LdN 373 Krankenhaustransparenzgesetz

Liebes LdN Team,
ganz prinzipiell finde ich es sinnvoll, dass Krankenhäuser besser vergleichbar werden, auch damit man voneinander lernen kann. Aber hier zeigt sich schon im Anfang des Beitrages Probleme im Verständnis wie unser Gesundheitssystem funktioniert.
(Als Disclaimer ich bin Arzt in einer Uniklinik im Fachbereich für Kardiologie, ich habe also eine natürlich gefärbte Perspektive).
In der Anmoderation wurden Einspieler präsentiert, die aufrütteln sollen, kann ich auch verstehen, aber zumindest der zweite Einspieler zeigt einen Mangel an Verständnis (vorallem von seiten der Reporterin) für das Themengebiet. Im beschriebenen Fall also ein Herzinfarkt, wenn er außerhalb einer Klinik passiert, ruft man am besten den Rettungsdienst und der fährt die betroffene Person ins Krankenhaus. Das Ziel-Krankenhaus ist üblicherweise das von der Leitstelle festgelegte beste geeignete Haus. Das heißt es findet in diesem Fall keine Auswahl seitens des Patienten statt.
Im nächsten Schritt, das Problem mit der Abrechnung: Es gibt verschiedene Arten von Herzinfarkten, stark vereinfacht leicht, mittel und schwer. Im letzten Fall ist eine Diagnostik mittels Herzkatheter innerhalb der nächsten Stunde geboten, je kürzer desto besser, in den beiden anderen Fällen kann man auch warten je nach genauer Konstellation ohne Probleme 72h. Der mittlere Herzinfarkt wird gerne mittels Laboruntersuchung nachgewiesen und wird nicht zwingend an den genauen Beschwerden festgemacht, und es gibt viele Gründe das diese Laborkonstellation auftritt ohne das ein interventionsbedürftiger Herzinfarkt vorliegt und der Patient von einem Herzkatheter profitiert. Aber aus Abrechnungsgründen wäre es natürlich nicht sinnvoll die Diagnose wegzulassen wenn man knapp bei Kasse ist.
Zum Vergleichsportal: Bei uns in der Stadt führt neben der Uniklinik auch ein großes städtisches Krankenhaus minimalinvasive Klappeninterventionen durch. Wir als ‚großes‘ Haus machen diesen Eingriff an mehreren Tagen die Woche 3-4x, unsere Kollegen eher so 1-2 pro Monat, somit werden alle sehr komplexen oder besonders kranken Patienten natürlich zu uns überwiesen. Diese Fälle sind aber natürlich auch die, bei denen häufiger Komplikationen auftreten. D.h. da die Kollegen sehr gut arbeiten passiert wie üblich bei einem von hundert eine lebensbedrohliche Komplikation, bei uns kommen die oben genannten extra Kranken zusätzlichen dazu, die ohne unsere Intervention zeitnah verstorben wären, aber die Intervention nur 1 von 5 überlebt. In den Zahlen wird es dann so aussehen, dass die im städtischen Haus die deutlich bessere Versorgung machen mit niedrigeren Komplikationsraten und wir in der Uni den Pfusch bei formal dem gleichen Eingriff Gruppe 13.
Aus diesem Grund denke ich, ist das Problem nicht ganz einfach zu lösen, auch habe ich keinen guten Lösungsansatz.
Aber ich denke wir können uns davon freimachen, dass bei Markus Lanz nur sinnvolles von ‚Experten‘ in die Kamera gesprochen wird.

2 „Gefällt mir“

Das klingt ja eher nach einem dieser typischen Unschärfe-Probleme die viele statistische Erhebungen haben. Das sollte dem Ganzen ja nicht wirklich im Weg stehen. In dem konkreten Fall könnte ja so etwas wie eine Unterscheidung der Infakte in schwere und leichte Fälle ja ein grober Lösungs-Ansatz sein.

1 „Gefällt mir“

Die Grundfrage ist doch, wollen wir so weitermachen wie heute, wo wir teilweise Unterschiede wie Tag und Nacht zwischen den Krankenhäusern haben?

Mein Beispiel hier sind Prostata-Entfernungen (Krebs), die Inkontinenz- bzw. Impotenzraten nach OP liegen hier zwischen 10% und 1%. D.h. die schlechten KH haben 10-mal soviel Komplikationen wie die guten!

Ich denke die meisten sind dich darin einig dass es so nicht weiter gehen sollte. Es ist aus meiner Sicht ein medizinisch wie ethisch nicht zu haltender Zustand.

Mangels einer besseren Alternative halte ich daher die Veröffentlichung von Qualitätszahlen für unabdingbar. Dass das, wie in der Folge besprochen, ggf. Nachgeregelt werden muss, geschenkt.

3 „Gefällt mir“

Und noch ein Aspekt hat mir gefehlt: die einfache Rechnung, dass in dem einen Krankenhaus 20% mit Herzinfarkt sterben und in den anderen nur 3% ist nicht so einfach, wie sie aussieht. Ohne die Dauer des Anfahrtsweges und die Sterberate auf dem Weg ins Krankenhaus zu kennen ist es unredlich, diese Zahlen zu vergleichen.

