LdN 420 | Alternative Erklärung der Erfolge der AfD

Es kommt sicher darauf an, wie man „tolle“ oder „nette“ Menschen definiert, aber dass Menschen mit fatal menschenverachtenden politischen Einstellungen oder sogar Massenmörder per se keine Menschen sein können, die im Umgang mit anderen - etwa mit Kollegen, Freunden oder der eigenen Familie - sehr sympathisch, zuvorkommend, empathisch, rücksichtsvoll etc. sein können, gilt inzwischen als weitgehend widerlegt. Sowohl die Psychologie als auch die historische Forschung, etwa zu nationalsozialistischen Tätern, zeigen, dass ein Mensch sehr wohl beides sein kann.

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Gruselig:

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Ja, haben wir schon hier diskutiert:

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(… Bitte beachte die FAQ und Leitlinien, die dir bereits verlinkt wurden – Mod.)

Wenn ich von „[d]eren Vorstellungen“ auch noch im Plural schreibe, ist damit eben nicht zum Ausdruck gebracht, dass 100 % gemeint sind.

94 %, die fremdenfeindlich sind, sind aber schon fast alle.

Wenn du dir diverse Studienergebnisse im Langfristverlauf anguckst, sind übrigens die Anteile fremden- bzw. ausländerfeindlicher AfD-Wählender stets gestiegen. Dass nun mehr Leute AfD wählen als es 2020 getan hätten, spricht also keineswegs dafür, dass die harmloser geworden sind.

Fremdenfeindlichkeit hat wohl mehr mit Ethnozentrismus, also völkischer Gesinnung, zu tun als Klassenkampf bzw. der Wunsch nach einem „starken inklusiven Sozialstaat“ (Selbstzitat) mit Austeritätspolitik bzw. dessen Gegenteil.

Wie gesagt, die Verlinkung, die der Ausgangspost und dessen direkt nachfolgende Folgeposts ja nicht enthielt, hatte ich übersehen und mich dafür entschuldigt.

Jedenfalls ist es generell immer gut, eigene Maßstäbe der Differenzierung auch auf sich selbst anzuwenden.

Ich erlaube mir mal das Bonmot, dass natürlich immer andere Faktoren auch eine Rolle spielen. Ich würde nur gern wegkommen von der meiner Auffassung nach einseitig/oberflächlichen Analyse, dass die Menschen AfD wählen, weil sie rassistisch sind. Sie wählen die AfD, und sie sind rassistisch - aber das ist keine automatische Kausalität.

Wahlentscheidungen sind extrem komplexe Prozesse, die sich die meisten Menschen vermutlich selbst nicht erklären können, sondern eher mehr oder minder fundiert nachträglich rationalisieren. Das ist aber eben keine Ausrede dafür, dass man auch bei der Analyse auf dieser Ebene hängen bleibt.

Das Kernargument, das ich hier machen möchte ist: Ein großer Teil der Wählenden der AfD ist rassistisch, aber er wählt sie nicht wegen des Rassismus.

Oder anders: Wenn die anderen Probleme (ökonomische Unsicherheit, permanente Veränderung, Allein-gelassen-werden, Ungleichheit) nicht wären, dann würde der Rassismus dieser Wählenden allein nicht ausreichen, um AfD zu wählen.

Hinzu kommt dann der Faktor, dass die AfD als einzige Fundamentalopposition wahrgenommen wird. Wie in den USA auch haben sich die linken Parteien zunehmend assoziiert mit den staatlichen Institutionen („Elite“), treten eher als deren Verteidiger & Unterstüter auf - und machen es damit der AfD extrem leicht, in ihrer populistisch-klassenkämpferischen Elitenkritik das gesamte linke Parteispektrum mit zu überrollen. Wer Fundamentalopposition (z.B. zum Neoliberalismus) sucht, der kann fast nur AfD oder nix wählen (mit etwas Glück wird zumindest dieses Potenzial nun durch die Linkspartei wieder angegriffen).

