind. Lediglich die juristische Bewertung der Staatsanwaltschaft lehne ich ab, weil diese mE unlautere Ziele verfolgt.
Die Staatsanwaltschaft Neuruppin hat jetzt Hausdurchsuchungen bei Klimaaktivisten veranlasst. Tatvorwurf „Bildung einer kriminellen Vereinigung“
Da geht es aber wohl nicht um Straßenblockaden, sonder um das eindringen in Pumpstationen für die Öl-Pipeline nach PCK Schwedt.
ah jes 129 stgb notorisch dafür dass die anzeigen unter diesem meist keinen erfolg haben und zur überwachung und einschüchterung dienen
Aber das laute schweigen der cdu zu den Reichsbürger razzien und dem vorwarnen der Reichsbürger durch die Polizei bayern im vergleich zu den äußerungen zu den Razzien bei der letzten generation jetzt, lässt doch den anschein erwecken dass man sich bestenfalls darüber freut dass die neuruppiner mal das thema wechseln schlimmstenfalls dass man in neuruppin mal angerufen hat, um sie mal feundlich darauf hinzuweisen, wo man denn jetzt diese Klima RAF vermutet. Nicht zuletzt hatte die CDU in Berlin auch eine entsprechende anzeige gesellt, aber die Generalbundesanwaltschaft hat scheinbar nicht ganz verstanden was sie zu tun hat. In neuruppin scheint man dann doch gerne steigbügelhalter staatlicher überwachung zu sein.
btw nur aus interesse, weil in de last gen threads meistens gezieltere Aktionen gefordert wurden. War die hierzugehörige aktion zur Ölrafenerie jetzt besser ?
ich frage mich nämlich gerade ob das jetzt mehr support bringt? Weil der tradeoff ist schon ganz schön heftig, wenn ne gezielte Aktion zu 129er anzeige führt. Wenn die konservativen Akteure ihre rethorik noch weiter aufrüsten gibts bald bestimmt noch eine 129a ermittlung.
Wird auch hier vermutlich so laufen. Zwar bildet die Letzte Generation durchaus eine Vereinigung mit der Absicht, gemeinsam auch Straftaten zu begehen, aber wichtig ist, dass § 129 StGB eine Mindestschwere der geplanten Straftaten voraussetzt.
Die zweifellos begangenen Hausfriedensbrüche reichen dafür nicht aus (Strafrahmen bis maximal 1 Jahr), man müsste also auf die gegebenenfalls anfallenden Sachbeschädigungen abstellen. Dazu sagt § 129 Abs. 3 Nr. 2 StGB jedoch:
Die Begehung von Sachbeschädigungen im Rahmen solcher Aktionen ist hier aus meiner Sicht genau so ein Fall. Die Vereinigung besteht nicht, weil sie Sachbeschädigungen begehen will, die Sachbeschädigungen sind nur eine Notwendigkeit, um das Ziel des radikalen Umweltschutzprotestes zu verfolgen.
Gerade in Anbetracht, dass die Sachbeschädigungen auch nur gerade so am nötigen Strafrahmen für § 129 StGB kratzen (bis 2 Jahre) erscheint mir ein Abstellen darauf schon sehr… gewagt. Sicherlich vertretbar, aber schon fragwürdig.
In diesem Sinne gehe ich auch eher davon aus, dass der 129 StGB nur vorgeschoben wird, um damit Hausdurchsuchungen zu rechtfertigen - das geht natürlich mit einem verhältnismäßig schweren Straftatvorwurf wie dem 129 StGB besser als mit Hausfriedensbrüchen oder geringfügigen Sachbeschädigungen…
Naja, die Zeitungen überschlagen sich ja geradezu mit Schlagzeilen wie „Razzia wegen Sabotage von Ölpumpen“. Würde man jetzt tatsächlich anfangen, Ölpumpen zu zerstören oder zu beschädigen, wäre zwar die Auswahl der Ziele besser, die Mittel wären aber noch radikaler (halt Sachbeschädigung im großen Stil), sodass es im Ergebnis eher nicht besser wäre.
Tatsächlich wurden aber, soweit ich es bisher nachvollziehen konnte, nur Ölleitungen zugedreht. Da muss dann ein Mitarbeiter rausfahren und die Ventile wieder öffnen und im schlimmsten Fall gibt’s ein paar Minuten Produktionsausfall (wobei das eher unwahrscheinlich scheint), sodass es eher ein Katz-und-Maus-Spiel statt einer ernsthaften Search-and-Destroy-Aktion ist. Die Aktionen sind daher zumindest für mich nachvollziehbarer und zielgerichteter. Strafrechtlich sind sie jedoch auch gefährlicher, weil hier ohne Zweifel Hausfriedensbrüche und im Falle von beschädigten Zäunen Sachbeschädigungen begangen werden.
Das hingegen kann aktuell ausgeschlossen werden. § 129a StGB setzt die Absicht, schwere Verbrechen (Mord, Totschlag, diverse völkerrechtliche Verbrechen, Geiselnahme, Erpresserischer Menschenraub…) begehen zu wollen voraus. Das kann aktuell nicht mal die AfD behaupten, ohne ausgelacht zu werden. Dazu müsste es also wirklich erst Mal zu einer „Klima-RAF“ kommen und davon sind wir nach allen Erkenntnissen zum Glück noch meilenweit entfernt.
