Der überteuerte Strom

Da hast Du absolut Recht. Die Diskussion gibt es ja schon länger und ein neues System wird diskutiert, das an ein System angepasst wird, das zu einem System mit 100% erneuerbaren Energien passt.

Ich habe aber Verständnis, dass das nicht innerhalb von Wochen geht. Politisch schon mal gar nicht, da es faktisch keinen Konsens zu 100% Erneuerbaren gibt. Da muss ich mir nur Kretschmer bei Lanz ansehen.

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Warum das denn? Auf was bezieht sich dein Verständnis?
Es ist ja ok, dass es ein paar Wochen dauert. Jeder Verzug der dann folgt ist rein politisch und wirtschaftlichen Interessen geschuldet.
Man hat auch Jahre darüber gesprochen, dass es nicht sein kann für Ein und Ausspeichern einer Batterie zweimal EEG zu bezahlen. In meinen Augen ist so etwas Arbeitsverweigerung.

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Ok, dann sag mal, wie die Strombörse der Zukunft aussieht und wie sie bis Ende September eingeführt wird. Mit allen Abrechungssystemen etc. …

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Ein andere Erklärungsansatz: es ist ein Schutzmechanismus vergleichbar mit der Buchpreisbindung. Anders als in dem Beispiel mit den teuren und billigen Fernsehern ist die Qualität des erzeugten Stromes immer gleich, egal ob aus Gas oder Wind.

Warum sollte dann ein Wind- oder Solarbetreiber für dieselbe Produktqualität einen geringeren Erlös bekommen?

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Es ist noch nicht mal klar, wie ein besseres System aussehen sollte. Da ist sich auch die Wissenschaft nicht einig. Theoretisch spricht auch mit 100% EE nichts gegen den quasi Energy Only Markt, wie er aktuell existiert. Praktisch kann es Gründe geben, wie z.B. die Einführung von Kapazitätsmärkten für flexible Wasserstoffkraftwerke oder ein eher nodaleres Preissystem mit einer anderen Auktionsform für den day Ahead Markt. Aber das lässt sich, wenn Mensch es gut machen will nicht mal ebenso machen. Es gibt da keine eindeutig beste Lösung und bisher hat zumindest das aktuelle Marktmodell sehr viele Vorteile zum Tragen gebracht.

Das ist für die Energiewende tragisch aber im Vergleich zum Marktdesign ein kleiner Eingriff (den Mensch schneller hätte umsetzen müssen). Das ist aber kein Punkt, der heranzuziehen ist, um zu sagen, dass es einfach wäre das Marktdesign zu ändern.

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Der Vergleich hinkt ja auch gewaltig.

Ein Fernseher von Samsung ist auch nicht identisch mit einem Fernseher von LG. Das sind unterschiedliche Produkte mit unterschiedlichen Features, die du klar auseinander halten kannst.

Strom ist identisch. Ob die Elektronen im Kabel durch Kohle oder Wind dazu gebracht werden, sich gegenseitig weiterzuschubsen, ist nicht mehr unterscheidbar.

Ich habe hier in einem anderen Thread mal versucht zu erklären, warum das meiner Ansicht nach der einzige Modus ist, in dem ein Spotmarkt für elektrische Energie überhaupt funktionieren kann: LdN 296: Strom / Einkaufspreise - #15 von Slartie

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Das darf man dann einfach konsequent weiterdenken. Am Ende landet man möglicherweise bei dem Ergebnis, dass Energie nicht der Spekulation ausgesetzt werden sollte.

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Angenommen: 1 Windkraft kWh erzeuge ich für 5ct, erhalte aber 30ct dafür - wäre das nicht in jedem anderen Industriezweig Wucher?

Außerdem zahle ich damit indirekt ebenfalls eine CO2-Abgabe (Zertifikat), weil für Kohle und Gas diese ja entrichtet werden muss.