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Weil beide Parteien (nicht zu unrecht) als Mitverursacher der aktuellen Lage wahrgenommen werden, insbesondere die CDU hat 16 Jahre lang die Kanzlerin gestellt. Und beide Parteien sind historisch durchaus nicht immer neoliberal gewesen (man schaue sich den wie „Staatskapitalismus“ nach dem zweiten Weltkrieg bis in die 70er an). Aber egal ob man dann „noch weniger Staat“ oder „mehr Staat“ will, solange man den aktuellen Status Quo dermaßen katastrophal beurteilt sind diese Parteien keine Option, weil sie ja fundamental an der Herstellung dieses Status Quo Verantwortung tragen.

Hinzu kommt dann für ich das skizzierte Element des „Klassenkampfs“, der ja von links und von rechts in erster Linie als Elitenkritik geführt wird (von rechts ergänzt mit othering um Sündenböcke zu definieren, wie z.B. Ausländer). Die AfD ist die einzige Fundamentalopposition wenn man „die da oben“ kollektiv verantwortlich macht für die eigene Misere.

Und natürlich gibt’s auch einfach eine gewisse Gruppe an libertären Spinnern, die einfach nur „Disruption“ wollen, aus welchen seltsamen Gründen auch immer.

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Ich persönlich würde ehrlich gesagt auch gar nicht anzweifeln, dass die Menschen flächendeckend fremdenfeindlich sind, und das unsere Form des politischen Diskurses der letzten 10 Jahre + die Selbstradikalisierung, die AfD-Wählende nachweislich durchlaufen dazu führen, dass sich Fremdenfeindlichkeit (wieder) stärker verbreitet und wächst. Wenn mir die Medien täglich „mordende Ausländer“ zeigen, dann ist es plausibel, dass fremdenfeindliche Anlagen manifester werden.

Ich halte eben nur die Analyse, dass die Leute deshalb (!) die AfD wählen für oberflächlich und einseitig. Wie an anderer Stelle im Thread hier schon ausgeführt halte ich es für deutlich plausibler, dass ursächlich für die Wahlentscheidung Aspekte des Alleingelassen-werdens, der ökonomischen Unsicherheit, der Überforderung mit Veränderung und der massiven Ungleichheit sind. Rassismus kommt dann dazu.

Zusammengefasst ist meine Einschätzung: Die Wählenden sind zwar rassistisch, aber der Rassismus reicht nicht aus für die Wahlentscheidung pro AfD. Wenn die anderen Probleme nicht so drängend wären, würde die AfD trotz des latenten & manifesten Rassismus nicht (so viel) gewählt werden.

Und diese Position wird ja zumindest teilweise durch die Studie belegt, die eben zeigt, dass Austerität - und die daraus folgende „Schutzlosigkeit“ vor Disruption - populistische und v.a. rechtsextreme Parteien stärkt. Ich bezweifle nämlich ernsthaft, dass die Leute dort plötzlich alle rassistischer wurden. Die sind genauso rassistisch wie vorher. Der Auslöser ist also ein anderer.

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Na ja, man denke sich die Fremdenfeindlichkeit weg. Würden dann diese Leute auch noch AfD wählen? Denke, nicht.

Das „AfD-Paradox“ ist ja schon länger bekannt:

Die vermeintlichen AfD-Wähler und -Wählerinnen würden einen erheblichen wirtschaftlichen, sozialen und politischen Preis für eine AfD-Politik zahlen.

Sie stimmen also de facto gegen ihre eigenen sozioökonomischen Interessen.

Also muss der eigentliche Antrieb, AfD zu wählen, ja ein anderer sein.

Zwar gibt es wie auch einen Bildungs- so auch einen Einkommensgradienten:

AfD - sozialer Gradient

(Aus: Hövermann 2023, Das Umfragehoch der AfD: Aktuelle Erkenntnisse über die AfD-Wahlbereitschaft aus dem WSI-Erwerbspersonenpanel)

Doch es ist keineswegs so, dass nur arme Leute AfD wählen. Vielmehr ist es so, dass gerade bei Neuwählenden auch Leute mit relativ gesehen etwas höheren Haushaltsnettoäquivalenzeinkommen stark vertreten sind.

Es handelt sich oft eher um eine gefühlte negative Einschätzung der wirtschaftlichen Lage, nicht jedoch um eine tatsächliche.