Ich kenne als Neonatologie (Spezialist für Frühgeborene) diese Diskussion aus der Frühgeborenenmedizin. 5 große Zentren in Deutschland würden Erfolg und Behandlungsqualität deutlich steigern. Wäre man erstmal in so einem Haus, sollte die Versorgung wirklich gut sein und würde wahrscheinlich auch Erfolg haben. Aber: Frühgeborene kommen im ganzen Land zur Welt. Wenn sie sofort versorgt werden und möglichst nicht transportiert werden haben sie die besten Chancen. Beide Aspekte sind richtig und müssen abgewogen werden. Diese Thematik - und das wird beim Herzinfarkt nicht anders sind, ist nicht schwarz-weiß, sondern hat mehrere Aspekte, die abgewogen werden müssen.

2 „Gefällt mir“

Das ist denke ich ein Teil des Problems, dass andere wird sein, dass man nicht gefragt hat: Was ist denn die Ursache? Man hat ja eine ‚Erkenntnis‘ aus ‚validen‘ Daten und kann mit denen Teil der Empörungsberichterstattung werden und ins Fernsehen. Aber der Schaden ist angerichtet, das gleiche gilt für das Vergleichen von Sterblichkeiten für Krankheiten über Ländergrenzen hinweg, da muss man sehr vorsichtig sein weil z.T. große demografische oder Klassifizierungsunterschiede bestehen. Ich will gar nicht sagen das es bei uns gut läuft im Gesundheitssystem, aber Empörung und Emotion sind hier schlechte Ratgeber.

Du verstehst mich falsch ich habe nichts gegen das Erheben und Veröffentlichen von Kennzahlen, ich befürchte nur das wir Dinge messen die nicht das Aussagen was wir eigentlich wissen wollen. Prostata-Krebs ist zugegeben nicht mein Fachgebiet, aber hier stellen sich mir wieder Fragen die ich gerne folgendermaßen zuspitzen möchte:

  1. Betrachten wir tatsächlich die gleiche Operation? Also Robotorgestütztes Zentrum vs. Robotorgestützes Zentrum im gleichen Krankheitsfortschritt? Oder Robotergestützte Op mit geringer Ausbreitung vs. offener dringlicher Operation. Denn wenn das eine Haus hauptsächlich elektiv die ‚leichten‘ Fälle macht werden die Zahlen gut sein im vergleich zu einem Haus das es im Notfall/dringlich aus der Not heraus machen musste.
  2. Haben wir in deinem Beispiel ein zweites Problem, da die Ressourcen begrenzt sind, wird das schließen einer schlechten Abteilung, dazu führen, dass die anderen mehr machen müssen, das wird aber nicht gleichmäßig in Deutschland verteilt sondern vermutlich zu erst in der Region. Wenn man nun aufgrund des andranges 1-2 Monate auf seine Krebsoperation warten muss, gewinnt man vielleicht weniger als man verliert.
    Im Kern hast du Recht wenn solche Unterschiede auftauchen, sollte man genau hinschauen, warum die einen so schlecht zu sein scheinen und wenn die es wirklich sind dann soll man das Krankhaus/die Abteilung auch gerne schließen aber ich denke wir werden merken, dass wir von sehr wenigen Kliniken/Abteilungen reden, und die meisten sich im Mittelfeld bewegen.
    Im Zweifel werden wir nichts damit Erreichen als eine bürokratischen Überbau mit nichtssageneden Kennzahlen.

Moin!
seit Jahren höre ich begeistert Euren Podcast und bewundere, wie gut ihr eigentlich immer recherchiert - bei diesem Thema fehlen mir in 2 Themen wichtige Aspekte:

  1. das Gesetz führt dazu, dass die sonst gesunden Menschen operiert oder behandelt werden, nicht die alten, kranken oder adipösen Menschen oder mit Vorerkrankungen.
  2. ein kleines Krankenhaus kann die unspektakulären Patient*Innen in der Regel NICHT in eine Uniklinik verlegen - die sind ja jetzt schon so voll, dass eine Übernahme wirklich schwierig ist

Es ist nicht so banal, zwischen einem guten und einem schlechten Krankenhaus zu unterscheiden. Wer meint, das an der Überlebensrate festzumachen, der irrt sich. Das Krankenhaus in Hamburg, das direkt neben dem Altenheim liegt, wird auf Grund des Alterspektrums eine höhere Sterblichkeit haben. Das Krankenhaus, das keine Menschen mit Vorerkrankungen mehr operiert, wird eine gute Statistik haben. Auch wenn das jetzt niemand hören will: das Gesetz (bzw. der Glaube, man könnte die Qualität der Behandlung an einfachen Zahlen mal eben so ablesen) wird dazu führen, dass alte und kranke Menschen nicht mehr operiert werden. (natürlich wird das niemand sagen, dann ist kein Bett frei oder andere Gründe).

Jede und jeder, der/die mal versucht hat, einen alten kranken Menschen in einer Uniklinik unterzubringen, wer versucht, einen Intensivplatz zu finden - alle wissen, dass es extrem schwer ist, auch wenn man es möchte, eine Patientin oder einen Patienten in einem anderen Krankenhaus unterzubringen.