Bei allen erklärungsversuchen die hier gebracht werden, kann ich weiterhin nicht verstehen, dass es möglich ist, Strom sehr günstig zu produzieren aber aufgrund der Marktregeln am Spotmarkt zum Preis für Kohlestrom oder Gasstrom zu verkaufen. Der Vergleich mit dem Fernseher hinkt, aber wenn ich weiß dass Händler a das gleiche Produkt zum halben Preis im Vergleich zum Händler b liefert, gehe ich nicht zu a und zahle den Preis von b.

Nein, bitte googeln.

Indirekt im Sinne von nicht. Du zahlst dem Windkraft-Betreiber Geld für Strom, dieser behält den gesamten Betrag als Einnahme.

Händler a wird seinen Preis daran orientieren, zu welchem Preis gerade der letzte Fernseher (dieses Modells) in seiner Region verkauft wird. Dass er ihn für die Hälfte eingekauft hat, spielt nur eine untergeordnete Rolle.
Kein Händler würde seine niedrigen Einkaufspreise ohne Not weitergeben, solange die Nachfrage hoch genug bleibt, um seinen Lagerbestand zu verkaufen.

Dass der gleiche Fernseher manchmal zu unterschiedlichen Preisen verkauft wird, liegt an Informationsmangel, Verzögerungen in der Preisanpassung oder Marketingmaßnahmen.

Das Merit-Order-Modell ist das Prinzip von Angebot und Nachfrage in Reinkultur.

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Das kannst du prinzipiell auch bei Strom machen - wenn du Zeit hast, sprich Strom im Voraus einkaufst, direkt bei den Produzenten per Laufzeitvertrag. Dann einigst du dich individuell mit dem Produzenten auf einen Preis und der muss nicht dem aktuellen Börsenpreis entsprechen. Diese Art Langzeitverträge machen übrigens auch bei Strom meines Wissens den größten Teil der gehandelten Volumina aus.

Wenn du aber Strom jetzt sofort willst, keine Zeit hast, ewig alle Versorger abzulaufen ob sie noch Kapazität haben (weil sonst in der Zwischenzeit dein Netz zusammenbricht, siehe mein verlinktes Posting), dann gehst du zu einer Institution, die es im Fernsehermarkt so nicht gibt (weswegen der Vergleich auch dann hinkt, wenn wir es auf ein einziges Fernsehermodell beschränken): eine Strombörse mit einem Spotmarkt! Da bieten alle, die Kapazitäten über haben, diese für kurzfristige Verfügbarkeit an, und je nach aktueller Nachfrage bestimmt sich ein Preis, zu dem genug Anbieter willens sind, diese Nachfrage gänzlich zu decken. Und diesen Preis, zu dem das der Fall ist, den bekommen dann alle, weil der Strom vollkommen austauschbar ist.

Ich glaube, dein Missverständnis speist sich daraus, dass du Spotmarkt und Langzeit-Lieferverträge nicht trennst. Dein Modell eines „ich such nach dem billigsten Anbieter und wähle den gezielt aus, um von günstigen Preisen zu profitieren“ ist zwar für langfristige Vorab-Einkäufe möglich, aber aus praktischen Gründen nicht der Modus, wie Strom kurzfristig eingekauft wird.

Und der Vergleich mit dem Fernseher hinkt halt überall. Wenn du deinen Fernseher ein paar Tage später einkaufst, geht daran die Welt nicht zugrunde, das ist meist eine realistische Option, wenn du denkst, durch Sonderangebote oder so was sparen zu können - wenn du deine Energie ein paar Tage zu spät einkaufst, hast du kein Netz mehr!

