LdN 335 - Selbstbestimmungsgesetz

Ich denke, die Frage sollte eher in die Richtung gehen, ob der Grund, dass Frauen, die bewusst eine Frauensauna gewählt haben, sich dort von einem männlichen Glied unangenehm berührt fühlen könnten. Und ja, hier sehe ich durchaus Argumente, Frauen mit männlichem Geschlechtsteil auf gemischte Saunen zu verweisen und analog Männer mit weiblichen Geschlechtsmerkmalen.

1 „Gefällt mir“

Die Frage ist schon richtig gestellt. Denn vergessen wird in Argumentation, dass man eine penisfreie Zone, ergo keine trans Frauen (ohne oder prä op) reinlassen will, dass natürlich trans Männer Zugang haben.
Wie im Interview bereits angesprochen, ist natürlich nach wie vor die größte Gefahr für sexuelle Übergriffe nicht trans Personen (oder Homosexuelle), sondern nach wie vor cis Männern, die sich über jedwede Regelung ohnehin hinwegsetzen, an Frauen.

Mit Verlaub, dieser alte Hut schon wieder.
Diese selben Argumente gab es Homosexualiät (zumindest in weiten Teilen der Gesellschaft) nicht länger verteufelt wurde, die selben Argumente gab es als das Linkshänderin sein nicht länger als unnormal dargestellt wurde.
„Plötzlich“ tauchten überall Linkshänder
innen und Homosexuelle auf. Dabei sind diese in Wirklichkeit schon die ganze Zeit da, aber bewusst oder unterbewusst von der Gesellschaft gezwungen gewesen, dies zu unterdrücken. Es ist eine erfreuliche Entwicklung, dass dies zunehmend weniger wird und ebenso erfreulich, dass trans Menschen auch im frühen Alter bewusst wird, dass mit ihnen biologisch alles in Ordnung ist und sie sich nicht irgendwie an ein veraltetes System anpassen müssen, sondern das System (auch: Cis-tem) sich umstellen muss um der Realität besser gerecht zu werden.

2 „Gefällt mir“

Für einen Sachgrund bedarf es aber nicht der vorherigen Ankündigung. Ein Sachgrund existiert von sich aus, er wird nicht dadurch in die Existenz gehoben, dass der Betreiber einer Einrichtung ihn kommuniziert.

Im Gegenteil sogar, eine klare Kommunikation eines Ausschlusses von bestimmten Gruppen (z.B. wenn ein Nachtclub ein Schild aufhängen würde, das „Arabern“ den Zutritt verweigert) ist gerade dann ein Verstoß gegen das AGG, wenn dieser klar kommunizierte Ausschluss keinen hinreichenden Sachgrund hat. Kommunikation eines Ausschlusses und das Vorhandensein eines legitimierenden Sachgrundes sind daher stets unabhängig voneinander.

Das Beispiel zeigt aber natürlich auch, dass es ein Wandeln auf einem schmalen Grat ist, weil natürlich auch der Nachtclubbetreiber argumentieren könnte, dass sich wegen der ständigen Berichterstattung über Straftaten der besagten Gruppe seine Kunden belästigt fühlen könnten. Hier muss man sehr gut abwägen, inwiefern ein berechtigtes Schutzinteresse besteht oder ob tatsächlich nur rassistische oder sexistische Ressentiments Grundlage für den Ausschluss sind, was gerade kein legitimer Sachgrund mehr wäre. Beim Nachtclub würde man wohl klar zu dem Ergebnis kommen, dass kein hinreichender Sachgrund vorliegt.

Ob die besondere Intimität durch Nacktheit in der Sauna hingegen ein legitimer Sachgrund ist, hängt von dem gesellschaftlichen Umgang mit Nacktheit ab, der in Deutschland ja schon noch sehr verklemmt ist. Es ist jedenfalls nachvollziehbar, dass man in der Damensauna keine noch-nicht-operierte Trans-Frau (dh. keine „Penisträger“, unabhängig vom sozialen Geschlecht) haben möchte, daher ist es mMn auch ein legitimer Grund. Denn eine Ungleichbehandlung ist zulässig (und sogar geboten!), wenn ungleiche Sachverhalte vorliegen. Anknüpfungspunkt ist in diesem Falle nicht der Geschlechtseintrag oder das Geschlecht, unter dem die Person auftritt, sondern einzig die Frage, ob die Person männliche Geschlechtsorgane besitzt.

Umgekehrt dürfte das gleiche gelten: Einen Trans-Mann vor der Operation den Zutritt zur Damensauna zu verwehren wäre nur schwer zu rechtfertigen, danach, also sobald ein Penis operativ geformt wurde, dürfte es deutlich leichter sein, einen Sachgrund herzuleiten. Das männliche Auftreten vor der Operation dürfte noch kein hinreichender Sachgrund sein.