Ich bin jahrelang Chefarzt und Ärztlicher Direktor gewesen, mir ist nie ein Zacken aus meiner nicht vorhandenen Krone gefallen wenn ich gesagt habe: das kann ich nicht, das muss woanders versorgt werden. Aber: es ist heute extrem schwer geworden, überhaupt ein Krankenhaus zu finden, dass die Patienten versorgen möchte. Dieser Aspekt fehlt mehr komplett in dem Bericht.

Ansonsten finde ich es natürlich wichtig, dass Ihr das Thema aufgreift…

Dr. Thomas Liebner, niedergelassener Kinderarzt seit 2018 in Wilhelmshaven, Chefarzt und Ärztlicher Direktor bis 2018 bzw. 2016 am Klinikum in Wilhelmshaven

3 „Gefällt mir“

Moin,
ich kann nicht verstehen, warum Sie da auf so einen Zug aufspringen, und auch noch begeistert sind. Ich habe das in vorangegangenen Posts schon angemerkt, und das steht hier bei meinem Vorredner auch schon:

  1. Scoring von Krankenhäusern führt dazu, dass Patienten, die Risiken bergen, nicht mehr behandelt werden. Woher ich das weiß? Das ist in anderen Ländern bereits so. Das ist auch in Deutschland schon so. Ich kann Ihnen ein halbes Dutzend Abteilungen nennen, die für mehr Nebenwirkungen und bessere Patientenzufriedenheit die Behandlung abkürzen und den Therapieerfolg gefährden. Nach dem Motto: Der Herrgott macht die Krankheit, wir die Nebenwirkungen. Sprich: wenn die Behandlung, weil ich die um Nebenwirkungen zu minimieren nicht richtig gemacht habe, nicht richtig wirkt, dann ist das halt SChicksal.
  2. Das Scoring von Krankenhäusern ist schlichter Unsinn, weil die Definition von Qualität im Gesundheitsystem unfassbar komplex ist. Das sieht man schon daran, dass die von Ihnen gegebenen Fallbeispiele alle falsch sind. Das Sie dabei zur Begründung Äußerungen von Fachfremden bei Markus Lanz anführen…ist das Ihr Ernst? Es ist a. Ganz sicher allen Leitstellen in Berlin bekannt, wo ein Herzkatheter bereitschaft hat und die werden ganz sicher nur Patienten dahin schicken, wenn das gebraucht wird b. ist die Behandlung des Herzinfarktes nach aktuellen Studien in bestimmen Fällen besser ohne Katheter und c. in Bestimmten Fällen bedarf es einer Operation - auch ohne Katheter. Das was die Dame da erzählt hat zeugt schlicht von Fachunkenntnis. Es ist einfach sehr schwer generelle Qualitätsmarker zu finden. Warum der von Ihnen zitierte Grüne Chefarzt das nicht weiß, ist mir schleierhaft. Qualitätsberichte suggerieren Qualität, das weiß jeder, aber wirklich messen tun die das nicht. Daher interessiert sich auch keiner dafür. Das ist des Rätsels Lösung die er nach einiger Aussage ja nicht versteht.
  3. Sind auch Personalschlüssel kein Verlässlicher Parameter. Ich kenne Abteilungen, wo die Leute seit Jahren jenseits der Leistungsgrenze eine Qualität abliefern die aller erste Sahne ist. Und ABteilungen mit Personalschlüsseln wie im Erholungsheim die längst geschlossen gehören.
  4. Diese unfassbar dämliche Vorstellung, dass UNikliniken besser sind als Praxen oder periphere Häuser. Bitte aufhören.
  5. Die QUALITÄT ist kein Parameter des KRANKENHAUSES, sondern in aller Regel des INDIVIDIUMS, d.h. des Arztes. Daher wird in anderen Ländern auch zumindest Arztspezifisch gescort. Das merkt man ganz deutlich, wenn aus bestimmten Abteilungen der fähige Chirurg wechselt - zack is die Abteilung im Eimer. Die Vorstellung, ein Krankenhaus habe eine Qualität ist einfach Unsinn. Es hat gute Ärzte oder eben nicht. Manchmal reicht EIN guter Arzt.
3 „Gefällt mir“

Das Problem leuchtet direkt ein, aber wäre das nicht zumindest teilweise behoben, wenn man Eingriffe nach Treibern clustert - neben Erfolg sagt ja auch die Menge der OPs etwas aus. Ich will ja mit einem schweren Fall lieber in ein Haus mit 2% Komplikation auf 500 schwere Falle, als 0,2%, wenn dann aber nur leichte Fälle gemacht wurden. Vielleicht kann man das auch im Hintergrund sinnvoll Gewichten, und für den Nutzer wird nur ein Score ausgegeben. Ich gebe dir aber Recht, dass man genau aufpassen muss, was man wie transparent macht, sonst kann das System ebenfalls zu gravierenden Fehlanreizen führen. Auf der anderen Seite darf es auch nicht so komplex sein, das keiner mehr durchblickt.

Welche Länder sind das denn?

Dann schlagen sie also vor in Deutschland auch die Klinikärzte individuell zu beurteilen, verstehe ich sie da richtig? Sie haben sicher Verständnis, dass ich diesen Vorschlag z.B. mit Blick auf den erbitterten Kampf der Praxisärzte gegen Bewertungsportale als Nebelkerze abtue.

Man sollte in dieser Debatte natürlich auch die Einwände der Mediziner anhören aber nicht eben nicht „die Füchse fragen, wie man den Hühnerstall sicher macht“.