Das mit den Medien ist halt nochmal so ne Sache zum einen wird das immer mit den Klebeprotestem bebildert, was fragwürdig ist, und zum anderen ist sabotage nen extremes wort. Sabotage ist das nicht wirklich und durch die Wortwahl wird ne parallele zu dem zementwerk in frankreich nahegelegt was schon ne wesentlich andere aktion ist.
https://nitter.net/illwilleditions/status/1601937473499799552#m
btw selbe firma :
Mal krass anders: ein 80jähriger setzt sich ins Flugzeug und kann dort zu jeder Zeit einen Infarkt bekommen. Er selbst muss damit rechnen - und jeder andere Mensch auch, mit unterschiedlicher Wahrscheinlichkeit. Wenn das mitten über dem Atlantik passiert, ist er nicht zu retten. Menschen sterben an Krankheiten und sie begeben sich in Situationen, die eine Rettung verunmöglichen. Ist das nicht einfach Schicksal? Irgendjemand hätte immer eine „Teilschuld“ wenn man danach suchte. Nur da, wo ein anderer Mensch mit seinem Handeln in einem plakativen Fall im superkomplexen Geschehen vor und neben einem Ereignis irgendwie in Zusammenhang zu bringen ist, sucht man plötzlich die gesamte Schuld bei ihm. Die juristische Betrachtung ist mir schon klar, aber ehrlich, ich habe immer Bauchweh dabei.
Andersherum lässt man die ehem. Bischöfin Käsmann laufen, und feiert sie sogar wegen ihrer Reue, obwohl sie betrunken mit dem Auto unterwegs war und halt nur wegen günstiger Umstände niemand totgefahren hat. Man könnte, nur mal so dem Gefühl nach, auch anders herangehen, nämlich betrunkene Autofahrer (mit gleichem Alkoholspiegel, Fahrweise, Streckenlänge usw. ) gleich bestrafen, egal ob sie jemanden geschädigt haben oder nicht. Eins Strafe nach zufälligen Folgen ist meinem Gefühl nach eher Rache als Gerechtigkeit.
Betrunkene Autofahrer haben die volle Absicht, etwas aus gutem Grund Verbotenes zu tun. Sie haben natürlich nicht die Absicht, jemanden zu schädigen, aber die Wahrscheinlichkeit dafür ist sehr gross, und dieses Wissen ist jedem zugänglich, ob er es kapiert oder nicht, darf dann keine Rolle spielen.
Die Klimaaktivistinnen gehen ausgesprochen umsichtig vor, in der Absicht, niemanden zu schädigen, dafür maximal Sand in ein schädliches Getriebe zu streuen. Der Flugverkehr ist eine Geisel der Menschheit, und sich für eine Vergnügungsreise in ein Flugzeug zu setzen, ist die effektivste (verwerflichste) Art für eine einzelne Person, die Atmosphäre zu schädigen.
Ich halte die Störung des Flugverkehrs für eine sehr richtige Strategie und keineswegs für kontraproduktiv, wie so viele Zeitgenossen mit Bildung meinen, die sich für einen sehr mässigen Umweltschutz aussprechen (hört sich ja immer gut an), sofern das nicht ihren persönlichen Komfort schmälert, die nun aber ein wenig aufgeschreckt es für praktisch halten, die Aktivistinnen mitsamt dem eigenen schlechten Gewissen möglichst wegzusperren.
In diesem System, das die Welt wie sie lange war, an den Rand des Abgrunds treibt, werden Klimaaktivisten zum jetzigen Zeitpunkt zu den geltenden Regeln verknackt - so weit logisch. Das verstehe ich schon, nicht dass mir jemand kommt und mir die Rechtskage für Dumme erklärt.
In einer ein wenig gewandelten Welt würde das sehr viel anders aussehen, und ich habe die Hoffnung, dass sich die Ansichten einer Mehrheit von Menschen tatsächlich in diese Richtung drehen werden.
Genau! Muss man das diesen rachsüchtigen Dummköpfen mit Juraabschluss noch erklären?
Ob eine Sachbeschädigung oder ein RADIKALER Umweltschutzprotest notwendig ist, steht auf einem anderen Blatt. Und wenn man zur Erkenntnis kommt, dass der radikale Umweltschutzprotest notwendig ist, ist dann die radikale Reaktion des Staates (im Rahmen der Gesetze) nicht die logische Konsequenz? Und ob sich die Reaktion des Staates im Rahmen der Gesetze bewegt werden dann wieder Gerichte entscheiden. Actio und Reactio gibt es halt nicht nur in der Physik.
Zur Razzia hier auch die gute Einschätzung und -ordnung von @vieuxrenard beim Deutschlandfunk Podcast „Der Tag“:
Die Meinung deckt sich im Groben auch mit deiner @Daniel_K. (offtopic: Danke für deine Ausführungen, auch in anderen Threads, finde ich als juristischer Laie immer sehr aufschlussreich & nachvollziehbar! )
Noch eine Sache hierzu: Ich finde solche Aussagen unangebracht. Ohne eine Faktengrundlage solch gravierende Dinge zu behaupten, führen doch zu keiner guten Diskussion. Wie Ulf in einem anderen Thread mal schrieb: „Es bleibt genug Raum für Spekulationen, wo es tatsächlich Unklarheiten gibt.“ Zum Beispiel, ob dieses rabiate Vorgehen mit Hausdurchsuchungen gerechtfertigt sind oder ob das Abdrehen der Pipelines eine „Störung öffentlicher Betriebe“ ist und somit ein Anfangsverdacht gegeben ist.