LdN 334: Deutschland "verschläft" Elektrofahrzeuge

Eine tolle Ausnahme.
Ich kann mir kaum vorstellen, dass viele es so machen wie du.

Das ist ein Trugschluss. Bei Elektroautos spielt die reine Motorleistung einerseits eine deutlich geringere Rolle beim Verbrauch, zudem brauchen die Motoren für die effiziente Rekuperation eine gewisse Grösse um den nötigen Widerstand zu erreichen.

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Ich bin mir nicht sicher, ob das wirklich das Grundproblem ist. Unternehmen, und ja vor allem Aktiengesellschaften, haben in unserem Gesellschafts- und Wirtschaftssystem im Wesentlichen eine Aufgabe: Geld zu verdienen*. Diesem Ziel wird, weitgehend zu recht, alles weitere untergeordnet. Daraus folgt aber auch eine Verantwortung für die Politik, die Rahmenbedingungen so zu setzen, dass Unternehmen durch ihre gewinnmaximierende Tätigkeit keinen kurz- oder langfristigen Schaden an der Gesellschaft anrichten. Dieser Verantwortung ist die Politik in den vergangenen Jahrzehnten in fast keinem relevanten Feld nachgekommen.

Das Problem sehe ich daher nicht so sehr bei den Unternehmen, die die ihnen in Kapitalismus und freier Marktwirtschaft zugewiesene Rolle entsprechend ausfüllen. Je nach Perspektive ist das Problem entweder systemisch, wenn man mehr von Unternehmen erwartet, oder politisch-kulturell, wenn man die Politik in der Verantwortung sieht und diese ihrer Rolle nicht nachgekommen ist.

*Das unterscheidet auch westliche Unternehmen von chinesischen, da der Staat sich dort explizit das Recht einräumt, die Unternehmen und deren strategische Entscheidungen zu beeinflussen. So müssen Unternehmen ab einer gewissen Größe Parteikader beschäftigen. Gewinnmaximierung ist so dann zwar wichtig, aber nicht alleiniges Ziel.

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Die Kosten eines e-Autos kann man leider nur bedingt mit dem Verbrenner vergleichen, weil die Kosten einfach ganz anders anfallen.

Die Kosten fallen bei der Betrachtung der Total Cost of Ownership (TCO) relativ schnell mal zugunsten des Elektroautos aus.

Ich könnte beispielsweise bei meinem persönlichen Fahrprofil mit einem Elektroauto über 5 Jahre rund 15000 CHF sparen. Das ist ein Punkt der häufig nicht betrachtet wird.

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Den gibt’s noch, nennt sich Smart EQ und steht seit letzter Woche vor meiner Haustür ^^

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Ich sehe auch das anders. Grundsätzlich ist es nur im Interesse der Investoren, dass eine Firma die Trends erkennt und nicht verschlägt. Meines Wissens ist aber beispielsweise an VW Quatar mit rund 10.5% beteiligt. Die haben halt kein Interesse an E-Mobilität.

Dann kommt noch ein bisschen Kartoffel-Konservativismus dazu und man meint der deutsche Diesel reinigt die Luft.

Und dann braucht das Land der SpitzenIngenieure nicht mit der Zeit zu gehen, weil ja…

Nur im ersten Moment.

Ja mein Smart wird am Ende mit rund 25k€ ziemlich teuer ausfallen, aber:
Steuern und Versicherung kosten mich rund 200€ pro Jahr
Service fällt keiner jährlich an, ich soll erst nach 20tkm Mal in der Werkstatt vorbei.
Als Bonus BonBon kann ich auf der Arbeit umsonst laden.

Mein Verbrenner kam Steuern und Versicherung rund 700€
Einmal im Jahr Service für mindestens 200€
Und rund 50€ Sprit pro Woche bei selbem Fahrprofil.

Da kann man also durchaus in der Anschaffung ein paar Euro drauf packen.

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Diese Kardinalskritik halte ich nicht für berechtigt. Und welche Staatshilfen meinst du? Die Förderung von Elektroautos? Dann kann die WP Förderung ja auch eingestellt werden.

Das ist klar. Das heißt aber nicht, dass der Hersteller aus diesem Grund das Auto teurer machen muss als es sein muss.

Auch hier: ja. Das ist wie mit Sonderangeboten im Supermarkt und der Kaufprämie bei Elektroautos. Zuerst schlagen die Märkte/Hersteller 20% auf den Kaufpreis drauf um dann sagen zu können, es gäbe einen größzügigen Nachlass von 10%.

