Es klang hier schonmal an, aber ich finde dass dieses Thema einen extra Thread verdient:
Die AfD profitiert massiv von der Mobilisierung von NichtwählerInnen:
Ich habe mal die Anteile der Wählerwanderung (Quelle hier) ausgerechnet und das Ergebnis in Prozent ist wie folgt (Differenz zu 100 ergibt sich durch Rundung):
Partei
Stimmanteil unter ehemaligen NichtwählerInnen
SPD
8,2
Union
25
AfD
44,7
Linke
7,7
Grüne
4,6
BSW
9,9
Auch insgesamt haben ehemalige NichtwählerInnen stark zum AfD Ergebnis beigetragen, so scheinen ca 18% aller WählerInnen der AfD ehemalige NichtwählerInnen zu sein.
Interessant finde ich dieses Ergebnis vor allem daher, weil demokratische Parteien vor der Wahl oft den Eindruck erweckt haben, dass ihnen eine hohe Wahlbeteiligung nutzen würde. Auch ich freue mich als überzeugter Demokrat über eine gute Wahlbeteiligung, bei mir kommen aber bei dem Ergebnis doch zweifel auf, ob eine allgemeine Mobilisierung von Kreisen die sich vielleicht nicht so sehr für Politik interessieren (einer der Gründe für vorheriges Nichtwählen) so sinnvoll ist. Bzw. stelle mir die Frage: Was können wir aus diesem Ergebnis lernen?
Ich finde, dass die Frage falsch rum gestellt ist.
Die These in der Frage ist, dass eine generelle Mobilisierung der AfD hilft, wofür ich aktuell keine Grundlage sehe.
Die Frage sollte mMn. eher lauten: Warum schafft es die AfD so viel mehr ehemalige Nichtwählerinnnen und -wähler zu mobilisieren als andere Parteien?
Zwei Hauptgründe ohne Kompetenz oder Quelle:
Die AfD (und am Ende die Linke) haben Social Media verstanden. Keine andere Partei war dort so präsent.
Die AfD macht den Menschen vermeintlich ein Angebot, wo vorher andere Parteien nichts anzubieten hatten. Sie sprechen bewusst den „es ist doch eh egal was ich wähle, am Ende kommt immer das selbe heraus“-Frust an. Diesen Frust habe ich übrigens in den letzten Jahren auch in meiner eher links-orientierten Akademiker-Bubble vernommen, ist jetzt also anekdotisch kein isoliertes Phänomen von einem sonst unpolitischen Mileu.
Noch eine Frage: Zählen zu den ehemaligen Nichtwählern auch Erstwähler dazu?
Ich finde die Frage – an der exakten Formulierung können wir noch feilen – sehr wichtig.
Zu den von schon von @thunfischtoast genannten zwei Gründen, die ich beide ebenfalls (und auch ebenfalls „ohne Kompetenz und Quelle“) sehe, käme noch hinzu:
Die AfD bietet z.T. genau die Inhalte an, die dieser Teil der Wählerschaft haben will (also nicht nur allgemein einfache Lösungen für komplexe Fragen, nicht nur „irgendwas anderes“, sondern genau die rassistischen, chauvinistischen etc. Inhalte, die die anderen Parteien nicht oder nur ganz am Rande anbieten).
Bei der Bundestagswahl 2025 hat die AfD 20,8 % der Stimmen erhalten, wobei etwa 1,8 bis 2 Millionen Stimmen von ehemaligen Nichtwählern kamen. Das entspricht rund 30 bis 33 % ihrer gesamten Wählerschaft.
Aus welchem unerfindlichen Grund auch immer hoffen viele Menschen dass die AfD die vielen Themen/Probleme, die die „etablierten Parteien“ in den letzten 2-3 Jahrzehnte einfach nicht gelöst wurden, lösen wird. Dass das nicht der Fall sein wird, wollen sie mangels Alternative nicht kapieren …
Das beste Mittel, die AfD wieder klein zu machen, ist es, diese „Baustellen“ endlich beherzt und überzeugend zu lösen. Nicht einfach. Aber was ist schon einfach …
Ich glaube nicht. Laut Google hat die AFD ca 10 300 000 Stimmen bekommen. 1,8 Millionen ehemalige NichtwählerInnen sind dann etwa die 18%, die ich oben angegeben hatte.
Ich habe ein bisschen dazu hier in einem anderen Thread geschrieben (LdN 420 | Alternative Erklärung der Erfolge der AfD - #48 von JakobH), und meine Vermutung dazu ist, dass das einerseits an den Personengruppen liegt, die die AfD wählen - und andererseits an der wachsenden (diffusen) Frustration, dass sich nichts ändert. Die AfD zeigt hier für mich zunehmend parallellen zum „rechten Klassenkampf“-Modell der NSDAP, also Elitenkritik + Othering verbunden mit der Massenmobilisierung von Wählenden.
Ähnlich wie die NSDAP auch sind die stärksten Wählerschichten der AfD inzwischen Arbeiter, Arbeitslose und junge Menschen. Insbesondere ökonomisch vulnerable & junge Menschen sind dafür bekannt, dass sie ein sehr unzuverlässiges Wahlverhalten zeigen, sprich nicht immer zur Wahl gehen. Wenn man in diesen Gruppen stark ist und die Wahlbeteiligung steigt ist es also tatsächlich plausibel, dass man von Wahlbeteiligung massiv profitiert als AfD. Der Unterschied besteht hier darin, dass vor 10 Jahren diese Gruppen noch - wenn sie gewählt haben - eher links gewählt haben. Deshalb hat hohe Beteiligung Jahrzehntelang eher linken Parteien geholfen. Da diese Gruppen nun nach rechts wandern dreht sich der Effekt.
Mehr Details zu den Erklärungsversuchen warum Menschen AfD wählen (neben Rassismus & Co) in meinem Thread oben im Link.