Die Forschungsgruppe Wahlen hat anlässlich der aktuellen Bundestagswahl ermittelt, dass 86 % ihre eigene wirtschaftliche Situation als gut oder sehr gut einschätzen. Gleichzeitig sieht der gleiche Anteil die allgemeine wirtschaftliche Lage als eher schlecht oder schlecht an.

AfD-Wählende haben z. B. laut einer IW-Studie eine völlige Fehlwarhrnehmung der tatsächlichen Inflationsrate:

Woher das rührt, darüber gibt eine weitere - wie ich finde, sehr intelligent gemachte - Studie Auskunft.

Eine Studie zeigt den Zusammenhang zwischen Parteipräferenz und Wohlbefinden. Menschen, die sich der AfD zuwenden, erleben eine Verschlechterung.

Wenn es aber um Fehlwahrnehmungen und gefühlte Realitäten geht, dann kann man dagegen auch mit „Klassenkampf“ und objektiven Verbesserungen wenig bis nichts ausrichten.

Auf folgende aktuelle Befragung sei noch hingewiesen:

Laut Selbstauskunft der AfD-Wählenden spielen Inflation und Wirtschaftswachstum nur eine untergeordnete Rolle für ihre Wahlentscheidung. Das sollte man schon ernstnehmen.

Aus den genannten Gründen halte ich es daher für eine Fehleinschätzung, zu glauben, man könnte durch sozioökonomische Verbesserungen Leute vom Wählen der AfD abbringen.

Klar sind, wie du schreibst, ‚die Ausländer‘ „Sündenböcke“. Aber - so würde ich argumentieren - wenn der auch von dir klar benannte Rassismus wegfiele, würden diese Leute auch nicht mehr AfD wählen. Daher ist er das eigentliche Problem.

Noch zwei Ergänzungen:

Da du „Überforderung mit Veränderung“ ansprachst, zu der ja der Soziologe Mau auch schon geforscht hat, will ich noch anmerken, dass Veränderungen ja nicht dadurch verschwinden, dass man sie negiert/ablehnt. Wesentliche Transformationen sind nun einmal notwendig. An ihnen führt kein Weg vorbei.

Dass das Rassismuslevel in der Bevölkerung gleich geblieben ist, zeigen auch alle mir bekannten Studien. (Der Anteil umfassender Ausländerfeinde entspricht im Übrigen dem Anteil der jetzigen AfD-Wählenden nahezu vollständig.)

Da haben wir keinen Dissens.

Nur halte ich deine Schlussfolgerung für falsch. Was sich verändert hat, ist nämlich das parteipolitische Angebot.

Jene Bundesbürger, die zwar schon lange extrem rechte Einstellungen teilten – sei es Chauvinismus, Befürwortung einer Diktatur, Antisemitismus oder Ausländerfeindlichkeit – aber bis 2014 SPD oder CDU wählten, stimmten jetzt für eine Partei, die eine Programmatik entsprechend ihrer Einstellung umsetzt. Sie hätten in der AfD eine politische Heimat gefunden, so Decker.

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Die AFD verspricht, die etablierten Parteien für ihr Versagen zu bestrafen. Vielleicht sollte man da mal anfangen zu suchen.

Könntest du vielleicht spezifizieren, was du mit „Versagen“ meinst?

Versagen beim Klimaschutz? Ja, doch den will die AfD einstampfen.
Versagen bei sozialer Gerechtigkeit? Ja, doch die AfD will weniger Umverteilung zugunsten Benachteiligter.

Kann mir kaum vorstellen, dass dem Gros der AfD-Wählenden diese Positionen der Partei entgangen sind.

Halte es im Übrigen für ebenso schwierig wie unmöglich, sich gefühlten Realitäten anzubiedern.

Nachtrag, da ich jetzt ins Bett gehe:

  1. @der_Matti

Dass sich AfD-Wählende für irgendwas rächen wollen und sie es womöglich auch erhebend finden, sich am Leid anderer zu ergötzen, halte ich ja noch für plausibel.

Aber das sind eben niedere Motive und schlechte Charaktereigenschaften.