1 „Gefällt mir“

Nicht im Vorfeld, aber wenn die Frau z.B. andere Gäste durch Annäherungsversuche belästigt, darf sie natürlich - indirekt wegen ihrer Homosexualität - ausgeschlossen werden, insofern gilt aber nur das gleiche, was für alle Geschlechter und Sexualpräferenzen gilt (dh. der Mann, der die Frau in der gemischten Sauna anbaggert und damit belästigt, kann natürlich auch Hausverbot bekommen).

Das Thema, ob anpassende Operationen schon sehr früh vollzogen werden könnten (was zu besseren Ergebnissen führt, aber u.U. zu einer späteren Detransition führt, wenn es doch nur eine „pubertäre Laune“ war) oder ob damit bis nach der Pubertät gewartet werden sollte (was zu schlechteren Ergebnissen führt, aber zumindest besser überlegt ist, weil so eine tiefgreifende Entscheidung von einem pubertierenden Jugendlichen treffen zu lassen natürlich schon problematisch ist), ist noch mal ein ganz anderes, das man auch sehr kontrovers diskutieren kann.

Hier gibt es für beide Seiten wirklich gute und schlagkräftige Argumente und beide Seiten sind nahezu gleichwertig vertretbar, wobei es von der eigenen gesellschaftspolitischen Einstellung abhängt, welche Argumente man stärker bewertet.

Dass Kindern und Jugendlichen „suggeriert wird, man könne sein biologisches Geschlecht ändern“ ist erst Mal nichts negatives, im Gegenteil, es ist eine relevante, zulässige Information, dass das bei Geburt zugewiesene Geschlecht nicht zwangsläufig final sein muss.

Ein Beitrag wurde in ein existierendes Thema verschoben: Wärmepumpen als wichtige Lösung für Klimaschutz im Gebäudesektor

Das sehe ich genauso. Ich denke bei dieser Thematik (ich rede hier explizit nur über die Rechtslage für Minderjährige) braucht es einen ähnlich befriedenden Kompromiss wie bei der Abtreibung. Etwas womit beide Seiten leben können und was die Debatte endlich beendet und entschärft. Ich denke es würde viel Emotionalität und Schärfe aus der ganzen Trans-Diskussion ziehen, wenn die Minderjährigen nicht mehr Teil der Diskussion sind, weil ausgeklammert und geklärt.

Ging mir genauso. Ich kann mir allerdings vorstellen, dass dadurch Menschen, die nicht so im Thema drinne sind verwrirt werden da diese cis als Begriff vielleicht nicht kennen.
Alternativ könnte man auch sowas wie bei der Geburt weiblich/männlich zugewiesen benutzen also quasi assigned female/male at birth.

Nur weil ein Begriff erklärt werden muss, heißt es ja nicht, dass er deswegen nicht verwendet werden sollte. "Eine cis Frau, ist eine Frau, bei der bei der Geburt das Geschlecht „weiblich“ von Ärzt*innen festgelegt und eingetragen wurde und die sich nach wie vor als Frau identifiziert. Eine trans* Frau hingegen ist eine Frau, bei der bei der Geburt das Geschlecht „männlich“ eingetragen wurde, die im Laufe des Lebens festgestellt hat, dass sie sich als Frau identifiziert, " Und fertig. Dann kann man cis und trans* im Podcast verwenden und ich glaube so viel Verwirrung kommt dann auch nicht mehr auf, wenn man es ein paar mal gehört hat.

Das bestreite ich gar nicht. Ich wollte nur darstellen, das CIS als Gegenteil von TRANS noch nicht zwingend als Allgemeinwissen vorraus gesetzt werden kann

Und in Bezug auf das in der Regel binäre Geschlecht: Genau da muss ich gerade bei trans* Menschen widersprechen, denn auch wenn Ausgangslagen vielleicht in der Regel binär sind, kann sich das sehr wohl ändern. Ich bin trans* Frau und nehme seit 1,5 Jahren Testosteronblocker und Östrogene (Estradiol).

