LDN 360: Finanzpolitik: Sind Schulden ein Problem?

Hier hätte ich eine Rückfrage: Hast du eine Quelle zu der Aussage? Ich weiß, dass die Stützung der gesetzlichen Rentenkasse aktuell der größte Haushaltsposten ist, aber ist das tatsächlich seit den 1980ern so?
Und wie kann man die Schulden 1:1 der Rentenkassen-Stützung zuordnen? Man könnte ja auch die These aufstellen, dass die Schulden seit 1980 hauptsächlich in den Verteidigungsetat gewandert sind.

Diese theoretischen Szenarien sollten, wenn auch nicht diskutiert, zumindest angesprochen werden. Anders kommt man ja gar nicht an die Schuldenbremse ran. Es hat doch einen Grund warum 2/3 der Deutschen meinen die Schuldenbremse sollte so bleiben. Hier versagt der dt. Journalismus indem sie die Narrative nicht einordnen und unseren Finanzminister nach den Mund reden.
Wie gesagt das ganze Geldsystem ist kein Naturgesetz.
Es gäbe auch genug pragmatische Möglichkeiten das Geld zu beschaffen aber wenn es immer heißt, wenn wir jetzt mehr ausgeben müssen in der Zukunft Steuern erhöht werden kommt man einfach zu keiner offenen Diskussion.

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Dafür gibt es bereits Diskussions-Threads.
Aber mal meine Sichtweise.
Die Schuldenbremse schützt den Wähler vor sich selbst, Parteien zu wählen, die kurzfristige Lösungen versprechen und dann mit Geld zuschütten. Die von Heilmann angesprochene Subventionsfalle ist real. Selbst ein grüner Wirtschaftsminister kriegt es ja nicht hin, das beschränkte, Geld so einzusetzen, dass es die Transformation vorantreibt.
Die 10 Mrd für Intel sind reinstes Prestige und ein Zugeständnis an die CDU. Im Fahrwasser kamen dann gleich Infenion und TSMC und bekamen weitere Milliardenzusagen.
Eine Nürnberger Firma spricht nun von Nachteilen, wenn die Konkurrenz derart bezuschusst wird und fordert ebenfalls 900.000. Und sie sind sicher weder die einzigen noch die letzten.
Ein deutsches Startup behauptet bald strombetriebene Flugtaxis anbieten zu können, die derzeitigen Privatfliegern Konkurrenz machen sollen. Boeing und Airbus hatten vor Jahren auch in dem Bereich geforscht, aber festgestellt, dass es nicht kurzfristig marktreif zu bringen ist und es dann verworfen.
In einer Welt der MMT würden Boeing und Airbus zu ihren Regierungen gehen, die Nachteile verschweigen und finanzieren lassen. Viel Geld draufschütten hilft immer und schließlich steht das erste Elektroflugzeug. Während ein Startup dann seine Patente gerne teilt, um an fehlende zu kommen, sehen das Airbus und Boeing gar nicht ein und finden sich in einem Patt wieder.
Soll der Staat jetzt Boeing die Patente abkaufen oder gar USA und Deutschland Druck ausüben, dass ihre Firmen die Patente teilen? Mit welchem Recht? Ansonsten ist die Situation komfortabel. An Boeing und Airbus vorbei wird kein Elektroflugzeug gebaut und sie können momentan auch gut mit konventionellen leben. Auch für den Staat ist es gut gelaufen. Ein Teil der Patente ist im Land und die Arbeitsplätze sind gesichert. Dass der Kampf gegen den Klimawandel noch Mal zurückgeworfen wurde ist erst mal ein Zukunftsproblem und kein Wahlkampfthema.
Wenn wir jetzt schon nicht hinkriegen, das wenige Geld sinnvoll einzusetzen und mit einer fairen Erbschaftsteuer Geldflüsse in die richtige Richtung zu steuern, stattdessen unter Applaus der Bürger eine Kürzung der Bürgergelderhöhung und mehr Druck auf Arbeitslose gefordert wird damit sie unterbezahlte Jobs annehmen, graut mir vor einem Staat, der noch mehr Geld in Richtung Lobbyisten und einflussreicher Bürger steuern kann.
Denn nicht das Startup hat das Netzwerk, sondern Airbus. Damit würde selbst die MMT die Ungleichheit fördern, Geldflüsse würden nur eine Richtung kennen und die steigende Monopolisierung der Wirtschaft würde sich noch mehr beschleunigen.