Wie schon ausgeführt: Es ist m. E. unsinnig, sich beim Politikmachen an gefühlten Realitäten und Fehleinschätzungen zu orientieren. Das wäre - nebenbei bemerkt - auch antiaufklärerisch.

Wenn jemand glaubt, mit Kaiser Wilhelm II. verheiratet zu sein, kann das in einem psychiatrischen Landeskrankenhaus unproblematisch sein, diese Person in ihrem Glauben zu belassen. Doch das kann nicht der Anspruch von Politik sein.

Mir ist im Übrigen auch nicht bekannt, dass die AfD reale Lösungen für reale Probleme der Sozial- und Bildungssysteme oder auch für wirtschaftliche anzubieten hätte.

  1. @Flixbus

Damit ist das Entscheidende gesagt.

Gedankenexperimente sind selbst in der Naturwissenschaften gängig. Was verschiedene Physiker (u. a. Einstein) aufgrund derselben postuliert haben, konnte z. T. erst viele Jahrzehnte später empirisch überprüft werden.

Um herauszufinden, welche Wände für ein Gebäude tragend sind, kann man - mindestens mal hypothetisch - einzelne Wände wegnehmen. Fällt das Gebäude zusammen, weiß man es.

So in etwa ist es auch hier.

Wer sagt denn, dass ökonomische Gründe fürs Wählen der AfD ursächlich sind? Und wenn sie doch nur eine untergeordnete Rolle spielen, wie ja AfD-Wählende wieder und wieder selbst bekundet haben (s. o.), es aber auf der anderen Seite sowohl empirische Evidenz für deren Fremdenfeindlichkeit und gleichzeitig Zustimmung für die Abwehr vermeintlich Fremder als zentrale - selbst geäußerte - Motivation fürs Wählen der AfD und zusätzlich auch noch den dazu passenden „Markenkern“, um dich noch einmal zu zitieren, gibt, dann ist die Beweiskette schon ziemlich dicht - und zwar empirisch auf allen Ebenen.

Wenn sozioökonomische Verbesserungen AfD-Wählende nicht vom AfD-Wählen abbringen, dann können sozioökonomische Probleme auch nicht kausal die Ursache fürs AfD-Wählen sein. Dann ist letztlich auch jedwede Diskussion darüber in diesem Kontext müßig, da sie keine Problemlöser für die Wahl rechtsextremer Parteien darstellen.

Da man - anders herum - den Rassismus, JakobH verwies ja ebenfalls auf die Konstanz solcher Einstellungen - nicht wegbekommt, kann es letztlich nur eine Lösung geben: das Verbot verfassungsfeindlicher Parteien.

Eine völlig andere Frage ist, wie man Reaktanz, die ja sehr viel verbreiteter in der Bevölkerung ist als bloß bei AfD-Wählenden, zumindest minimieren kann. Das hat dann aber mit dem AfD-Problem nix mehr zu tun.

Allgemeines Versagen der letzten Jahrzehnte. Das schließt Rente, Bildung, Wirtschaft, alles mit ein, was man sich aussuchen will.
Da geht es auch gar nicht darum, wie die AFD dazu steht.
Es geht einfach darum, dass sie den anderen das Leben schwer macht und das fühlt sich für die Betroffenen gut an. Das eigene Schicksal ist einfach leichter zu ertragen, wenn man weiß, dass jemand mitleiden muss. Geteiltes Leid ist eben nur noch halbes Leid.

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Wir haben es mit rassistischen Menschen zu tun, die eine Partei wählen, zu deren Markenkern die Mobilisierung rassistischer Ressentiments gehört. Soweit sind sich hier denke ich alle einig. Die Frage ist nur, ob der Rassismus ein entscheidender Grund für diese Menschen ist, die AfD zu wählen, so wie @JakobH es ausgeführt hat. Ich weiß nicht, ob zur Beantwortung dieser Frage ein hypothetisches Szenario weiterhilft, in dem man sich den Rassismus einfach wegdenkt.

Welche Rolle diese „objektiven“ Interessen bei der Wahlentscheidung spielen bzw. nicht spielen, wurde ja weiter oben in diesem Thread schon ausführlich diskutiert.