Mein „biologisches Geschlecht“ ist also endokrinologisch gesehen „weiblich“, da sowohl mein Testosteron-Level, als auch Estradiol-Level den Norm-Werten bei cis Frauen entspricht.Meine Brüste wachsen, meine Haut ist sehr schnell viel weicher geworden, mein Blutdruck hat abgenommen, der Haarwuchs am restlichen körper ist dünner und langsamer geworden und in Bezug auf Muskelmasse: Früher konnte ich aus dem Stand, ohne meine Arme jemals trainiert zu haben, 1,5 Klimmzüge machen. Ich hab das letzten Sommer nochmal versucht und ich hing an der Stange und hab meinen Körper keine 5 cm hoch bekommen. Auf der Ebene, auch in Bezug auf Sport, macht es keinen Sinn, dass ich in Männer-Kategorien antreten müsste, da die niedrigen Testosteron-Level mir da jeglichen „biologischen“ Vorteil genommen haben. Außer vielleicht im Kampfsport, wo ja aber sehr sinnvoller Weise eben Gewichtsklassen existieren um solche Unterschiede auszugleichen. In der hinsicht bin ich also „biologisch weiblich“.
Allerdings wurden auch meine Chromosomen mal überprüft, da bleibts bei XY und das wird sich nicht ändern. Genauso mag für mich eventuell irgendwann eine geschlechtsangleichende OP wie die Vagino/Vulvoplastie eine Option sein (Bildung einer Neo-Vagina/Vulva/Vulvina), das würde zwar das Penis und Hoden entfernen und optisch „biologisch weiblich“ aussehen, gleichzeitig ist dadurch natürlich kein Uterus und Eierstöcke vorhanden. Da bleibts bei einer biologischen Uneindeutigkeit.

Und zu guter letzt, ist auch die Psyche und das Gehirn ein Teil des Körpers, und damit der Biologie. Und bei trans* Menschen gibt es auch Tendenzen, dass auch andere Aspekte also „nur die Psyche“ schon seit der Geburt vom binären „Normalzustand“ abweichen.

Was ich damit sagen möchte: Das biologische Geschlecht ist vielschichtig und veränderbar. Und um dieser Vielschichtigkeit und Diversität gerecht zu werden, insbesondere in Medizin und Sport, muss der Umgang mit dieser Diversität differenzierter werden. Denn niemandem ist geholfen, wenn ein „Standard-Modell“ auf eine nicht-standard Person angewandt wird. Es gibt cis Frauen mit vom Normalzustand abweichenden Hormonstati, es gibt cis Frauen, die nicht gebären können usw. - aus der Abweichung vom Normalzustand Ausschlüsse zu kreieren ist halt super gefährlich und diskiriminieruend, nicht nur gegenüber trans* sondern auch cis Frauen (nicht, dass es erst dann gefährlich und diskriminierend wird).

Liebe Grüße

3 „Gefällt mir“

Kleine Anmerkung: Nicht die Ärztin, sondern die Genetik legt das biologische Geschlecht fest, die Ärztin stellt es höchstens fest.

3 „Gefällt mir“

Ich hab nichts von biologischem Geschlecht geredet. Denn bei der Geburt und bei der sogenannten „Bestimmung des biologischen Geschlechts“ wird in der Regel lediglich auf die primären Geschlechtsorgane geschaut. Nicht berücksichtigt werden die innen liegenden Organe, der Hormonstatus, die Chromosomen oder die psychische Ebene des Geschlechts.

Entsprechend wird bei der Geburt derGeschlechtseintrag aufgrund eines einzelnen Aspekts von Geschlecht festgelegt und eingetragen, obwohl viele andere Ebenen gar nicht betrachtet wurden.

1 „Gefällt mir“

Nein, die Ärztin wirft einen oberflächlichen Blick auf die Ausprägung der Gonade. Die Wirklichkeit bzw. das Geschlecht ist aber eben eine wenig komplexer als nur der flüchtige Blick es verrät.
https://www.nature.com/articles/518288a/tables/1

Ich fand das Kapitel zum Selbstbestimmungsgesetz sehr interessant. Die Standpunkte von Frau Kühn wurden einzeln widerlegt. Das bekam viel Zeit. Auf der einen Seite fand ich das doof, weil das für mich keine besonders schlagkräftigen Argumente sind - eher Stimmungen. Auf der anderen Seite fand ich das gut, weil mir die Argumente von der hervorragenden Prof. Mangold helfen, zu argumentieren und zu verstehen, warum ich nicht bei Frau Kühn bin.

1 „Gefällt mir“

Die Diskussion hier im Thread ist für das Thema noch einigermaßen zivilisiert. Meistens ist es schlimmer. Die Auseinandersetzung ist so ungleich: Die einen, wollen einfach diskriminierungsfrei in Ruhe ihr Leben leben. Die anderen sind mehr und lauter und persönlich häufig gar nicht betroffen.

Ich würde mir wünschen, dass wir die Energie, die wir in dieser Diskussion mehr oder weniger sinnlos verbrennen, lieber dafür nutzen, Konzepte umzusetzen, wie wir Femizide verhindern und Menschen mehr Freiheit und Sicherheit organisieren.