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Vorweg: Grundsätzlich finde ich das Thema Intel und TSMC für kein besonders sinnvolles Beispiel für Finanzpolitik. HIer geht es eher um Ansiedlung von kritischen Kapazitäten für den rest der verarbeitenden Industrie, aber sei’s drum.

Wenn man diese Subventionen nicht will, dann muss man auch der deutschen Industrie und den Bürgern klar machen, dass man bei den nächsten großen Lieferkettenproblemen aus Südost-Asien wieder dieselben Schwierigkeiten haben wird bei bei der Pandemie. Natürlich wäre es viel wünschenswerter, wenn Intel und TSMC ohne diese Subventionen hier in Deutschland diese Fabriken aufbauen würden, aber die Realität sieht eben anders aus. Die können sich quasi aussuchen, wo sie mehr staatliche Hilfen bekommen, weil sie in ihren Bereichen Monopolisten sind.

So, und um zu den Schulden zurück zu kommen: Klar kann man diese Subventionen auch aus dem laufenden Haushalt bezahlen, nur muss man dann entweder sagen, in welchen Bereichen dann das Geld nicht ausgegeben wird, oder man muss an der Einnahmenseite etwas tun.

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Der Wähler muss nicht geschützt werden. Wir sind keine Diktatur und keine Technokratie. So was zu unterstellen heißt ja, dass man das mit der Demokratie gleich bleiben lassen kann, wenn einige wenige über alle entscheiden.
Es gibt keine alternative Welt in der es eine MMT gibt. MMT gibt eine mögliche Beschreibung des Geldsystems. Was dann Politik und Volk daraus machen ist eine Sache von Prioritäten und vor allem der Ressourcen die man mit den Geld heben kann. Nicht das Geld ist begrenzt (Wie auch ist ja von Menschen gemacht) sondern die Ressourcen (Rohstoffe, Menschen, Wissen) sind es.
Die MMT fördert gar nichts, politische Entscheidungen fördern Verhalten.
Steuern sind dafür da um Verhaltensweisen zu lenken und um die Ungleichheit zu verringern oder auch zu erhöhen (politische Entscheidung wieder). Steuereinnahmen erhöhen nicht den Spielraum für Entscheidungen sondern reduzieren im ersten Schritt nur die Geldmenge in der Bevölkerung. Der Staat braucht das Geld der Bürger nicht um etwas zu finanzieren.
Und das Flugtaxi-Beispiel. Hat auch nichts mit dem Geldsystem zu tun sondern rein mit politischen Willen. Und das sollte in einer Demokratie von Bürgern entschieden werden und nicht von irgendeiner ungewählten Gruppe.

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Letztendlich wählen Bürger aber nicht nach eingehender Studie der Situation in Deutschland und der Pläne der Parteien diese zu beeinflussen, sondern nach dem Gefühl, das sie aufgrund Medienberichten der letzten Tage und aktueller persönlicher Situation gerade haben oder weil sie schon immer so gewählt haben.
Insofern kannst du nicht einfach ausblenden, dass die Realität nicht von einer Theorie sondern von politischen Realitäten geschaffen wird. Und vor allem Medien wie der Axel Springer Verlag nicht nur die Möglichkeit haben, die öffentliche Meinung in ihre gewünschte Richtung zu lenken sondern das auch ganz aktiv betreiben. Ganz zu schweigen von aus dem Ausland bezahlten Trollen, die gezielt Diskussionen in sozialen Netzwerken beeinflussen.
Dazu kommt, dass wir als Exportland nicht nur von der inländischen Währung abhängig sind, sondern das Verhältnis zum Dollar eine ganz entscheidende Rolle spielt.

Die theoretische Diskussion ist hier besser aufgehoben:

Vielleicht sollte man von Seiten der Medien und der Politik aufhören Wähler wie Kinder zu behandeln.
Die Medien müssten auch mal von dieser Gefühlsebene runterkommen und endlich mal ihrer Aufgabe nachkommen Sachverhalte darzustellen und nicht immer den Streit und Gefühle der Protagonisten darzustellen.
Und dazu gehört halt politische Dogmen der Parteien als solche darzustellen und nicht als unverrückbare Wahrheit. Und bei der Lage würde ich sagen hat man Zeit dafür.