Vergleichs mit der Situation, dass WM ist, du die gesamte Nachbarschaft eingeladen hast und deine Glotze genau jetzt den Geist aufgibt, 30 Minuten vor Anpfiff. Dann möchte ich sehen, wie du zig Händler abfährst um den billigsten Ersatz zu finden. Stattdessen wirst du zum nächstbesten Elektrohandel fahren und dem für nahezu jeden beliebigen Preis, den der gerade fordert, seinen größten Fernseher abkaufen. Und dir vermutlich wünschen, es gäbe einen Fernseher-Spotmarkt, an dem alle Hersteller teilnehmen und der dir garantiert, dass du zumindest den niedrigstmöglichen Preis bezahlst, der aufgrund der aktuellen Nachfrage nach Fernsehern mit sofortiger Verfügbarkeit möglich ist.

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Das ist ein schönes Beispiel. Im neoliberalen Kapitalismus wird uns eingeredet es wäre „ marktgerecht“, dass der Händler das dreifache verlangt. Mit unserem inneren Wertesystem wäre das nicht vereinbar. Eher, dass der Händler ihn bringt und als Dreingabe eine Kiste Bier mitliefert. :grinning:

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Und wie würden die Anforderungen, die @Slartie richtig beschreibt, antikapitalistisch bzw. nicht marktwirtschaftlich geregelt? Gibt es da Ideen?

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Das hat mit Neoliberalismus exakt gar nichts zu tun. Mit marktgerechten Preisen schon eher.

Warum sollte der Händler, der dir gerade die Blamage vor deiner gesamten Nachbarschaft erspart, dir auch noch eine Kiste Bier schenken? Er gibt dir doch schon etwas, was für dich gerade einen enorm großen (immateriellen) Wert darstellt.

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Ja gibt es.

Danach wird der Markt nicht nach der Nachfrage gesteuert, sondern nach dem Angebot.

Das wiederum bedeutet, dass du nicht alle elektrischen Verbraucher nach Belieben ein und ausschalten kannst, sondern erst schauen musst, ob notwendiges Angebot verfügbar ist.

Ich denke bei 100% EE werden wir sowas dabei haben (Angebotssteuerung) und uns vom Sommerurlaub/-ferien verabschiedet haben. Schlicht weil Energie im Sommer am billigsten ist. Dafür wird die Produktion im Winter heruntergefahren, wenn Energie teuerer ist.

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Und warum ist das nicht Marktwirtschaft?!? Preis runter, wenn viel da ist, Preis rauf wenn wenig da ist.

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Das denke ich auch, aber

a) nur für die großen Verbraucher, bei denen eine zeitliche Verschiebung des Energiekonsums automatisch regelbar und minimal unpraktisch für den Nutzer ist (E-Auto, Waschmaschine, Trockner z.B.). Niemand wird mitmachen, dass er erst auf eine angebotsseitige Freigabe hoffen muss, um seine Schreibtischlampe oder seinen Herd einzuschalten.

b) wird das in keiner Weise „antikapitalistisch“ ablaufen, sondern genauso kapitalistisch und marktwirtschaftlich wie jetzt, nur dass der Markt in diesem Bereich umgedreht ist. Du wirst als Verbraucher für gewisse Geräte Strom beziehen können, bei dem der Preis flexibel an den Marktpreis gekoppelt ist, und dann kannst du Preisschwellen vorgeben, für die du maximal dein Auto laden willst. Wenn der Marktpreis darunter fällt, lädt es dann - oder notfalls halt auch mal teurer, falls du eine zweite Vorgabe hast, derzufolge der Wagen voll sein soll bis Zeitpunkt X, koste es was es wolle.

Die zarten Anfänge in dieser Richtung sehen wir ja schon in der Praxis, und je mehr EE im Netz umso größer werden die Anreize für solche Modelle. Aber das klassische Modell des komplett verbrauchsgesteuerten Stromnetzes, das wird nicht verschwinden, weil es einfach so unglaublich bequem und praktisch für den Nutzer ist, dass dieser bereit sein wird, eine Menge Aufpreis zu bezahlen, damit ihm „irgendwer“ weiterhin diese bequeme Nutzungsweise für alle alltäglichen Geräte, deren Nutzung er nicht im Vorhinein planen will oder kann, ermöglicht. Und dieser Aufpreis fließt dann in große Energiespeicher entweder zentral im Netz oder dezentral in den Häusern, mit denen genau das ermöglicht wird.