Darum geht es doch: Freiheit und Sicherheit. Freiheit für trans Menschen. Sicherheit für Kinder. Sicherheit für trans Menschen. Sicherheit für Frauen - nicht nur in Saunen sondern immer und überall.

1 „Gefällt mir“

Die Ärzte werfen einen Blick auf das äußere Genital, v.a. in Hinblick darauf, ob genitale Fehlbildungen (Hodenhochstand, Fehlbildungen von Hymen, fehlende Dammfusion etc., intersexuelles Genitale, dann in 90% Adrenogenitales Syndrom bei Mädchen, Genotyp 46XX-DSD) vorliegen.

Ich glaube, an dieser Stelle dreht sich die Diskussion im Kreis. Bereits oben wurde ja breit diskutiert, dass die menschliche Geschlechtsdetermination hin zu den beiden (biologischen) Geschlechtern aufgrund ihrer Komplexität zahlreichen Störungen unterworfen sein kann, die man dann im Englischen eben Disorders of sex development (DSDs) nennt.

Das hat mit dem Thema Transsexualität (also dem Gender) aber nur in geringen Teilen zu tun.

7 „Gefällt mir“

Nur wird das Geschlecht nicht bei der Geburt zugewiesen, es ist schon ab der Befruchtung vorhanden und wird (es sei denn, es besteht eine überaus seltene initiale Unklarheit) bei der Geburt festgestellt.

Und das biologische Geschlecht ist zwangsläufig final. Jede Hautzelle, Gehirnzelle, Knochenzelle, Lymphzelle, Leberzelle eines Mannes, die einen Zellkern hat, hat XY Chromosomen, unabhängig davon, wieviel Östrogen er einnimmt oder welchen Operationen er sich unterzieht. Dass man das biologische Geschlecht ändern könne, ist nicht wahr, und ich finde es bedenklich, Kindern und Jugendlichen in so entscheidenden Dingen die Unwahrheit zu vermitteln.

12 „Gefällt mir“

Moment, du redest über das biologische Geschlecht und verweist auf §3 des neues Selbstbestimmungsgesetzes, wenn du kritisierst, dass damit Kindern und Jugendlichen suggeriert würde, sie könnten ihr „biologisches Geschlecht“ ändern. In §3 des SBGG ist aber gar nicht die Rede von „biologischem Geschlecht“, sondern nur von „Geschlechtseintrag“. Inhaltlich bleibt mein Punkt daher bestehen, dass §3 SBGG das „biologische Geschlecht“ betreffen würde ist ein Strohmann, den du hier aufgebaut hast und den ich beim ersten Lesen übersehen habe, sonst hätte ich dich hier direkt korrigiert.

3 „Gefällt mir“

Das ist tatsächlich ein naheliegendes - und bezüglich Linkshändern und Homosexuellen absolut richtiges - Argument: es entdecken und äußern erst jetzt so viele junge Mädchen ihr schon immer vorhandenes Transsein, weil es erst jetzt hinreichend gesellschaftlich akzeptiert ist. Ich hatte dies auch zunächst vermutet. Die Fakten stützen dieses Argument allerdings nicht: würde dies nämlich für Transmenschen gelten, dürfte man annehmen, dass sich nun - wo das Transsein gesellschaftlich mehr akzeptiert wird - in allen Altersklassen mehr Menschen als trans outen würden. Tatsächlich ist die Anzahl der Transmenschen in den letzten Jahren aber signifikant nur in zwei Alterskohorten gewachsen: Unter Männern in Erwachsenem, vor allem mittlerem, Alter und eben in noch höherem Maße unter jungen Mädchen. Es ist unter seriösen Psychologen unbestritten, dass junge Mädchen mehr als jede andere Gruppe dazu neigen, sich sozialen Moden und Bewegungen anzuschließen; eine Tendenz, die durch die sozialen Medien noch verstärkt zu werden scheint: siehe etwa über Internetforen verbreitete Moden wie Anorexie, Ritzen, künstlicher Tourette usw., denen kaum Jungen zum Opfer fallen

Die genannten Statistiken kann ich anekdotisch sogar persönlich beobachten: Allein in meinem Bekanntenkreis sind seit einigen Jahren drei Familien mit Trans-Töchtern (also Transjungs), von Freunden höre ich über Schulklassen, in denen die Hälfte der Mädchen trans seien. Entsprechend scheint auch die Zahl der Detransitioners ständig zuzunehmen - was auch dafür spricht, dass in vielen Fällen zu jung und aus den falschen Gründen Hormone genommen und Operationen durchgeführt werden. Bei Kindern - und das tut das SBG aus meiner Sicht - den unzuteffenden Eindruck zu verstärken, man könne leicht sein Geschlecht wechseln, ist daher gerade für junge Mädchen gefährlich.

4 „Gefällt mir“