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Das gleiche gilt ja auch für die Komponenten, die Intel und TSMC benötigen. Die haben wir nicht hier. In der nächsten Pandemie stehen die Fabriken still. Auch ist gerade Intel keine systemrelevante Infrastruktur. In Industrieanlagen und PKW sind andere Chips verbaut. Da wäre wohl besser gewesen, wir hätten uns nvidia ins Land geholt.
Und ich gehe mit, dass Schulden für Infrastruktur sinnvoll sind. Die Schuldenbremse wurde aber eingeführt, weil davor fleißig auf Schulden konsumiert wurde. Und gerade Parteien, die sich nicht dem Fortschritt verschrieben haben, könnten da wieder in Versuchung geraten, den älteren Wählern Dinge zu versprechen, die nachfolgende Generationen dann ausbaden müssen. Und die sind nun mal die Mehrheit.
Also Reform ja, Abschaffung nein.

Stimmt zwar zum Teil (aber halt auch nur zum Teil: x86-Prozessoren sind in Industrieanlagen, insbesondere deren Steuerungen, durchaus gang und gäbe, und für den Rest der Wirtschaft, die auf PCs angewiesen ist, essenziell)…

…aber hier konterkarierst du deine eigene Argumentation. Intel betreibt immerhin selbst noch Fabs, um die es eigentlich geht. Nvidia produziert nicht einen einzigen Chip selbst. Nvidia lässt produzieren - bei TSMC und Samsung! Was also bitte soll es bringen, ein reines Chipdesign-Büro im Land zu haben, wenn das keinen Zugriff mehr auf Fabs hat?

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Das mit den „Geschenken“ wird doch schon gemacht und deshalb haben wir ja unter anderem das Problem mit der Schuldenbremse. Der Zuschuss zur Rentenkasse frisst ja schon den ganzen Handlungsspielraum ein. Nach ihrer Argumentation müsste man den komplett einstellen.
Das würde aber den deutschen ganz konkret Kaufkraft kosten und der Binnenwirtschaft schaden. Diese Unterteilung in gut und schlechte Schulden macht auch überhaupt keinen Sinn, weil alleine die Grenze immer zu Streit und faulen Kompromissen führe wird.

Da muss man sich aber auch ehrlich machen. Die aktuelle Situation der Rentenkasse ist in großen Teilen aus der Übernahme der ehemaligen DDR Bürger entstanden. Die haben logischerweise bis zur Wiedervereinigung nicht in das System eingezahlt. Hinzu kommen all die Menschen, die seit Schröders Reform im Niedriglohnsektor beschäftigt sind und wenig bis nichts einzahlen, aber später natürlich zumindest ein Minimum an Rente bekommen müssen.

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Vielen Dank für diesen Thread. Ich habe nun auch die Folge gehört und bin etwas über folgende Aussage im Interview mit Saskia Esken gestolpert:

Schulden sind eben ja keine Einnahmen, sondern sie ersetzen fehlende Einnahmen, jedenfalls auf Zeit, aber der Nachteil von Schulden ist der Boomerang-Effekt. Irgendwann kommen sie zurück und müssen zurückbezahlt werden und während sie nicht zurückgezahlt sind, muss man darauf eben Zinsen zahlen. 01:17:45

Aus diesem Zitat nehme ich mit, dass

  1. Schulden eben keine Einnahmen sind und daraus folglich der Staat nur das ausgeben könne, was er zuvor eingenommen hat.
  2. Schulden irgendwann zurückbezahlt werden müssen und die Zinsen den Handlungsspielraum des Staates zudem erheblich einschränken.

Besonders an Punkt 2 kommen mir jedoch Zweifel, wenn ich bedenke, dass so ziemlich jeder Staat Schulden hat und vermutlich kein Staat jemals alle Schulden abbezahlt hat. Zudem wirkt Deutschlands Schuldenquote im Vergleich mit anderen Staaten auf mich absolut nicht problematisch:


Statista.com

In der Folge Rekordschulden: Woher kommt das Geld? des Podcasts Geld für die Welt wird m.E. sehr gut verständlich und überzeugend erklärt, was Staatsschulden sind und wie unser Geldsystem funktioniert.

