Das ist nicht wirklich ein „Problem“, sondern die einzige Art und Weise, wie ein Strom-Spotmarkt funktionieren kann.
Was Stromversorger sich eigentlich kaufen, wenn sie für „jetzt sofort“ Strom am Spotmarkt einkaufen, ist die Abwendung des Zusammenbruchs ihres Netzes. In einem Wechselstromnetz muss zwingend immer exakt so viel Leistung eingespeist wie entnommen werden. Wenn Verbraucher dran hängen, die mehr Leistung fordern als eingespeist wird, sinkt die Netzfrequenz ab, und wenn die zu weit unter die Normfrequenz (bei uns 50 Hz) fällt, meines Wissens ab 49,5 Hz oder so, findet der sogenannte automatische Lastabwurf statt, d.h. Teile des Netzes werden automatisiert abgetrennt und somit die Last reduziert, bis die Frequenz wieder bei 50 Hz liegt. Das ist die allerletzte Notfallmaßnahme, die einzig dazu dient, den kompletten Zusammenbruch des gesamten Netzes zu verhindern, indem Teile davon quasi geopfert werden. Ein Versorger wird um nahezu jeden Preis versuchen, diese Ereignisse zu vermeiden, weil dabei ganze Städte oder Ortsteile lahmgelegt werden - da er aber kaum Kontrolle über die Anzahl Verbraucher am Netz hat (spezielle Verträge mit wenigen Industriekunden, die eine temporäre Abtrennung ihrer Versorgung explizit erlauben und dafür billigere Tarife bekommen, mal ausgenommen, das gibt’s in der Praxis gelegentlich) ist leider die einzige Methode, das zu erreichen, die sofortige Einspeisung weiterer Leistung, sprich das Zuschalten weiterer Erzeuger.
Wenn nun also ein Versorger eine akute Leistungslücke hat und diese am Spotmarkt füllen muss, ist er darauf angewiesen, dass sich genug Anbieter finden, um die Lücke komplett zu füllen. Es reicht nicht, nur 90% zu füllen - sein Netz würde zusammenbrechen, wenn er die restlichen 10 Prozent nicht herbeischaffen würde. Er muss also so viel bieten, bis sich genug Leistungsanbieter bereiterklären, ihm so viel Leistung zu liefern, dass er 100% erreicht. Wenn wir jetzt mal annehmen, dass dabei sowohl ein Windkraftwerk als auch ein Gaskraftwerk teilnehmen und das Windkraftwerk dank viel geringer Gestehungskosten bereits zu deutlich niedrigeren Preisen bereit ist zu liefern als das Gaskraftwerk, dann ist der einzige Weg, wie dieser Handel funktionieren kann, der, bei dem beide Kraftwerke den gleichen (hohen) Preis bekommen, zu dem das Gaskraftwerk eingestiegen ist, denn wenn der Windkraftwerksbetreiber nur mit der Hälfte abgespeist werden sollte, würde der dem Versorger konsequenterweise den Vogel zeigen und den gesamten Handel torpedieren - ohne den Windkraftwerksbetreiber käme der Handel nicht zustande, weil der Versorger seine Lücke nur zur Hälfte schließen könnte, sprich sein Netz bräche zusammen und er lieferte letztlich gar nichts, auch nicht den Strom des Gaskraftwerks. Es gibt nur „alles oder nichts“, Versorger müssen immer ein Paket an Leistung komplett erwerben, auch wenn mehrere Leistungserbringer mit unterschiedlichen Gestehungskosten beteiligt sind, und das erlaubt spieltheoretisch jedem Leistungserbringer, den gesamten Handel platzen zu lassen, wenn er sich unfair behandelt sieht, so dass die einzig akzeptable Lösung die ist, allen denselben Preis zu zahlen. Das gelieferte Produkt ist schließlich auch vollständig substituierbar: „grüner“ und „gelber“ Strom ist eine Marketingerfindung, am Ende ist elektrische Leistung austauschbar, egal ob sie aus Gas oder Wind stammt. Es gibt keinen Grund, warum ein Lieferant sich mit weniger Geld zufrieden geben sollte, nur weil er in der glücklichen Lage ist, das exakt identische Produkt mit geringeren Gestehungskosten herzustellen.
(In der Praxis läuft es meines Wissens eigentlich umgekehrt ab, also die Stabilisierung der Netze durch Ausgleich von Leistungsüberangebot und -fehlmengen erfolgt aus Geschwindigkeitsgründen größtenteils automatisiert auf technischer Ebene bereits weit unterhalb der Accounting-Ebene, die dann sozusagen „hinterher“ die Verrechnungen der exakten hin und her geflossenen Mengen vornimmt auf Basis gewisser vorab vereinbarter Budgets, und was dann im Wesentlichen am Spotmarkt gehandelt wird, sind diese Budgets für die nächsten Minuten oder Stunden. Das ist allerdings ein eher technisches Detail, das am grundsätzlichen speziellen Charakter des Strommarktes nichts ändert, weswegen ich es in der Erklärung oben raussimplifiziert habe.)