Alles lassen wir alles so wie es ist, ist das die Schlussfolgerung? Sind wir zufrieden mit dem aktuellen Zustand?

Wir können und sollten natürlich die Schwächen im vorgeschlagenen Weg diskutieren, aber wenn wir ihn rundheraus ablehnen, brauch wir doch eine Alternative, wie soll die aussehen?

2 „Gefällt mir“

Liebes LdN Team,

ich weiß, Politik ist hochkomplex, die Vermittlung komplizierter Sachverhalte an ein Nicht-Experten-Publikum eine echte Herausforderung und die eigene Zeit für Recherche ist leider begrenzt. Das macht es fast unmöglich, in komplexe Themenfeldern auch nur halbwegs tief einzutauchen. Und doch macht ihr Woche für Woche diesen undankbaren und manchmal sicher nicht spaßigen Job, der euch ein treues Publikum beschert und euch zu einer der Besten Quellen zur politischen Willensbildung in der Öffentlichkeit gemacht hat.

Und wie soll ich jetzt mit diesem Beitrag umgehen? Ich habe drei Mal angesetzt, die 22 Minuten zum KHTG zu hören, hatte zum Schluss einen Puls von 150 (am Schreibtisch!) und war leicht verzweifelt: wenn es nicht mal das LdN-Team schafft, die Regelungen des wirklich knappen KHTG richtig einzuschätzen oder auch nur die Probleme der Praxisumsetzung zu sehen (nicht die Auswirkung, die wurden ja durchaus angesprochen („Schweinezyklus“? Ernsthaft?), oder auch nur einen Gesprächspartner zu finden, der darauf hinweist, dann weiß ich wirklich nicht mehr weiter…

Statements praktisch nur aus Lanz-Sendungen (siehe Zitat SilverRising), Gespräche mit dem VUD oder den Landesministerien oder Chefärzten – ja, kann man machen, aber alle die werden dieses Gesetz doch nicht vor Ort umsetzen müssen! Ich habe in über 20 Jahren KH-Controllingtätigkeit noch nie einen Chefarzt vor mir gehabt, der das System der Krankenhausfinanzierung wirklich verstanden hätte – was aber auch kein Vorwurf sein kann, ist ja nicht sein Job und ich kann auch keine TAVI einsetzen – aber das ist eben i.d.R. auch niemand, der etwas Substanzielles zum KHTG sagen kann (und Prof. Grau ist da leider auch überhaupt keine Ausnahme).

Und die Finanzierung ist hier ein ganz entscheidender Punkt: die medizinische „Unschärfe“ der Leistungsgruppen (LG) (für die das INEK erst noch einen funktionierenden Grouper bauen muss, was aber praktisch unmöglich sauber zu machen ist), war in ihrem ursprünglichen Ansatz zur KH-Planung in NRW kein Problem, aber die geplante „Zweckentfremdung“ der LG als Basis für die völlig wilde KH-Finanzierung im kommenden KHVVG zu nutzen, und diese unter der Flagge der angeblich fehlenden „Qualitätstransparenz“, gegen die ja nun wirklich niemand etwas haben kann, durch die Hintertür einzuführen ist einer der ganz zentralen Punkte, warum die Länder das Gesetz im BRat zuerst blockiert hatten.

Mal zur Praxis: die Vorstellung, dass ihr als Journalisten jetzt Zugang zu einer „Preview“ des KH-Atlas bekommen könntet, spricht doch eigentlich dafür, dass ihr glaubt, die dort darzustellenden Struktur- und Qualitätsdaten lägen an irgendeiner Stelle (INEK?/ IQTIG?) jetzt schon vor und müssen nur noch sinnvoll aufbereitet werden. Aber wenn sie jetzt schon existieren würden, dann hätte doch auch nichts dagegengesprochen, sie schon längst zentral vernünftig aufzubereiten.

Teil1/2

2 „Gefällt mir“

Teil 2/2

Denn gegen einen ordentlichen, vom BMG finanzierten „KH-Atlas“ mit Qualitätsdaten hat eben tatsächlich niemand etwas, und ja, die Referenz-DB vom G-BA zu den Qualitätsberichten ist hier nicht die Lösung. Es hat aber einen Grund, warum das nicht passiert: die Daten gibt es nicht in der behaupteten Form und SilverRising und Tlieb reißen die Probleme bei der objektiven Messung von Behandlungs- und Ergebnisqualität ja hier schon schön an. Das KHTG soll ja sogar erst die Rechtsgrundlage für das IQTIG liefern, die darzustellenden Daten zu definieren!

Einfaches Beispiel, was jetzt schon drinsteht: gefordert wird im KHTG (später) die Meldung der Ärzte-VK nach Qualifikation differenziert nach den LG und Fachabteilungen – als Aussage zur Behandlungsqualität. Realität: die Ärzte einer Fachabteilung sind i.d.R. auf der allgemeinen Kostenstelle dieser Fachabteilung gebucht. Wie erfolgt jetzt die Aufteilung von Ärztestellen auf das fallbezogene Groupingergebnis nach LG? Was ist mit Ärzten unterschiedlicher Fachabteilungen, die den Patienten einer LG interdisziplinär behandelt haben? Die Lösung wird einfach nur Excel heißen. In allen KHs in D. Und das ist jetzt die angeblich so vermisste Qualitätstransparenz, die bei der Krebsdiagnose hilft, das richtige KH zu recherchieren? Wer das Drama der Pflegepersonalkostenabrechnungsvereinbarung beim Pflegebudget erlebt hat, weiß was da auf die KHs zukommt: ganz sicher keine Transparenz.