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So funktioniert Energiewende nicht und diese Probleme sind auch technisch gelöst, nur die Umsetzung fehlt. Natürlich ist es immer sinnvoll Energie zu sparen und sein Verhalten anzupassen.
Dieses Umdenken muss aber in den Köpfen der Menschen einsetzen, Aufklärung etc.

Energie in jeglicher Form ist im Grunde genommen im Überfluss vorhanden es darf nur bzw. sollte nicht fossil atomar sein außer in Notfällen.

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Das sieht unsere geliebte FDP aber anders.

Wenn dieser Artikel stimmt (kenne RND nicht) dann möchte Herr Lindner den „Profit-Autopiloten“ an den Strommärkten abschaffen.

„Kunden sollten auf Ihrer Stromrechnung stärker von den günstigen erneuerbaren Energien profitieren“ und „die entstehenden Übergewinneffekte im Strommarkt, die durch die sogenannte Merit-Order für Kraftwerke mit sehr geringen Produktionskosten entstehen, [sollen] adressiert werden“.

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Der Herr Lindner wusste auch immer schon, wann man gut damit beraten war, eine populistische Meinung zumindest zum Schein zu vertreten, um beim Volk Punkte zu sammeln. Und diese Gelegenheit ist dafür hervorragend geeignet, weil er hier ausnahmsweise nicht mal auf seinen Kumpels aus dem Bereich der fossilen Energien herumhacken muss, sondern sogar im Gegenteil mal die Wind- und Solarbetreiber als die „Bösen“ hinstellen kann.

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Schwierig ist der Übergang hin zu einem neuen System, das dann auch innerhalb des kompletten europäischen Binnenmarktes gelten müsste.

Aber die Randbedingungen scheinen mir recht klar zu sein:

  • Stromerzeuger, deren Leistung für sie unbeeinflussbar schwankt (also vor allem PV und Windkraft, aber auch Laufwasser-Kraftwerke), haben nichts davon, für ihr Produkt ein variables Preissignal zu erhalten. Also gibt es keinen systemischen Vorteil, sie den Unwägbarkeiten eines täglich schwankenden Marktpreises auszusetzen. Ideal ist dagegen ein garantierter Abnahmepreis durch einen zentralen, staatlich kontrollierten Aufkäufer, so ähnlich wie es mit dem EEG realisiert wurde. Wie Kosten und Gewinne, die sich aus der Differenz zwischen Marktpreis und Garantiepreis ergeben, zu verteilen sind, ist dann Aufgabe der Politik.

  • Alle übrigen Stromerzeuger (und auch Speicher) werden zunehmend in die Rolle eines „Backups“ gedrängt, das je nach aktueller Leistung von PV und Windkraft angefragt wird oder nicht. In welchem Umfang das Backup benötigt wird, lässt sich nicht vorhersagen (gerade bei der Windkraft gibt es deutliche Schwankungen zwischen „guten“ und „schlechten“ Jahren). Aber klar ist, dass das Backup in Höhe der maximal zu erwartenden Last bereitstehen muss. Auch hier sehe ich keinen Nutzen darin, auf einen im Viertelstundentakt schwankenden Marktpreis zu setzen, um den Bau und die Bereithaltung dieser Kraftwerke zu motivieren. Besser wäre ein Kapazitätsmarkt sowie eine Vergütung des angeforderten Stroms nach Kostennachweis. Gegenpartei wäre wie im Falle der EEG-Vergütung eine zentrale, staatlich organisierte Stelle.

  • Für die Stromnachfrager ändert sich nichts. Anstatt mit einer Strombörse hätten sie es nun jedoch mit dieser Gegenpartei zu tun, die sozusagen als Zwischenhändler sämtliche Stromerzeuger hinter sich versammelt.

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