Ich habe auch niemanden hier im Thread so verstanden, dass er oder sie diese Einschätzung in dieser linearen Kausalität vertreten würde. Die Argumentation, die ich nachwievor plausibel finde, bezog sich ja erst mal auf eine Analyse der Ursachen für den Erfolg der AfD. Daraus lässt sich ja eine Strategie für deren Bekämpfung nicht einfach durch einen Umkehrschluss ableiten. Die beiden Punkte „schlanker Staat“ und „Klassenkampf von Rechts“ gehen außerdem m. E. weit über den Punkt „sozioökonomische Verbesserungen“ hinaus.

Das mag so sein, ändert aber nichts daran, dass Veränderungen und Transformationen vielfach Widerstände auslösen - ein in den Geschichts- und Sozialwissenschaften vielfach beobachtetes und eigentlich unumstrittenes Phänomen. Und mit diesen Widerständen muss eine Gesellschaft dann auf die ein oder andere Art umgehen - egal ob sie „sinnvoll“ sind oder nicht.

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Kommt darauf an, worum es geht. Die Frage, ob der Rassismus der Wählenden entscheidend ist für ihr Wahlverhalten, ist damit keineswegs geklärt. Das wäre ein Zirkelschluss.

Wer spricht denn von „anbiedern“? Ich habe diesen Thread so verstanden, dass es um mögliche Erklärungen für das Handeln von Menschen geht. Und wenn Emotionen bei der Motivation für dieses Handeln zumindest eine Rolle spielen, ist es m. E. nicht nur richtig, sondern sogar notwendig, sich auch mit diesen zu beschäftigen. Diese Motivationen zu verstehen (im Sinne von nachvollziehen können), bedeutet ja nicht automatisch, sie gutzuheißen. Und ob starke Bewertungen á la „nieder Motive“ und „schlechte Charaktereigenschaften“ zu einem größeren Verständnis beitragen, wage ich zu bezweifeln.

Das bedeutet aber noch nicht, dass ein bestimmtes Gedankenexperiment zur Beantwortung einer bestimmten Frage beiträgt.

Ich finde nicht, dass sich die in diesem Thread ausführlich dargestellten Gründe allein auf das Ökonomische reduzieren lassen.

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Klar. Aber was sagt das aus? Hitler soll toll mit seinem Schäferhund umgegangen sein, Stalin soll ein echtes Talent für den Umgang mit Kindern gehabt haben. Die allermeisten Menschen, die an den Verbrechen des NS beteiligt waren, waren davor und danach typisch bürgerliche Menschen, die man aus der Nachbarschaft kannte. Der nette Musiklehrer, der freundliche Arzt etc.
Die müssen nicht denken wie ich. Anständige Menschen in Deutschland haben in der Wahlkabine genau eine Aufgabe zu schaffen: Keine Rechtsextremisten wählen. Das ist eine geistig-moralische Untergrenze, die eigentlich doch für jeden schaffbar sein sollte. Sich gleichzeitig für einen anständigen Demokraten halten und Rechtsextremisten wählen, ist so absurd, wie zu erklären, man wäre eigentlich Veganer, während man sich fürs Grillen mit 2kg Fleisch aus der billigsten Kategorie eindeckt. Da ist es wirklich egal, ob man ansonsten echt tierlieb ist. Es gibt Dinge, die gehen einfach nicht zusammen.
Wenn es sonst niemandem schaden würden, könnte man ja jeden machen lassen. Das wäre wahre Gerechtigkeit, denn wer Rechtsextremisten wählt hat es ausnahmslos auch verdient, von ihnen regiert zu werden. Nur, um alle anderen vor diesem Schicksal zu bewahren, muss man die Partei verbieten. Seit 10 Jahren heisst es „ernst nehmen“ „inhaltlich stellen“ „diskutieren“ etc. bloß nicht zu hart sein, zu diesen armen verirrten Seelen. Ne Leute, das haben wir alles schon probiert. Wahrscheinlich jeder von uns. Taten sprechen eine deutliche Sprache und der muss man dann irgendwann mal zuhören und angemessen reagieren. Trotz einer Migrationspolitik, deren „Mitte“ längst rechts der Union liegt, trotz tausender brav-freundlicher Gespräche im ganzen Land, trotz Demos, Aufklärung durch NGOs, sogar den rechtsträgen Verfassungsschutz kann man um Informationen bitten, wählen die Leute ganz wissentlich diese Partei. Da hilft nur ein Verbot und ganz ehrlich: Wenn Diskussionen und Aufklärung bisher nichts genützt haben, welche Bonusinformation, welche diskursive Superkraft sollte daran was ändern? Der Worte sind mit AfD-Wählern wirklich mehr als genug gewechselt.

