Lieber @Simo,
ich habe mal in den Artikel rein geschaut. Ich konzentriere mich in meinem Feedback jetzt mal auf den Aspekt CO2-Bilanz. Denn dass der Atommüll ein Problem ist und dass Atomstrom nicht besonders billig ist, wird hier glaube ich kaum bestritten. An der CO2-Bilanz entzündet sich aber halt immer wieder die Frage: sollen wir die AKWs noch etwas laufen lassen, um dadurch Kohlekraftwerke früher abzuschalten?
Wir haben das Thema hier zur Gänze diskutiert. Leider bin ich da von dem Artikel wirklich enttäuscht. Folgendes Zitat zeigt das ganz gut:
Bei schlechter Erzqualität können sich die CO2-Emissionen von einer mit Atomspaltung erzeugten Kilowattstunde Strom auf 210 g belaufen. Damit ist Atomstrom schlechter als das Verbrennen von fossilem Gas mit 200 g CO2/kWh und nur unwesentlich besser als Braunkohle mit 360 g. Bei erneuerbaren Energieträgern wie Wasser, Wind und Sonne belaufen sich die Emissionen auf 3 bis 60 g CO2/kWh.
Hier sucht man sich den schlechtesten Wert für Atomstrom raus. Das ganze wird dann verglichen mit Werten für Gas und Kohle, die am unteren Spektrum liegen müssen (siehe u.a. verlinkte Quelle). Und dann wird schlussgefolgert, dass Atomstrom schlechter als die Verbrennung von fossilem Gas und fast so schlecht wie Kohle ist. Bei erneuerbaren Energien wird dann im Gegensatz zu Atom, Kohle und Gas ein Von-Bis Bereich angegeben.
Sorry, aber da muss es bei jemandem wie dir mit wissenschaftlichem Hintergrund doch kalt den Rücken runter laufen. Das ist doch ein hochgradig unseriöser Umgang mit Zahlen! Das ist so, wie wenn ich sage: „Jungs sind schlauer als Mädchen“ und ich vergleiche dann den schlausten Jungen mit dem dümmsten Mädchen. Da muss man schon mittlere repräsentative Werte von CO2 Emissionen angucken. Da gibt es hier und in anderen Threads zahlreiche Quellen. Hier mal speziell eine vom Öko-Institut, das alles andere als Atomkraft-nah ist [1]. Die Zahlen werden an vielen Stellen genutzt um genau zu zeigen, dass Atomkraft nicht CO2-Neutral ist. Trotzdem liegt zwischen Atomkraft und Kohle noch mindestens etwa Faktor 10.
Wo kommen die Zahlen aus dem Artikel her? Wenn ich auf den Link klicke, werde ich auf eine andere Anti-Atomkraft Seite weitergeleitet, auf der nichts von der CO2-Bilanz steht.
Wenn man bzgl. Sicherheit von Atomkraftwerken argumentiert, dann ist man mit dem Argument Menschenleben schnell auf verlorenem Posten – insbesondere, wenn man das mit Kohlekraftwerken vergleicht. Ich glaube hier bietet sich eher ein Ansatz an, wie @vieuxrenard ihn gewählt hat [2], wo man auf die Gesamtgesellschaftlichen Folgen eines GAUs guckt (Verseuchung einer dicht besiedelten Region etc.).
An dieser Stelle kann ich nur wieder sagen: Artikel wie diese sind ein wirklich schlechtes Vorgehen, wenn ihr Menschen überzeugen wollt, sich kritisch mit Atomkraft auseinander zu setzen. Bitte bei den Fakten bleiben: es gibt genügend solide Argumente, dass Atomkraft nicht die Lösung für das Klimaproblem sein muss.
[1] https://www.oeko.de/oekodoc/318/2007-008-de.pdf
[2] LdN 261/274 - Energiewende/ "Atomkraft ist kokolores" - #23 von Verena