Ich würde mich sehr freuen, wenn Ihr die oben zitierte Aussage nochmal näher erläutern könntet. Zudem würde mich eure Meinung zu dem verlinkten Podcast interessieren. Für mich klingt es einfach sehr logisch und nachvollziehbar. Falls Ihr da anderer Meinung seid, würde mich sehr interessieren, an welchen Stellen er falsch abbiegt oder was er nicht berücksichtigt.

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Bei den Rentenzahlungen muss man sich gar nicht ehrlich machen. Es sind Ausgaben die jedes Jahr im Haushalt bewilligt werden und da hint es keine Diskussionen wie bei der Kindergrundsicherung oder dem Bürgergeld wobei es hier um ganz andere Größenordnungen geht. Man will es sich mit den Rentnern und Boomern einfach nicht verscherzen.
Aber, dass die Produktivität steigen muss um den zukünftigen Überhang an Renten versorgen zu können wird auch ignoriert. Sprich kein Geld für Ausbildung von Einheimischen und Einwanderern und Infrastruktur wobei das die Wetbewerbsfähigkeit steigern würde.
Geld muss jetzt ausgegeben werden ohne wenn und aber. Wenn wir dann mal wieder auf einen Level sind kann und muss man das wieder zurückschrauben. Vielleicht kann man dann auch die Schuldenbremse wieder einhalten. Jetzt ist aber nicht die Zeit und das sollte auch im Journalismus mehrheitlich mal ankommen.
Daher der Appell an die Lage dass Narrativ der bösen Schulden nicht als Naturgesetz unhinterfragt stehen zu lassen.
Warum sind Schulden schlecht?
Warum darf die Schuldenquote nicht höher sein?
Wer bekommt die Zinszahlungen?
Was passiert wenn sich der Staat entschuldet mit den Vermögen der Bürger?
USW

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Ist das überhaupt notwendig? Das Rentensystem ist ein Umlagesystem und kein Ansparsystem.

D.h. mit den zusätzlichen Anspruchsberechtigten sind ja auch zusätzliche Einzahler hinzugekommen. Nach ihrer Argumentation müsste es ja so sein, dass die Renten von ehemaligen Bewohnern der DDR ausschließlich der Steuerzahler übernommen hätte. Meiner Kenntnis nach wurde dies durch die Beitragszahler des Rentensystems aufgefangen.

Der staatliche Beitrag senkt den Rentenbeitragssatz aller Einzahler, das sich das Verhältnis zugunsten der Einzahler verschiebt.

Der Zuschuss scheint für Ost und West ungefähr gleich zu sein bezogen auf die Anzahl der Empfänger.

Ein Beitrag wurde in ein neues Thema verschoben: Ergebnis der Haushaltseinigung 13.12

Da hast Du natürlich Recht , danke für den Einwand. Dennoch musste damals natürlich ein zusätzlicher Zuschuß aus Steuermitteln gegeben werden. Und in Zukunft steht uns Ähnliches ins Haus mit dem lange planbaren Rentenbeginn der Babyboomer.

Kurze Frage zu dem “Dienstwagenprivileg”:
Wie sollen da Mehreinnahmen anfallen? Alle müssten dann ein Fahrtenbuch führen, die Finanzämter müssen die prüfen, die automatisvhe 1% Versteuerung plus die anfallende KM Pauschale für den Weg zur Arbeit und zurück entfällt…
Wie kommen Sie darauf, dass da Mehreinnahmen anfallen?

Der Dienstwagen wird doch auf das Gehalt angerechnet und dadurch senkt sich die absolute Steuerlast bei der Einkommensteuer. Was mach das für einen Unterschied ob mit pauschal 1% oder über Fahrtenbuch. Das ändert nur sie Höhe etwas. Wenn Dienstwagen aber vom Netto abgezogen würden gäbe es keine Steuerersparnis.

Nein, der geldwerte Vorteil erhöht das zu versteuernde Einkommen.

Wenn Dienstwagen vom netto abgezogen wird, ist es quasi ein Mietwagen. Bei dem ganzen Thema geht es immer um den privaten Anteil des Dienstwagens und wie dieser versteuert wird.

Also, dieser Thread dreht sich um Nutzen und Risiken von Schulden und nicht um das Dienstwagenprivileg.
Dieses ist aktuell hinreichend ausdiskutiert. Also bitte auch hier nicht die immer gleichen Argumente.
Zurück zur Schuldenfrage.

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