Ja und nein.

Im Grund hast Du recht. Allerdings wird es die Automobilität immer geben, weil zumindest im ländlichen Bereich bislang die Fantasie fehlt, wie ein attraktiver öffentlicher Nahverkehr bis in Fußentfernung zum Haus funktionieren soll. Es wird immer ein System mit regionalen Hubs/Zentralen sein, zu denen die Menschen hinkommen müssen.

Mit der E-Auto-Förderung soll ja nicht das Auto schlechthin gefördert werden, sondern der Nachteil im Anschaffungspreis ausgeglichen werden, damit das E-Auto überhaupt eine Chance hat. Gegen die Verbrenner-Autos. Und das gilt übrigens umso mehr, wenn die - vermutlich hoch subventionierten, sehr viel billigeren E-Autos auf den europäischen Markt kommen (falls die EU dann nicht doch mal mit einem Zoll sich gegen die unfairen Handelspraktiken Chinas reagiert).

Allerdings besteht mit der Subvention von E-Autos das Risiko, dass der Staat früher oder später die Gewinnmargen der Hersteller finanziert. Weil die mit den Subventionen weniger Anreize haben, die Kosten und dann vor allem die Preise zu senken.

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Das stimmt zwar, aber ironischerweise funktioniert das am besten in China, den dort müssen die Firmen sich den staatlichen Vorgaben unterordnen. In der westlichen Welt ist der Einfluss der Wirtschaftsunternehmen auf den Staat über Lobbyismus und über die Arbeitnehmer als Wähler so groß, dass die Parteien einschneidende Reformen, die den Firmen kurzfristig weh tun, nicht durchsetzen.

Insofern kann man die Unternehmen da nicht aus der Verantwortung entlassen.

Kürzlich wurde sich sich ja bei der Automesse in Shanghai darüber beschwert, wie weit die Chinesen den deutschen Autobauern inzwischen voraus sind. Die wahre Ursache davon, nämlich z.B. die strengen chinesischen Vorgaben was E-Auto-Quoten angeht, werden aber u.A. von den Deutschen komplett ignoriert.
Stattdessen fordern die Unternehmen hierzulande weiter reflexartig Staatshilfen, damit sie ihre gescheiterten Strategien weiter verfolgen können, anstatt zuzulassen, dass der Staat in größeren Maße einsteigt.

Ein normaler Investor hat nur seinen Gewinn im Auge. Er will heute z.B. bei BMW einsteigen, Dividenden mitnehmen und nächstes Jahr mit Gewinn aussteigen können. Wenn „Trends“ in diesem Zeithorizont Gewinne erwirtschaften, prima, ansonsten sind sie eher unerwünscht.

Das mag sogar so sein. Aber eine Investition in ein einzelnes Unternehmen um dadurch einen globalen Technologieumschwung zu blockieren, erscheint doch eher verzweifelt und wenig aussichtsreich, wie man ja gerade bei der Shanghai Automesse gesehen hat.

Solche, die direkt an Unternehmen gehen, nur bestimmten Branchen helfen und nicht zurück gezahlt werden müssen.

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Das ist eine Interpretation. Eine andere ist: Unternehmen haben in unserem Gesellschafts- und Wirtschaftssystem die Aufgabe, maßgeblich dazu beizutragen, damit die Ressourcen arbeitsteilig bestmöglich so verteilt wird, dass der Nutzen der Gesellschaft maximiert wird.

Wir leben in einem marktwirtschaftlichen Wirtschaftssystem. In diesem soll das Gewinnstreben genau für diese effiziente Allokation von Ressourcen sorgen [1].

Der Grund, warum Unternehmen oft die Anpassung an sich lang andeutenden Veränderungen verpassen, ist m.E. nicht das Gewinnstreben, sondern die Unternehmensgröße:

Je größer die Unternehmen werden, d.h., je mehr angestellte Manager die strategischen Entscheidungen fällen, desto weniger „unternehmerischer“, will sagen: weniger risikobereit fallen diese Entscheidungen aus. Die Folge: Je größer Unternehmen werden, desto träger werden sie, desto weniger / schlechtere Entscheidungen fällen sie unter Unsicherheit, weil die angestellten Manager dem unternehmerische Risiko aus dem Weg gehen.[2] [3]

Das führt dann dazu, dass große Unternehmen die langfristigen Entwicklungen am Markt zwar vielleicht noch sehen, aber nicht schnell genug darauf reagieren, um Chancen zu ergreifen oder Risiken vorzubeugen.