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Was du über die „davor und danach typisch bürgerliche(n) Menschen“ schreibst, leuchtet mir ein. Was das Verbot betrifft, sind wir uns auch einig.

Zum Umgang mit Menschen, die Rechtsextremisten wählen: Ich finde die Frage spannend, bis zu welchem Punkt wir bereit sind, Menschen mit rechtsextremem Gedankengut zu begegnen. Ich persönlich habe damit enorme Schwierigkeiten, sehe es aber als absolut notwendig an, mit Schwankenden oder Unentschlossenen zu sprechen. Die konkrete Grenze muss jeder für sich ziehen, und da wird es sehr persönliche Kriterien geben, warum man mit dem einen noch spricht, mit dem anderen nicht mehr, und je nach Tagesform wird man es sich auch mal antun, mal nicht. Die Wahlkabine, die du ansprichst, ist natürlich ein sehr konkreter Punkt, aber normalerweise schaut man den Leuten nicht beim Wählen über die Schulter, und man wählt ja auch nicht dauernd, sondern nur alle paar Jahre. So kannst du also theoretisch sagen: Anständige Menschen in Deutschland wählen keine Rechtsextremisten. Dem kann ich zustimmen, aber das ist halt ein sehr isolierter, klarer Fall. Im richtigen Leben hast du viele, die in ihrer Meinung schwanken, die politisch nicht so klar orientiert sind, Jugendliche, denen ihre Peer group viel wichtiger ist als alles andere usw. – möchtest du sie alle aufgeben? – Ich meine damit nicht, dass man sie „abholt“, ihnen schrittweise im Wertesystem entgegenkommt oder so, aber eben dass man (je nach Ressourcen) sich ihnen nicht vollständig verweigert (damit meine ich persönliche Gespräche wie auch größere Aktionen).

Was das Fleisch und die Veganer betrifft, so fühlte ich mich an eine Podcastfolge über Ambiguitätstoleranz erinnert, die ich wirklich gut fand. Wenn euch das Schweizerdeutsche nicht schreckt, hört mal rein.

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Es ist kein Zirkelschluss, sondern ein logischer Schluss, der Kausalität impliziert.

Eben.

Etwas als schlechte Charaktereigenschaften und niedere Motive einzustufen bedeutet genau das, was du im vorausgehenden Satz noch okay fandest, nämlich etwas nicht gutzuheißen.

Dazu zitiere ich noch mal @JakobH:

Das würde ich doch mal so interpretieren, dass sich das von ihm Genannte aus ökonomischen Prozessen herleitet. Oder liege ich da falsch?

Wenn ich den Threadgeber richtig verstanden habe, geht’s um Problemlösungen:

Oder habe ich das ebenfalls falsch verstanden?

Ursachen zu ermitteln, um Gegenmittel zu finden, bedeutet meiner Einschätzung nach, dass Ursachenbekämpfung die Lösung fürs Problem verheißt.

Wenn nun aber Ursachen im Ökonomischen oder von mir aus im Sozioökonomischen angenommen werden, dann legt das auch Lösungswege im (Sozio-)Ökonomischen nahe. D. h. dann, dem Problem kann genau dann erfolgreich entgegengewirkt werden, wenn die tatsächlichen Ursachen erfolgreich bekämpft werden.

Das ist für mich eine logische Herleitung (… Bitte sachlich bleiben – Mod.).

Wenn sich nun aber die vermeintlichen, bloß angenommenen Ursachen gar nicht als die tatsächlichen Ursachen herausstellen, dann werden auch auf Basis solcher Fehleinschätzungen keine vermeintlichen „Gegenmittel“ erfolgreich sein können, da die tatsächliche Ursache nicht adressiert werden wird.