Übrigens setzt der letzte Entwurf zum KHTG den Erfüllungsaufwand der Wirtschaft (der KHs) zur Übermittlung der Daten ans INEK bei 68 € an. Und für die Erstellung der Quartalsmeldungen sind 1,16h Arbeit vorgesehen. Realität: in jedem KH in D werden dafür Wochen an Arbeitszeit von Personal- und Medizincontrolling notwendig werden, um die geforderten Daten zu ermitteln und bereitzustellen.

Fazit: ihr habt gerade mal an der obersten Lackschicht des Themas gekratzt – was zwar grundsätzlich lobenswert ist, weil über Gesundheitsfinanzierung will niemand etwas hören – aber erst unter dem Lack wird es wirklich spannend und politisch und inhaltlich absolut gruselig. Und letztlich geht damit leider auch euer Fazit fehl: Hauptsache mal anfangen, nachgesteuert werden kann ja immer noch, denn das Ziel ist ja ein sinnvolles. Nein. Denn wenn man wollte, könnte man es richtig machen. Die Vorschläge dazu stehen in den Stellungnahmen der Verbände zum KHTG. Man ignoriert es aber. Es geht eben um etwas anderes.

Letzter Satz: im Vergleich zu den angedachten Regelungen im kommenden KHVVG ist das KHTG nur ein Tropfen im Ozean. DAS journalistisch aufzubereiten halte ich für eine riesige bis unlösbare Herausforderung. Und dabei geht es ja nur um die Aufrechterhaltung der deutschen stationären Gesundheitsversorgung…

Sorry, ist länger geworden…

2 „Gefällt mir“

Liebes LdN-Team,

Ich betrachte die Situation des Gesundheitswesens als seit 20Jahren im Bereich Anästhesie-, Intensiv- und Notfallmedizin tätiger Arzt. Ich bin derzeit in leitender Position tätig, mit Zusatzausbildungen im Bereich Krankenhausmanagement und Qualitätsmanagement, und ich habe in allen Versorgungsstufen, vom Grund- und Regelversorger bis zum Maximalversorger, gearbeitet. Mein Eindruck ist, sowohl persönlich wie auch von den Berichten der Kollegen, dass die Allermeisten, sei es ärztlich, wie auch pflegerisch, einen sehr guten Job zu machen, und zwar auf allen Versorgungsstufen, und dass es andersherum auch überall Pfusch gibt, auch an der Uniklinik (gruseliges Bsp. s. Netflix “Bad surgeon”, auch dieser Kollege war an einer deutschen Uniklinik beschäftigt [1]).

Ein zentraler Aspekt der Gesundheitspolitik rund um die geplante Krankenhausreform mit “Nebenkriegsschauplatz” Transparenzregister ist die konsequente Nicht-Beteiligung der Akteure (Krankenhäuser, Niedergelassene, Pflegedienste, Hebammen, Rettungsdienste, uswusf.) vor Ort. Herr Prof. Lauterbach hat sich mit einer sehr universitär geprägten, von sich selbst überzeugten Expertenkommission umgeben, die aus einer “Elfenbeinturmperspektive” zentral das Gesundheitswesen umzuorganisieren versucht, ohne wirklich Ahnung von den Bedingungen vor Ort zu haben (was primär nicht so schlimm ist) und die sich hierfür aber auch gar nicht zu interessieren scheinen (was fatal ist).

Von Seiten der Bundespolitik werden konsequent einige Mythen und Narrative bedient, die durch ständige Wiederholung aber nicht richtiger werden, die aber von der Presse (und leider auch von Euch als Lage der Nation) gerne und zumeist völlig kritiklos übernommen werden. Als einen der wenigen differenzierteren Artikel kann ich diesen hier aus der Zeit [2] empfehlen.

weiter (LdN 373 Krankenhaustransparenzgesetz - #17 von docpelle)…

Das Problem des Krankenhaustransparenzgesetzes ist, dass es a) ohne valide Qualitätsmarker versucht eine b) Qualität der Krankehäuser zu messen, die aber eine Qualität des Arztes ist und c) wie Sie ja korrekt diskutieren, dies auch noch zu spät tut. In Deutschland mangelt es an Qualität. Diese sollte aber durch Stichproben der Behandlungen erfolgen, Patientenindividuell. Das ist die einzige Möglichkeit, dass korrekt zu tun. Das wird auch gemacht, die sog. Ärztliche Stelle. Aber diese Kontrolle ist unzweifelhaft mangelhaft. Ärzte sollten in ihrem Handeln kontrolliert werden, und Ärzte die hier wiederholt durch schlechte Qualität, wie zum beispiel unerklärtes Abweichen von Leitlinien; Beandlungsempfehlungen und aktuellen Studien, ihre Lizenz verlieren.