Aktuelle Beispiele in Deutschland ist die Elektromobilität (rühmliche Ausnahme: Diess bei Volkswagen), die Entwicklung von Heizungssystemen für die Wärmewende (Viessmann), die Entwicklung von KI (wird auch in den USA maßgeblich einem StartUp, OpenAI, vorangetrieben), generell IT / Digitalisierung.

[1] Dass die Marktwirtschaft in vielen Bereichen genau darin versagt und der Staat deswegen mehr oder weniger gut interveniert oder intervenieren sollte), bestreite ich ausdrücklich nicht.

[2] Ausnahmen sind einige wenige Unternehmen, die sich möglichst dezentral organisieren und auch die strategischen Entscheidungen „nach möglichst weit unten“ delegieren. Und zwar an Mitarbeiter, die vom Erfolg des Unternehmens auch finanziell partizipieren (entweder, weil sie an ihrer Abteilung beteiligt wurden oder sehr transparent über Boni am Erfolg finanziell beteiligt werden).

[3] Warum dies nach meinem Eindruck eher für Deutschland und Europa gilt, offenbar aber nur in einem geringeren Umfang für die USA, weiß ich nicht.

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Soll übrigens auf die Wärmepumpe sehr oft auch gelten: Erstanschaffung sehr teuer, aber nach einiger Zeit amortisiert sich dies durch geringere Betriebskosten (Ausnahme, die wenigen Bestandsgebäude, in denen ohne eine energetische Sanierung eine Wärmepumpe nur zu sehr hohen Stromkosten betrieben werden kann).

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Hast Du dafür irgendwelche Belege? Bieten die großen deutschen Autohersteller ihre E-Autos in China denn günstiger an als hierzulande?

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Ein „normaler Investor“ nimmt keinerlei Einfluss auf die Unternehmen. Er steigt bei solchen Unternehmen ein, bei denen er eine günstige Kursentwicklung erwartet (z.B. weil auf sich langabzeichnenden Trends mit erfolgsversprechenden Lösungen reagieren). Wenn das nicht mehr der Fall ist, „wechselt er die Pferde“.

Auch Qatar kann m.W. aktienrechtlich kaum Einfluss auf die strategischen Entscheidungen von Volkswagen nehmen.

Das stimmt.
Eigentlich bin ich auch eine schnelle Fahrerin, aber mit E-Auto macht auch das 100 auf der Landstraße fahren Spass. 130-140 auf der Autobahn wahrscheinlich nur, weil man damit weiter fahren kann :slight_smile: Aber es geht. Soviel Zeitverlust ist das nicht!

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Zurück zur Frage der verschlafenen E-Mobilität mit einem konkreten, aktuellen Beispiel:

Wir entscheiden derzeit über das Projekt „Aus 2 mach 1 Auto“ (wohnen seit einiger Zeit ziemlich zentral in der Stadt, ÖPNV ist bestens ausgebaut). Meine Frau verfolgt eine Leidenschaft, für die sie ein Kombi braucht (Hundesport, findet immer irgendwo auf dem Land statt). Ich benötige für solche beruflichen Fahrten, die ich nicht per ICE (mit ggf. Carsharing-Auto für die letzten 60-100km) absolvieren kann, ein repräsentatives [1] Auto.

Mein Ziel war: Dann machen wir es konsequent und kaufen uns ein E-Auto.

Nach langer Prüfung werden wir leider nochmal einen Verbrenner kaufen:

  • Ladesituation: Wir wohnen zur Miete und können daher keine eigene Wallbox installieren und nutzen. Alles, was wir über die öffentliche Ladeinfrastruktur sehen und hören, schreckt uns ab: Strom an öffentlichen Ladesäulen ist teuer, das Aufladen hier am Wohnort wird im Vergleich zum Tanken sehr viel aufwändiger, Schnellladestationen sind rar, die Besetzt- und Außer-Betrieb-Info auf denn Apps offenbar sehr unzuverlässig, das Zahlungsart-/Abrechnungschaos ebenfalls ein Albtraum.
  • Reichweite: Meine (wenigen) beruflichen Fahrten führen mich oft 300-400 km weit. Die tatsächlich realisierbaren Reichweiten weichen, v.a. im Winter, massiv (bis zu 30%) von den offiziellen WLP-Angaben der Hersteller ab. Auf der Hinfahrt zu laden ist riskant: Ich muss zuverlässig zu einem vereinbarten Termin dort sein; ein Anruf „Ich verspäte mich, weil das mit dem Aufladen nicht so klappt“ wäre ein Killer.
  • Verfügbarkeit von Kombis in dem für uns bezahlbaren Segment: Es gibt in der Preisklasse eines Telsa Model 3 keinen (SUV ist ausgeschlossen)