Es gibt hier doch im Grunde zwei ‚Denkschulen‘. Diejenigen, die … annehmen…, dass … der von den anderen auch gar nicht bestrittene Rassismus (s. verschiedene Zitate) letztlich entscheidend fürs Wählen einer Partei ist, deren „Markenkern“ Rassismus ist. Und es gibt diejenigen, … die letztlich alle aufs (Sozio-)Ökonomische als eigentlicher Quelle hinauslaufen, als Ursachen annehmen und gerade ausschließen, dass rassistische Einstellungen die eigentliche Ursache sind. Beispielhaft sei hier angeführt:

D. h. doch, dass „die anderen Probleme“ die eigentliche Ursache sind.

Wenn also andere Probleme wegfielen, anders kann man das m. E. schwerlich interpretieren, würde nicht bzw. kaum noch AfD gewählt.

Und genau daran habe ich so meine Zweifel.

Verstehe die Diskussion nicht wirklich. Die Gründe sind sicherlich wie immer komplex.

Völkisch denkende Hardliner ziehen mit attraktiven Angeboten (von männlichem Selbstbild, sozialer Zusammengehörigkeit, Abgrenzung zu „Außenstehenden“, eine Identifikationsmöglichkeit und Perspektive…) verführbare, orientierungslose, sozial und ökonomisch „verlorene“ (oft) junge (vor allem) Männer an. Die Gruppe wird größer, der Druck auf Andersdenkende ebenso. Eine Dynamik kommt in Gang.

Vielleicht sollte man eine Soziologin fragen, denn auch dieser Erklärungsversuch ist sicher noch zu unterkomplex.

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Kontroverse Diskussion.

Wo ich immer noch ein Fragezeichen habe:

Eine Meinung scheint zu sein, das AfD -Wähler grundsätzlich und unveränderbar rassistisch, rechtsextrem und demokratiefeindlich sind. Also mindestens die 20,8% AfD Wähler plus Dunkelziffer.

Wie gehen wir dann mit diesen Menschen um? Ghosten? Ausgrenzen? Bekämpfen? Inhaftieren? Ausweisen?
Um mal alle, auch eigentlich unrealistischen Optionen zu nennen.

Was bedeutet das in Konsequenz dann für linksextreme gewaltbereite Gruppen, die unser Staatssystem ablehnen und eher anarchistische Ansätze pflegen?
Sind diese genauso zu behandeln?

Oder radikal-islamistische Menschen und Gruppen unabhängig von Herkunft und Staatsbürgerschaft, die ein Kalifat in Deutschland fordern. Wie ist mit diesen umzugehen?

Also sind das alles Menschen die keinen Platz mehr in unserer Demokratie haben?

Oder gibt es andere Ansatzpunkte, um diese Menschen zu adressieren?

Ich bin zwar Realist, aber habe als Pädagoge noch die idealistische Vorstellung das Menschen lernen und sich verändern können.
Zu idealistisch?

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Großes Infrastrukturprogramm. Investitionen in Schulen, Bahn, Sozialarbeit, Demokratie-fördernde Jugendgruppen, Sozialwohnungen…
kostenfreie Begegnungsstätten für alle Menschen, Kontakte schaffen.

Edit: Und bei rechtsextremistischen Straftaten durchgreifen.

Ich meine, dass es weniger als 20 % mit gefestigt rassistischem Weltbild sind. Bei den meisten wird es unterschwellige Ablehnung sein. Mangel an positiven Kontakten im Alltag. Angst wird erzeugt vor dem Unbekannten.

Das Problem ist mittlerweile die schiere Zahl der Anhänger in manchen Gegenden.
Das treibt junge weltoffene Menschen weg, vor allem auch Frauen. Zurück bleiben perspektivlose junge Männer inmitten einer extrem alternden Bevölkerung. Das wäre meine Prognose. Ein Teufelskreis.

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Ist man da politisch sich dessen bewusst und bereit dazu oder setzt man eher auf schnelle populistische Antworten?

Das sorgt mich noch etwas