Ihre Darstellung macht mich deswegen so wütend, weil es jetzt schon so ist, dass Patienten mit irgendwelchen dubiosen Informationen in die Praxis kommen, Vorstellung von ach so tollen Ärzten haben, die fachlich untragbar sind, aber tolle Selbstdarsteller, die Informationen bei Google und Spiegel recherchieren, die einfach falsch sind. Es ist so mühselig das dann richtig zu stellen - und oft gelingt es auch nicht, weil die Patienten dann von diesem Müll derart überzeugt sind, dass sie sich auch nicht mehr umstimmen lassen. Das ist für mich okay, aber am Ende des Tages wird der Patient schlecht behandelt und schadet sich selbst. Und dieses Verhalten wird, da es nach meinem Kenntnisstand kein tragbares Qualitätsmessinstrument neben der Einzelfallanalyse gibt, durch das Gesetz und Ihre Ausführungen noch schlimmer werden. Bitte, bitte, lassen Sie das. Was Sie da sagen stimmt einfach nicht. Warum sagt Ihnen das bei so vielen Hintergrundgesprächen keiner? Dieses Gesetz ist gefährlich. Qualität in der Medizin ja! dringend! Bitte! - aber so wird es ein Schein von Qualität zum Schaden des Patienten und der Patientinnen. Bitte bitte lassen Sie es, so einen Unsinn zu propagieren. Ich werfe Ihnen nicht vor, dass Sie das nicht verstehen - wie sollen Sie? Das verstehen ja Leute nicht, die wie der grüne Kollege Jahrezehtelang dabei waren, aber dann sollten Sie das nicht mit so einer Entschlossenheit noch gut heißen.

Also, ich habe niemanden gehört, der möchte, dass alles so bleibt wie es ist. Bitte die Kritik am Transparenzgesetz nicht verwechseln mit Zustimmung zur aktuellen Situation.

Also, wie könnte die Alternative sein? Jetzt kommt meine ganz persönliche Meinung:
Die eigentlichen Probleme sind: der Verlust des Vertrauensverhältnisses zwischen Patientin und Ärztinnen, die hierarchische Struktur, der mangelnde Umgang mit Fehlern und ethische Entscheidungen unter wirtschaftlichem Druck treffen zu sollen.

Diese Probleme werden nicht durch eine Todesfall- oder andere Statistiken gelöst. Aber sie sind auch nicht unlösbar. Es gibt andere Bereiche, die das schon hervorragend gelöst haben.

Vorbild könnte zum Beispiel die Luftfahrt sein. Auch dort arbeiten einzelne Menschen, die eine sehr hohe Verantwortung tragen und wo einzelne menschliche Fehler den Tod von Menschen zur Folge haben kann, und auch dort gab und gibt es Hierarchien. Das ist in manchen mit der Medizin vergleichbar.

In aller Kürze: jeder Pilotin und jedes Crewmitglied, der/die nicht allein im Cockpit sitzt, muss jedes Jahr ein CRM Training (Crew Ressourcen Management) über 3 Tage absolvieren. Inhalt: - im Notfall zählt nicht die Hierarchie, sondern das Können. - In kritischen Situationen ist das Wissen im Team vorhanden, jede Meinung ist unabhängig von Status gleichwertig gefragt. (Wenn die Pflege im Krankenhaus ernsthaft mitreden dürfte und könnte, würde vieles besser laufen).
Und: es müsste sich die Sicht durchsetzen, dass wir aus Fehlern lernen. Bedeutet: das Fehlermanagement im Krankenhaus müsste Weisungsbefugnis erhalten.

Mit diesen Maßnahmen könnte wieder Vertrauen einkehren, die wichtigste Komponente von allen. Die allermeisten Menschen, die in der Medizin arbeiten sind wohlmeinend, wollen für andere da sein und für Menschen wirklich etwas verbessern. Das Wissen und das Können ist vorhanden. Wenn verhindert wird, dass einzelne Menschen durch Ego, Narzissmus oder aus wirtschaftlichen Erwägungen heraus nachteilig für Patienten entscheiden, ist viel gewonnen.
Ja, damit werden nicht alle Probleme gelöst, aber wir würden wirklich einen Schritt weiter kommen.

1 „Gefällt mir“


Wenn man Prof. Lauterbach zuhört, scheint es eine Art “Verschwörung der Länder” gegen den Bundesgesundheitsminister zu geben: Die Länder scheinen Missstände im Gesundheitswesen systematisch vertuschen zu wollen, um nicht die Kontrolle über das System an die mündigen Bürger abgeben zu müssen. Das Transparenzregister soll hier Abhilfe schaffen und endlich Licht ins Dunkel bringen. Tatsächlich bringt das Transparenzregister absehbar erstmal einen Haufen Mehrarbeit, denn jemand muss diese Daten einpflegen, und dies werden - neben jetzt schon diversen Berichten und unfassbaren Mengen an Dokumentation - auch wieder die Krankenhäuser mit ihrer sowieso schon engen Personaldecke stemmen müssen. Wie ihr in Eurem Beitrag in der LdN feststellt, sind bereits sehr viele Daten aus dem geplanten Transparenzregister schon online, aber eben nicht in der “richtigen” Form und nicht in Zuordnung zu den geplanten Leistungsgruppen. Wäre also die Frage, warum man die Leistungsdaten, die es jetzt schon gibt, nicht einfach anders aufbereitet (wohl gemerkt: Bitte von Seiten des Bundes oder der Gesundheitsministerien der Länder, nicht der Häuser) und sich die Leistungsgruppen im Transparenzregister des Bundes ganz spart (um die es, bingo, durch die Hintertür, nämlich eigentlich geht: Also darum, mit Einführung der Bundes-Leistungsgruppen im Transparenzregister in Vorwegnahme der geplanten Krankenhausreform schonmal an der Krankenhausplanungshoheit der Länder vorbei vollendete Tatsachen zu schaffen).