Ich hoffe sehr, dass das übernächste Auto dann elektrisch sein wird. Wobei mir die Fantasie fehlt, wie das angesichts des Elektroverteilnetzes in einer Großstadt mit dem Laden zuhause wirklich besser werden soll.

[1] Jetzt bitte keine Diskussion, warum (es blöd ist, dass) meine Mandanten ein repräsentatives Auto erwarten. Ist halt so.

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Aber genau dieses „Pferde wechseln“ hat ja bereits enormen Einfluss auf Unternehmen, wenn dadurch der Aktienkurs merklich fällt, weil eben ausreichend viele kleinere Anleger umsatteln.

Ich setze hier mal an einem anderen Punkt an. Vorab, ich bin selbst Entwicklungsingenieur in der Automobilindustrie bei einem der größten Hersteller im Land und habe schon in verschiedenen Abteilungen der E-Mobility Entwicklung gearbeitet.

Ich halte Positionen wie diese für das Hauptproblem in der gesamten Industrie von OEM bis Zulieferer. Man redet sich die Welt einfach schön und zieht dabei Dinge heran, die völlig irrelevant sind, um sich besser zu fühlen, gepaart mit etwas eher gefühlter statt faktischer Wahrheit. Ist nicht böse gemeint, aber solche Aussagen kenne ich meist nur von Leuten, die den internationalen Wettbewerb noch nicht ausgiebig getestet haben.

Mir ist keine Statistik bekannt, dass Teslas häufiger brennen. Warum sollte die Blaulichterkennung aktuell relevant sein? Tesla hat ein Level 2 Assistenzsystem. Auf der einen Seite sprechen ihnen viele das Autonome fahren ab und später sind dann die autonomen Fahrfunktionen nicht gut genug? Hä? Das FSD ist eine Beta ohne Level 4 Zulassung.

Diese Punkte sage ich aus meiner Position heraus, aus der ich auch einfach draufhauen könnte, unsere DEUTSCHEN Autos sind sowieso besser!!!11!!1!

Wer mal eine neutrale Wettbewerbsanalyse macht wird leider feststellen, dass die paar Sachen, die die deutschen Automobilhersteller noch besser können, nicht von langer Dauer sein werden. Wer bekommt was schneller hin? Luxus bedeutet mehr Dinge besser machen, als der Wettbewerb. Dazu kann ich dieses Review mit viel Meta Ebene empfehlen. Es gibt mal einen anderen Blick auf den Stand der Dinge.

When people think about luxury they are usually thinking too small.

Deutsche Hersteller feiern sich oft für ihre Innovationsfähigkeit, die ihnen von irgendwelchen Magazinen einmal jährlich ausgestellt wird, weil sie wirklich jeden Scheiß patentieren lassen. Mehr Patente = mehr Innovation, so ist da die Logik. Bei den entschiedenen Punkten (Antrieb, Thermo, Batterie) haben sie aber gar nichts, bzw. kommen jetzt erst so langsam.

Ich sitze seit Jahren in irgendwelchen Meetings, in denen über Features der neuen Generation Auto diskutiert wird, die andere Hersteller (meistens ist es Tesla) seit Jahren im Markt haben. Das schlimme: Die Leute die da reden und ihre Vorschläge für innovativ halten, haben das nicht auf dem Schirm.

Wir sind gerade dabei die chinesischen Hersteller so zu unterschätzen, wie wir einst Tesla unterschätzt haben. „Die können alle eh nichts, wir können das mindestens genau so gut“ wird hierzulande noch einige Jobs kosten.

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… was ein sehr wichtiges Korrektiv für die Wertschöpfung durch die Unternehmensleitung ist … aber gleichzeitig dafür sorgt, dass eher „kurzatmige“ als langfristig orientierte Entscheidungen getroffen werden

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