Wobei man hier sagen muss, dass laut dem geschädigten Museum ein Schaden in fünfstelliger Höhe an dem Gemälde verursacht wurde, das LKA geht zwar „nur“ von 4.000 Euro aus, aber auch das ist eben kein unerheblicher Schaden.
Hier darf man nun nicht den Fehler machen, das Ganze subjektiv nach der eigenen Moral zu bewerten, wenn es um die juristische Bewertung geht. Der Rechtstaat muss bei einem solchen Schadensereignis die Interessen der Geschädigten verteidigen, er kann hier nicht sagen: „Aber Klimaaktivismus ist zu wichtig, deswegen weigern wir uns hier, zu ermitteln!“. Wenn der Staat hier nicht mit allen zulässigen Mitteln ermitteln würde, wäre das Resultat irgendwann Selbstjustiz - und das kann doch wohl wirklich niemand wollen.
Egal wie man die Situation mit den Bilderklebern moralisch bewertet, die rechtliche Bewertung hier ist ganz klar: Durch eine Klebeaktion einen vierstelligen Schaden an einem Gemälde (bzw. dessen historischen Rahmen) zu verursachen ist eine schwere Sachbeschädigung nach § 126 Abs. 1 Nr. 4 StGB und das Opfer dieser Straftat hat das Recht, vom Rechtstaat zu verlangen, diesen Fall so weit aufzuklären, dass die Täter (auch Hintermänner bei einer geplanten Aktion) bestraft werden können.
Die Hausdurchsuchungen können z.B. damit gerechtfertigt werden, herausfinden zu wollen, wer noch bei der Planung involviert war, da es gerade im Hinblick auf die späteren zivilrechtlichen Schadenersatzforderungen sinnvoll ist, auch die Hintermänner belangen zu können (falls die unmittelbaren Täter mittellos sind). Vom allgemeinen Strafanspruch mal ganz abgesehen.
Das ist eben genau die Debatte, die wir in anderen Threads schon geführt haben. Wenn der zivile Ungehorsam so weit geht, dass man spezifische Schäden in mindestens vierstelliger Höhe akzeptiert, muss man auch akzeptieren, dafür belangt zu werden - vor allem, wenn man unbeteiligte Vermögensgegenstände angreift (ja, man kann herleiten, warum Museen ein geeignetes Ziel sind, aber es sollte dennoch klar sein, dass die Museen selbst oder die Eigentümer der ausgestellten Kunstwerke unbeteiligte Dritte sind). Zum Konzept des „zivilen Ungehorsams“ gehört zudem auch, dass man die Strafe dafür dann akzeptiert (oder zumindest hinnimmt), und dazu gehört auch, die polizeilichen Maßnahmen im Zusammenhang mit den Ermittlungen zu akzeptieren.
Natürlich steht der Verdacht im Raum, dass die Durchsuchungen möglicherweise eher dazu dienen könnten, andere Taten aufzuklären, die Aktivisten einzuschüchtern und vor zukünftigen Aktionen abzuhalten. Aber das wird man schwer nachweisen können.
Ich würde diesen Vorgang daher ganz und gar nicht auf die Ebene der Vorbeugehaft ziehen wollen - denn, und da sind wir wieder beim Thema öffentliche Vermittelbarkeit, wenn wir beides auf eine Stufe stellen fällt es den Vertretern von „Law & Order“ wesentlich einfacher, auch die klar verfassungsfeindliche Vorbeugehaft zu rechtfertigen. Die Schärfe der Kritik an einer Maßnahme muss letztlich proportional zur tatsächlichen Verwerflichkeit der Maßnahme stehen. Und die Hausdurchsuchungen sind - wenn überhaupt - nur sehr geringfügig verwerflich, während die Vorbeugehaft ein klarer Bruch maßgeblicher rechtstaatlicher Grundsätze ist.