Tatsächlich besteht gar kein Dissens darüber, Qualität abbilden zu wollen, und das wird ja auch heute bereits getan (auch wenn es in der öffentlich Wahrnehmung nicht der Fall zu sein scheint - auch dieses Narrativ wird vom Bundesgesundheitsministerium und insbesondere der Person Prof. Lauterbach nach Kräften bedient und viel zu oft von der Presse ungeprüft übernommen). Nur ist das Transparenzregister mit den von oben übergestülpten Leistungsgruppen pauschal über alle und alles eher nicht der richtige Weg, um regionale Unterschiede adäquat abbilden zu können: Nordrhein-Westfalen ist nicht Niedersachsen ist nicht Brandenburg ist nicht Bayern. Hierin liegt das Problem, und nicht in der Betrachtung von Qualität an sich, an der ja alle - auch die Krankenhäuser selbst - Interesse haben, jedenfalls die, die gute Arbeit machen und die dies natürlich auch gerne dargestellt sehen wollen. Und natürlich kann man auch beim Thema Qualitätsmanagement und Transparenz immer noch Dinge weiter verbessern, darum geht es nicht.

weiter (LdN 373 Krankenhaustransparenzgesetz - #18 von docpelle)…


Es gibt das Narrativ, dass, je kleiner ein Krankenhaus, umso schlechter die Qualität sei. Wo kommt das her? Gibt es Zahlen hierzu? Nein, keine validen. Man kann natürlich ersatzweise Abrechnungsdaten heranziehen, was Herr Prof. Lauterbach auch tut, was aber völlig unseriös ist. Warum? Ein Beispiel: Ein Patient kommt mit unklaren, aber lebensbedrohlichen Symptomen (bedingt ansprechbar, Atemnot, schlechter Sauerstoffgehalt des Blutes, Patient hat erbrochen, vielleicht Erbrochenes eingeatmet) in die Notaufnahme eines kleinen Hauses mit allgemeiner Innerer Medizin. Hier wird sehr schnell eine Computertomographie des Kopfes angefertigt, es zeigt sich eine Einblutung unterhalb der Schädeldecke, die auf das Gehirn drückt und die operativ-neurochirurgisch entfernt werden muss. Der Internist in der Notaufnahme telefoniert sich die Finger wund, vergeblich: Kein neurologisch-neurochirurgisches Zentrum kann (oder mag?) den Patienten übernehmen. Der Patient verstirbt. Das ungeeignete kleine Krankenhaus rechnet den Fall natürlich ab (denn es hat ihn ja behandelt und entsprechenden Aufwand gehabt). Aus den Daten geht hervor, dass die Qualität schlecht war, was sogar stimmt, aber ein völlig verzerrtes Bild liefert: Der Qualitätsmangel liegt nicht an dem Haus, sondern an den fehlenden adäquaten regionalen Versorgungsstrukturen. Das Haus hatte diesen Patienten nie bestellt und nie haben wollen, scheint aber ein Qualitätsproblem zu haben. Es gibt unzählige von diesen Fällen, in die man auch das von Euch in der LdN genannte Beispiel mit dem Herzinfarkt und der Sterblichkeit Deutschland vs. Dänemark eingruppieren kann.

NOCHMAL: Patienten werden in Deutschland nicht deshalb schlecht versorgt, weil Krankenhäuser die Versorgung übernehmen, die das nicht können (nur, um sich zu bereichern). Sondern vielmehr ist es so, dass die Zentren bzw. Maximalversorger schon heute bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben kapazitär überfordert sind. Deshalb versterben bereits heute Menschen in Deutschland, bzw. müssen über weite Strecken verlegt werden, mit möglicherweise kritischer Verschlechterung des Zustandes. Es gibt hier keine belastbaren staatlichen Strukturen, die bei der Lösung helfen. Wenn eine Übernahme durch einen Maximalversorger klappt, ist es oft reines Glück oder persönliche Beziehungen, viel zu oft geht es schief. In der geplanten Krankenhausreform gibt es zu diesem unfassbar riesigen Problem keinerlei Lösungsansatz, sondern es ist noch eine Verschärfung des Problems zu erwarten (s.u. “kalter Strukturwandel”)

weiter (LdN 373 Krankenhaustransparenzgesetz - #19 von docpelle)…


Was wir in Deutschland statt der Konzentration auf Maximalversorger brauchen, sind sichere und verlässliche regionale Versorgungsnetzwerke, die an die lokalen Gegebenheiten angepasst sind: Patienten können oft sehr gut, oft sogar besser, in kleinen Häusern versorgt werden: Gerade hier sind oft Spezialisten tätig (anders als von Prof. Lauterbach oder den Uniklinika behauptet), im übrigen kommen diese (nicht nur, aber auch) sogar oft von den Uniklinika und sind dann als Chef- oder Oberärzte in den kleineren Häusern tätig. Die kleineren Häusern können gut mit Spezialwissen PLUS allgemeiner, breit aufgestellter Medizin den “Großen” den Rücken frei halten, insbesondere auch in der Zusammenarbeit mit anderen Häusern, die wieder ihre eigenen Spezialisierungen haben. Die “Großen” brauchen wir GERADE NICHT (anders als behauptet) für hochkomplexe Einzelprozeduren (dafür sind die “Kleinen” wie gesagt oft selbst erstaunlich gut aufgestellt), sondern für multidisziplinäre Aufgaben gebündelt an einem Ort, wo die Maximalversorger tatsächlich ihre Stärken ausspielen. Beispiel: Ein Patient bekommt in einem kleinen, spezialisierten Haus eine Schulteroperation von einem Experten. Er erleidet nach der OP aber eine Lungenarterienembolie als Komplikation, also ein lebensbedrohliches Gerinnsel in der Lungenschlagader, und benötigt zur Therapie eine Herz-Lungenmaschine (ECMO). Hier muss dann der entsprechende Maximalversorger einspringen und schnell und sicher Hilfe zur Verfügung stellen, und er darf sich hier nicht herausziehen dürfen, was leider immer wieder passiert.

Qualität in der Medizin ist nicht so einfach zu messen. Ich teile die Sorge, dass Patienten mit schlechter Prognose, mit Vorerkrankungen, oder allein aufgrund ihres Alters möglicherweise nicht mehr adäquat behandelt werden, wenn Krankenhäuser befürchten müssen, sich hiermit ihre Qualitätszahlen zu zerschießen. Auch ist z.B. Sterblichkeit allein kein Qualitätsmangel, und auch Überleben ist nicht per se Zeichen für gute Qualität: So gibt es Fälle, bei denen Patienten nach erfolgloser OP nicht versterben sollten (und überflüssige Intensivtherapie erhielten), um Mindestzahlen der chirurgischen Fachabteilung nicht zu gefährden, obwohl die Situation aussichtslos war und nur noch Leiden mit sich brachte. Intensivmedizin am Lebensende ist auch so ein Thema: Patienten werden, aus falschen Vorstellungen heraus, oder weil im Vorfeld - teils über Monate - nicht mit ihnen oder den Angehörigen gesprochen wurde, am Lebensende auf die Intensivstation verlegt. Hier macht es aufgrund der Versäumnisse in der Vorgeschichte oft viel Arbeit, kostet viele Gespräche, usw. (was übrigens derzeit alles nicht vergütet wird), um dem Patienten gerade KEINE (überflüssige) Intensivtherapie antun zu müssen, sondern ein menschenwürdiges Sterben zu ermöglichen. Dies ist kein Qualitätsmangel.

weiter (LdN 373 Krankenhaustransparenzgesetz - #20 von docpelle)…


Neben den o.g. Ausführungen zum Thema Krankenhausreform gibt es das große Thema des drohenden “kalten Strukturwandels”, also der unmittelbar drohenden unkontrollierten Schließung von Häusern bzw. dem Herunterfahren von Leistung aus wirtschaftlichen Gründen, und dies noch bevor Transparenzregister und Krankenhausreform überhaupt greifen können. Der Umgang mit diesem Thema ist eine gesundheitspolitische Bankrotterklärung des Bundesgesundheitsministeriums. Dieses Problem besteht UNMITTELBAR. Also: Die Versorgung unserer Patienten ist derzeit schon, aber zunehmend mehr und UNMITTELBAR gefährdet, und das scheint kaum jemandem, der nicht im System steckt, bewusst zu sein. Hiermit geht natürlich auch niemand von den Krankenhäusern in der Nachbarschaft hausieren. Verwiesen sei hier exemplarisch auf die jüngste Pressekonferenz der deutschen Krankenhausgesellschaft [3] und die Stellungnahme des Marburger Bundes [4]. Und ja, natürlich sind das Interessenvertreter der Häuser bzw. der Ärzte. Das macht die Ausführungen aber nicht per se falsch.

Ich bin eigentlich ein begeisterter Hörer und Abonnent der LdN, hätte mir beim Thema Gesundheitsreform und (kalter) Strukturwand aber einen noch differenzierteren, umfassenderen Umgang mit dem Thema von Euch gewünscht, ganz so, wie ich es an anderer Stelle von Euch gewohnt bin. Ich würde mich freuen, wenn Ihr Eure Recherchen auch hier so aufstellen könntet, dass neben den Aussagen von Prof. Lauterbach und der Regierungskommission auch andere, kritische Quellen und Stimmen Platz finden und so ein differenziertes Gesamtbild entsteht, was ich bisher leider noch vermisse.

Vielen Dank für Euer Engagement und Eure Mühe, macht ansonsten weiter so!

Quellen:

  1. Netflix: Bad Surgeon (Bad Surgeon: Liebe unter dem Messer | Netflix – offizielle Webseite , Trailer, s. https://www.youtube.com/watch?v=_VNn2eXRTeM)
  2. Krankenhausreform: "Völlig irre, sich so eine unausgegorene Reform auszudenken" | ZEIT ONLINE
  3. Pressekonferenz | Deutsche Krankenhausgesellschaft e. V.
  4. Susanne Johna: Kalter Strukturwandel muss gestoppt werden | Marburger Bund Bundesverband